BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9595 21. Wahlperiode 04.07.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Michael Kruse und Dr. Kurt Duwe (FDP) vom 27.06.17 und Antwort des Senats Betr.: Elbvertiefung – Wie gut ist der Senat vorbereitet? (VIII), hier: Wie geht es weiter mit der Fläche Billwerder Insel? Der Senat hat am 16. Juni 2017 den „Tideanschluss Billwerder Insel“ als alternative Kohärenzmaßnahme für den Schierlingswasserfenchel bekanntgegeben . Nach dem Urteil vom 9. Februar 2017 hat das Bundesverwaltungsgericht unter anderem die Regelungen der Planfeststellungsbeschlüsse zur Kohärenzsicherung beanstandet. Das Ausgleichskonzept muss für die Bestandsverluste des Schierlingswasserfenchels ergänzt werden. Nach Angaben des Senats wurden dazu mehr als 70 Einzelflächen auf ihre Eignung für eine Kohärenzmaßnahme überprüft.1 Das Gebiet Billwerder Insel sei als besonders geeignet bewertet worden. Die weiteren Planungen sind bisher unbekannt. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority AöR (HPA) wie folgt: 1. Wie groß ist die Fläche von Billwerder Insel in Quadratmetern, die als Kohärenzmaßnahme für den Schierlingswasserfenchel identifiziert wurde ? Nach jetzigem Planungsstand wird eine Fläche von circa 7 ha in Anspruch genommen (das entspricht 70.000 m²). Innerhalb dieses Gebiets werden Wuchsflächen für den Schierlingswasserfenchel geschaffen. 2. Wie wird diese Fläche aktuell genutzt? Das Maßnahmegebiet wird aktuell nicht genutzt, es ist Teil einer stillgelegten Anlage zur Trinkwassergewinnung. 3. Wie ist die Fläche beschaffen und gegebenenfalls welche Nutzungseinschränkungen weist diese Fläche aus welchen Gründen auf? Wird es gegebenenfalls Untersuchungen zu Altlasten geben? Die Fläche besteht aus ehemaligen Absetzbecken, die derzeit mit Beton befestigt und mit Wasser gefüllt sind. Die ehemalige Anlage zur Trinkwassergewinnung ist Teil des Naturschutzgebietes „Auenlandschaft Obere Tideelbe“ und steht unter Denkmalschutz . Untersuchungen zu Altlasten werden bei Bedarf durchgeführt. 4. In welchem Zeitplan erfolgen nun welche nächsten Schritte bis zur Fertigstellung der Fläche als Kohärenzmaßnahme und im weiteren Planungsprozess insbesondere für die Planergänzung? Bis wann kann die 1 Vergleiche Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/9268 vom 06.06.2017. Drucksache 21/9595 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Fläche bereitgestellt werden? Welche zuständigen Stellen sind darin wie eingebunden? Zunächst wird die Planung der Kohärenzmaßnahme konkretisiert und umweltfachlich bewertet werden. Die dabei entstehenden Fachbeiträge werden Teil der Antragsunterlagen für ein Planergänzungsverfahren zur Fahrrinnenanpassung, in dessen Zuge ein Beteiligungsverfahren durchzuführen sein wird. Eine verlässliche Angabe zu bestimmten Zeitplänen ist deshalb nicht möglich und zur Vermeidung von Verfahrensfehlern auch nicht angezeigt. Sobald der entsprechende Planergänzungsbeschluss vollziehbar ist, können Vergabe der Bauleistungen und Realisierung beginnen. Die Kohärenzmaßnahme „Tideanschluss Billwerder Insel“ wird voraussichtlich zeitlich parallel mit den Ausbauarbeiten zur Fahrrinnenanpassung mit dem Ziel umgesetzt, bis zum Abschluss des Fahrrinnenausbaus fertiggestellt zu sein. Die Fläche steht uneingeschränkt zur Verfügung. Abstimmungen erfolgen in der weiteren Planung zwischen der HPA und der Wasserstraßenverwaltung des Bundes und im Planergänzungsverfahren unter den beteiligten Planfeststellungsbehörden des Bundes und Hamburgs. Innerhalb Hamburgs findet eine kontinuierliche Abstimmung mit den fachlich zuständigen Behörden statt. 5. Inwiefern erfüllt die Fläche „Tideanschluss Billwerder Insel“ die Voraussetzungen als Kohärenzmaßnahme? Welche weiteren Prüfungen müssen dazu noch in welchem Zeitraum von welcher zuständigen Stelle vorgenommen werden? Zu den generellen Voraussetzungen als Kohärenzmaßnahme siehe Drs. 21/9268. Der für die Kohärenzmaßnahme ausgewählte Bereich auf der Billwerder Insel zeichnet sich durch folgende Eigenschaften aus: der Tideeinfluss kann hergestellt werden, die Maßnahme liegt außerhalb der Brackwasserzone, die Flächengröße reicht aus, die Maßnahme findet nicht in einem Natura-2000-Gebiet statt, die Fläche ist verfügbar. Weiterer Machbarkeitsuntersuchungen bedarf es deshalb zum gegenwärtigen Planungsstand nicht. 6. Wer ist Besitzer und Eigentümer der Fläche, die als Kohärenzmaßnahme für den Schierlingswasserfenchel identifiziert wurde? Die Hamburg Wasserwerke GmbH. 7. Wie viele Quadratmeter Fläche müssen ersatzweise als Ausgleichsfläche für den Schierlingswasserfenchel geschaffen werden? Im Rahmen der Kohärenzmaßnahme „Tideanschluss Billwerder Insel“ ist ein Mindestumfang von 14.793 m² Wuchsfläche herzustellen. Das Maßnahmegebiet ist allerdings größer, da im Hinblick auf die Lebensbedingungen dieser Pflanze auch Flächen für eine Begleitvegetation herzurichten sind, die für den Schierlingswasserfenchel günstig ist. 8. Wurde Billwerder Insel in den Jahren zuvor bereits als Ausgleichmaßnahme ausgewiesen? Wenn ja, wann, warum und in wie groß war diese ausgewiesene Fläche Billwerder Insel? Wenn ja, welcher Teil der Fläche Billwerder Insel steht davon als Kohärenzmaßnahme für den Schierlingswasserfenchel zur Verfügung? Nein. Eine mit dem Titel „Billwerder Insel“ bezeichnete weitere Maßnahme an anderer Stelle (nördlich der Bundesautobahn A 1) ist seit Langem Ausgleichsmaßnahme für ein Fernstraßenvorhaben, ist aber mit der fragegegenständlichen Maßnahme nicht identisch. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9595 3 Aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 9. Februar 2017 folgt die Notwendigkeit zu einer ergänzenden Kohärenzsicherungsmaßnahme. Da die Kohärenzsicherung auf den europäischen Schutzgebietsverbund „Natura 2000“ ausgerichtet ist, muss die Maßnahmefläche in das europäische Netz von Schutzgebieten integriert werden. Die Ausweisung der Fläche als (nationales) Naturschutzgebiet steht der Durchführung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme nicht entgegen. Eines anderen oder weiteren Ausgleichs bedarf es nicht. 9. Wie soll Billwerder Insel als Fläche noch aufgewertet werden, wenn dies bereits Teil eines Naturschutzgebietes ist? Welcher konkrete Ausgleich ist dafür notwendig? Konkrete Kostenangaben sind zum jetzigen Planungsstand nicht möglich. Abhängig von der Entwicklung der Kohärenzsicherungsmaßnahme ab ihrer Fertigstellung können weitere Kosten für Pflegemaßnahmen entstehen. Zudem wird ein langjähriges Monitoring durchgeführt werden, um den Erfolg der Kohärenzsicherungsmaßnahme zu dokumentieren. 10. Welche Kosten entstehen der Freien und Hansestadt Hamburg für die Herrichtung der Fläche und welche Kosten plant der Senat darüber hinaus ein (bitte begründen)? 11. Vom welcher zuständigen Stelle kam der Vorschlag für die „Tideanschluss Billwerder Insel“ als Kohärenzmaßnahme? 12. Welche weiteren Flächen wurden auf ihre Eignung für eine weitere Kohärenzmaßnahme überprüft? Welche Gutachterbüros haben Vorschläge abgegeben? 13. Warum bedurfte es keiner weiteren Unterstützung in Gesprächen mit Nachbarländern oder Dritten bei der Suche nach alternativen Standorten ? Die Maßnahme „Tideanschluss Billwerder Insel“ ist das Ergebnis einer intensiven Flächensuche, an der die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation und die Behörde für Umwelt und Energie beteiligt waren. Der Auswahl dieser Maßnahme gingen umfangreiche Untersuchungen voraus. Sie wurde auch mit den beteiligten Stellen der Bundeswasserstraßenverwaltung abgestimmt. Im Übrigen siehe Drs. 21/9268 sowie Vorbemerkung und Antworten zu 1. bis zu 4. 14. Welche konkreten unternehmerischen Überlegungen zum Standort Hamburg wurden in den Gesprächen mit MSC und Maersk erörtert, insbesondere im Hinblick auf die bevorstehende weitere Planergänzung und die damit verbundene Verzögerung der Elbvertiefung? Die Besuche bei MSC und Maersk fanden kurz nach der mündlichen Entscheidungsverkündung des Bundesverwaltungsgerichts statt. Da die schriftliche Urteilsbegründung zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorlag, hatten die Gespräche einen eher allgemeinen Charakter. Konkrete Vereinbarungen wurden nicht getroffen. Es wurde über die Erkenntnisse aus dem Verkündungstermin berichtet und herausgehoben, dass die Ausbaumaßnahme in nahezu allen Punkten vom Gericht bestätigt worden sei. Der Hamburger Hafen hat sich insgesamt als verlässlicher Partner präsentiert. Beide Unternehmen wurden darüber hinaus eingeladen, sich an den Überlegungen zur künftigen Nutzung des mittleren Hafens zu beteiligen.