BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/959 21. Wahlperiode 07.07.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels (FDP) vom 01.07.15 und Antwort des Senats Betr.: Vermittlung von Rechtschreibung an Hamburger Grundschulen (2) Die Rechtschreibleistungen der Hamburger Grundschüler sind dringend verbesserungswürdig . Mittlerweile ist es das erklärte Ziel des Schulsenators Ties Rabe, die orthographischen Fähigkeiten von Hamburgs Grundschülern zu verbessern. Wie er jüngst in einem Gastbeitrag für eine große Tageszeitung schrieb, brauche es „unbedingt“ gute Rechtschreibung (Ties Rabe: „Feela nich so wichtich?“, in: „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ vom 26. Juni 2015). Einen wesentlichen Grund für die von ihm festgestellte negative Entwicklung der Rechtschreibeleistungen sieht er in der Lernmethode „Lesen durch Schreiben“ nach Jürgen Reichen. Diese sei „zumindest sehr anfällig für Fehler und Missverständnisse“. In Hamburg sei diese Methode mittlerweile verboten, wie aus dem Artikel weiter hervorgeht. In Anbetracht dieses erklärten politischen Ziels stellt sich die Frage, inwieweit die zuständige Behörde dafür Sorge trägt, dass in Hamburg tatsächlich ein hohes Niveau im Rechtschreibunterricht sichergestellt wird. Insbesondere ist zu klären, wie in der Praxis verhindert wird, dass einzelne Grundschulen die Methode „Lesen durch Schreiben“ weiterhin anwenden. Der Senat hat in der Vergangenheit bereits Maßnahmen ergriffen, um gegen die unzureichende Qualität des Rechtschreibunterrichts an Grundschulen vorzugehen (siehe insbesondere Drs. 20/13458). In der Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage Drs. 21/351 haben sich hierzu allerdings Widersprüche ergeben, die aufgeklärt werden müssen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Ist der zuständigen Behörde bekannt, dass einzelne Grundschulen weiterhin die Methode „Lesen durch Schreiben“ systematisch anwenden? (Dies tut zum Beispiel die Schule Rellinger Straße, die damit wirbt: „Die Schule Rellinger Straße setzt dieses Lernangebot in allen Lerngruppen der Grundstufe erfolgreich ein.“, http://www.schule-rellinger-strasse.de/ Lesen_durch_Schreiben.html, abgerufen am 30. Juni 2015.) Der zuständigen Behörde sind keine Schulen bekannt, die die Methode „Lesen durch Schreiben“ zur Vermittlung der Rechtschreibung systematisch anwenden. Zur Entwicklung der Lesefähigkeit als Teilfähigkeit der Lesekompetenz können dagegen aus der Methode hervorgegangene und weiterentwickelte Elemente, wie zum Beispiel die Anlauttabelle, von Grundschulen wie der beispielhaft genannten Schule Rellinger Straße genutzt werden. Auch die Schule Rellinger Straße hält sich an die Vorgaben der zuständigen Behörde, dass ein systematischer Rechtschreibunterricht von Anfang an Bestandteil des Deutschunterrichts ist (siehe Bildungsplan Grundschule Deutsch, http://www.hamburg.de/contentblob/2481792/data/deutsch-gs.pdf). Drucksache 21/959 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 a. Wenn ja: Was tut die zuständige Behörde, um diese Praxis zu unterbinden? b. Wenn nein: wieso nicht? Entfällt. 2. Wenden die Max-Brauer-Schule und die Stadtteilschule Winterhude diese Methodik ebenfalls weiterhin an, wie es eine Stellungnahme dieser beiden Schulen zusammen mit der Schule Rellinger Straße vom 6. September 2013 in dieser Angelegenheit suggeriert? (http://www.maxbrauerschule.de/mbs/downloads/2013-09- 09_Stellungnahme-LDS_final.pdf, abgerufen am 30. Juni 2015.) Nein, beide Schulen wenden diese Methode nicht zur Vermittlung der Rechtschreibung an. Die Max-Brauer-Schule orientiert sich bei der Unterrichtsgestaltung und den fachlichen Inhalten an den Vorgaben und Zielen der aktuellen Bildungspläne und somit an den bundesweit geltenden Bildungsstandards. Dabei folgt die Max-BrauerSchule den Prinzipien des Rechtschreibunterrichts, wie sie in der Handreichung „Hinweise und Beispiele für den Rechtschreibunterricht an Hamburger Schulen“ (2014) benannt werden. Auch die Stadtteilschule Winterhude orientiert sich am geltenden Bildungsplan, der eingeführte Mindestwortschatz wird in allen Lerngruppen eingesetzt und entsprechend dem rechtschreiblichen Verständnisses der Kinder trainiert. Es werden verschiedene Rechtschreibstrategien und Regeln erlernt. 3. Gibt es weitere Schulen, die die Methode „Lesen durch Schreiben“ als festen Bestandteil ihres pädagogischen Konzepts anwenden? Wenn ja: welche? Der zuständigen Behörde sind keine Schulen bekannt, die im Sinne der Fragestellung „Lesen durch Schreiben“ als festen Bestandteil ihres pädagogischen Konzepts zum Zweck der Vermittlung von Rechtschreibung anwenden. 4. Wieso teilt der Senat in der Drs. 21/351 mit: „Nach Kenntnis der zuständigen Behörde wird zur Vermittlung von Rechtschreibung an keiner Schule nach dem Prinzip „Lesen durch Schreiben“ unterrichtet.“? Obwohl es nachweislich einzelne Schulen gibt, die dies ganz offensichtlich nach wie vor tun? Wie bewertet der Senat in diesem Zusammenhang die Rolle der Schulaufsicht? Die Antwort des Senats in Drs. 21/351 bezieht sich ausdrücklich auf die Verwendung der Methode zum Zweck der Vermittlung der Rechtschreibung. Keine der oben genannten Schulen verwendet diese Methode zur Vermittlung von Rechtschreibung. Der Einsatz der Methode oder einzelner Elemente davon zur Entwicklung der Lesefähigkeit ist zulässig. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. 5. Gibt es tatsächlich ein wirksames Verbot seitens der zuständigen Behörde für die Anwendung der Methode „Lesen durch Schreiben“, wie es der Artikel des Schulsenators suggeriert? Der Senat hat in Drs. 20/13458 der Bürgerschaft mitgeteilt, dass „Methoden, nach denen Kinder monatelang oder jahrelang nicht auf richtige Rechtschreibung achten müssen, (…) in Hamburg nicht zulässig“ sind. Die zuständige Behörde hat dementsprechend im Schuljahr 2014/2015 in Schulleiterdienstbesprechungen, in Fortbildungsveranstaltungen und Fachleiterforen am Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung sowie mit der Handreichung „Hinweise und Beispiele für den Rechtschreibunterricht an Hamburger Schulen“ klargestellt, dass damit auch die Verwendung der Methode „Lesen durch Schreiben“ als Methode zur Vermittlung von Rechtschreibung nicht zulässig ist. a. Wenn ja: Wieso wird es offensichtlich unterlaufen? Wie will die zuständige Behörde die Beachtung des Verbots künftig sicherstellen ? Siehe Antworten zu 3. und 4. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/959 3 b. Wenn nein: warum nicht? Plant die zuständige Behörde die Einführung eines solchen? Entfällt. 6. Welche anderen Maßnahmen will der Senat ergreifen, um zu verhindern, dass einzelne Schulen weiterhin ohne Kenntnis der zuständigen Behörde die Methode „Lesen durch Schreiben“ anwenden? Siehe Antworten zu 3. und 4. 7. In der Drs. 20/8564 teilt der Senat mit, dass über die Unterrichtsgestaltung und die Lehrmethoden ausschließlich die Lehrerkonferenzen an den einzelnen Schulen entscheiden. Ist der zuständigen Behörde bekannt, welcher Art die Beschlüsse der Lehrerkonferenzen zum Rechtschreibunterricht sind? a. Wenn ja: An welchen Schulen haben die Lehrerkonferenz welche Beschlüsse gefasst? b. Wenn nein: warum nicht? Welche Rolle spielt dabei die Schulaufsicht ? Beschlüsse von Lehrerkonferenzen sind Teil der laufenden Arbeit an selbstverantworteten Schulen und werden daher nicht zentral erfasst. Im Rahmen der wirkungsorientierten Steuerung sind die Ergebnisse von Lernstanduntersuchungen Gegenstand der jährlichen Bilanzgespräche zwischen Schulaufsicht und Schulleitung. 8. Welche Vorschläge zur Unterrichtsgestaltung für den Rechtschreibunterricht sind in der von der zuständigen Behörde den Grundschulen überlassenen Handreichung konkret enthalten? Siehe Handreichung „Hinweise und Beispiele für den Rechtschreibunterricht an Hamburger Schulen“ (http://www.hamburg.de/contentblob/4340490/data/rechtschreibungdownload .pdf). 9. Gibt es ein öffentlich zugängliches Verzeichnis der an den Grundschulen zugelassenen Lernmittel, wie es das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen anbietet (http:// www.schulministerium.nrw.de/docs/Schulsystem/Unterricht/Lernmittel/ Grundschule/index.html, abgerufen am 1. Juli 2015)? Wenn ja: Wo ist dieses zu finden? Wenn nein: Plant der Senat die Erstellung eines solchen? Nein. In Hamburg gibt es kein Genehmigungsverfahren für die Zulassung von Schulbüchern und Lernmaterialien. Die Schulen entscheiden eigenständig über die Auswahl der im Unterricht verwendeten Lernbücher und Lernmaterialien. 10. In der Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage Drs. 21/351 vom 27. April 2015 teilt der Senat unter Punkt 1. mit, dass bereits alle in Drs. 20/13458 angekündigten Maßnahmen umgesetzt worden seien. Unter Punkt 4. derselben Drs. 21/351 teilt der Senat hingegen mit, dass „einige Maßnahmen“ erst zum Schuljahr 2015/2016 eingeführt werden. Wie erklärt sich der Widerspruch in der Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage? Wenn es tatsächlich Maßnahmen gibt, die noch nicht umgesetzt worden sind: welche sind das? Wie ist der aktuelle Sachstand ? Die Antwort ist nicht widersprüchlich, da zum Berichtszeitpunkt alle Maßnahmen, die im Schuljahr 2014/2015 umgesetzt werden sollten, auch wie angekündigt umgesetzt wurden. Zu den im Schuljahr 2015/2016 umzusetzenden Maßnahmen zählt die flächendeckende Einführung des Hamburger Basiswortschatzes in der Grundschule. Diese Maßnahme wird wie geplant im Schuljahr 2015/2016 umgesetzt werden. Zur Unterstützung der Umsetzung dieser Maßnahme ist eine digitale Version des Basiswort- Drucksache 21/959 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 schatzes in Vorbereitung, die zum Schuljahr 2015/2016 den Schulen zur Verfügung stehen wird und deren Funktionen den Fachleitungen Deutsch der Grundschulen vorgestellt und erläutert werden wird.