BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9687 21. Wahlperiode 11.07.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Norbert Hackbusch und Sabine Boeddinghaus (DIE LINKE) vom 03.07.17 und Antwort des Senats Betr.: Geschwister-Scholl-Schule: Ein weiteres negatives Beispiel für den Umgang des Senats mit seinen eigenen Denkmälern? In der Sitzung des Kulturausschusses der Bürgerschaft am 27. Juni 2017 hat die Fraktion DIE LINKE den Umgang der Freien und Hansestadt Hamburg mit den stadteigenen Denkmälern kritisiert. Wenn die Stadt ihrer Vorbildfunktion gerecht werden will, darf sie dem Verfall ihrer Denkmäler nicht tatenlos zu sehen. Nachdem ein möglicher Abriss der denkmalgeschützten Arkaden auf dem Rathausmarkt, ins Spiel gebracht durch den Bezirksamtsleiter von Hamburg- Mitte, anscheinend wieder vom Tisch ist, gibt es ein anderes Negativbeispiel. Auf einer öffentlichen Veranstaltung der Fritz-Schumacher-Gesellschaft am 19.6.2017 soll ein Vertreter von Schulbau Hamburg über einen geplanten Abriss der Geschwister-Scholl-Schule im Osdorfer Born gesprochen haben. Dieser Schulbau aus den Siebzigerjahren steht unter Denkmalschutz. Er zeichnet sich auch durch eine hohe räumliche/bauliche Flexibilität aus, die Anpassungen an ganz unterschiedliche pädagogische Anforderungen ermöglicht. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Im Rahmen der Planung von notwendigen Sanierungsmaßnahmen wurden in den Jahren 2011 bis 2013 intensive Überlegungen angestellt, wie der Standort der Geschwister-Scholl-Schule mit vertretbarem Aufwand erhalten werden kann. Letztlich führte eine Vielzahl von Gründen zu der Entscheidung, die Schule nicht zu erhalten, sondern durch einen Neubau zu ersetzen. Im Vordergrund standen hierbei die Interessen der Schülerinnen und Schüler, der Schulgemeinschaft, Aspekte des Sozialraums und des pädagogischen Konzepts der Schule. So war der denkmalgeschützte Schulbau ursprünglich als integraler Bestandteil eines Stadtteilzentrums geplant worden , das unter anderem auch einen S-Bahnhof umfassen sollte. Da dieses Zentrum nicht realisiert wurde, ist die Ausrichtung der Schule ungünstig, da sie keine Öffnung zum Quartier hat. Die Attraktivität der Schule litt unter anderem an dieser Randlage, sodass circa 70 Prozent aller Viertklässler eine weiterführende Schule außerhalb des Quartiers anwählen. Die derzeitige Schule wird von der breiten Öffentlichkeit nicht als wertvoller Bestandteil des Stadtteils wahrgenommen, was zu einem erheblichen Teil bauliche Gründe hat. Die Abgewandheit vom Stadtteil, die unklare Eingangssituation und die extrem funktionale Atmosphäre des Gebäudes (‚Lernfabrik‘) schienen nicht dazu angetan, ein durch neue pädagogische Ansätze verändertes Bild der Schule positiv nach außen zu vermitteln. Somit wären auch bei einer Sanierung erhebliche Eingriffe in die Erschei- Drucksache 21/9687 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 nung des Gebäudes notwendig gewesen, die den Charakter des Gebäudes ebenfalls in Frage gestellt hätten. In den Diskussionen vor Ort – die nicht nur auf die Schulöffentlichkeit beschränkt waren – wurde deutlich, dass die Botschaft: „Wir wollen etwas bewahren, das sich so nicht bewährt hat“ kontraproduktiv wäre. Die Diskussionen führten zu dem Ergebnis, dass der Bau so gestaltet sein muss, dass die Schule den Herausforderungen des pädagogischen Konzepts, des Ganztags und der Inklusion entsprechen kann. Diese zentralen Überlegung wurden auch durch die Betrachtung der finanziellen Folgen nicht infrage gestellt, da die notwendigen Investitionen bei Sanierung und Neubau nahezu gleich hoch waren, bei einem Neubau sogar etwas geringer. Zugleich ergeben sich hierbei Vorteile sowohl bei der energetischen Gestaltung des Gebäudes als auch bei der Bewirtschaftung. Daneben besteht die Möglichkeit, durch eine entsprechende Umgestaltung auch noch ein Areal für Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. Außerdem ergibt sich durch die Lage der derzeitigen Gebäude auf dem Grundstück und der Absicht, den Neubau in Richtung Quartier zu wenden und zu öffnen, die Möglichkeit , dass während des Neubaus der Unterricht im Bestand weitgehend störungsfrei verlaufen kann und Umzug und der Großteil des Abrisses erst nach der Fertigstellung erfolgen können. Aus diesen Gründen trafen die für Bildung und für Denkmalschutz zuständigen Behörden Ende 2013 die Entscheidung, die Geschwister-Scholl-Stadtteilschule nicht mehr zu sanieren, sondern durch einen bedarfsgerechten Neubau zu ersetzen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie ist der Erhaltungszustand der Geschwister-Scholl-Schule? Das Bestandsgebäude der Geschwister-Scholl-Schule weist erhebliche bauliche Mängel auf. Es befindet sich teilweise in der Gebäudezustandsklasse 5 und teilweise (Sporthalle) in der Gebäudezustandsklasse 6 auf der sechsstufigen Skala. 2. In der Kulturausschusssitzung vermittelte der Senat den Eindruck, dass die Freie und Hansestadt Hamburg ihre Denkmäler nach Kräften versucht zu erhalten. Welche Maßnahmen wurden in den letzten Jahren ergriffen, um dieses Denkmal zu erhalten beziehungsweise in einen guten Zustand zu versetzen? 3. Seit wann, aus welchen Gründen und von wem wird ein Abriss erwogen ? 4. Wie soll die Genehmigung des Abrisses trotz Denkmalschutz rechtlich begründet werden? 5. Welche Position hat die BSB zu einem Abriss? Siehe Vorbemerkung. 6. Gibt es bereits eine Planung für den Neubau der Schule? Ja, siehe Drs. 21/9685. 7. Wurden alternative Konzepte für einen Erhalt dieses Denkmals entwickelt ? Wenn ja, von wem und wann? Wenn nein, weshalb nicht? Siehe Vorbemerkung.