BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9721 21. Wahlperiode 11.07.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 05.07.17 und Antwort des Senats Betr.: Wie hat sich die Zahl der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss in Hamburg entwickelt? Laut einer aktuellen Caritas-Bildungsstudie verließen 2015 fast 6 Prozent aller Jugendlichen in Deutschland die Schule ohne einen Abschluss1. Demnach ist die Quote seit 2012 kontinuierlich gestiegen, wobei sie je nach Landkreis zwischen 1,7 und 15,6 Prozent schwankt. Auch in Hamburg soll die Abbrecherquote von 4,9 auf 6 Prozent gestiegen sein. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Zahl der Schulentlassenen ohne Schulabschluss an Stadtteilschulen, Gymnasien und Sonderschulen im Schuljahr 2015/2016 liegt bei 6,1 Prozent. Die zuständige Behörde hat sichergestellt, dass ab dem Schuljahr 2015/2016 die Eingabefehler, die in der Vergangenheit dazu geführt haben, dass nicht alle Schülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss erfasst wurden, ausgeschlossen werden. Durch die fehlerhafte Eingabe sind die veröffentlichten Zahlen der Vorjahre vermutlich etwas zu niedrig und somit ist ein Vergleich nur eingeschränkt möglich. Grundsätzlich hat der Senat zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Zahl der Schulentlassenen ohne Schulabschluss kontinuierlich zu verringern. Schulpflichtige Jugendliche , die unentschuldigt fehlen, werden gezielt aufgesucht. Zusammen mit den Sorgeberechtigten und den Experten der Regionalen Bildungs- und Beratungszentren (ReBBZ) werden Maßnahmen vereinbart, um den Schulbesuch und den Schulabschluss sicherzustellen. Jugendliche, die nach Klasse 9 keinen ersten allgemeinbildenden Schulabschluss erreicht haben, besuchen die Klasse 10, um am Ende der zehnten Klassenstufe die Prüfung zu bestehen. Schulentlassene ohne Schulabschluss können ihren Schulabschluss an berufsbildenden Schulen nachholen. Auf diese Jugendlichen sind insbesondere Maßnahmen der Berufsvorbereitung zugeschnitten, die von ihnen auch genutzt werden. So verließen in den letzten Jahren jährlich zwischen 400 und 500 Schülerinnen und Schüler berufliche Schulen mit dem ersten allgemeinbildenden Schulabschluss. Auf diesem Weg gelingt es, dass rund die Hälfte der Schulabgänger ohne Schulabschluss eines Jahrganges auf ihrem weiteren Bildungsweg zu einem späteren Zeitpunkt einen Schulabschluss an den beruflichen Schulen erreicht, siehe auch Drs. 21/8074. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie hoch war die Anzahl der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss in Hamburg an Stadtteilschulen in den Jahren 2014, 2015, 2016 sowie 1 vergleiche https://www.caritas.de/fuerprofis/fachthemen/kinderundjugendliche/ bildungschancen/zahl-der-schulabgaenger-ohne-abschluss-s. Drucksache 21/9721 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 im ersten Halbjahr 2017? Was bedeutet das in absoluten Zahlen? Bitte jährlich auflisten. 2. Wie hoch war die Anzahl der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss in Hamburg an Gymnasien in den Jahren 2014, 2015, 2016 sowie im ersten Halbjahr 2017? Was bedeutet das in absoluten Zahlen? Bitte jährlich auflisten. Schulentlassene ohne Schulabschluss an Gymnasien in den Schuljahren 2013/2014, 2014/2015 und 2015/2016 siehe: http://www.hamburg.de/contentblob/5100462/ bab0ee0fcf4c6b2e61b8525cfcb1abab/data/schulentlassene-2009-2015.pdf. Schulentlassene ohne Schulabschluss an Stadtteilschulen in den Schuljahren 2013/2014, 2014/2015 und 2015/2016 siehe: http://www.hamburg.de/contentblob/ 5100462/bab0ee0fcf4c6b2e61b8525cfcb1abab/data/schulentlassene-2009-2015.pdf. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Die Schulentlassenen werden im Rahmen der Schuljahresstatistik erfasst, Zahlen für das Schuljahr 2016/2017 liegen voraussichtlich im Februar 2018 vor. 3. Wie verteilen sich die Schulabbrecher auf die einzelnen Bezirke? Schulentlassene ohne Schulabschluss* im Schuljahr 2015/2016 nach Bezirk Bezirk der Schule Anzahl Schulentlassene ohne Schulabschluss * Altona 134 Bergedorf 77 Eimsbüttel 63 Hamburg-Mitte 255 Hamburg-Nord 123 Harburg 102 Wandsbek 238 Hamburg Insgesamt 992 Quelle: Schuljahresstatistik 2016 * Schulentlassene an Stadtteilschulen, Gymnasien und Sonderschulen. Diese Zahl enthält auch Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Ein erheblicher Teil dieser Schülerinnen und Schüler erreicht infolge der jeweiligen Lernbeeinträchtigungen keinen ersten allgemeinbildenden oder höherwertigen Abschluss. 4. Wie verteilen sich die Schulabbrecher auf die einzelnen Klassenstufen? Schulentlassene ohne Schulabschluss nach Jahrgangsstufe im Schuljahr 2015/2016 siehe: http://www.hamburg.de/contentblob/8163620/b241075e77946b30cab5cddd7edbec84/ data/2015-16-schulentlassene.pdf. 5. Falls sich die Zahlen mit den Erkenntnissen der oben genannten Studie decken: wie bewertet der Senat diesen Anstieg? Siehe Vorbemerkung. 6. Welche Auffangmöglichkeiten für Schulabbrecher gibt es in Hamburg? Welche davon wurden wie häufig jeweils in den Jahren 2014, 2015 und 2016 genutzt? Mit Einrichtung der Jugendberufsagentur (JBA) Hamburg und der Einführung einer systematischen und verbindlichen Übergangsbegleitung junger Schulabgängerinnen und -abgänger nach Klasse 10 der Stadtteilschulen, ReBBZ und Schulen in freier Trägerschaft erhalten alle Jugendlichen, also auch junge Menschen ohne Schulabschluss , alle Unterstützungs- und Beratungsangebote der beteiligten Institutionen unter einem Dach und aus einer Hand. Die beteiligten Hamburger Behörden (Behörde für Schule und Berufsbildung mit Hamburger Institut für Berufliche Bildung, Behörde Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9721 3 für Arbeit, Soziales, Familie und Integration), die Agentur für Arbeit Hamburg, Bezirksämter sowie Jobcenter team.arbeit.hamburg haben ihre Arbeit hierfür systematisch, verbindlich und kontinuierlich verzahnt. Sie stellen bedarfsdeckend Anschlussmaßnahmen für alle Schulabgänger ohne direkten Übergang in Ausbildung zur Verfügung. In diese Maßnahmen (durch die Fragestellerin als „Auffangmöglichkeiten“ bezeichnet) münden auch Schulabgänger ohne ersten allgemeinbildenden Schulabschluss. Seit Einführung der JBA wird für alle Schulabgängerinnen und Schulabgänger nach Jahrgangsstufe 9 beziehungsweise 10 zudem im Rahmen eines systematischen Übergangsmanagement verlässlich der Verbleib in Ausbildung oder andere Maßnahmen erhoben. So kann Unterstützung durch die JBA gezielt da angeboten werden, wo dies notwendig ist. Durch diese Maßnahmen ist es gelungen, den direkten Übergang nach Klasse 10 in Ausbildung von zuvor rund 25 Prozent (2012) auf durchschnittlich 36 Prozent zu steigern. Wenn weiterhin schulpflichtige Jugendliche nicht direkt von der Schule in die Ausbildung wechseln können, werden sie in der dualisierten Ausbildungsvorbereitung (AvDual oder Produktionsschulen) so qualifiziert, dass der Übergang im nächsten Schritt gelingt. In AvDual lernen und arbeiten die Jugendlichen an zwei Tagen in der Schule und an drei Tagen im Betrieb. Sie erproben sich im betrieblichen Umfeld, orientieren sich beruflich und werden direkt in die praktische berufliche Tätigkeit und in die Betriebe hineingeführt. Mit dem Erwerb des Abschlusszeugnisses der Berufsvorbereitungsschule können die jungen Menschen die Berechtigung des Ersten Schulabschlusses erlangen. Nach Einführung von AvDual ist es gelungen, den Übergang der Abgängerinnen und Abgänger von AvDual in Ausbildung und Beschäftigung auf mehr als 50 Prozent zu steigern. In dem Schuljahr 2014/2015 haben 524 schulpflichtige Jugendliche ohne Schulabschluss AvDual begonnen, im Schuljahr 2015/2016 waren es 451 und im Schuljahr 2016/2017 waren es 444 (Quelle: Schuljahressstatistik 2014 bis 2016; zum jeweiligen Stichtag 28.09.). Produktionsschulen stellen ein schulpflichtersetzendes Angebot dar, dem ein pädagogisches Konzept zugrunde liegt, das Arbeiten und Lernen miteinander verbindet. In verschiedenen Werkstatt- und Dienstleistungsbereichen werden in betriebsähnlichen Strukturen marktorientierte Produkte und Dienstleistungen für reale Kunden erbracht. Auch betriebliche Praktikumsphasen gehören zum verbindlichen Bestandteil. Die Vorbereitung auf die externe Prüfung zum Erwerb des ersten allgemeinbildenden Schulabschlusses ist möglich und wird optional allen Schülerinnen und Schülern angeboten. Im Schuljahr 2014/2015 haben insgesamt 416 noch schulpflichtige Jugendliche ohne Schulabschluss eine Produktionsschule besucht, im Schuljahr 2015/2016 waren es 452 Jugendliche und im ersten Schulhalbjahr 2016/2017 waren es 419 Jugendliche ohne Schulabschluss (Quelle: Sekretariat für Kooperation (SfK), Datenbank ichblickdurch.de). Bereits berufsorientierte Schulabgängerinnen und -abgänger, die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, erhalten im Rahmen der Berufsqualifizierung (BQ; im Hamburger Ausbildungsmodell) aktuell in 30 und ab Schuljahr 2017/2018 in 50 Berufen die Möglichkeit, das erste Ausbildungsjahr in einer Berufsfachschule zu absolvieren, um danach möglichst unter Anrechnung der erbrachten Leistungen in die betriebliche Ausbildung zu wechseln. In dem Schuljahr 2014/2015 nahmen zwölf Schulabgänger ohne Schulabschluss an BQ teil, im Schuljahr 2015/2016 waren dies zwei und im Schuljahr 2016/2017 sind es sechs (Schuljahresstatistik 2014 bis 2016). Weitere Anschlussmaßnahmen im Bereich der Berufsvorbereitung sind im Rahmen von Trägermaßnahmen die Arbeits- und Berufsorientierung (ABO), die Praktikerqualifizierung (PQ), die Berufsvorbereitenden Maßnahmen (BvB) sowie die Berufsvorbereitenden Maßnahmen mit Produktionsorientiertem Ansatz (BvB Pro). Berufsvorbereitende Maßnahmen im Betrieb sind die Einstiegsqualifizierung (EQ) sowie die Berufsorientierte Ausbildungsvorbereitung (BeoA). Im Bereich der Ausbildung sind dies die Assistierte Ausbildung (AsA), Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen (BaE), die Jugendberufshilfe (JBH), sowie das Hamburger Ausbildungsprogramm (HAP), siehe Anlage. 2014 2015 2016 ohne Schulabschluss ohne Schulabschluss ohne Schulabschluss Arbeits- und Berufsorientierung (ABO) SfK* 53 61 33 Praktikerqualifizierung (PQ) SfK* 67 55 44 Berufsvorbereitenden Maßnahmen (BvB) AA und t.a.h.** 120 75 51 BVB -rehaspezifisch*** AA und t.a.h.** 134 150 165 Berufsvorbereitenden Maßnahmen mit Produktionsorientiertem Ansatz (BvB Pro) AA und t.a.h.** - 5 11 Einstiegsqualifizierung (EQ) AA und t.a.h.** 15 17 24 Assistierte Ausbildung (AsA) AA und t.a.h.** - 3 14 Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen (BaE) AA und t.a.h.** 31 24 15 Hamburger Ausbildungsprogramm (HAP) SfK* 17 16 11 Jugendberufshilfe (JBH) SfK* 40 24 24 Ausbildungsbegleitende Hilfen AA und t.a.h.** 17 14 13 * Quelle: Sekretariat für Kooperation (SfK), Datenbank ichblickdurch.de, Stand 06.07.2017 Hinweis: Der Begriff Schulabbrecher wurde im Sinne der in der SKA angesprochenen Caritas-Bildungsstudie gefasst. Demnach geht es ausschließlich um nicht mehr Schulpflichtige, die ohne Ersten Schulabschluss in geförderte Maßmahmen einmünden. Die hier dargestellten Werte erfassen alle Teilnehmer in der betreffenden Maßnahme, die keinen Schulabschluss haben und bei Eintritt in die Maßnahme zwischen 18 und 24 Jahren alt sind. **Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit *** Ohne ESA evtl. mit Förderschulabschluss Anschlussmaßnahmen im Bereich der Berufsvorbereitung für nicht mehr schulpflichtige Schulabgängerinnen und -abgänger ohne ersten allgemeinbildenden Schulabschluss ("Schulabbrecher") in Hamburg; Teilnehmende in den Jahren 2014, 2015 und 2016 Bildungsangebot Trägergestützte Berufsvorbereitung Betriebliche Berufsvorbereitung Geförderte Ausbildung Drucksache 21/9721 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Anlage 9721ska_Text 9721ska_Anlage