BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9756 21. Wahlperiode 14.07.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten David Erkalp (CDU) vom 06.07.17 und Antwort des Senats Betr.: Die neue Handelskammer Hamburg und ihre Führung Am 17. Februar 2017 hat das Wahlbündnis „Zwangsbeiträge abschaffen. Die Kammer sind WIR!“ im Rahmen der Plenumswahl der Handelskammer Hamburg mit 55 Mandaten die absolute Mehrheit errungen. Als zentrales Wahlversprechen galt die Abschaffung der Pflichtbeiträge, die Unternehmen bisher an die Handelskammer zahlen mussten. Aufgrund der Neustrukturierung ist zukünftig mit erheblichen Veränderungen zu rechnen, die sich voraussichtlich auch auf die gesetzlichen Aufgabenbereiche und Verpflichtungen der Handelskammer Hamburg auswirken werden. Das „Hamburger Abendblatt“ veröffentlichte kürzlich ein Interview mit dem neuen Kammer-Präses Tobias Bergmann. Nach circa 2,5 Monaten Amtszeit gibt dieser an, dass es in naher Zukunft vermutlich nicht zu einer kompletten Streichung der Pflichtbeiträge kommen werde. Stattdessen prüfe man alternative Möglichkeiten und ziehe sogar in Erwägung, die Gebühren für Ausbildungsprüfungen zu erhöhen oder aber die hohen Pensionsverpflichtungen auszulagern und zu verkaufen. Darüber hinaus sei zudem ein möglicher Standortwechsel der Handelskammer Hamburg nicht ausgeschlossen. Der historische Gebäudekomplex am Adolphsplatz verursache hohe Energieund Instandhaltungskosten, die im Hinblick auf die neuen Finanzierungsziele nur schwer aufzubringen seien. Abzuwarten sei jedoch der noch ausstehende Bericht der Finanzkommission. Dieser solle auch Aufschluss darüber geben, wann und wie weit die Mitgliedsbeiträge gekürzt werden. Parallel dazu berichtete die Presse darüber, dass einige Wirtschaftsverbände in der Stadt beunruhigt seien. Das Kernproblem: Sie würden ihre Unternehmen durch das neue Plenum der Kammer nicht mehr angemessen repräsentiert sehen. Um ihrer Stimme wieder mehr Gehör zu verschaffen, wollen die Verbände nun selbst die Funktion eines Sprachrohrs ihrer Mitgliedsunternehmen übernehmen. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen stellt sich die Frage, ob und inwieweit sich die Rolle der Handelskammer innerhalb der Hamburger Wirtschaft verändern wird. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Handelskammer Hamburg wie folgt: 1. Die Zusammensetzung des neuen Plenums der Handelskammer hat dazu geführt, dass die vielen Bereiche des Handels in seinen verschiedenen Stufen und seiner Vielfalt nicht repräsentiert sind. Überwiegend kleine Unternehmen dominieren das Geschehen. Gleiches gilt für die Industrie. Daher kündigen bereits heute manche Wirtschaftsverbände Drucksache 21/9756 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 an, ihre Mitgliedsunternehmen selbst zu vertreten. Liegen dem Senat Informationen darüber vor, wie die Handelskammer einen Weggang dieser zahlungskräftigen Kaufleute wird kompensieren können, ohne sich noch mehr zu beschädigen? Wenn ja, welche? 2. Bisher legten Gesetzgeber und Rechtsprechung Wert darauf, dass die Kammer ein „Spiegelbild“ der gewerblichen Wirtschaft darstellt. Sieht der Senat diese Spiegelbildlichkeit, insbesondere im Hinblick auf die Unternehmensgrößenklassen , derzeit als gegeben an? Wenn nein, hält der Senat eine dahin gehend wirkende Änderung von Satzung und Wahlordnung für geboten, um die Gesamtinteressenvertretungsfunktion des Plenums sicherzustellen? Ein Weggang von Kaufleuten oder anderen Gewerbetreibenden aus der Handelskammer Hamburg ist aufgrund der Pflichtmitgliedschaft nach § 2 IHK-Gesetz nicht möglich. Die Wahl zum Plenum hat satzungsgemäß und rechtmäßig stattgefunden, das Wahlergebnis ist rechtlich nicht zu beanstanden. Im Übrigen wurden zur Förderung der Repräsentativität der gesamten Hamburger Wirtschaft ins Plenum der Handelskammer Hamburg weitere Mitglieder kooptiert. 3. Die der Kammer vom Gesetzgeber zugewiesene Aufgabe liegt in der Ermittlung des Gesamtinteresses der Wirtschaft und dessen Vertretung. Hier tut sich eine Lücke auf, wenn die Kammer diese Funktion nicht mehr wahrnimmt beziehungsweise aufgrund fehlender Spiegelbildlichkeit nicht mehr effektiv wahrnehmen kann. Damit würde dem Gesetzgeber eine wichtige Informationsquelle fehlen, die er sich geschaffen hat und wozu er die Pflichtmitgliedschaft bei der Kammer eingeführt hat. Wie bewertet der Senat diese mögliche Entwicklung? Hiermit hat sich der Senat nicht befasst. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. bis 2. 4. Wie schätzt der Senat die Entwicklung der traditionellen Rolle der Handelskammer Hamburg ein, wenn sich die Unternehmer der Stadt anderweitig organisieren? Schon bisher waren Unternehmen unabhängig von der Mitgliedschaft in der Handelskammer Hamburg in verschiedenen privatrechtlichen Interessenvertretungen organisiert . 5. Sieht der Senat mögliche Probleme, die durch die Erhöhung der Ausbildungsgebühren entstehen könnten? Wenn ja, welche und wie sollte damit umgegangen werden? Wenn nein, warum nicht? Die zuständige Behörde wird im Rahmen ihrer Aufsicht prüfen, ob die Gebührenfestlegungen der Handelskammer Hamburg im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Erhebung von Gebühren durch Körperschaften des öffentlichen Rechtes stehen. 6. Sieht der Senat mögliche Probleme, die durch die Auslagerung und den Verkauf der Pensionsverpflichtungen entstehen könnten? Wenn ja, welche und wie sollte damit umgegangen werden? Wenn nein, warum nicht? 7. Die alte Börse, die Handelskammer, ist ähnlich wie das Rathaus ein Symbol unserer Stadt und spiegelt die Geschichte der erfolgreichen Söhne unserer Stadt wider. Auch der Reichtum Hamburgs ist stets im selben Atemzug mit der Handelskammer zu nennen. Wie bewertet der Senat das Szenario eines Umzugs der Handelskammer Hamburg? Hiermit hat sich der Senat nicht befasst. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9756 3 8. Wie gestaltet sich der Austausch zwischen der Handelskammer Hamburg und dem Senat? Findet dieser kontinuierlich statt? Wenn ja, zwischen wem und wann haben die letzten Gespräche stattgefunden ? Der Austausch zwischen der Handelskammer Hamburg und dem Senat findet wie bisher kontinuierlich statt. Die letzten Gespräche des Präses der Handelskammer fanden im April und Juni dieses Jahres mit der Senatorin für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung und mit dem Senator für Wirtschaft, Verkehr und Innovation statt. Darüber hinaus gibt es auf Arbeitsebene vielfältige Kontakte zwischen Handelskammer und den Behörden. Im Übrigen siehe Drs. 21/8865 und 21/5384. 9. Wer haftet für die Handelskammer, sollte diese nicht in der Lage sein, für die Kosten ihrer Aufgaben und Verpflichtungen aufzukommen? Müsste in diesem Fall die Stadt Hamburg mit öffentlichen Mitteln aushelfen? Wenn ja, welche Verpflichtungen wären das konkret? 10. Was könnte aus Sicht des Senats getan werden, um die finanzielle Situation der Handelskammer Hamburg zu stabilisieren, damit diese auch weiterhin ihre Aufgaben und Pflichten erfüllen und somit ihre lange Tradition erhalten kann? Nach § 3 Absatz 2 IHK-Gesetz werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Im Übrigen korrespondiert mit dem parlamentarischen Fragerecht nur ein Anspruch auf Auskünfte , nicht aber auf meinungsbildende Stellungnahmen, von denen der Senat deshalb auch im vorliegenden Fall absieht. 11. Sieht der Senat die Internationalisierung der Hamburger Wirtschaft und die Förderung des Außenhandels weiterhin als Kernaufgaben der Handelskammer ? Wenn nein, wer wird die bisherigen internationalen Aufgaben der Handelskammer übernehmen? Die Internationalisierung der Hamburger Wirtschaft und die Förderung des Außenhandels sind eine Gemeinschaftsaufgabe, die durch die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI), die Handelskammer Hamburg, die hier ansässigen Fachverbände, die Cluster und Ländervereine zusammen wahrgenommen wird. Die Handelskammer ist hier ein wichtiger Partner, da sie bei ihrer Arbeit auch die Interessen ihrer im Außenhandel tätigen Mitgliederinnen und Mitglieder angemessen zu berücksichtigen hat. 12. Wird die Umstrukturierung der Handelskammer negative Auswirkungen auf die Arbeit der Auslandsvertretungen der Stadt Hamburg haben? Gibt es dazu bereits Gespräche zwischen Senat und Handelskammer? Wenn Auswirkungen zu erwarten sind, wie plant der Senat darauf zu reagieren ? Die Handelskammer hat mitgeteilt, dass sich ihr Plenum noch nicht mit dieser Frage befasst hat. Im Übrigen siehe Antwort zu 9. und 10. 13. Plant die neue Handelskammerführung konkret Auslandsbüros zu schließen? Wenn ja, welche? Nach Mitteilung der Handelskammer bestehen keine Planungen für die Schließung von auswärtigen Vertretungen. 14. Die Hamburg School of Business Administration (HSBA) stellt fast 1.000 Studienplätze zur Verfügung und leistet für die mittelständische Wirtschaft einen wesentlichen Beitrag zur Fachkräftesicherung. Es wurde bereits öffentlich darüber diskutiert, die Hochschule verkaufen zu wollen Drucksache 21/9756 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 und ihr keinen Mietvertrag zu gewähren. Wird der Senat in diesem Falle eingreifen? Wenn ja, wie? Für weitere fünf Jahre soll nach Mitteilung der Handelskammer die institutionelle Förderung der Hamburg School of Business Administration (HSBA) fortgeführt werden. Im Zuge der Finanzplanung soll ein Konzept erarbeitet werden, das die weitere Entwicklung der Hochschule sichert – eventuell auch in Verbindung mit einem strategischen Partner. Im Übrigen siehe Antwort zu 9. und 10.