BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9759 21. Wahlperiode 14.07.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 06.07.17 und Antwort des Senats Betr.: Zentralisierung der Wohn-Pflege-Aufsichten (II) – Wird der Senat seinen Plan in die Tat umsetzen? Nachdem das „Heimrecht“ 2006 im Rahmen der Föderalismusreform vom Bund auf die Länder übertragen wurde, hat der CDU-geführte Senat die Gelegenheit genutzt, um mit dem Hamburgischen Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetz (HmbWBG) wichtige landesspezifische Leitplanken einzuziehen . Spätestens mit dem Inkrafttreten des HmbWBG Anfang 2010 stehen die bisher in den Bezirken angesiedelten „Wohn-Pflege-Aufsichten“ (WPA) im Fokus der Diskussion. Diesen obliegen mit der Beratung von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen sowie der Kontrolle der vielen, bisweilen äußerst unterschiedlichen Wohn- und Betreuungsformen für zu pflegende Menschen zwei wichtige Aufgaben. Hierbei arbeiten die WPA eng mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK), den Pflegekassen und den örtlichen Seniorenvertretungen und -beiräten zusammen. Insbesondere diese Zusammenarbeit mit lokal verwurzelten Akteuren ist eine unverrückbare Gelingensvoraussetzung für die erfolgreiche Arbeit der Wohn-Pflege- Aufsichten in den Bezirken. Umso wichtiger war und ist, dass diese Kooperation in den vergangenen Jahren deutlich intensiviert wurde und zu einem echten Miteinander gewachsen ist. So ist das Zusammenspiel zwischen Meldungen von Missständen aus den Seniorenvertretungen, deren Nachverfolgung und der letztendlichen Behebung durch die bezirkliche WPA vertrauensvoll und in einem effektiven zeitlichen Rahmen möglich. Diese Erfolge sind nun akut gefährdet. SPD und GRÜNE in Senat und Bürgerschaft wollen die Kompetenzen der bezirklichen WPA bündeln und zukünftig vom Bezirksamt Altona zentral für alle Bezirke ausüben zu lassen. Begründet wird dies in der Antwort auf eine aktuelle CDU-Anfrage (Drs. 21/7877) vor allem damit, dass dadurch „eine einheitliche Aufgabenwahrnehmung “ über die Bezirksgrenzen hinweg befördert und die „die Erreichbarkeit und die Stabilität des Dienstbetriebes gegenüber der jetzigen Situation“ verbessert wird. Diese Begründung ist nicht stichhaltig. So hat dieselbe CDU-Anfrage (Drs. 21/7877) nämlich die wahren Hindernisse der alltäglichen Arbeit der Wohn- Pflege-Aufsichten schonungslos offengelegt. Einerseits ist die Zahl der zu prüfenden Einrichtungen hamburgweit seit Anfang 2013 um 31 Prozent (von 856 auf 1123) gestiegen. Andererseits haben die Bezirke im gleichen Zeitraum aber 15 Prozent der vorhandenen Personalstellen (von 22,79 auf 19,37 Stellen) gestrichen. Außerdem sind das Prüfvolumen und das Beschwerdeaufkommen erheblich gewachsen. Extreme Arbeitsverdichtung auf der einen Seite, ein Streichkonzert beim Personal auf der anderen zeigen, dass die zu Recht kritisierte Überlastung der WPA in der Tat Gründe hat, aber eben nicht die von Rot-Grün benannten. Drucksache 21/9759 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Verantwortung für die Öffnung der Schere zwischen zu kontrollierenden Einrichtungen und kontrollierendem Personal trägt primär die SPD im Senat und der Bürgerschaft, die die Bezirke trotz historisch hoher Steuereinnahmen seit Jahren mit Sparzwängen überzieht. Diese Bezirke mussten den Gürtel buchstäblich enger schnallen und haben diesen Einspardruck unter anderem an die WPA weitergegeben. Aus dieser finanziellen Notlage der Bezirke, die Notwendigkeit zur Zentralisierung bei den Wohn-Pflege-Aufsichten abzuleiten , ist ein logischer Fehlschluss. Hier wird das Richtige, die Ortskenntnisse der Wohn-Pflege-Aufsichten, aus den falschen Motiven geopfert. Viel wichtiger wäre, die Bezirke endlich strukturell finanziell so auszustatten, dass diese sowohl die gestiegene Grundbelastung an sich meistern als auch temporäre Ausfälle und Arbeitsspitzen dauerhaft personell bewältigen können. Ein entsprechender CDU-Antrag (Drs. 21/8725) mit dem Ziel, die Zentralisierung der Wohn-Pflege-Aufsichten (WPA) zu stoppen und einen Raubbau zulasten gewachsener Strukturen zu verhindern, wurde bezeichnenderweise alleine mit den Stimmen der Regierungsfraktionen abgelehnt. Wie der Senat auf CDU-Nachfrage (Drs. 21/7877) im Februar zugeben musste , wurde noch im vergangenen Jahr ein „wissenschaftliches Gutachten zur Zielerreichung des HmbWBG“ in Auftrag gegeben, dessen Ergebnisse seinerzeit aber noch nicht vorlagen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wann genau (bitte Kalenderwoche angeben) und an wen wurde das in Drs. 21/7877 erwähnte Gutachten vergeben? Der Vertrag zum Gutachten zur Evaluation des Hamburgischen Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetzes wurde in der 20. Kalenderwoche 2016 geschlossen. Auftragnehmer war FIVE Forschungs- und Innovationsverbund an der Evangelischen Hochschule Freiburg e.V. 2. Liegen die Ergebnisse des Gutachtens und mithin das Gutachten selbst dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde mittlerweile vor? Wenn ja, seit wann und wie lauten speziell die Ergebnisse hinsichtlich der Wohn-Pflege-Aufsichten? Wenn nein, warum nicht? 3. Welche Veränderungen/Verbesserungen an der bestehenden Praxis der WPA schlägt das Gutachten vor? Die Ergebnisse des Gutachters liegen seit 31. Mai 2017 vor. Die fachliche Prüfung und abschließende Bewertung ist noch nicht abgeschlossen. 4. Wann wird das Gutachten der Bürgerschaft zugänglich gemacht? Nach Abschluss der Prüfung wird das Gutachten im Informationsregister veröffentlicht. 5. Wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die klare Positionierung der bezirklichen Seniorenbeiräte und des Landesseniorenbeirats gegen eine Zentralisierung der WPA? Die zuständige Behörde ist laufend mit dem Landes-Seniorenbeirat im Gespräch. Vorschläge und Anregungen der Seniorenbeiräte sind gemäß §§ 8 und 11 Seniorenmitwirkungsgesetz von den Behörden zu prüfen. Wird den Vorschlägen und Anregungen nicht entsprochen, haben die Behörden dies zu begründen. 6. Will der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde auch zukünftig die lokalen Seniorenbeiräte bei der Meldung, Nachverfolgung und Beseitigung von Missständen durch die Wohn-Pflege-Aufsichten einbeziehen? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9759 3 Ja, wie bisher. 7. Inwiefern wirkt sich der geplante Verkauf des Pflegeheimbetreibers „PFLEGEN & WOHNEN HAMBURG GmbH“ an einen Großinvestor auf die Planungen des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde hinsichtlich der Zentralisierung der WPA aus? Große Betreiber, die Pflegeheime in mehreren Bezirken betreiben, erfordern aufseiten der Wohn-Pflegeaufsicht die Gewährleistung einer einheitlichen Bewertung der bei Prüfungen festgestellten Sachverhalte.