BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/941 21. Wahlperiode 07.07.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Kruse (FDP) vom 01.07.15 und Antwort des Senats Betr.: Maßnahmen für die Fahrrinnenanpassung – Ist der Senat vorbereitet? Bereits seit über 13 Jahren dauert das Verfahren über die Vertiefung der Elbe, eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte für Hamburg, an. Seit Oktober 2012 wurden die Pläne auf Betreiben von Umweltschützern vorerst gestoppt. Die Umweltverbände BUND und NABU hatten mit Unterstützung des WWF beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eine einstweilige Anordnung dagegen erwirkt. Die Richter in Leipzig vertagten daraufhin die Entscheidung. Sie verwiesen auf ein ausstehendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in einem vergleichbaren Fall. Dabei geht es um die Vertiefung der Weser: Dem Bundesverwaltungsgericht zufolge hängt an dem EuGH-Urteil auch die Entscheidung über das Verfahren zur Elbvertiefung, weil die Fragen des Verfahrens „sich auch hier stellen“. Zusätzliche Verzögerungen brachten aufgezeigte handwerkliche Mängel im Oktober 2014: Die Richter in Leipzig kritisierten eine ganze Reihe von Punkten in den Planungsunterlagen. Speziell die Erläuterungen der Planungsbehörden waren mit Blick auf das europäische Gewässerrecht nach Ansicht des Gerichts nicht ausreichend. Damit führten Mängel, in dem unter der Regierung von Olaf Scholz zu verantwortenden Planungszeitraum, zu weiteren Verzögerungen im Verfahren. Noch in dieser Woche wird die Entscheidung des EuGH erwartet. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority (HPA) wie folgt: 1. Welche Maßnahmen hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde für ein zügiges Umsetzen der Fahrrinnenanpassung bereits vorbereitet (bitte Maßnahme und Stand des Verfahrens bezeichnen)? Soweit nicht die Wasserstraßenverwaltung des Bundes zuständig und verantwortlich ist, bereiten die hamburgischen Behörden auch im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH vom 1. Juli 2015 die Unterlagen für ein entsprechendes Planergänzungsverfahren vor. Soweit es tatsächlich möglich und rechtlich zulässig ist, sind auch die vor einem Baubeginn erforderlichen Ausschreibungen von der HPA vorbereitet. 2. Hat der Senat die Vorbereitungen für eine europaweite Ausschreibung der Elbvertiefung begonnen? Wenn ja, welche Behörden sind daran beteiligt? Drucksache 21/941 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Wenn nein, warum nicht? Ja. Die Vorbereitungen trifft die HPA. 3. Wurden dazu Gespräche zwischen der zuständigen Behörde und der Hafenwirtschaft in 2015 geführt? Wenn ja, wann mit wem und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Nein. Ausschreibungen sind Angelegenheit der bedarfstragenden Behörde beziehungsweise öffentlichen Einrichtung. Eine Beteiligung der Hafenwirtschaft an der Erarbeitung der Ausschreibung sehen die Regelungen für die Ausschreibung öffentlicher Aufträge nicht vor und eine solche Beteiligung wäre auch rechtlich fragwürdig. Im Übrigen allerdings steht die HPA mit den zuständigen Behörden und auch mit der Hafenwirtschaft in einem ständigen Austausch. 4. Wie lange wird aus Sicht des Senats das Vergabeverfahren andauern? Welche Verzögerungen können eintreten? Es sind mehrere Vergabeverfahren durchzuführen. Die Dauer der Vergabeverfahren variiert. Sie ist von der Komplexität der zu vergebenden Aufgabe und der damit verbundenen Wahl des Vergabeverfahrens abhängig. Sie liegt zwischen vier und neun Monaten. Die am Verfahren teilnehmenden (internationalen) Unternehmen haben die Möglichkeit, ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten. 5. Wann rechnet der Senat mit dem Beginn der Bauarbeiten zum ersten Bauabschnitt der Fahrrinnenanpassung? Wo wird der erste Bauabschnitt liegen? Wann werden dazu alle Genehmigungen erteilt sein? Die Bauarbeiten werden beginnen, sobald der derzeit noch ausgesetzte Planfeststellungsbeschluss wieder vollziehbar ist oder aber das BVerwG die Klagen abgewiesen hat und die entsprechenden Arbeiten vergeben worden sind. Zur Abfolge der Arbeiten kann derzeit keine Aussage getroffen werden. Sie hängt vom Vergabezeitpunkt ab. Die Planfeststellungsbeschlüsse enthalten bauzeitliche Restriktionen zum Schutz prioritärer Arten (wie zum Beispiel der Finte), die sich auf den Beginn der Arbeiten in einzelnen Bauabschnitten und damit auf die Arbeitsabfolge auswirken. 6. Mit welchen Kosten rechnet der Senat, wenn mit den ersten Arbeiten begonnen wird? Gibt es Abweichungen von den ursprünglichen Planungen ? Wenn ja, welche und wie wirkt sich dies auf die Kostenplanungen und die Finanzierung insgesamt aus? Wenn nein, warum nicht? Siehe Drs. 21/388 sowie 20/14001. 7. Wie wirkt sich die Entscheidung des EuGH auf die weiteren Planungen aus? Die Planungen zur Fahrrinnenanpassung sind seit Längerem abgeschlossen. Die Entscheidung des EuGH brachte Festlegungen zur Anwendung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), indem sie klarstellte, dass eine Verschlechterung eines Oberflächenwasserkörpers immer dann anzunehmen ist, wenn sich in Bezug auf einzelne Qualitätskomponenten (wie sie im Anhang V der WRRL genannt sind) eine Verschlechterung in den Einstufungsklassen der Qualitätskomponenten ergibt, und dass Verschlechterungen, die aus Ausbauvorhaben resultieren, immer dann hinzunehmen sind, wenn eine entsprechende Ausnahmegenehmigung erteilt wird. Da eine ausbaubedingte Verschlechterung bereits von Bund und Hamburg anerkannt wurde, wird nunmehr als Konsequenz aus der EuGH-Entscheidung die bereits am 1. Oktober 2013 von den Planfeststellungsbehörden erteilte Ausnahmegenehmigung (http://www.wsd-nord.wsv.de/Planfeststellung/Planfeststellung_Elbe/index.html) nach Maßgabe der EuGH-Klarstellungen neu zu fassen sein. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/941 3 8. Wann rechnet der Senat mit dem frühestmöglichen Zeitpunkt des Bauabschlusses ? Die Bauzeit beträgt circa drei Jahre. Erste Verbesserungen für die Schifffahrt werden jedoch deutlich früher erzielt werden. 9. Wer ist beziehungsweise welche zuständigen Behörden sind an dem Verfahren aufseiten des Landes Hamburg und wer ist aufseiten des Bundes am Verfahren zur Elbvertiefung beteiligt? Als Vorhabensträger fungieren für die Bundesverwaltung das Wasser- und Schifffahrtsamt Hamburg und für Hamburg die HPA. Beide haben ein gemeinsames Projektbüro gebildet. Als Planfeststellungsbehörden agieren für die Bundesverwaltung die Generaldirektion Wasserstraßen Außenstelle Nord (ehemals Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord) und für Hamburg die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation . Die Beteiligung der übrigen Behörden ergibt sich aus dem Planfeststellungsbeschluss vom 23. April 2012 (siehe Seite 86 fortfolgende; http://www.wsdnord .wsv.de/Planfeststellung/Planfeststellung_Elbe/index.html). 10. Wie wird der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde sicherstellen , dass keine Interessenskonflikte bei Behördenmitarbeitern entstehen, wie dies zuletzt bei der Westerweiterung des Hafens in der Umweltbehörde der Fall war? Ob es im Planfeststellungsverfahren zur „Westerweiterung des Containerterminal Hamburg (CTH)“ Interessenskonflikte bei Behördenmitarbeitern gegeben hat, die sich nachteilig auf das Planfeststellungsverfahren ausgewirkt haben, steht nach Auffassung der zuständigen Behörde nicht fest. Im Übrigen gelten §§ 20 und 21 des Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). 11. Wie wird der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde sicherstellen , dass keine weiteren Verzögerungen wegen Planungsmängeln im Verlauf des Verfahrens vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts eintreten? Welche Voraussetzungen müssen dazu gegeben sein? Ob es im Planfeststellungsverfahren für die „Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe“ Planungsmängel gegeben hat, die für Verzögerungen ursächlich waren, steht nach Auffassung der zuständigen Behörde nicht fest. Dass im Zuge eines Gerichtsverfahrens unterschiedliche Rechtsansichten geäußert werden, ist üblich. Die zuständige Behörde bearbeitet derzeit diejenigen Darstellungen zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens, an denen das Bundesverwaltungsgericht mit seinem Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 rechtliche Zweifel geäußert hat.