BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9690 21. Wahlperiode 11.07.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Thering (CDU) vom 03.07.17 und Antwort des Senats Betr.: Wie geht es weiter am Überschwemmungsgebiet Berner Au? In Hamburg sind zehn Überschwemmungsgebiete vorläufig gesichert. Sie sollen durch Rechtsverordnungen festgesetzt werden. Dies geschieht durch einen Beschluss des Senats. Die eigentliche Festsetzung als Überschwemmungsgebiet soll im Herbst 2017 erfolgen. Nach Bekanntgabe der Ergebnisse der Neuberechnung des ÜSG Berner Au am 16.12.2015 wurde, wie dort vereinbart, am 01.06.2016 und am 26.01.2017 ein sogenannter Runder Tisch mit Teilnehmern der Bürgerinitiative „Kein Überschwemmungsgebiet Berner Au“, Vertretern der LSBG, der Behörde für Umwelt und Energie (BUE) und der Wasserbehörde Wandsbek durchgeführt. Die Vertreter der Bürgerinitiative haben mittels einer Präsentation einen Maßnahmenplan zur Verminderung von Überschwemmungsereignissen entwickelt: Ziel der BI ist die Verhinderung eines Wasserübertritts auf bebaute Flächen beim 100-jährlichen Hochwasser Die Hochwasserwelle soll nicht an die Unterlieger weitergegeben werden, sondern es werden Rückhaltemaßnahmen für sinnvoller angesehen zur Verringerung der Überflutungsgefahr in den besiedelten Flächen entlang der Berner Au Reduzierung der Hochwasserspitzen im Unterlauf und in den Folgegewässern Wandse und Alster Reduzierung des hydraulischen Stresses der Berner Au durch gleichmäßigeren Abfluss und dadurch Verbesserung der Gewässerqualität Erhalt von unbebauten Retentionsflächen für die Regenabwässer aus der wachsenden Bebauung mit Versiegelung (Stadtentwicklung/wachsende Stadt) Schaffung von zusätzlichen Retentionsflächen auf städtischen Grundstücken um bestehende Hochwasser-Rückhaltebecken Auf städtischen Flächen: Eine Umsetzung der DIN 19700 für die Hochwasserrückhaltebecken Die Einbeziehung aller vorhandenen Infrastruktur (zum Beispiel Sammler Ost) in dieses Konzept Drucksache 21/9690 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Vorhandene mögliche Retentionsflächen im Naherholungsgebiet rund um den Oberlauf und bis zum HRB Sasel festlegen und so herrichten, dass sie als Überlauf der HRB funktionieren Mit anschließender Rücknahme der Festsetzung der ÜSG auf bewohnten Grundstücken und Schutz der Anwohner/-innen vor den gesammelten Abwässern aus anderen Stadtteilen Darüber hinaus hat die BUE am 20.04.2017 einen Kommentar zum Überschwemmungsgebiet am Oberlauf der Berner Au erhalten, in dem auf gravierende Widersprüche bei der Berechnung bezüglich des Überschwemmungsgebietes hingewiesen wurde. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen, teilweise auf Grundlage von Auskünften von HAMBURG WASSER (HW), wie folgt: 1. Drei Jahre ÜSG: welche Konzepte wurden innerhalb dieser Zeit von den zuständigen Behörden erarbeitet? Seitens des zuständigen Bezirksamtes liegen eine Voruntersuchung zum Ausbau der Berner Au zwischen Meiendorfer Mühlenweg und Hasenweg sowie eine Vorplanung zur Verbesserung der Entwässerungssituation im Bereich Krögerkoppel vor. 2. Welche Ergebnisse dieser Runden Tische liegen bislang vor? 3. Wurden dabei bereits die Vorschläge der Bürgerinitiative berücksichtigt? Wenn ja, welche? Der Runde Tisch hat bisher zweimal getagt. Er hat zu einem besseren Austausch und Verständnis der gegenseitigen Positionen, Fragestellungen und Konzepte beigetragen , ohne dass bisher bereits konkrete Ergebnisse in Planungen eingeflossen sind. 4. Sind ergänzende Berechnungen zur Evaluierung der Wirksamkeit von Einzelmaßnahmen beim LSBG beauftragt worden? Es wurden entsprechende Kontraktverhandlungen mit dem LSBG aufgenommen. 5. Wurden die städtischen Flächen, die die Bürgerinitiative als natürliche, unbebaute Retentionsräume neben den Hochwasserrückhaltebecken vorschlägt, als wasserbaulich relevante Flächen gesichert? Wenn ja welche? Da die Flächen um die Rückhaltebecken Sasel und Blakshörn als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen und in Bebauungsplänen (abgesehen von einer nicht mehr in Rede stehenden Verkehrsfläche) als Grün- beziehungsweise Landwirtschaftsflächen festgesetzt sind, ist eine zusätzliche Sicherung als wasserbaulich relevante Fläche derzeit nicht erforderlich. 6. An der Ammersbek wurde eine Verbundsteuerung der Wehre (sh. SAWA 3) getestet. Ist eine Modernisierung der Wehre an den Hochwasserrückhaltebecken der Berner Au mit vergleichbarem technischem Standard geplant? Es wurden noch keine Festlegungen zur Bauart einer gegebenenfalls zu optimierenden Wehrsteuerung getroffen. Grundsätzlich werden wartungsärmere Steuerungsmöglichkeiten favorisiert. 7. Welche Maßnahmen zur Instandhaltung wurden in den vergangenen drei Jahren seit der vorläufigen Sicherung an den Rückhaltebecken Sasel und Blakshörn vorgenommen? Ablagerungen vor den Abläufen wurden entfernt, die Beweglichkeit der Schütze wurde kontrolliert, im Zulauf zum Rückhaltebecken Blakshörn wurden Ablagerungen entnommen . Zusätzlich erfolgten Gehölz- und Mäharbeiten, Wegebauarbeiten sowie Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9690 3 Instandsetzungsarbeiten an einer Brücke. Eine grundlegende technische Überprüfung der Wehrantriebe ist beauftragt. 8. In welchem Umfang und Zeitraum sind Erweiterungen der Durchläufe der Berner Au (bislang fünfjährlich) unter dem Alten Berner Weg und unter der Berner Allee geplant? Soweit sich dies im Verlauf der weiteren Planung als erforderlich herausstellt, würde eine Erweiterung des Durchlasses im Alten Berner Weg im Zuge eines Ausbaus der Berner Au zwischen Meiendorfer Mühlenweg und Hasenweg erfolgen. Eine Erweiterung des Durchlasses unter der Berner Allee ist in absehbarer Zeit nicht geplant. 9. Sind im Zuge der Maßnahmen Pegel im Oberlauf der Berner Au geplant, die die Wasserstände im ÜSG in Zukunft belegen werden? Nein. 10. In Marienthal wurde die Regen-Entwässerung auf 30-jährliche Ereignisse angepasst. In welchem Zeitrahmen ist dies auch für das Grabensystem und die Berner Au geplant – zumal die Zuläufe in das Gefahrengebiet aus Volksdorf (siehe Amalie-Sieveking-Entwässerung) bereits auf diese Wassermengen ausgelegt sind? Ein Ausbau der Berner Au auf ein 30-jährliches Regenereignis ist nicht vorgesehen. Gewässer sind entsprechend der Ausbaurichtlinie auf ein fünfjährliches Ereignis ausgelegt . Bei dem angesprochenen „Regen-Entwässerungssystem“ in Marienthal handelt es sich um ein Mischwassersystem, welches von HAMBURG WASSER betrieben wird. Hierfür gelten andere Bemessungsregeln als für Oberflächengewässer. 11. Welche Hochwasserschutz-Maßnahmen wurden vonseiten der Behörden erarbeitet? 12. Wurden diese zwischen dem Bezirksamt, der BUE, HAMBURG WASSER und dem LSBG abgestimmt und mit welchem Ergebnis? Siehe Antworten zu 1. und 4. 13. Im Projekt „Überflutungsschutz Hamburger Osten“ erarbeiteten die BSU, HAMBURG WASSER und die Tiefbauabteilung des Bezirksamtes Lösungsansätze für den effektivsten Überflutungsschutz. Inwiefern wurde eine ebensolche Koordination für das ÜSG Berner Au entwickelt? Die in der Frage erwähnten Lösungsansätze beziehen sich auf das mit einer Mischkanalisation ausgestattete Gebiet Marienthal. Die dort verfolgten Lösungsansätze sind nicht auf die Gewässersituation im trennkanalisierten Einzugsgebiet der Berner Au übertragbar. 14. Welcher Etat wurde zur Sanierung und Erneuerung des Kanalnetzes, also zur Herstellung von Überflutungsschutz im ÜSG Berner Au vorgesehen ? Welcher zum Überschwemmungsschutz? 15. Wie unterscheidet sich dieser Anteil am Etat von HAMBURG WASSER in den Jahren unmittelbar vor der vorläufigen Festsetzung und Ausweisungen der ÜSG? Also 2011, 2012, 2013. Das Regenwasser im Bereich Berner Au wird über Regensiele abgeführt, die nach den Regeln der Technik bemessen sind. Eine Erweiterung dieses Systems ist nicht vorgesehen Bei künftigem Bedarf würde eine zustandsbedingte Sanierung erfolgen. Für Planungen zum Überschwemmungsschutz sind 150.000 Euro vorgesehen. 16. Zur Entlastung des Stadtteiles Marienthal wurde der Sammler Ost als wesentliche Voraussetzung für die „Erweiterung der Entwässerungsstruktur “ beschrieben. Inwiefern kann der Sammler Ost für die Entlastung des ÜSG Berner Au hinzugezogen werden? Der Sammler Ost ist ein Schmutzwasser-Sammler und nicht zur Ableitung von Regenwasser aus trennkanalisierten Gebieten oder zur Entlastung von Gewässern geeignet. Drucksache 21/9690 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 17. Im Jahr 2012 wurden durch den Senat bereits umfangreiche Sanierungsmaßnahmen für den Bereich der Berner Au an der Ecke Hasenweg /Alter Berner Weg angekündigt: inwiefern wurden diese umgesetzt? Eine Umsetzung durch das zuständige Bezirksamt ist vor dem Hintergrund der Diskussionen um die Überschwemmungsgebiete noch nicht erfolgt. 18. In der Zusammenarbeit mit der HCU, der TU-Harburg, den Mitarbeitern der BSU, dem LSBG und des Management des öffentlichen Raumes, BA Wandsbek entstand die Forschungsarbeit „Retentionspotenziale im Siedlungsbestand, Synergetische Maßnahmen zwischen WRRL und HwRMRL“ am Beispiel der Berner Au. Inwiefern sollen die Forschungsergebnisse in die Maßnahmenplanungen miteinbezogen werden? Die Ergebnisse der Forschungsarbeit fließen als Anregung in weitere Planungen ein. Aus den dort getroffenen überschlägigen Modellannahmen lassen sich jedoch unmittelbar keine konkreten Maßnahmen ableiten. 19. Gemäß HwRM-RL kann die Berner Au als Teil des Abwassersystems definiert, und als solche von der Festsetzung als Überschwemmungsgebiet ausgenommen werden. Inwiefern wurde das bislang berücksichtigt? Die Berner Au ist ein Oberirdisches Gewässer und kann nicht als Abwassersystem definiert werden. Siehe dazu auch Drs. 21/1909. Zu dem Schreiben vom 20.04.2017: 20. Warum wurde auf das Schreiben vom 20.04.2017 mit der Bitte um Stellungnahme , der Bitte um ein Gespräch und der Bitte um die Beantwortung einiger Fragen seitens der BUE nicht reagiert? Der Eingang des Schreibens wurde bestätigt. Das Schreiben wird als Stellungnahme im laufenden Festsetzungsverfahren berücksichtigt. Für Gespräche steht der Runde Tisch zur Verfügung. 21. In welcher Weise ist die BUE den aufgezeigten Widersprüchen nachgegangen ? 22. Wie lautet die Stellungnahme der BUE zu den aufgezeigten Widersprüchen ? Der dargestellte Sachverhalt wird derzeit durch den LSBG geprüft. 23. Welche Informationen liegen der BUE zu Überschwemmungen am Oberlauf der Berner Au zum 18./19./20.8.1994 vor? Hierzu liegen keine Informationen vor. 24. Mit welchen Messungen wurden die Berechnungen validiert, die zur Ausweisung des Überschwemmungsgebietes am Oberlauf der Berner Au geführt haben, wie es im Merkblatt DWA-M 552 (Ermittlung von Hochwasserwahrscheinlichkeiten) verlangt wird? Für die Berner Au wurden die im Niederschlags-Abfluss-Modell berechneten Abflüsse anhand von Pegeldaten validiert und durch die Berechnung mit dem hydrodynamischnumerischen 2D-Modell bestätigt. Das hydrodynamisch-numerische 2D-Modell Berner Au wurde mit dem Ereignis vom Juli 2002 kalibriert und mit dem vom August 2006 validiert.