BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9534 21. Wahlperiode 30.06.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 22.06.17 und Antwort des Senats Betr.: Der G20-Gipfel und die Justizvollzugsanstalten (II) Der G20-Gipfel am 7. und 8. Juli 2017 steht vor der Tür. Die für den Gipfel eingerichtete Gefangenensammelstelle in Harburg umfasst 400 Plätze. Von dort aus müssen Personen, die länger als 48 Stunden in Gewahrsam genommen werden oder gegen die ein Haftbefehl erlassen wird, in Justizvollzugsanstalten verlegt werden. Aufnahmeanstalt während des Zeitraums des G20-Gipfels wird die JVA Billwerder sein. Da die freien Plätze in Hamburgs Justizvollzugsanstalten jedoch jetzt bereits äußerst knapp sind, müssen die Haftplatzkapazitäten dringend erweitert werden; am 1. Mai 2017 befanden sich 1.856 Personen in Hamburgs Justizvollzugsanstalten, Drs. 21/9059. Die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig- Holstein haben sich bereit erklärt, während des G20-Gipfels Strafgefangene aus Hamburg aufzunehmen. Die Ministerien teilten mit, dass die Justizvollzugsanstalt Bützow 20 Strafgefangene aus Hamburger Gefängnissen unterbringen könne, in der Justizvollzugsanstalt Kiel stünde eine Abteilung mit etwa 30 Plätzen zur Verfügung. Nach Angaben des Senats in der Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/9059 haben weitere Bundesländer geprüft, ob sie während des Gipfels freie Haftplatzkapazitäten zur Verfügung stellen können. Zum Zeitpunkt der Beantwortung waren die Planungen indes noch nicht abgeschlossen. Seitdem sind weitere fünf Wochen vergangen, bis zum G20- Gipfel ist nur noch wenig Zeit. Zeit, die dringend genutzt werden muss, um Haftplatzkapazitäten zu schaffen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie haben sich Belegungsfähigkeit und tatsächliche Belegung seit Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage Drs. 21/9059 in den einzelnen Justizvollzugsanstalten entwickelt? Bitte pro Justizvollzugsanstalt und getrennt nach Männer- und Frauenvollzug, Untersuchungshaft, Freiheitsstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe jeweils zum 1. Juni 2017 und aktuell darstellen. Stichtag: 01.06.2017 Anstalten Festgesetzte Belegungsfähigkeit Tatsächliche Belegungsfähigkeit Belegung (Gefg. Bestand ) ** davon Untersuchungshaft davon Freiheitsstrafe davon Ersatzfreiheitsstrafe * BW Frauen 100 100 66 25 40 6 * BW Männer 673 673 639 224 401 25 * FB 326 326 303 0 277 16 Drucksache 21/9534 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Stichtag: 01.06.2017 Anstalten Festgesetzte Belegungsfähigkeit Tatsächliche Belegungsfähigkeit Belegung (Gefg. Bestand ) ** davon Untersuchungshaft davon Freiheitsstrafe davon Ersatzfreiheitsstrafe * GM Frauen 19 19 17 0 14 1 * GM Männer 190 190 198 0 182 4 * HS 196 196 156 91 0 0 * SH 181 181 171 3 157 32 * UH Frauen 10 10 3 0 1 1 * UH Männer 413 316 312 245 39 11 Stichtag: 21.06.2017 Anstalten Festgesetzte Belegungsfähigkeit Tatsächliche Belegungsfähigkeit Belegung (Gefg. Bestand ) ** davon Untersuchungshaft davon Freiheitsstrafe davon Ersatzfreiheitsstrafe * BW Frauen 100 100 59 22 35 5 * BW Männer 673 673 649 224 396 24 * FB 326 326 309 0 282 13 * GM Frauen 19 19 17 0 16 1 * GM Männer 190 190 194 0 183 1 * HS 196 196 155 89 0 0 * SH 181 181 168 3 155 29 * UH Frauen 10 10 7 2 1 0 * UH Männer 413 316 323*** 243 48 11 * BW = Justizvollzugsanstalt (JVA) Billwerder (Geschlossener Vollzug), FB= JVA Fuhlsbüttel (Geschlossener Vollzug), GM=JVA Glasmoor (Offener Vollzug), HS OV= JVA Hahnöfersand (Offener Vollzug), HS= JVA Hahnöfersand (Geschlossener Vollzug), SH= Sozialtherapeutische Anstalt Hamburg (Geschlossener Vollzug), UH=Untersuchungshaftanstalt (Geschlossener Vollzug). ** Der Gefangenenbestand (Belegung) beinhaltet auch andere Haftarten sowie freigestellte und vorübergehend abwesende Insassen. Deshalb kann die Belegung im Einzelfall die tatsächliche Belegungsfähigkeit überschreiten . Des Weiteren ergeben die Haftarten Untersuchungshaft, Freiheitsstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe in der Tabelle bei den einzelnen Anstalten in der Addition nicht die Summe der Gesamtinhaftierten (Belegung/Gefg. Bestand). In der statistischen Erfassung ist die Ersatzfreiheitsstrafe im Gefangenenbestand eine „Darunter- Größe“ und zahlenmäßig bereits bei den Freiheitsstrafen enthalten. Es erfolgt keine Differenzrechnung, die Ersatzfreiheitsstrafe wird also nicht in Abzug gebracht. *** Die Anzahl der Gefangenen überschreitet in der Untersuchungshaftanstalt die tatsächliche Belegungsfähigkeit . In der Zahl der Gesamtinhaftierten sind auch sogenannte Polizeigefangene, das heißt vorläufig festgenommeine Personen, bis zur Haftbefehlsverkündung oder Entlassung erfasst sowie sogenannte Transportgefangene . Diese Gefangenen erhalten nicht stets einen Haftraum zugewiesen, sondern warten teilweise in den Warteräumen auf ihren Termin, werden bis zum Weitertransport auf der Transportstation untergebracht oder in den Räumen für „Polizeigefangene“. Diese nur für eine zeitweilige Unterbringung vorgesehenen Hafträume werden ihrerseits nicht in der tatsächlichen Belegungsfähigkeit erfasst. 2. Wie haben sich Belegungsfähigkeit und tatsächliche Belegung, seit Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage Drs. 21/9059 getrennt nach Strafhaft, Ersatzfreiheitsstrafe und Sicherungsverwahrung, in der sozialtherapeutischen Anstalt einschließlich der Außenstelle Bergedorf sowie in der sozialtherapeutischen Abteilung der JVA Hahnöfersand entwickelt? Bitte jeweils zum 1. Juni 2017 und aktuell darstellen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9534 3 Stichtag: 01.06.2017 Anstalten Tatsächliche Belegungsfähigkeit Belegung davon Strafhaft davon Ersatzfreiheits - strafe davon Sicherungsver - wahrung davon Untersuchungshaft JVA Hahnöfersand Sozialtherapeutische Abteilung 18 12 12* - - - Sozialtherapeutische Anstalt einschließlich Außenstelle Bergedorf 181 171 157 32 5 3 Stichtag: 21.06.2017 Anstalten Tatsächliche Belegungsfähigkeit Belegung davon Strafhaft davon Ersatzfreiheits - strafe davon Sicherungsver - wahrung davon Untersuchungshaft JVA Hahnöfersand Sozialtherapeutische Abteilung 18 13 13* - - - Sozialtherapeutische Anstalt einschließlich Außenstelle Bergedorf 181 168 155 29 3 3 * Jugendstrafe 3. Wann wurden beziehungsweise werden wie viele und welche Insassen (Strafgefangene, Untersuchungshaftgefangene, Ersatzfreiheitsstrafler) aus welchen Justizvollzugsanstalten für jeweils welchen Zeitraum in der JVA Bützow und in der JVA Kiel untergebracht? 4. Konnten noch in weiteren Bundesländern Haftplätze für eine vorübergehende Unterbringung Hamburger Strafgefangener generiert werden? Falls ja, wie viele in welchen Justizvollzugsanstalten für jeweils welchen Zeitraum und wann erfolgt die Unterbringung wie vieler und welcher hamburgischer Insassen? Es wurden insgesamt 65 Gefangene in Justizvollzugseinrichtungen anderer Bundesländer überstellt. Mit den Bundesländern ist vereinbart, dass die Haftplätze bis längstens 21. Juli 2017 zur Verfügung gestellt werden. Aufnehmendes Bundesland (Anstalt) Datum der Überstellung Abgebende Anstalt Haftplätze gesamt davon Revisionsgefan - gene Freiheitsstrafen Ersatzfrei - heitsstrafen Schleswig- Holstein (JVA Kiel) 19. Juni 2017 Billwerder 15 - 15 - 21. Juni 2017 14 - 14 - Niedersachsen (JVA Lingen) 20. Juni 2017 Fuhlsbüttel 3 - - 3 27. Juni 2017 Untersuchungshaftanstalt 1 - - 1 Mecklen- 21. Juni 2017 Untersuchungs- 4 4 - - Drucksache 21/9534 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Aufnehmendes Bundesland (Anstalt) Datum der Überstellung Abgebende Anstalt Haftplätze gesamt davon Revisionsgefan - gene Freiheitsstrafen Ersatzfrei - heitsstrafen burg- Vorpommern (JVA Bützow) haftanstalt 28. Juni 2017 Billwerder Untersuchungshaftanstalt 10 1 5 1 5 - Sachsen (JA Regis- Breitingen) 23. Juni 2017 Fuhlsbüttel Sozialtherapeutische Anstalt 5 12 - - 17 Darüber hinaus stehen in den Bundesländern Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Thüringen weitere rund 130 Haftplätze zur Verfügung, die grundsätzlich Hamburg zur Verfügung gestellt werden könnten. 5. Wann und auf welche Weise wurden beziehungsweise werden die Insassen über ihre Verlegung informiert? Seit Mitte Juni 2017 wurden alle Gefangenen der JVA Billwerder, der JVA Fuhlsbüttel, der Sozialtherapeutischen Anstalt Hamburg und der Untersuchungshaftanstalt per Aushang darüber informiert, dass die Überstellung einiger Gefangener in Justizvollzugsanstalten anderer Bundesländer erforderlich sein wird. Die von einer Überstellung tatsächlich betroffenen Gefangenen erhielten circa eine Woche vor dem Termin der Überstellung einen förmlichen Bescheid. 6. Ab wann sollen jeweils wie viele Plätze für Untersuchungshaftgefangene im Rahmen des G20-Gipfels in jeweils welchen Justizvollzugsanstalten zur Verfügung stehen? Die Planungen sehen vor, dass vom 22. Juni 2017 bis 30. Juni 2017 um 5.59 Uhr in der Untersuchungshaftanstalt fünf Haftplätze für weibliche und 45 Haftplätze für männliche Gefangene zur Verfügung stehen. Vom 30. Juni 2017 um 6.00 Uhr sollen im hamburgischen Justizvollzug zusätzlich mindestens 25 Haftplätze für weibliche und zusätzlich mindestens 125 Haftplätze für männliche Gefangene zur Verfügung stehen. Die weiteren Haftplätze für weibliche Gefangene sollen vorrangig in der JVA Billwerder bereitgestellt werden. Im Bedarfsfall können zudem freie Haftplätze in der Untersuchungshaftanstalt und ab dem 3. Juli 2017 eine Station der Jugendarrestanstalt mit sechs Haftplätzen belegt werden. Für die männlichen Gefangenen werden bis einschließlich 6. Juli 2017 um 5.59 Uhr weiterhin mindestens 45 Haftplätze in der Untersuchungshaftanstalt bereitgestellt. Ab 30. Juni 2017 kommen 93 Haftplätze in der ehemaligen Teilanstalt für Frauen der JVA Hahnöfersand und ab dem 3. Juli 2017 mindestens weitere 14 Haftplätze in der Jugendarrestanstalt hinzu. Die übrigen Haftplätze sollen bis einschließlich 6. Juli 2017 um 5.59 Uhr in der JVA Billwerder, danach auch wieder in der Untersuchungshaftanstalt , zur Verfügung stehen. 7. Nach dem Vollstreckungsplan ist die Untersuchungshaftanstalt auch zuständig für die Unterbringung von gemäß § 13 fortfolgende des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG) für mehr als 48 Stunden in Gewahrsam genommenen Personen. In welcher Justizvollzugsanstalt und welchen Stationen wird diese Unterbringung im Rahmen des G20-Gipfels erfolgen und wie viele Plätze sind hierfür vorgesehen ? Die Unterbringung von Untersuchungsgefangenen ist vorrangig sicherzustellen. Im Rahmen der Amtshilfe werden der Polizei Haftplätze für Ingewahrsamnahmen zur Verfügung gestellt, solange ausreichend Kapazitäten vorhanden sind. Hierfür sollen Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9534 5 vorrangig die ehemalige Teilanstalt für Frauen und die Jugendarrestanstalt genutzt werden. 8. Wann genau wird die ehemalige Teilanstalt für Frauen in der JVA Hahnöfersand mit 93 Haftplätzen vorübergehend wieder in Betrieb genommen werden und welche Insassen (Strafgefangene, Untersuchungshaftgefangene , Ersatzfreiheitsstrafler) aus welchen Justizvollzugsanstalten werden dort für den Zeitraum um den G20-Gipfel herum untergebracht? Siehe Antworten zu 6. und zu 7. 9. Nach Angaben des Senats in der Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/9059 wurde als einzige bauliche Maßnahme für die zwischenzeitliche Inbetriebnahme der ehemaligen TAF in der Justizvollzugsanstalt Hahnöfersand die Erweiterung der Videoüberwachungsanlage ergriffen. Dadurch entstanden Kosten in Höhe von rund 70.000 Euro. a. Handelt es sich hierbei tatsächlich um die einzige bauliche Maßnahme , die im Zuge des G20-Gipfels auf dem Gelände der JVA Hahnöfersand vorgenommen wurde? b. Wurde der Zaun erneuert? Falls ja, welche Kosten wurden dadurch verursacht und weshalb wurde dies nicht in der Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/9059 genannt? c. Wurde die Fahrzeugschleuse erneuert? Falls ja, welche Kosten wurden dadurch verursacht und weshalb wurde dies nicht in der Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/9059 genannt? Aufgrund von Mehrmengen bei den Installationsmaßnahmen im Rahmen der Erweiterung der Videoüberwachungsanlage sind Mehrkosten von rund 10.000 Euro entstanden . In Drs. 21/9059 wurden konkrete bauliche Maßnahmen in der JVA Hahnöfersand ausschließlich für die Teilanstalt für Frauen abgefragt. Darüber hinaus wurden in der Jugendarrestanstalt alle Außentüren mit Sicherheitsglas ausgestattet. Zudem wurden der Freistundenhof und der Dachunterstand des Gebäudes mit S-Draht gesichert. Für die Erneuerung des abgängigen Tores 5 in den geschlossenen Bereich, die in keinem Zusammenhang mit den baulichen Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit im Vorfeld des G20-Gipfels steht, sind Kosten von rund 120.000 Euro entstanden.