BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9677 21. Wahlperiode 11.07.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrea Oelschlaeger und Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 03.07.17 und Antwort des Senats Betr.: Ramadan und Schule 2017 in Hamburg Vom 27. Mai bis zum 24.Juni feierten in diesem Jahr Muslime den Fastenmonat Ramadan. Von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang sollen Muslime in dieser Zeit unter anderem auf Essen und Trinken verzichten. Dies hat durchaus Auswirkungen auf die gesundheitliche Konstitution der Fastenden, insbesondere bei Heranwachsenden und Kindern. An das Fastengebot sollen sich nach allgemeiner Interpretation alle Muslime ab ihrer Religionsmündigkeit halten, das heißt Heranwachsende ab 14 Jahren , somit auch muslimische Schüler. Laut einem Bericht der Zeitung „Die Welt“ gibt es auch immer mehr Erst- und Zweitklässler, die schon fasten. Dies führt zu Problemen, da gerade bei jungen Menschen und Kindern der Energie- und Flüssigkeitsmangel zu Beeinträchtigungen der Lern- und Konzentrationsfähigkeit führt. Weiter wirkt sich die unzureichende Ernährung stark auf die Leistungen im Sportunterricht aus. Die Beeinträchtigungen der Schüler gehen dabei so weit, dass sie „krankheitsbedingt“ am Unterricht gar nicht mehr teilnehmen können. Als Folge leiden auch die Prüfungsergebnisse fastender Schüler. Der Islamrat empfiehlt auch jugendlichen Schülern das Fasten in seiner Broschüre „Fasten in der Schule“. Eine allgemeine Befreiung vom Fasten schließt er aus. Die Schule müsse in puncto Planung von Prüfungen, Schulfesten und Sportfesten auf den Ramadan Rücksicht nehmen. Die Neuköllner Bezirksbürgermeisterin Giffey hat in Zusammenarbeit mit der regionalen Schulaufsicht einen Leitfaden zum schulischen Umgang mit der muslimischen Fastenzeit, die „Neuköllner Empfehlung“ erstellt, in dem Hinweise gegeben werden, die eine Beeinträchtigung des Schulbetriebs sicherstellen sollen. In Berlin unterstützen lediglich drei von zwanzig Moscheevereinen die Empfehlung. Auch in Hamburg fasteten an einigen Schulen muslimische Schüler. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Grundlegend für alle Hamburger Schülerinnen und Schüler ist das Hamburgische Schulgesetz (HmbSG). Dieses sieht die Schulpflicht für alle Schülerinnen und Schüler vor. In der jährlichen Feiertagsregelung der für Bildung zuständigen Behörde wird auf die Thematik „Ramadan und Schule“ eingegangen (siehe: http://li.hamburg.de/ Drucksache 21/9677 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 contentblob/6376798/dd955e3d7502745daab76ef676202a3a/data/pdf-regelungfeiertage -2016-2017.pdf). Gleichzeitig wird in § 2 Absatz 1 HmbSG ausgeführt, dass es Aufgabe der Schule ist, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen und ihre Bereitschaft zu stärken, „das eigene körperliche und seelische Wohlbefinden ebenso wie das der Mitmenschen wahren zu können“. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie hoch schätzt die Behörde die Anzahl von Schülern an Hamburger Schulen ein, die in der Zeit des Ramadans fasten? Wie viele von diesen haben schätzungsweise das 14. Lebensjahr noch nicht beendet? 2. In wie vielen Fällen mussten Schüler während des diesjährigen Ramadans infolge von Symptomen, die auf das Fasten zurückzuführen sind, krank entlassen werden? Wie alt waren die Schüler jeweils? An Hamburger Schulen werden aus Gründen des Datenschutzes weder die Religionszugehörigkeit noch der Grund für die Abmeldung aus Krankheitsgründen erhoben. 3. Hat die Behörde Kenntnis von Fällen erlangt, in denen sich Schüler gegenseitig unter Druck gesetzt haben, die „Pflichten des Ramadans“ einzuhalten? Den zuständigen Beratungsstellen der Schulbehörde sind keine Fälle bekannt. 4. Kann die Behörde Angaben darüber machen, in welchen Fällen die Motivation zu fasten von den Schülern selbst ausgeht und in welchen Fällen diese von ihren Elternhäusern hierzu angehalten werden? 5. Kann die Behörde Angaben dazu machen, inwieweit die Motivation zu Fasten im Glauben wurzelt und inwieweit die Abgrenzung gegenüber anderen im Vordergrund steht? Nein. Die Gründe für die Art der Religionsausübung werden nicht erfasst. Im Übrigen weist der Senat die Frage 5. auch in Hinblick auf Artikel 4 Absatz 1 Grundgesetz zurück. 6. Kann die Behörde generell den Umgang der Hamburger Schulen mit der Problematik Ramadan beschreiben? Inwieweit sind die fastenden Schüler auffällig und wie wirkt sich das Fasten auf die schulischen Pflichten und die Leistungen der Schüler aus? Sind die betroffenen Schüler aggressiver? 7. Gibt es Vorgaben beziehungsweise Empfehlungen an die Schulen beziehungsweise Lehrer, wie sie mit den betroffenen Schülern umgehen sollen und inwieweit sie auf Beeinträchtigungen Rücksicht nehmen sollen ? Die Thematik „Ramadan und Schule“ wird in der Handreichung des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) „Vielfalt in der Schule“ ausführlich beschrieben . Sie liegt für pädagogisches Personal vor (7. aktualisierte Fassung 2016, dort Seite 10) und für Eltern (4. aktualisierte Fassung, dort Seite 9/10, sowie in sechs, in Hamburg häufigen Herkunftssprachen, vor, siehe: www.li.hamburg.de/bie/ publikationen). In der Handreichung werden ausführliche Hinweise zum Umgang mit der Thematik „Ramadan in der Schule“ gegeben und staatliche Beratungsstellen für die vertiefende Beratung für Fragen von Hamburger Lehrkräften aufgeführt. Außerdem bietet das LI regelhaft alle zwei Jahre zentrale Fortbildungsveranstaltungen zu den Themen der Broschüre an und hält schulinterne Abrufveranstaltungen und Beratungen, auch durch die Vermittlung von (durch das LI qualifizierte, freiberuflich tätige) Kulturmittlerinnen und Kulturmittlern für komplexe Beratungsfälle vor. In den Einzelberatungen von pädagogischen Fachkräften und in den entsprechenden Fachveranstaltungen wird das Thema „gesundheitliche Aspekte beim Fasten“ regel- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9677 3 haft thematisiert. Grundsätzlich wird auf die Handreichung hingewiesen, insbesondere auf die Fürsorgepflicht hinsichtlich der Gesundheit. 8. Gibt es in puncto Ramadan und Schule einen Dialog mit entsprechenden muslimischen Verbänden oder Vereinen? Wenn ja, mit welchen und wie sieht dieser aus? Was sind insbesondere die Vorschläge dieser Verbände und Vereine? Gibt es welche, die den Dialog gänzlich verweigern? Bei der Erstellung der oben genannten LI-Handreichung wurden schulisch erfahrene Einzelpersonen von muslimischen Verbänden und Migrantenselbstorganisationen als Beraterinnen und Berater einbezogen. 9. Ist der Behörde die erwähnte „Neuköllner Empfehlung“ bekannt? Was hält sie von dieser und könnte diese eventuell auch in Hamburg herangezogen werden? Die erwähnte „Neuköllner Empfehlung“ ist der Behörde bekannt. Sie sieht keinen Anlass, diese auch in Hamburg heranzuziehen, da in Hamburg bereits ein lang bewährtes und stets wieder aktualisiertes Unterstützungssystem für Hamburger Schulen vorliegt. 10. Inwieweit ist die Behörde der Auffassung, dass die Schulen sich an die Gewohnheiten von Muslimen während des Ramadans anpassen müssen ? Siehe Vorbemerkung sowie Antwort zu 6. und 7.