BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/973 21. Wahlperiode 10.07.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dora Heyenn (fraktionslos) vom 03.07.15 und Antwort des Senats Betr.: Medizinische Betreuung von Flüchtlingsfamilien in Hamburg Die medizinische Betreuung von Flüchtlingsfamilien in Deutschland ist nach Ansicht des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte mangelhaft. Das gelte zum Beispiel für den Impfschutz. „Alle, die ins Land kommen, müssten eigentlich eine erneute Grundimmunisierung bekommen, um die Gefahr zu bannen. Aber das kostet Geld und Personal. Und das ist im Moment nicht ausreichend gesichert“, kritisierte Verbandspräsident Wolfram Hartmann. Jedes Kind habe ein Grundrecht auf Impfung gegen verhütbare Krankheiten. Flüchtlinge sollten gegen Masern, Mumps und Windpocken sowie gegen Diphtherie, Tetanus und Kinderlähmung geimpft werden, erklärte Hartmann (13.10.2014, „SPIEGEL ONLINE“). Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Flüchtlinge sind in den ersten sechs Monaten 2015 nach Hamburg gekommen? Bitte aufschlüsseln nach Erwachsenen und Kindern sowie unbegleiteten Minderjährigen. Bitte jeweils für die Monate Januar, Februar, März, April, Mai, Juni 2015 aufschlüsseln. Insgesamt haben sich bei der Anlaufstelle der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung (ZEA) im ersten Halbjahr 2015 12.536 Personen als Flüchtlinge gemeldet. Die Zahl der Erwachsenen und Minderjährigen (in Begleitung eines Sorgeberechtigten), die dem Land Hamburg zugewiesen wurden, sind der folgenden Übersicht zu entnehmen: Monat Erwachsene Minderjährige in Begleitung eines Sorgeberechtigten Januar 668 256 Februar 742 338 März 613 324 April 594 250 Mai 716 269 Juni 1.158 515 Summe: 4.491 1.952 (Quelle: Einwohner-Zentralamt) Von Januar bis Ende Juni 2015 wurden 940 Personen als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge mit oder ohne Vorbehalt in Obhut genommen. 2. Wie viele Flüchtlinge wurden pro Monat im Jahr 2015 in Hamburg nach § 62 AsylVfG (Gesundheitsuntersuchung) auf übertragbare Krankheiten untersucht einschließlich einer Röntgenaufnahme der Atmungsorgane? Drucksache 21/973 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Bitte jeweils für die Monate Januar, Februar, März, April, Mai, Juni 2015 aufschlüsseln. Die Zahl der Gesundheits- und Röntgenuntersuchungen der Bewohner der ZEA ist der folgenden Übersicht zu entnehmen: Monat Gesundheitsuntersuchung (Quelle: f & w) Röntgenuntersuchung Januar 979 681 Februar 926 671 März 827 581 April 778 560 Mai 867 676 Juni 1.352 1.137 Summe: 5.729 4.306 (Quelle: Bezirksamt Hamburg-Mitte) In der ZEA und in den Erstversorgungseinrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge müssen sich nach dem Infektionsschutzgesetz alle nicht schwangeren Personen, die 15 Jahre oder älter sind, einer Röntgenuntersuchung unterziehen. Für unbegleitete Minderjährige wird in Hamburg die Gesundheitsuntersuchung durch - das Gesundheitsamt Altona, - das Bernhard-Nocht-Institut und - eine niedergelassene Ärztin durchgeführt. Das Lungenröntgen wird beim Gesundheitsamt Hamburg-Mitte vorgenommen. Über die Anzahl der Gesundheitsuntersuchungen von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen liegen für die Monate Januar bis Mai keine statistisch auswertbaren Daten vor. Die Untersuchungen wurden von den Einrichtungen, in denen die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge untergebracht waren, individuell veranlasst und statistisch nicht erfasst. Für die Monate Januar bis Mai sind daher hilfsweise die Untersuchungskapazitäten angegeben. Monat Gesundheitsuntersuchungen Röntgen Januar 70 33 Februar 110 104 März 140 88 April 160 96 Mai 175 128 Juni* 250 210 * Seit Juni werden die Gesundheitsuntersuchungen im Zuge der Erstaufnahme organisiert, sodass der angegebene Wert für Juni der Anzahl der durchgeführten Untersuchungen entspricht . 3. Welchen Umfang haben die Untersuchungen gemäß § 62 AsylVfG gegenwärtig in Hamburg? Die Eingangsuntersuchung wird in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in der Harburger Poststraße von einem beauftragten Arzt vorgenommen und beinhaltet  das Erfragen des Impfstatus,  eine Blutabnahme,  Fragen nach Allergien, bestehender Schwangerschaft und (chronischen) Krankheiten . Bei dieser Untersuchung wird auf die Notwendigkeit einer Röntgenuntersuchung im Gesundheitsamt hingewiesen. Nach der Röntgenuntersuchung erfolgt eine Rückmeldung durch das Gesundheitsamt an den Arzt der Erstuntersuchung, ob Auffälligkeiten erkannt wurden. Ist dies der Fall, erfolgt eine Überweisung an einen Lungenfachfacharzt beziehungsweise gibt es mit einem Krankenhaus eine Vereinbarung, die Patientin Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/973 3 beziehungsweise den Patienten per Computertomografie innerhalb eines Tages weiter zu untersuchen. So kann (spätestens) am nächsten Tag das Ergebnis vorliegen. Ein Praxisteam führt derzeit an fünf Tagen von 09 Uhr bis 12.30 Uhr und von 14.30 Uhr bis 17 Uhr in der Anlaufstelle der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in der Harburger Poststraße die Eingangsuntersuchung durch. Im Übrigen siehe Drs. 20/11112. Bei den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen wird neben einer Anamnese eine orientierende körperliche Untersuchung durchgeführt, um Infektionskrankheiten zu erkennen. Darüber hinaus wird eine Blutentnahme durchgeführt zur Diagnostik von Infektionskrankheiten. Am Ende wird eine Impfberatung durchgeführt, im Rahmen derer die Impflücken bei Einverständnis geschlossen werden. Im Weiteren empfohlen wird die Fortführung der Immunisierung bei niedergelassenen Ärzten. Um eine Lungentuberkulose auszuschließen, erfolgt eine Röntgen-Thorax-Untersuchung im Gesundheitsamt Hamburg-Mitte für alle Flüchtlinge ab dem 16. Lebensjahr. Gegebenenfalls erfolgen auch weitergehende Untersuchungen bei unklaren Befunden. 4. Welches medizinische Personal, aus welchen Einrichtungen wird dafür eingesetzt? In der Zentralen Erstaufnahme ist der Dienstleister verpflichtet, das für die Untersuchung notwendige medizinische Personal zu stellen. Siehe Drs. 20/11112. Für die Untersuchung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge wurde bis zum 31. Mai 2015 ärztliche Kompetenz aus dem Gesundheitsamt Altona eingesetzt; seit dem 1. Juni 2015 wird dort eine Honorarärztin beschäftigt. Zudem wird von dort medizinische Assistenzkompetenz eingesetzt. Die Röntgenuntersuchungen, die Beurteilung der Röntgenaufnahmen sowie gegebenenfalls weitere und ergänzende Untersuchungen und Fallsteuerungen erfolgen durch Personal des Gesundheitsamtes Hamburg-Mitte – Tuberkulosebekämpfung. Zu dem Team gehören Ärztinnen, Röntgenassistentinnen, Arzthelferinnen und Sozialpädagogen . Im Übrigen siehe Antwort zu 2. 5. Gibt es Wartezeiten bis zur Eingangsuntersuchung? Wenn ja, wie viele Flüchtlinge, Erwachsene und Kinder sowie unbegleitete Minderjährige konnten erst später die Eingangsuntersuchung durchlaufen und wie hoch ist der Anteil nicht geimpfter Kinder? Grundsätzlich werden alle Bewohner in den ersten drei Tagen nach ihrer Ankunft in der ZEA Harburger Poststraße untersucht und geimpft. Aktuell finden die Gesundheitsuntersuchung und das Röntgen der Lunge der unbegleiteten Minderjährigen spätestens eine Woche nach der Aufnahme statt. Wartezeiten werden jedoch nicht statistisch erfasst, somit sind Aussagen über zurückliegende Zeiträume nicht möglich. Außer bei bestehenden Kontraindikationen (Infektionskrankheit, Schwangerschaft et cetera) werden alle unbegleiteten Minderjährigen im Rahmen der Gesundheitsuntersuchung mit dem notwendigen Impfschutz versehen. 6. Welche wesentlichen Änderungen strebt der Senat im Zusammenhang mit § 62 AsylVfG an? Der Senat hat sich mit dieser Frage nicht befasst.