BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9607 21. Wahlperiode 25.07.17 Große Anfrage der Abgeordneten Franziska Grunwaldt, Birgit Stöver, Karl-Heinz Warnholz, Dr. Jens Wolf, Jörg Hamann (CDU) und Fraktion vom 28.06.17 und Antwort des Senats Betr.: Wo sozial draufsteht, ist nicht unbedingt sozial drin – Wie ernst meint es der Senat mit der Versorgung vordringlich Wohnungsuchender? Der Missstand, dass es deutlich mehr vordringlich Wohnungssuchende als für sie bereitstehenden Wohnungsraum in Hamburg gibt, ist kein neues Problem . Bereits in dem am 15. April 2015 unterzeichneten Koalitionsvertrag versprach Rot-Grün, die Vorlage eines Sofortprogramms zur Versorgung von vordringlichen Wohnungssuchenden. Im Januar 2016 wurde dann das „Gesamtkonzept zur besseren Versorgung von anerkannt vordringlich Wohnungssuchenden mit Wohnraum“ (Drs. 21/2905) vorgelegt. Darin wurde deutlich , dass in Hamburg bereits zum Stichtag 31. Dezember 2014 insgesamt 7.795 Haushalte trotz Anspruchs auf eine Wohnung mit sogenannter WA-Bindung unversorgt waren. Die Zahl der unversorgten Haushalte hat sich in den vergangenen Jahren allerdings noch erhöht. Im Jahr 2015 wurden 8.333 Dringlichkeitsscheine und Dringlichkeitsbestätigungen ausgegeben (Drs. 21/6544), im Jahr 2016 waren es 8.889 (Drs. 21/7828). Nur etwa ein Drittel davon konnte ein Angebot erhalten. Traurige Gewissheit ist zudem, das hat die Auswertung des Winternotprogramms 2016/2017 ergeben, dass die Anzahl der Obdachlosen mit deutscher Staatsangehörigkeit, die das Angebot annahmen, gegenüber dem Vorjahr um 5 Prozentpunkte auf 19 Prozent gestiegen ist. Da der Senat bei den Zahlen der anerkannten vordringlich Wohnungsuchenden nicht nach Flüchtlingen differenziert, ist es leider nur schwer möglich zu bewerten, welche Auswirkungen die hohen Flüchtlingszahlen auf die Nachfrage haben. Aber auch ohne dieses Wissen war bereits bei Vorlage des Gesamtkonzepts ersichtlich, dass der Senat nur kleine Verbesserungen vorsieht , die eher als „Tropfen auf dem heißen Stein“ und nicht als tatsächliche Problemlösung zu bewerten sind. Und obwohl es sich hier um ein drängendes Problem handelt, war der Senat nicht bereit, zusätzliche finanzielle Mittel für die Maßnahmen zur Verfügung zu stellen, da alle haushaltsrechtlichen Vorschläge „haushaltsneutral“ erfolgen sollten. Hinzu kommt, dass Rot-Grün sich auch bei der Umsetzung Zeit lässt. Umso wichtiger ist es − bald eineinhalb Jahre nach Veröffentlichung des Gesamtkonzeptes − nachzufragen, wie viele der darin enthaltenen Ankündigungen bereits realisiert wurden. Die Schriftliche Kleine Anfrage 21/8286 der CDU-Fraktion liefert zwar schon Zahlen bezüglich der Inanspruchnahmequoten, lässt aber noch viele Fragen offen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Drucksache 21/9607 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Mit dem Gesamtkonzept zur besseren Versorgung von anerkannt vordringlich Wohnungsuchenden mit Wohnraum hat der Senat umfangreiche Maßnahmen gebündelt. Darunter unter anderem die Erhöhung der Wohnraumförderung für den Neubau von 300 Wohnungen jährlich für vordringlich Wohnungsuchende, die Kooperationsverträge mit der SAGA und den Genossenschaften sowie Konzeptausschreibungen für Grundstücke mit ausschließlich für vordringlich Wohnungsuchende gebundenen WA-Wohnungen . Vordringlich Wohnungssuchende erhalten einen Dringlichkeitsschein, soweit sie nachweislich seit mehr als drei Jahren ununterbrochen mit alleiniger beziehungsweise Hauptwohnung in Hamburg gemeldet sind und aufgrund ihrer besonderen Lebensumstände dringend auf eine angemessene Wohnung angewiesen und allein nicht in der Lage sind, selbst eine Wohnung zu finden, und einer der Fallgruppen der Fachanweisung für vordringlich Wohnungsuchende zuzuordnen sind. Von Wohnungslosigkeit Betroffene erhalten eine Dringlichkeitsbestätigung. Unversorgte Haushalte mit Dringlichkeitsschein oder Dringlichkeitsbestätigung sind in aller Regel nicht obdachlos. Inhaber von Dringlichkeitsscheinen verbleiben in ihrer derzeitigen Wohnsituation, soweit sie nicht im Rahmen ihrer Selbsthilfemöglichkeiten einen Weg in eine andere Wohnsituation finden. Bisweilen ist es ihnen möglich, sich selbst auf dem ungebundenen Wohnungsmarkt zu versorgen, oder sie nehmen wegen einer Verbesserung ihrer Lebenssituation einen erteilten Berechtigungsschein nicht in Anspruch. Haushalte mit Dringlichkeitsbestätigung befinden sich meist in öffentlich-rechtlicher Unterbringung und können von dort aus in geeigneten geförderten oder freifinanzierten Wohnraum wechseln. Die Bürgerschaft hat im Dezember 2016 den Haushalt 2017/2018 beschlossen. Auf der Grundlage der in diesem Rahmen zur Verfügung gestellten Mittel hat der Senat mit der Drs. 21/7873 „Eckpunkte der Wohnraumförderprogramme des Senats 2017 und 2018“ seine Konzeption zur Wohnraumförderung dargelegt. Mit diesem Programm werden die Wohnraumfördermittel für die jährlich 300 zusätzlichen WA- Wohnungen sowie für das am 1. August 2016 in Kraft getretene neue Förderprogramm „Neubau von Mietwohnungen für vordringlich wohnungsuchende Haushalte“ aus dem Haushalt der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) zur Verfügung gestellt. Aktuell sind vier Vorhaben mit zusammen 123 WA-Wohnungen zur Förderung im neuen Förderprogramm vorgesehen. Auch die jährliche Versorgungsverpflichtung der SAGA wurde ab 2016 um 300 auf nunmehr 2.000 vordringlich wohnungsuchende Haushalte, davon 1.000 wohnungslose Haushalte, erhöht. Die SAGA erfüllt ihre Versorgungsverpflichtungen sowohl für vordringlich Wohnungsuchende insgesamt als auch für Wohnungslose beziehungsweise Obdachlose regelmäßig zu über 100 Prozent. Bei einem Bestand von 132.513 Wohnungen und einer Fluktuation von derzeit 6,1 Prozent bedeutet das, dass rund jede vierte Wohnung der SAGA an einen vordringlich Wohnungsuchenden vermietet wird. Insgesamt hat die SAGA somit eine wichtige Versorgungsleistung in Bezug auf vordringlich Wohnungsuchende. Seit Vertragsabschluss im Jahr 2004 hat die SAGA insgesamt 21.696 vordringlich wohnungsuchende Haushalte mit Wohnraum versorgt. Hinzu kommen die Versorgungsleistungen von zwölf Genossenschaften mit Kooperationsvertrag . Über die Konzeptausschreibungen für besondere Bedarfsgruppen werden perspektivisch nach aktuellem Planungsstand weitere rund 400 WA-Wohnungen errichtet werden . Darüber hinaus hat f & w fördern und wohnen (f&w) die Aufgabe übernommen, WA- Wohnungen für vordringlich Wohnungsuchende neu zu bauen und im Bestand zu halten. Durch das Anstaltsänderungsgesetz, das am 18. März 2017 in Kraft getreten ist, sind die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen worden. Die sowohl kurz- als auch langfristig angelegten Maßnahmen des Gesamtkonzeptes sind in der Umsetzungsphase und werden kooperativ mit der Wohnungswirtschaft im Rahmen des Bündnisses für das Wohnen in Hamburg und weiteren Akteuren realisiert . Es bedarf eines gewissen zeitlichen Vorlaufs, bis alle – insbesondere die langfristig angelegten – im Gesamtkonzept angekündigten Maßnahmen Wirkung zeigen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9607 3 Auch im frei finanzierten Wohnungsmarkt steht bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung , insbesondere betrifft dies die Wohnungsbestände der SAGA und der Wohnungsbaugenossenschaften . Mit der SAGA, den Wohnungsbaugenossenschaften und weiteren privaten Vermietern, darunter Stiftungen und soziale Träger, verfügt Hamburg über Vermieter, die eine moderate Mietenpolitik und eine auf Stabilität ausgerichtete Belegungspolitik betreiben und bezahlbaren Wohnraum auch unabhängig von Sozialbindungen zur Verfügung stellen. So liegen die Mieten bei SAGA-Wohnungsbeständen im Durchschnitt bei rund 6,33 Euro/qm nettokalt je Quadratmeter Wohnfläche monatlich (Stand: 2016). Die Wohnungsbaugenossenschaften verzeichnen nach eigenen Angaben eine vergleichbare monatliche Durchschnittsmiete. Dies stellt bereits heute eine solide Basis an bezahlbarem Wohnraum auch für vordringlich Wohnungssuchende in Hamburg dar. Hinzu kommt, dass der seit 2011 intensivierte Wohnungsneubau auch den genannten Zielgruppen zugutekommt. Verschiedene Instrumente haben zu den Erfolgszahlen im Wohnungsbau beigetragen, so unter anderem auch die Wohnraumförderprogramme des Senats. Die Zahl der fertiggestellten Wohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindung ist in Hamburg in den letzten Jahren deutlich angestiegen. In den Jahren 2014 bis 2016 wurden jeweils mehr als 2.000 Wohnungen jedes Jahr fertiggestellt, seit 2011 wurden jährlich Förderungen für über 2.000 mietpreis- und belegungsgebundene Neubauwohnungen bewilligt. Mit dem Programmjahr 2017 wird die Förderung auf jährlich 3.000 Neubaumietwohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindungen noch einmal erhöht. Darüber hinaus wird mit einer Modernisierungsförderung auf hohem Niveau zusätzlich der Wohnungsbestand kontinuierlich und sozialverträglich angepasst. Der Senat misst außerdem dem Mieterschutz und dem Wohnraumschutz einen hohen Stellenwert bei und nutzt konsequent die gesetzlichen Möglichkeiten zur Begrenzung von Mieten sowie zum Milieuschutz. Die gestiegene Nutzung des Winternotprogramms durch Obdachlose mit deutscher Staatsangehörigkeit weist darauf hin, dass die originäre Zielgruppe dieser Nothilfemaßnahme wieder stärker erreicht wurde, weshalb im Übrigen auch deutlich mehr Obdachlose mit Leistungsanspruch den Weg ins Hilfesystem fanden (die entsprechende Auswertung ist einsehbar unter: http://www.hamburg.de/winternotprogrammobdachlose /8932184/2017-06-12-basfi-auswertung-winternotprogramm/). Ein unmittelbarer Schluss auf eine Zunahme der Wohnungslosigkeit in dieser Personengruppe kann hieraus nicht abgeleitet werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. In Drs. 21/9012 wird erwähnt, dass in den Jahren 2015 und 2016 3.114 beziehungsweise 3.168 vordringlich wohnungssuchende Haushalte versorgt wurden. Gleichzeitig blieben im Jahr 2015 7.857 und im Jahr 2016 9.359 Haushalte unversorgt zurück. a) Wie viele Haushalte und wie viele Personen mit jeweils Dringlichkeitsschein oder mit Dringlichkeitsbestätigung gibt es derzeit in Hamburg? Siehe Drs. 21/7828. Aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor. b) Werden Personen mit Dringlichkeitsschein oder Dringlichkeitsbestätigung vorrangig versorgt und warum erhält diese Gruppe den Vorzug ? Personen mit Dringlichkeitsschein oder Dringlichkeitsbestätigung sind als vordringlich wohnungsuchend anerkannt. Sie werden daher im Vergleich zu Inhabern von §-5- Scheinen bevorzugt behandelt, da es Anliegen einer sozial verantwortlichen Wohnungspolitik ist, Wohnungsuchende zu unterstützen, die unter Berücksichtigung der wohnlichen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse dringend auf eine angemessene Wohnung angewiesen und allein nicht in der Lage sind, eine Wohnung zu finden. Die Bezirksämter unterstützen diese Wohnungsuchenden, indem sie Vermietern , die freie oder bezugsfertig gewordene WA-Wohnungen gemeldet haben, vordringlich Wohnungsuchende benennen. Die Entscheidung darüber, an welchen Drucksache 21/9607 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 vordringlich Wohnungsuchenden jeweils eine Wohnung vermietet wird, trifft allein der Vermieter. c) Wo verbleiben die unversorgten Haushalte derzeit? Bitte nach Art der Unterkunft aufschlüsseln. Inhaber von Dringlichkeitsscheinen verbleiben in ihrer Wohnsituation, soweit sie nicht im Rahmen ihrer Selbsthilfemöglichkeiten einen Weg in eine andere Wohnsituation finden. Soweit vordringlich Wohnungsuchenden die Wohnungslosigkeit droht, steht ihnen das System der Wohnungslosenhilfe offen. Bei von Wohnungslosigkeit Betroffenen klären die bezirklichen Fachstellen für Wohnungsnotfälle die jeweilige Lebenssituation. Wenn möglich, wird ihnen eine Wohnung nachgewiesen. Bei Vorliegen einer akuten Bedarfslage, das heißt wenn für die folgende Nacht keine anderweitige Unterbringungsmöglichkeit besteht, erfolgt stets eine Versorgung mit einer Unterkunft . Dies kann eine vorübergehende Unterbringung im Hotel oder in Übernachtungsstätten , wie zum Beispiel Pik As, Übernachtungsstätte für Frauen oder Haus Jona sein. Die meisten befinden sich jedoch in öffentlich-rechtlicher Unterbringung. In der öffentlich-rechtlichen Unterbringung und der Erstaufnahme lebten am Stichtag 31. Mai 2017 insgesamt 32.708 Personen, davon 6.072 in der Erstaufnahme und 26.636 in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung. Eine separate Auswertung zum 15. Juni 2017 ergab, dass 15.591 Personen (7.768 Haushalte) in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung sowie 2.514 Personen (1.119 Haushalte) in der Erstaufnahme wohnberechtigt sind. Im Übrigen siehe Drs. 21/9012 und Vorbemerkung. In der öffentlich-rechtlichen Unterbringung und der Erstaufnahme lebten am Stichtag 31. Mai 2017 insgesamt 32.708 Personen, davon 6.072 in der Erstaufnahme und 26.636 in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung. Eine separate Auswertung zum 15. Juni 2017 ergab, dass 15.591 Personen (7.768 Haushalte) in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung sowie 2.514 Personen (1.119 Haushalte) in der Erstaufnahme wohnberechtigt sind. Im Übrigen siehe Drs. 21/9012. 2. Wie viele der 9.949 wohnberechtigten Flüchtlinge in öffentlich-rechtlichen Unterkünften (Stand 30. April 2017) verfügen jeweils über §5- Schein, Dringlichkeitsschein oder Dringlichkeitsbestätigung? Was bedeutet das jeweils bezüglich der Priorität der jeweiligen Gruppe bei der Vermittlung von Wohnungen? Dieser Sachverhalt wird nicht statistisch erfasst. Wohnberechtigte Flüchtlinge (bleibeberechtigte Zuwanderer) in öffentlich-rechtlicher Unterbringung gehören zu den Personen, für die eine Dringlichkeitsbestätigung nach der Fachanweisung gemäß § 45 Absatz 2,3 Bezirksverwaltungsgesetz der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen über die Versorgung von vordringlich Wohnungsuchenden mit Wohnraum ausgestellt wird, da sie aus öffentlichem Interesse als vordringlich wohnungsuchend anerkannt werden sollen. Wohnberechtigte Flüchtlinge sind anderen berechtigten Haushalten im Übrigen gleichgestellt. Im Übrigen siehe Antwort zu 1.b). 3. Wie viele Wohnungen mit WA-Bindungen gab es mit Stand 31. Dezember 2016 in Hamburg? Bitte zusätzlich aufschlüsseln, in wessen Bestand sie jeweils sind (SAGA, f & w fördern und wohnen AöR, Genossenschaften und so weiter). Wohnungen mit WA-Bindung Anzahl WE mit WA-Bindung gesamt nach Eigentümern SAGA f&w Genossenschaften Sonstige Eigentümer 37.660 15.205 24 12.170 10.261 Quelle: AWON-Wohnraumdatei (Stand 2017) 4. Wie viele Wohnungen mit WA-Bindung fallen im Jahr 2017 weg? Wie viele kommen voraussichtlich hinzu? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9607 5 Es werden 1.806 WA-gebundene Wohnungen planmäßig zum Jahresende 2017 aus der Bindung fallen. Eine verlässliche Voraussage über die Anzahl zukünftiger bewilligter Wohneinheiten ist nicht möglich, da dies auch vom weiteren Verlauf der eingehenden Anträge auf Förderung und von den Ergebnissen der Prüfung der beantragten Projekte abhängt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. In Drs. 21/9012 heißt es: „In 2016 wurden keine neuen WA-Wohnungen fertiggestellt.“ Wie passt diese Aussage in das Gesamtkonzept des Senats? Ein geplantes Neubauvorhaben, für das eine Wohnraumförderung beantragt wird, ist in der Regel im Jahr der Beantragung noch nicht bezugsfertig. Somit besteht kein Zusammenhang zwischen fertiggestellten WA-Wohnungen im Jahr 2016 und dem im Jahr 2016 verabschiedeten Gesamtkonzept. 6. „In Umsetzung des „Gesamtkonzepts zur besseren Versorgung von anerkannt vordringlich Wohnungssuchenden mit Wohnraum“ haben SAGA GWG und die zuständigen Fachbehörden die Versorgungsverpflichtung von SAGA GWG um 300 auf jährlich 2.000 vordringlich wohnungsuchende Haushalte erhöht“, heißt es in Drs. 21/7275. In derselben Drucksache wird aber auch erwähnt, dass SAGA GWG im Jahr 2014 nur an 933, im Jahr 2015 999 und im Jahr 2016 (Stand Ende November) 820 vordringlich wohnungssuchende Haushalte Wohnungen vermittelt habe. In Drs. 21/9012 heißt es wiederum: „Die SAGA erfüllt ihre Versorgungsverpflichtungen sowohl für vordringlich Wohnungsuchende insgesamt als auch für Wohnungs-/Obdachlose regelmäßig zu über 100 Prozent .“ Wie erklärt der Senat diese unterschiedlichen Aussagen? Die in der Drs. 21/7275 abgefragten und genannten Zahlen beziehen sich lediglich auf Haushalte mit Dringlichkeitsschein. Der Personenkreis der vordringlich Wohnungsuchenden umfasst aber neben Haushalten mit Dringlichkeitsschein auch Haushalte mit Dringlichkeitsbestätigung, die in den in der Drs. 21/7275 genannten Zahlen nicht enthalten sind. Die SAGA hat ihre Versorgungsverpflichtungen für vordringlich Wohnungsuchende insgesamt seit 2010 und für Obdachlose seit 2012 regelmäßig zu über 100 Prozent erfüllt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 7. Die aktuelle Kapazitätsplanung des Senats sieht vor, dass von den Ende des Jahres zur Verfügung stehenden 34.000 Plätzen der öffentlichrechtlichen Unterkunft (örU) 4.500 für Obdachlose sein sollen. a) Wie viele Obdachlose leben derzeit in örU? Am Stichtag 31.5.2017 lebten 3.715 wohnungslose Personen in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung (ohne Übernachtungsstätten und Wohnen für Frauen). b) Wie lange leben die Obdachlosen derzeit im Durchschnitt in einer örU bis sie eine reguläre Sozialwohnung erhalten? Die durchschnittliche Verweildauer aller in öffentlich-rechtlicher Unterbringung untergebrachten Personen beträgt aktuell 2,41 Jahre. Dies ist die durchschnittliche Verweildauer der momentan in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung untergebrachten Personen, die aber stark von externen Einflüssen wie zum Beispiel erhöhten Zuzugszahlen durch schutzsuchende Ausländer (wie seit 2015) beeinflusst wird. Somit hat dieser Durchschnittswert keine seriöse Aussagekraft bezüglich der Verweildauer bis zum Auszug. Des Weiteren wird systemisch nicht erfasst, ob Personen in Sozialwohnungen ausziehen. Eine statistische Erfassung erfolgt soweit bekannt in der Kategorie „Auszug in privaten Wohnraum“. Im Übrigen können obdachlose beziehungsweise wohnungslose Personen auch im ungebundenen Wohnungsbestand eine neue Wohnung suchen und gegebenenfalls beziehen. Drucksache 21/9607 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 c) Wie lange dürfen Obdachlose überhaupt in einer örU wohnen? Gibt es hier zeitliche Beschränkungen und wenn ja, wo sind sie niedergeschrieben ? Die öffentlich-rechtliche Unterbringung dient der Vermeidung von Obdachlosigkeit. Die Bewilligung der öffentlich-rechtlichen Unterbringung erfolgt nach der Feststellung eines entsprechenden Bedarfs durch die Fachstellen für Wohnungsnotfälle der Bezirke . Der Bedarf besteht so lange, wie die betreffenden Personen keine Möglichkeit haben, aus eigenen Kräften anderweitig kurzfristig Unterkunft zu erhalten. Insoweit besteht grundsätzlich keine zeitliche Beschränkung der öffentlich-rechtlichen Unterbringung . Die Regelungen zur Aufenthaltsdauer von Wohnungslosen in einer öffentlich-rechtlichen Unterbringung ergeben sich aus der Fachanweisung zur Wohnungslosenhilfe, Hilfen für Obdachlose, Wohnungslose und für von Wohnungslosigkeit bedrohte Personen , siehe auch http://www.hamburg.de/basfi/fa-wohnungslosenhilfe/ . d) Wieso hält der Senat es für nötig, mehr Plätze für Obdachlose in örU bereitzustellen, was den Betroffenen zwar ein Dach über den Kopf bietet, aber keine langfristige Perspektive, da nur Zwischenstation , aber nicht deutlich mehr Wohnungen mit WA-Bindung zu schaffen? Menschen, denen Obdachlosigkeit droht, oder die bereits obdachlos sind, haben einen Rechtsanspruch auf öffentlich-rechtliche Unterbringung, soweit die individuellen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Um Obdachlosigkeit zu vermeiden, wird den Menschen, die aufgrund ihrer individuellen Umstände nicht in der Lage sind, eigenständig Wohnraum – gegebenenfalls erneut – anzumieten, die öffentlich-rechtliche Unterbringung bewilligt, bis der Bezug von Wohnraum, gegebenenfalls durch die Vermittlung der Bezirklichen Fachstellen für Wohnungsnotfälle, möglich ist. Insbesondere soll durch die Erweiterung des Platzangebotes für Wohnungslose auch die Unterbringung in Hotels und Pensionen, die für Familien und kranke oder behinderte Alleinstehende ausnahmsweise gewährt wurde, wenn kein adäquater Platz in einer Unterkunft zur Verfügung stand, reduziert beziehungsweise vermieden werden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 8. Im Gesamtkonzept hat der Senat zugesagt, die Zahl der Kooperationsverträge mit Wohnungsgesellschaften zusätzlich zur SAGA zu erhöhen. Im Jahr 2016 bestanden 13 Kooperationsverträge. Sind im Jahr 2017 bereits weitere hinzugekommen beziehungsweise laufen Verhandlungen ? Wenn ja, mit wem über wie viele Wohnungen? Wenn nein, warum nicht und gibt es Verhandlungen mit möglichen Kooperationspartnern? 9. Welche Vorteile hat ein Kooperationspartner, wenn er eine Wohnung für vordringlich Wohnungssuchende bereitstellt? Welche Gründe sind dem Senat bekannt, warum dies offenbar für die Wohnungsgesellschaften nicht attraktiv ist? Was tut er, um dem entgegenzusteuern, damit die Kooperationsverträge für mögliche Partner attraktiver werden? Für 2017 befindet sich ein neuer Vertrag, der eine feste Versorgungsverpflichtung beinhaltet, mit einer Genossenschaft, die bisher einen Vertrag mit bestandsabhängiger Versorgungsverpflichtung hat, in der Unterzeichnungsphase. Im Übrigen äußert sich der Senat nicht zu laufenden Verfahren. Die zuständigen Fachbehörden werden weiterhin Wohnungsunternehmen mit dem Ziel ansprechen, weitere Kooperationsverträge abzuschließen. Voraussetzung für den Abschluss eines Kooperationsvertrags ist, dass die Wohnungsunternehmen nennenswerte Sozialwohnungsbestände haben und diese Bestände möglichst breit im Stadtgebiet gestreut sind, um eine stabile Quartiersentwicklung durch ausgewogene Belegung der Wohnungsbestände zu gewährleisten. Im Übrigen siehe Drucksache 21/9012. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9607 7 Der Vorteil eines Kooperationsvertrags mit fester Versorgungsverpflichtung für die Wohnungsunternehmen besteht darin, dass die Unternehmen im Grundsatz alle ihre geförderten Wohnungsbestände flexibel belegen können. Hiervon profitiert auch die gesamte Stadt durch die positiven Auswirkungen der Flexibilisierung auf die Quartiersentwicklung , die stabile Nachbarschaften begünstigt. Der Vorteil für die Stadt Hamburg besteht im Übrigen in der Verpflichtung der Unternehmen zur jährlichen Versorgung einer feststehenden Anzahl von vordringlich Wohnungsuchenden, unabhängig vom abnehmenden WA-Wohnungsbestand des jeweiligen Unternehmens. Mit dem Abschluss eines Kooperationsvertrags gehen die Wohnungsunternehmen eine mehrjährige – meist zehnjährige – vertragliche Bindung mit entsprechenden vertraglichen Pflichten mit der FHH ein, insbesondere auch Dokumentationspflichten zum Nachweis der vertraglich vereinbarten Versorgung der berechtigten Haushalte. Einige Wohnungsunternehmen scheuen den mit der Umstellung ihrer Wohnungsvergabe verbundenen Aufwand oder wollen sich nicht langfristig durch den Kooperationsvertrag binden. Die zuständigen Fachbehörden sind mit dem Ziel der Gewinnung weiterer Kooperationspartner mit den wohnungswirtschaftlichen Verbänden im Gespräch und erörtern auch mögliche weitere Anreize zur Vertragsschließung. 10. Im Jahr 2016 wurden 79 Belegungsbindungen angekauft. Geplant waren 100. Welche Schwierigkeiten gibt es, die vom Senat selbst gewählte und bereits reduzierte Zielzahl (im Jahr 2014 lag sie noch bei 200) zu erreichen ? 11. Der Senat hat im Gesamtkonzept betont, dass er die zuständige Fachbehörde beauftragen wolle, das Programm „Ankauf von Belegungsbindungen “ zu evaluieren. Wurde bereits eine Evaluation in Auftrag gegeben ? Wenn ja, wann bei wem mit welchem Ergebnis beziehungsweise wann wird mit dem Ergebnis gerechnet? Wenn nein, warum nicht? Das Förderprogramm „Ankauf von Belegungsbindungen“, das den Vermietern einen Anreiz zur Vermietung von Wohnungen insbesondere an bestimmte Haushalte mit besonderem Integrationsbedarf, zum Beispiel Frauen aus Frauenhäusern oder unterstützungsbedürftigen Jungerwachsenen, bieten soll, wird von den Vermietern nur zögerlich in Anspruch genommen. Im Rahmen der durch die zuständige Fachbehörde derzeit durchgeführten Evaluation werden mit Wohnungsunternehmen, wohnungswirtschaftlichen Verbänden und sozialen Trägern Möglichkeiten erörtert, die Akzeptanz des Programms zu erhöhen. Im Übrigen siehe Drs. 21/9012. 12. Außerdem sollte das Programm gezielter beworben werden. Was ist diesbezüglich inzwischen erfolgt? Was ist geplant? Ist die Bewerbung „haushaltsneutral“ möglich? Wenn nein, wie hoch sind die hierfür eingesetzten Mittel? Die Überlegungen in der zuständigen Fachbehörde sind noch nicht abgeschlossen. 13. In Drs. 21/7690 wird betont, dass f & w als Gesellschaft für den Wohnungsneubau für vordringlich Wohnungssuchende beauftragt werden soll. a) Anhand welcher Kriterien wurde sich für f & w entschieden? b) Gab es andere Gesellschaften, die in Betracht gezogen wurden? Wenn ja, warum wurden diese nicht ausgewählt? Wenn nein, warum nicht? c) Auch heißt es, f & w solle beauftragt werden, wenn das Anstaltserrichtungsgesetz in neuer Fassung in Kraft trete. Das ist inzwischen mit der Verkündung im Hamburgischen Gesetz- und Verordnungsblatt am 7. März 2017 erfolgt. Wie ist der Stand der Beauftragung Drucksache 21/9607 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 8 und ab wann beginnt f & w mit dem Bau? Wie viele Wohnungen sollen so in den Jahren 2017 und 2018 entstehen? d) Wie viele Wohnungen stellt f & w derzeit in der Maßnahme „Wohnen Plus“ zur Verfügung? Wie viele waren es in den Jahren 2015 und 2016? Soll „Wohnen Plus“ 2017 erweitert werden? Wenn ja, wann in welcher Art und Weise? Wenn nein, warum nicht? f&w verfügt als weisungsgebundene Anstalt öffentlichen Rechts, die nach § 2 Absatz 4 des Gesetzes über die Anstalt öffentlichen Rechts f&w fördern und wohnen AöR auch die vom Senat festgelegten sozialpolitischen Ziele zu beachten hat, gegenüber anderen Gesellschaften über ein Alleinstellungsmerkmal. Zur Begründung der Entscheidung für f&w siehe im Übrigen Drs. 21/7690. Die Beauftragung von f&w erfolgte im Rahmen der fachlichen Steuerung. f&w hat inzwischen die notwendigen Vorbereitungen und Planungen für den Beginn des Wohnungsbaus aufgenommen, die jedoch noch nicht abgeschlossen sind. Laut Vertrag mit der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration vermietet f&w 225 Wohnungen im Rahmen des Programms „Wohnen plus“. Diese Zahl hat sich seit 2009/2010 nicht geändert. Eine Änderung des Programms ist derzeit auch für 2017 nicht vorgesehen, die Schwerpunktsetzung des Senats liegt derzeit auf dem Ausbau der öffentlich-rechtlichen Unterbringung und dem Wohnungsneubau, insbesondere auch für vordringlich Wohnungsuchende. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 14. Wann hat der Senat die zuständigen Fachbehörden beauftragt, die Auflage eines neuen Förderprogramms „Wohnungsneubau für vordringlich Wohnungsuchende“ zu prüfen? Was ist das Ergebnis dieser Prüfung? Der Auftrag erfolgte mit dem Gesamtkonzept, siehe Drs. 21/2905. Das Ergebnis war die am 1. August 2016 eingeführte Richtlinie „Neubau von Mietwohnungen für vordringlich wohnungsuchende Haushalte“. 15. Auch ist geplant, ab diesem Jahr die Programmzahl von Mietwohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindungen in der Wohnraumförderung des Senats „haushaltsneutral“ um weitere 300 Wohneinheiten anzuheben. Ist das erfolgt und wie ist das „haushaltsneutral“ möglich? Oder: „durch welche Leistungsverzichte an anderen Stellen des Wohnraumförderprogramms “ erfolgte eine Gegenfinanzierung? Ja, siehe Drs. 21/7873. 16. Der Senat beabsichtigte, dass „bereits 2016 im ersten Förderweg mehr Wohnungen mit WA-Bindung gefördert werden“. a) Wie viele Wohnungen mit WA-Bindung wurden im Jahr 2015 im ersten Förderweg gefördert? Wie viele im Jahr 2016? b) Warum wurde das angestrebte Ziel nicht erreicht und wann soll es durch welche Maßnahmen erreicht werden? 2015 wurden drei Wohnungen mit WA-Bindung neu gefördert. 2016 wurden 43 Wohnungen mit WA-Bindung neu gefördert. 17. Angesichts von 7.857 beziehungsweise 9.359 unversorgten vordringlich wohnungssuchenden Haushalten in den Jahren 2015 und 2016: Ist der Senat überzeugt, dass sein Gesamtkonzept (Drs. 21/2905) ausreicht? Wenn ja, warum? Wenn nein, welche Nachbesserungen sind in Planung? Siehe Vorbemerkung.