BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9553 21. Wahlperiode 30.06.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dietrich Wersich (CDU) vom 23.06.17 und Antwort des Senats Betr.: Ist die Zukunft des Literaturhauses in Gefahr – Und was unternimmt der Senat? Seit 1989 befindet sich der Verein Literaturhaus Hamburg e.V. in einem durch die ZEIT-Stiftung Gerd und Ebelin Bucerius erworbenen und restaurierten Gebäude am Schwanenwik. Das Literaturhaus bietet jedes Jahr circa 100 Veranstaltungen mit circa 13.500 Gästen an und ist damit Herzstück der Hamburger Literaturszene. Durch den Verlust eines Förderers und die Tatsache , dass die öffentlichen Zuschüsse seit Gründung praktisch unverändert sind und nicht an die Kostenentwicklung angepasst wurden, ist die Perspektive des Literaturhauses akut gefährdet. Dabei liegt der Hamburger Förderbetrag dem Vernehmen nach deutlich unter dem anderer der insgesamt neun Literaturhäuser in Deutschland (Berlin, Frankfurt am Main, München, Wiesbaden , Leipzig, Rostock, Köln, Göttingen), das vergleichbare Literaturhaus in Frankfurt am Main soll wesentlich höhere Zuschüsse erhalten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Finanzierung des Literaturhaus e.V. speist sich neben den Einnahmen aus Eintrittsgeldern , Drittmitteln, Spenden (unter anderem Mitgliedsbeiträge) und Sponsoring auch aus einer institutionellen Förderung durch die Freie und Hansestadt Hamburg, Hinzu kommen zusätzliche Projektförderungen, unter anderem aus Mitteln der Kulturund Tourismustaxe, und zusätzliche Sanierungszuschüsse. 2017 sollen zudem 180.000 Euro aus dem Sanierungsfonds 2020 für den behindertengerechten Umbau des Literaturhauses aufgebracht werden (siehe Drs. 21/9447). Das Gebäude Schwanenwik 38 wird dem Literaturhaus e.V. durch die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius mietfrei zur Verfügung gestellt. Ziel ist es, das Literaturhaus im laufenden Doppelhaushalt durch eine einmalige finanzielle Maßnahme abzusichern. Hierzu finden zwischen der Leitung des Literaturhauses und der zuständigen Behörde regelmäßig Gespräche statt, zuletzt im August 2016 und im April 2017. Über eine strukturelle Anpassung ist im Rahmen der Haushaltsaufstellung 2019/2020 zu entscheiden. Die Planungen sind naturgemäß noch nicht abgeschlossen . Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen zum Teil auf der Grundlage von Auskünften des Literaturhaus Hamburg e.V. wie folgt: 1. a) Wie viele Veranstaltungen mit wie vielen Besuchern hatte das Literaturhaus Hamburg in den letzten zehn Jahren jeweils (bitte für jedes Jahr angeben)? b) Wie viele und welche Veranstaltungen im Bereich Kinder- und Jugendarbeit beziehungsweise Literaturvermittlung für Kinder ver- Drucksache 21/9553 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 anstaltete das Literaturhaus in den letzten zehn Jahren und wie viele Besucher beziehungsweise Teilnehmer hatten diese (bitte für jedes Jahr angeben)? Jahr Veranstaltungen gesamt davon für Kinder und Jugendliche Besucherzahl gesamt davon Kinder und Jugendliche 2016 124 ca. 35 16.570 3.011 2015 146 ca. 40 16.687 4.210 2014 151 ca. 30 13.200 k.A. 2013 146 ca. 30 10.800 k.A. 2012 165 ca. 30 ca. 11.000 k.A. 2011 175 ca. 30 ca. 12.000 k.A. 2010 155 ca. 20 ca. 11.500 k.A. 2009 165 ca. 20 ca. 12.700 k.A. 2008 147 ca. 25 ca. 12.500 1.332 2007 126 17 15.560 1.800 Veranstaltungsreihen für sechs bis zehn Jahre: „Gedankenflieger – Philosophieren mit Kindern“; „Gedankenflieger überLand“, „Spaß mit Büchern“, „Kinder auf den Lesethron .“ Veranstaltungsreihen für zehn bis 18 Jahre: „Supernova“, „STA*-Club – Schüler treffen Autoren“, „Schulhausroman“, „Schreiblabor – die Prosawerkstatt“, abiturvorbereitende Veranstaltungen. 2. a) Welche öffentlichen Mittel Hamburgs aus welchen Produktgruppen für welche Zwecke erhielt das Literaturhaus Hamburg im Jahr 2016 jeweils und welche Mittel sind für 2017 geplant? 2016 Institutionelle Förderung Anlass Mittel in € PG Zuwendungsbescheid 160.000 251.02 Zusätzliche Projektförderung Anlass Mittel in € PG bzw. Herkunft Lange Nacht der Literatur 50.000* Kultur- und Tourismustaxe (KTT) * Förderung alle zwei Jahre Schreiblabor 10.000 251.02 Graphic Novel Tage 7.000 KTT Krimifestival 3.000 KTT Mara-Cassens-Preis 2.500 251.02 Gedenkveranstaltung Schuldt 750 KTT Gesamt 73.250 2017 Institutionelle Förderung Anlass Mittel in € PG Zuwendungsbescheid 160.000 251.02 Zusätzliche Projektförderung Anlass Mittel in € PG bzw. Herkunft Lange Nacht der Literatur 25.000* KTT * seit 2017 jährlich Nordische Literaturtage 10.000 KTT Graphic Novel Tage 7.000 251.02 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9553 3 Anlass Mittel in € PG bzw. Herkunft Mara-Cassens-Preis 2.500 251.02 Veranstaltung Marseille 500 251.02 Gedenkveranstaltung Raddatz 500 251.02 Gesamt 45.500 b) Trifft es zu, dass die öffentliche Förderung des Betriebs des Literaturhauses seit der Gründung 1989 bis heute nicht angepasst wurde ? Wenn ja, warum nicht? Wenn nein, wann und wie veränderte sich die Förderung seit 1989 jeweils? Die institutionelle Förderung konnte seit 1989 nicht angepasst werden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. c) Weshalb werden Kosten- und Tarifsteigerungen – anders als mittlerweile bei vielen anderen Kulturinstitutionen – auch 2017/2018 nicht mit erhöhten Zuwendungen abgefedert? Die Finanzierung des Literaturhauses erfolgt aus der Produktgruppe 251.02 Künste, kult. Leben, Kreativwirtschaft im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel. d) Hatte die Kulturbehörde im Rahmen der Aufstellung des Haushaltsplan -Entwurfs entsprechende Bedarfe angemeldet? Wenn nein, warum nicht? Im Rahmen des für die Behörde für Kultur und Medien zur Verfügung gestellten Budgets konnten entsprechende Bedarfe volumenmäßig nicht berücksichtigt werden. e) Wie hoch sind aktuell die öffentlichen Zuschüsse an andere vergleichbare Literaturhäuser in Deutschland jeweils? Aufgrund unterschiedlicher Strukturen in den jeweiligen Städten und der unterschiedlichen Historie sind die einzelnen Literaturhäuser nur bedingt vergleichbar. Folgende Fördersummen wurden den jeweiligen Haushaltsplänen 2017 entnommen: Literaturhaus Berlin: 545.000 Euro Literaturhaus Frankfurt: 335.000 Euro Literaturhaus Wiesbaden: 326.000 Euro Literaturhaus Rostock: 134.500 Euro Literaturhaus Köln: 100.000 Euro Literarisches Zentrum Göttingen: 46.000 Euro 3. Wie hoch waren jeweils die weiteren Einnahmen des Literaturhauses Hamburg in den letzten zehn Jahren und sind geplant für 2017, unterschieden nach a) Bundesmitteln, b) Eintrittsgeldern, c) weiteren Drittmitteln, Spenden, Sponsoringeinnahmen sowie d) sonstigen Einnahmen? Jahr Bundesmittel Eintrittsgelder in € Drittmittel/Spenden/ Sponsoring in € Sonstiges 2016 keine 95.802 713.367 44.602 2015 keine 91.492 729.802 38.010 2014 keine 71.426 689.344 90.433 2013 keine 74.422 758.666 77.198 Drucksache 21/9553 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Jahr Bundesmittel Eintrittsgelder in € Drittmittel/Spenden/ Sponsoring in € Sonstiges 2012 keine 70.370 661.714 102.301 2011 keine 78.014 676.576 102.364 2010 keine 55.051 594.618 111.372 2009 keine 73.246 638.483 99.703 2008 keine 65.052 586.403 148.750 2007 keine 57.818 k.A. k.A. 4. Gab es in den vergangenen Jahren Defizite beim Literaturhaus Hamburg ? Wenn ja, wann und in welcher Höhe, in welchen Jahren und wie hoch waren diese jeweils zum Ende des Jahres? Jahr Ergebnis per 31.12. in € 2016 -155.262,31 2014 -44.201,18 2012 -66.185,83 2010 -38.928,26 2007 -210.132,43 5. Gab es bereits Gespräche des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde mit dem Literaturhaus Hamburg über die finanzielle Situation des Literaturhauses beziehungsweise in Bezug auf das Defizit und auf die Erhöhung der laufenden Zuwendungen? Wenn ja, wann, und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Und wann soll ein solches Gespräch stattfinden ? 6. Welche Maßnahmen kann sich die zuständige Behörde vorstellen zu ergreifen, um den steten Kaufkraftverlust der Förderung aufzuhalten beziehungsweise die Kostensteigerungen zukünftig bei der Förderung zu berücksichtigen? Siehe Vorbemerkung.