BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9671 21. Wahlperiode 07.07.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 30.06.17 und Antwort des Senats Betr.: Bunker Feldstraße (VI): Grün ist vergänglich, Bunkeraufbau beständig – Weitere Geschenke an den Investor Etliche Fragen in meinen vorgangegangenen Schriftlichen Kleinen Anfragen wurden vom Senat nicht beantwortet. Wo geantwortet wurde, ergeben sich neue Fragen. Auch der nunmehr vorliegende schriftliche Bericht des Haushaltsausschusses (Drs. 21/9579) zeigt, dass ein Großteil der Versprechungen des „grünen Bunkers“ mit vielen Vorteilen für den Stadtteil nicht vertraglich geregelt ist. Bereits jetzt ist jedoch klar, dass zum Beispiel 744.000 Euro ohne Gegenleistung dem Investor geschenkt werden, 30 Prozent Abschlag auf den Bodenwert dem Investor geschenkt werden, nur 50,1 Prozent der Nutzungstage der Sport- und Freizeithalle für den Breitensport gesichert sind (Bericht Haushaltsausschuss, Drs. 21/9579, Seite 6), der Stadtteil keine Garantie für eine bezahlbare Nutzung der Sportund Freizeithalle hat (Bericht Haushaltsausschuss, Drs. 21/9579, Seite 7). Dies vorausgeschickt frage ich den Senat: A. Grundstückswert, Gebäudewert und Erbbaurechtsvertrag 1. Die bisher vom Senat vorgelegten Berechnungen für den Wert des Erbbaurechts beinhalten mehrere Abschläge zugunsten des Investors. Die nach Planrecht mögliche bauliche Ausnutzung des Grundstücks liegt bei einer Geschossflächenzahl (GFZ) von 3,91. Für die Ermittlung des Bodenwerts wird diese Zahl umgerechnet. Aus der veröffentlichten „Erläuterung der Bodenrichtwerte ...“ des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Hamburg wird sowohl mit Stand 31.12.2014 als auch 31.12.2015 für die sogenannte wertbestimmende Geschossflächenzahl (WGFZ) bei Bürohäusern 2,81 (bei GFZ 3,5) bzw. 3,13 (bei GFZ 4,0) angegeben. a. Mit welcher Begründung legt der Senat einen noch niedrigeren Wert – nämlich 2,71 – zugrunde? Drucksache 21/9671 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Der Wert ist im Rahmen der Wertbeurteilung der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses für Grundstückswerte vom 22. Oktober 2014 ermittelt worden. b. Welche Rolle hat bei der Festlegung dieses noch niedrigeren Wert die „schwierige Nutzbarkeit des Bunkers für eine Büronutzung“ gespielt? Die wertrelevante Geschossfläche ist unter Berücksichtigung bunkerspezifischer Besonderheiten (zum Beispiel große Wandstärken) aus der Nutzfläche ermittelt worden . c. Wie sind die reale Nutzung und die real erzielten oder auch erzielbaren Mieteinnahmen der Bestandsbebauung in die wertbestimmende GFZ eingeflossen? Die erzielbaren Mieteinnahmen haben auf die wertrelevante Geschossflächenzahl (WGFZ) keinen Einfluss. Im Übrigen siehe Antwort zu 1.b. 2. Laut Senat beträgt der Bodenrichtwert 977,58 Euro/m2 bei der (reduzierten ) GFZ von 2,71. Nun wurde noch ein weiterer Abschlag für die Bestandsbebauung in Höhe von 30 Prozent (= 293,27 Euro) gewährt. Damit reduziert sich der Bodenrichtwert auf 684,21 Euro/m2. a. Wie unterscheidet sich die Begründung für diesen 30-prozentigen Abschlag von der Begründung für die reduzierte WGFZ? b. Wie wurde hier ausgeschlossen, dass für einen gleichen Sachverhalt mehrmals ein Abschlag vorgenommen wird? Der 30-prozentige Abschlag ist im Rahmen der Wertbeurteilung der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses für Grundstückswerte vom 22. Oktober 2014 mit den erzielbaren Mieten begründet worden. Für die Ermittlung der WGFZ ist das Verhältnis zwischen Nutzfläche und Geschossfläche maßgeblich. Es wurde kein mehrfacher Abschlag für denselben Sachverhalt vorgenommen. c. Gibt es weitere Sachverhalte, die bei dem 30-prozentigen Abschlag und/oder bei der reduzierten WGFZ berücksichtigt wurden? Wenn ja: welche jeweils? Nein. d. In der Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/9477 vom 23.6.17 sagt der Senat unter Nummer 6. a. iii., dass zum Stichtag 31.12.2015 der Bodenrichtwert 977,58 Euro/m2 betrug. Weiter heißt es: „Dies war der bei der Erstellung der Drucksache aktuelle Bodenwert.“ In der Protokollerklärung (Drs. 21/9579) wird dieser Bodenrichtwert nunmehr als derjenige mit Stand vom 21.02.2017 angegeben. Während BORIS für 2015 ebenfalls den Wert von 977,858 Euro anzeigt, beträgt er schon für den 31.12.2016 erheblich mehr, nämlich 1.545,93 Euro. Folglich muss er zum 21.02.2017 noch höher liegen. i. Wie hoch ist der Bodenrichtwert bei GFZ 2,71 zum Stand 21.2.2017? 1.545,93 Euro/qm (Stichtag 31. Dezember 2016). Die Bodenrichtwerte werden jährlich zum Stichtag 31. Dezember aktualisiert und im 2. Quartal des Folgejahres veröffentlicht . ii. Weshalb wurde das Datum 21.2.2017 gewählt? iii. Falls mit dem Datum 21.2.2017 nur der Zeitpunkt der Abfrage bei BORIS oder anderswo gemeint ist: Weshalb wird der wesentlich niedrigere Bodenrichtwert aus 2015 und nicht der aktuelle zugrunde gelegt? Es entspricht der gängigen Praxis der Freien und Hansestadt Hamburg, dem Erbbauzins beziehungsweise dem Kaufpreis den zum Zeitpunkt der Einigung der Vertrags- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9671 3 parteien aktuellen Bodenwert zugrunde zu legen. Dieses war im Februar 2017 der zu diesem Zeitpunkt veröffentlichte Bodenrichtwert zum Stichtag 31. Dezember 2015. iv. Wann wurde die Drucksache, die das Datum 23.05.2017 trägt, erstellt? Im Februar 2017. v. Wie hoch war der Bodenrichtwert nun wirklich zum Zeitpunkt der Drucksachenerstellung? Siehe Drs. 21/9477. 3. Der Bodenrichtwert enthält keine Wertanteile für Gebäude, bauliche und sonstige Anlagen. Da nicht nur das Grundstück, sondern auch der Bunker vergeben wird, müsste auch dieser bei der Berechnung berücksichtigt werden. a. Wie hoch ist der Gebäudewert des Bunkers? b. Wo und in welcher Höhe findet sich der Gebäudewert bei der Berechnung des Erbbauzins/Einmalentgelts wieder? Falls er nicht berücksichtigt wird: weshalb nicht? Das Gebäude befindet sich aufgrund des Erbbaurechtsvertrages von 1993 bereits im Eigentum des Erbbauberechtigten. Der Gebäudewert spielt daher für die Berechnung des fiktiven Einmalentgeltes für die Verlängerung des Erbbaurechtsvertrages keine Rolle und wurde seitens der Freien und Hansestadt Hamburg insofern nicht aktuell ermittelt. c. Welcher Gebäudewert wurde 1993 zugrunde gelegt? Falls keiner zugrunde gelegt wurde: weshalb nicht? d. Wie und wodurch hat sich der Gebäudewert seit 1993 geändert? Es wurde ein Ertragswert von 25 Millionen DM nach Vornahme von Sanierungs- und Umbaumaßnahmen durch den Erbbauberechtigten zugrunde gelegt. Durch die Sanierungs - und Umbaumaßnahmen hat sich der Gebäudewert seitdem geändert. Im Übrigen siehe Antwort zu 3.a.und b. e. Wo und in welcher Höhe findet sich der Gebäudeertragswert bei der Berechnung des Erbbauzins/Einmalentgelts wieder? Falls er nicht berücksichtigt wird: i. weshalb nicht? Siehe Antwort zu 3.a. und b. ii. Weshalb muss die Stadt bei einer vorzeitigen Beendigung des Erbbaurechtsvertrages eine Entschädigung in Höhe des Gebäudeertragswertes zahlen? Weil der Erbbauberechtigte bei einer vorzeitigen Beendigung des Erbbaurechtsvertrages das Eigentum am Gebäude verliert und dafür zu entschädigen ist. 4. Die Stadt stellt dem Investor kostenfrei 124 Stellplätze bei der Rindermarkthalle zur Verfügung. Laut Senatsantwort zu Nummer 6. e. beträgt der „... Ausgleichsbeitrag 6.000 Euro pro Stellplatz. In die Berechnung des Einmalentgeltes ist dies nicht eingeflossen“. Somit verzichtet die Freie und Hansestadt Hamburg auf 744.000 Euro. Wie ist das mit den Haushaltsgrundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu vereinbaren ? Die Stadt erhält nach Beendigung des laufenden Mietverhältnisses die Stellplätze zurück, sofern sie benötigt werden. Der Ausgleichsbetrag wäre ein Äquivalent für unbefristet und unwiderruflich zur Verfügung gestellte Stellplätze. 5. Bei Frage Nummer 7, Drs. 21/9477, schreibt der Senat: „Siehe Antwort zu 6. a. ii“. In 6. a. ii. wird jedoch kein vergleichbares Grundstück benannt. Deshalb frage ich den Senat nochmal, nunmehr mit seinen Drucksache 21/9671 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 eigenen Zahlen: Wo gibt es im innenstadtnahen Bereich (innerhalb des Ring 2) vergleichbare Grundstücke/Lagen, bei denen für eine Büronutzung mit einer GFZ von 3,91 und einer WGFZ von 2,71 ein derart geringer Bodenwert von 977,58 Euro/m2 besteht? Bitte Grundstücke mit Adresse benennen. Zum Beispiel beim benachbarten Grundstück Neuer Kamp 31, 20359 Hamburg (Bodenrichtwertnummer 01551091). Für das Grundstück Budapester Straße 58, 20359 Hamburg beträgt der Bodenwert 909,37 Euro/qm (Bodenrichtwertnummer 01551090). 6. Auch die Frage Nummer 8., Drs. 21/9477, wurde nicht korrekt beantwortet . Anders als beim Verweis des Senats aus „theoretische Optionen“ geht es hier um eine Abwägung des wirtschaftlichen Nutzens für die Freie und Hansestadt Hamburg. Mit Auslaufen des bisherigen Erbbaurechts gibt es die Möglichkeit für die Freie und Hansestadt Hamburg, den Bunker zurückzuerhalten und ihn dann selbst zu bewirtschaften. Dass dieses Geschäft lukrativ ist, ergibt sich aus dem Interesse des Investors, den Bunker weiter zu betreiben. Deshalb nochmal die Frage: Welche Auswirkungen auf den Hamburger Haushalt hätte es, wenn keine Verlängerung der Erbpacht vereinbart würde und der Bunker im Jahr 2053 zurück an die Stadt Hamburg gehen würde? Bitte die Rechnung genau aufschlüsseln nach Mieteinnahmen, möglichen Entschädigungszahlungen , möglichen Instandsetzungskosten, und diese über eine Laufzeit von 50 Jahre darstellen. Der Senat hat keine konkreten Berechnungen zu eventuellen Mieteinnahmen und möglichen Instandsetzungskosten im Jahre 2053 vorgenommen. Im Übrigen siehe Drs. 21/9172 und 21/9477. B. „Parkanlage“ 7. „Die begehbare und nichtbegehbare Park- und Grünflächen werden einschließlich der Rampe, dem Kragen des Bunkers, dem sog. Bergpfad, den Dächern sowie der Terrasse insgesamt 7.600 qm betragen. Hinzu kommen vertikalbegrünte Flächen von ca. 3.045 qm. Park, Rampe und vertikalbegrünte Flächen nachfolgend „Parkanlage“ ... genannt.“ (Drs. 21/9203, Seite 5 inklusive Rechtschreibfehler). Laut Bericht des Haushaltsausschusses , Drs. 21/9579, ist der Dachgarten, also der Teil, der zum Verweilen gedacht ist, 1.350 m2 groß. a. Wie hoch soll der geplante Anteil der Nutzer/-innen sein, die auf dem Dachgarten länger verweilen können? Siehe Drs. 21/9477. Es wird nicht nach der Dauer des Verweilens unterschieden. b. Wie viele Quadratmeter Fläche werden pro Nutzer/in für ein längeres Verweilen angerechnet? Die Ermittlung des Anteils von Flächen war nicht Gegenstand des Genehmigungsverfahrens . 8. Auch Frage 11. b. i. wurde vom Senat nicht beantwortet. Deshalb stelle ich diese Frage nochmal und bitte dieses Mal um eine Antwort: In § 12 des Erbbaurechtsvertrages wird der sogenannte „Heimfall“ geregelt, bei dem der Erbbauberechtigte bei Vertragsverletzungen das Erbbaurecht verliert. Unter h) wird als Vertragspflichtverletzung ein sichtbarer Betonflächenanteil größer als 25 Prozent aufgeführt. Doch gleichzeitig gibt es die Einschränkung, „es sei denn, dass sich der Erbbaurechtsberechtigte nach besten Kräften bemüht hat, insoweit den Verpflichtungen des Städtebaulichen Vertrages zu entsprechen.“ a. Ist „nach besten Kräften“ ein bestimmter Rechtsbegriff? Falls nein: Wie definiert der Senat diesen Begriff? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9671 5 Nein. Sollte sich die Begrünung jedoch nicht ausreichend entwickeln, können die Fachleute des Bezirks unter Begutachtung der Bepflanzung und zusätzlicher Befragung der für die Pflege zuständigen Kräfte des Investors fachlich beurteilen, ob die Pflege „nach besten Kräften“ erfolgt ist. b. Da der Investor nicht garantieren kann, dass die Parkanlage funktioniert und der Senat nur davon ausgeht, dass dies „möglich“ ist, wäre es naheliegend, für den Fall des Scheiterns Gegenleistungen des Investors zu vereinbaren, da dieser im Fall des Scheiterns jährlich 220.000 Euro einspart. Weshalb trifft der Senat hier keine Regelung zugunsten der Freien und Hansestadt Hamburg? Siehe Drs. 21/9499. C. Sport- und Freizeithalle – Unter anderem große störende und große nicht störende Veranstaltungen 9. Die Sport- und Freizeithalle soll an einer nicht genau definierten „deutlichen Mehrheit an Tagen pro Jahr dem Breitensport zur Verfügung gestellt werden“ (Drs. 21/9203, Seite 8). Der Senat gibt im Haushaltsausschuss zu, „dass hier eine gewisse Unschärfe bestehe“. In der Antwort auf Nummer 12. meiner Schriftlichen Kleinen Anfrage Drs. 21/9477 stellt der Senat fest, dass eine präzise Grenze nicht festgelegt wurde. a. Wird der Senat, auch um den Wunsch der BV Mitte und des FC St. Pauli Rechnung zu tragen, jetzt eine präzise Grenze festlegen? Nein. b. Ist es rechtlich möglich, im städtebaulichen Vertrag oder im Erbbaurechtsvertrag eine präzise Grenze festzulegen? Falls ja: Weshalb wurde es nicht getan? Falls nein: Welchen Wert hat dann die oben genannte Formulierung im städtebaulichen Vertrag? Ja. Die Formulierung wird als ausreichend angesehen. 10. Auch die folgende Frage Nummer 13. a. wurde vom Senat nicht beantwortet , da ich nicht nach Veranstaltungen mit oder ohne Bestuhlung gefragt hatte. Deshalb erneut die Frage: Weshalb werden Veranstaltungen mit 1.300 Besuchern/-innen anscheinend als nicht störend und nicht belastend für den Stadtteil angesehen? Weil unter anderem eine leistungsfähige Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr besteht, der zum Beispiel bei Veranstaltungen auf dem benachbarten Heiligengeistfeld von den Besucherinnen und Besuchern erfahrungsgemäß gut genutzt wird. D. Weitere Themen 11. Durch die geplante Aufstockung um fünf Geschosse erhöht sich die Deckenlast. Welche Untersuchungen mit welchen Ergebnissen zur vertretbaren Erhöhung der Deckenlast liegen dem Senat vor? Der Standsicherheitsnachweis für die Aufstockung ist als aufschiebende Bedingung in der Genehmigung aufgeführt. Der Nachweis liegt dem Prüfingenieur vor, ist aber noch nicht abschließend geprüft. 12. Die Dachbegrünung wird mit Pflanzen/Bäumen erfolgen. Wie sieht das mit dem Brandschutz, Brandüberschlag im Falle eines Brandes aus? Die Dachbegrünung wurde bei der Prüfung des Brandschutzes berücksichtigt. 13. Der Bergpfad hat eine Breite von 1,80 Meter. Wie lange dauert hier eine Entfluchtung, wie kann eine Panik vermieden werden? Drucksache 21/9671 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Die Breite entspricht den Vorschriften der Versammlungsstättenverordnung. Die Feuerwiderstandsdauer der Bauteile des Bergpfades beträgt 90 Minuten, die für eine eventuelle Evakuierung ausreichen.