BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9474 21. Wahlperiode 23.06.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Wieland Schinnenburg (FDP) vom 16.06.17 und Antwort des Senats Betr.: Antibiogramme Aus verschiedenen Gründen ist es sinnvoll, Antibiosen zielgenau durchzuführen . Eine Hilfe können dabei Antibiogramme sein. Ich frage den Senat: Die amtlichen Statistiken der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) enthalten keine regionalen Daten. Da sich die bundesweiten GKV-Statistiken auf allgemeine Leistungsbereiche beziehen, zum Beispiel Arzneimittelausgaben, enthalten diese auch keine spezifischen Daten zu Antibiogrammen. Erforderlich wären hierzu Sonderauswertungen der gesetzlichen Krankenkassen. Soweit Veröffentlichungen zur Arzneimittelversorgung (zum Beispiel Arzneiverordnungs-Report, Versorgungsatlas) vorliegen, enthalten auch diese keine Informationen zu Antibiogrammen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche Anzahl an Antibiogrammen wurde in den Jahren 2015 und 2016 in Hamburg beauftragt? a. Welche hiervon von niedergelassenen Ärzten? Daten zur Verordnung von Antibiogrammen für den niedergelassenen Bereich in Hamburg liegen für die nachgefragten Zeiträume nicht vor (siehe auch Vorbemerkung ). Lediglich einer Sonderauswertung des BKK-Landesverbandes NORDWEST (November 2016) ist zu entnehmen, dass im vertragsärztlichen Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg (KVH) für 1.150 Patienten/-innen von 23.698 Patienten /-innen mit der Diagnose Harnwegs- und Wundinfektion ein Antibiogramm erstellt wurde (alle Quartale 2014 bis 2. Quartal 2015). Danach liegt die vertragsärztliche Versorgung in Hamburg über dem Mittelwert im Vergleich zu anderen KV-Regionen. b. Welche hiervon von Krankenhäusern? Bitte getrennt für das UKE angeben. Eine kurzfristige Umfrage bei den Hamburger Plankrankenhäusern ergab, dass 385.132 (2015) beziehungsweise 407.349 (2016) Antibiogramme/Empfindlichkeitsprüfungen durchgeführt wurden (Basis: Anzahl der eingesandten Materialien von 13 Krankenhäusern). Im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf wurden 34.044 (2015) beziehungsweise 35.640 Antibiogramme/Empfindlichkeitsprüfungen durchgeführt. c. Welche hiervon von weiteren Einrichtungen oder Institutionen? Bitte angeben, um welche es sich handelt. Siehe Vorbemerkung. 2. Welche Anzahl an Antibiotika-Therapien und Verschreibungen wurde in den Jahren 2015 und 2016 in Hamburg durchgeführt? Drucksache 21/9474 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 a. Welche hiervon von niedergelassenen Ärzten? Gemäß der Sonderauswertung des BKK-Landesverbandes NORDWEST und Nordrhein (November 2016) erhielten im vertragsärztlichen Bereich der KVH insgesamt 106.311 Patientinnen und Patienten eine Antibiotikaverordnung (alle Quartale 2014 bis 2. Quartal 2015). b. Welche hiervon von Krankenhäusern? Bitte getrennt für das UKE angeben. Laut Auskunft der Krankenhäuser ist die Gabe von Antibiotika kein Item, das über einen Operationen- und Prozeduren-Schlüssel (OPS-Code) ausgewertet werden kann. c. Welche hiervon von weiteren Einrichtungen oder Institutionen? Bitte angeben, um welche es sich handelt. Siehe Vorbemerkung. 3. Welche Kosten verursacht ein Antibiogramm durchschnittlich und wird es von den gesetzlichen und privaten Krankenkassen bezahlt? Im ambulanten Bereich werden Antibiogramme bei den Krankenkassen abhängig vom Versicherungsstatus der Patientinnen und Patienten nach den Gebührenordnungen (EBM oder GOÄ) abgerechnet. Im stationären Bereich erfolgt die Vergütung im Rahmen des pauschalisierten Entgeltsystems (DRG). Da die Vergütung vom Probenmaterial und der Anzahl getesteter Substanzen abhängig ist, lässt sich kein allgemein gültiger Durchschnittspreis angeben. Die Spanne liegt nach EBM derzeit zwischen circa 5,40 bis 18,70 Euro. 4. Werden diese Kosten außerhalb des Budgets unbeschränkt vergütet? Wenn nein: Wird sich der Senat dafür einsetzen, dass dieser Hinderungsgrund für einen häufigeren Einsatz von Antibiogrammen beseitigt wird? Im ambulanten Bereich sind die Kosten für den Einsatz von Antibiogrammen Bestandteil der zwischen Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbarten Gesamtvergütung. Zum stationären Bereich siehe Antwort zu 3. Im Rahmen des Gesetzes zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung wurde aktuell geregelt, dass der Bewertungsausschuss der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverband der Krankenkassen prüfen sollen, in welchem Umfang Verfahren zur schnelleren Antibiotikatherapie in der vertragsärztlichen Versorgung zukünftig eingesetzt werden können; die Gebührenordnung soll daraufhin entsprechend angepasst werden (BT.-Drs. 19/10208). Einem Antrag Hamburgs im Bundesrat, bereits heute zur Verfügung stehende kulturbasierte Antibiogramme durch eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses und einer entsprechenden Anpassung der Gebührenordnung zu ermöglichen (BR.-Drs. 601/16), ist der Bundesgesetzgeber nicht gefolgt. 5. Wie lange dauert es, bis das Ergebnis eines Antibiogramms vorliegt? Wie soll der behandelnde Arzt in der Zwischenzeit verfahren? In den meisten Fällen liegt ein Antibiogramm nach zwei Tagen nach Laboreingang vor, bei bestimmten Keimen kann dies aber auch länger dauern. Der behandelnde Arzt wird in der Zwischenzeit eine sogenannte empirische Therapie durchführen, also eine leitliniengerechte Therapie mit einer Substanz, die mit einer erfahrungsgemäß hohen Wahrscheinlichkeit wirksam sein wird. Im Übrigen obliegt die Behandlung der Therapiefreiheit. 6. Wann wurden und werden Modellversuche et cetera zum häufigeren Einsatz von Antibiogrammen durchgeführt? Was waren die Ergebnisse? Nach Kenntnis der zuständigen Behörde wird im vertragsärztlichen Bereich seit Anfang 2017 vom BKK-Landesverband NORDWEST und der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein ein Modellversuch durchgeführt, um die Notwendigkeit von Antibioti- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9474 3 ka-Verordnungen zu klären und die Durchführung von Antigen-Schnelltests bei Rachenentzündungen sowie von Empfindlichkeitsprüfungen (Antibiogrammen) bei Harnwegs- und Wundinfektionen zu erproben. Weitere Modellversuche im vertragsärztlichen Bereich sind nicht bekannt. Im Krankenhausbereich gehören die Erregerabklärung und das folgende Antibiogramm grundsätzlich zum Standard.