BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9818 21. Wahlperiode 21.07.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 13.07.17 und Antwort des Senats Betr.: Autonome, Antiimperialisten und Anarchisten – Was war im Vorfeld des G20-Gipfels über die handelnden Akteure bekannt? In Hamburg gibt es rund 1.100 Linksextremisten, von denen 650 als gewaltorientiert gelten. Zu den Gewaltorientierten zählen unter anderem Autonome, Antiimperialisten und Anarchisten. Wichtigster Treffpunkt der autonomen Szene ist seit Jahren die „Rote Flora“. Die „G20 – Welcome to Hell“-Demo vom vergangenen Donnerstag wurde von den Autonomen geplant; Anmelder der Demo war Andreas Blechschmidt , der seit der Besetzung der Roten Flora 1989 an den Aktivitäten der autonomen Szene in Hamburg beteiligt ist und regelmäßig als deren Sprecher auftritt. Auch der Anwalt der linken Szene, Andreas Beuth, der mit seinen Äußerungen zu den Schanzen-Krawallen den Zorn der Bevölkerung auf sich zog, ist einer der Hauptakteure der völlig eskalierten Protestaktionen während des G20-Gipfels. Zu den Antiimperialisten, die die Demo „Revolutionäre Anti-G20-Demo, G20 entern – Kapitalismus versenken!“ durchgeführt haben, zählt der „Rote Aufbau Hamburg“; führender Aktivist dieser Gruppierung ist Deniz Ergün. Die dritte gewaltorientierte Gruppierung ist die „Interventionistische Linke“, deren totalitäre Ideologie mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung unvereinbar ist. Sie war an der Demonstration „G20 Not Welcome“ beteiligt. Ihre Organisatorin, Emily Laquer, gab vor dem Gipfel ihre Ansichten von sich: „Die Kriminellen von heute sind oft die Helden von morgen.“ Diese Gruppierungen werden vom Verfassungsschutz beobachtet. Trotzdem konnten sie ihre Veranstaltungen, die teils in erheblichen Ausschreitungen endeten, durchführen. Die Rote Flora wird sogar finanziell von der Stadt subventioniert . Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welche Erkenntnisse liegen den zuständigen Behörden über a. die autonome Szene Hamburgs und deren Hauptakteure, insbesondere Andras Blechschmidt und Andreas Beuth, b. den „Roten Aufbau Hamburg“ und dessen Hauptakteure, insbesondere den als „Deniz Ergül“ auftretenden Sprecher, c. die interventionistische Linke Hamburg und deren Hauptakteure, insbesondere Emily Laquer, Drucksache 21/9818 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 vor? Welche Rolle spielten diese Personen im Vorfeld und während des G20-Gipfels, welche Erkenntnisse liegen insbesondere konkret über Mobilisierung, logistische Unterstützung und Anmeldungen von Veranstaltungen vor? Siehe Internetbeiträge vom 1. und 5. Juli 2017 sowie Verfassungsschutzbericht 2016: http://www.hamburg.de/innenbehoerde/linksextremismus/9069046/g20- linksextremistische-versammlungen-gruppierungen-akteure/, http://www.hamburg.de/innenbehoerde/linksextremismus/9100808/autonome-szeneorganisatoren -welcome-to-hell/, http://www.hamburg.de/contentblob/8873924/a0a91c9416c772101e55f1a69109443c/ data/verfassungsschutzbericht-2016-pressefassung-vom-01-juni-2017.pdf. Die Rolle einzelner Personen und der genannten Personen im Zusammenhang mit der Situation rund um den G20-Gipfel wird durch die Sicherheitsbehörden derzeit analysiert . Die Analyse ist noch nicht abgeschlossen. Die Personen haben sich im Vorfeld des G20-Gipfels wie auch nach dessen Abschluss auch öffentlich geäußert. Ein Teil dieser Äußerung spricht für sich und bedarf keiner weiteren Bewertung. 2. Sind in Bündnissen/runden Tischen, an denen die Stadt beteiligt ist, linksextremistische Gruppierungen vertreten? Falls ja, an welchen Bündnissen sind jeweils welche Gruppierungen vertreten ? Nach Kenntnis des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg an keinem. 3. Wichtige Treffpunkte der linksextremistischen Szene sind neben der Roten Flora und dem Gängeviertel zum Beispiel auch das „Internationale Zentrum“ an der Brigittenstraße 5 (B5). a. Welche weiteren wichtigen Treffpunkte der linksextremistischen Szene sind den Behörden bekannt? b. Welche Rolle spielten diese Treffpunkte und die dort vertretenen Akteure und Gruppierungen wie zum Beispiel auch der Rote Aufbau Hamburg und die interventionistische Linke im Vorfeld und während des G20-Gipfels, welche Erkenntnisse liegen insbesondere konkret über Mobilisierung, logistische Unterstützung und Anmeldungen von Veranstaltungen vor? 4. Welche linksextremen oder dem Linksextremismus nahestehenden Vereine , Gruppierungen und Institutionen werden vom Landesamt für Verfassungsschutz aktuell beobachtet oder über welcher dieser liegen ihm jeweils welche Erkenntnisse vor? Der Polizei liegen folgende Erkenntnisse im Sinne der Fragestellungen vor: In der „Roten Flora“ fanden im Vorwege des G20-Gipfels insgesamt fünf sogenannte Vollversammlungen gegen den G20-Gipfel statt: 27. Oktober 2016 2. März 2017 20. April 2017 Juni 2017 29. Juni 2017 Unter einer Vollversammlung kann eine öffentliche Veranstaltung verstanden werden, in der unterschiedliche Themen durch die Teilnehmer behandelt werden. Zu Inhalten liegen der Polizei keine konkreten Erkenntnisse vor. Gemäß den Darstellungen der Veranstalter im Internet (www.g20hamburg.org) dienten die Vollversammlungen der Information und dem Austausch zum Gipfel und den geplanten Widerstandsaktivitäten sowie dem Stand der Vorbereitungen im Allgemeinen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9818 3 Darüber hinaus fanden in den Räumlichkeiten der Hochschule für angewandte Wissenschaften , in den Räumlichkeiten des Ballsaales des Millerntorstadions und in der „Roten Flora“ sogenannte Aktionskonferenzen statt, in denen Arbeitsgruppen gebildet, Aufgaben verteilt und Aktionen geplant wurden. Im Gängeviertel fanden regelmäßige „NO G20 Infoabende“ statt sowie Treffen der „AG Jugend“ des Jugendrates Hamburg. Der „Verein Gängeviertel e.V.“ wollte vom 4. Juli 2017 bis zum 8. Juli 2017 die durchgehende Versammlung „Solidarische Oase Gängeviertel – Für grenzenlose Bewegungsfreiheit !“ im Bereich Valentinskamp 38 a – f veranstalten. Am 9. Juni 2017 wurde diese Versammlung jedoch wieder abgesagt. Hintergründe dazu sind der Polizei nicht bekannt. Der „Verein Gängeviertel e.V.“ wollte darüber hinaus am 7. Juli 2017 von 4 Uhr bis 18 Uhr die Versammlung „Infrastructure to the people!“ im Bereich Valentinskamp/ Caffamacherreihe auf dem Kreuzungsbereich veranstalten. Aufgrund des Inkrafttretens der Allgemeinverfügung ab 6 Uhr konnte die Versammlung nur bis 5.59 Uhr bestätigt werden. Zum Verlauf dieser Versammlung liegen der Polizei bislang keine Erkenntnisse vor. Darüber hinaus fanden auch unter Beteiligung der Interventionistischen Linken Treffen zur Vorbereitung von Protesten in den Räumlichkeiten des Gängeviertels statt, insbesondere in der Fabrique. Der „Rote Aufbau Hamburg“ stand hinter dem Bündnis „G20 entern!“ und veranstaltete im Vorfeld des G20-Gipfels eine eigene Aktionskonferenz auf dem Gelände der Universität Hamburg und war Initiator des sogenannten spektrenübergreifenden Camps im Altonaer Volkspark. Die Vorgänger-Gruppierung „RSH“ war in der Örtlichkeit „B5“ angesiedelt. Der „Rote Aufbau Hamburg“ war dort nicht vertreten. Dieser hat seinen Sitz derzeit in der Eimsbüttler Chaussee 47. Die Örtlichkeit „B5“ wurde aufgrund eines Gefährdungssachverhaltes am 8. Juli 2017 durchsucht. Aufgrund des laufenden Ermittlungsverfahrens können keine weiteren Angaben dazu gemacht werden. Im Übrigen siehe Verfassungsschutzbericht 2016 http://www.hamburg.de/contentblob/8873924/a0a91c9416c772101e55f1a69109443c/ data/verfassungsschutzbericht-2016-pressefassung-vom-01-juni-2017.pdf und Drs. 21/9797. 5. Welche dieser Vereine, Gruppierungen und Institutionen haben seit dem Jahre 2015 jährlich Zuwendungen in jeweils welcher Höhe für welchen Zweck beziehungsweise welches Projekt erhalten? Zuwendungen im Sinne der Fragestellung können im Transparenzportal eingesehen werden: http://transparenz.hamburg.de/suche/. 6. Welche Erkenntnisse liegen den zuständigen Behörden darüber vor, welchen weiteren linksextremen oder dem Linksextremismus nahestehenden Vereinen, Gruppierungen oder Institutionen Akteure angehören, die zu Gewalt aufrufen oder extremes Gedankengut verbreiten? Welche dieser Vereine, Gruppierungen oder Institutionen haben seit 2015 jährlich Zuwendungen in jeweils welcher Höhe für welchen Zweck beziehungsweise welches Projekt erhalten? 7. Wie, von welcher Stelle und in welchen zeitlichen Abständen werden Vereine, Institutionen und Gruppierungen, die Zuwendungen erhalten, auf ihre Zielsetzungen und Verbindungen zu radikalen Szenen hin überprüft ? Eine Statistik im Sinne der Fragestellung wird nicht erhoben. Die jeweils zuständige Behörde entscheidet über die Vergabe von Zuwendungen unter Berücksichtigung der fachlichen Vorgaben sowie der einschlägigen Regelungen zur Zuwendungsvergabe in der Freien und Hansestadt Hamburg. Dies sind insbesondere die Landeshaushaltsordnung (LHO), die Verwaltungsvorschriften zu § 46 LHO, die Dienstvorschrift Zuwendungen der zuständigen Behörde sowie diverse fachliche Förderrichtlinien. Eine Regelanfrage beim LfV Hamburg zu den Organisationen ist gesetzlich nicht vorgesehen . Im Übrigen siehe Antworten zu 1, 2, 4 und 5. Drucksache 21/9818 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 8. Um Extremismus keinen Nährboden zu gewähren, ist Prävention in Form von Aufklärungsarbeit unerlässlich. Hier wird bei der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration auch einiges aus eigenen Mittel und Geldern aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“ finanziell unterstützt. Vor allem im Bereich Rechtsextremismus wird hier viel getan. Auch bei der Salafismusprävention ist eine Ausweitung zu erkennen , Linksextremismusprävention hingegen hat kein eigenes Programm. Welche Projekte der Linksextremismusprävention unterstützt der Senat derzeit mit Mitteln in welcher Höhe aus welchen Quellen? Bitte mit kurzer Aufgabenbeschreibung der unterstützten Projekte und Nennung der Träger darstellen. Siehe Drs. 21/1986. 9. 2014 kaufte die Stadt die Rote Flora vom damaligen Eigentümer Kretschmer für 820.000 Euro zurück. In Treuhänderschaft wurde das Gebäude der Lawaetz-Stiftung übergeben. a. Welche Einnahmen in jeweils welcher Höhe hat die Lawaetz- Stiftung seit 2015 jährlich mit der Roten Flora erzielt? b. Welche Ausgaben sind der Lawaetz-Stiftung seit 2015 jährlich im Zusammenhang mit der Roten Flora entstanden? Bitte nach Kostenarten aufschlüsseln. Die Lawaetz-Stiftung hat das Gebäude der Roten Flora im Jahr 2014 im Rahmen eines Treuhandvertrages mit dem Ziel gekauft, das seit dem Jahr 1989 in diesem Gebäude bestehende Nutzungsverhältnis fortzuführen. Um dies zu ermöglichen, gewährt ihr die Stadt eine Zuwendung, die im Jahr 2015 26.500 Euro und im Jahr 2016 24.000 Euro betrug. Im laufenden Jahr wird die Zuwendung planmäßig 24.000 Euro betragen. Dem stehen Kosten der Lawaetz-Stiftung gegenüber, die sich wie folgt gliedern: Personalkosten: 2015: 21.800 Euro; 2016: 19.680 Euro; 2017 (Plan): 19.666 Euro, Verwaltungsgemeinkosten: 2015: 4.360 Euro; 2016: 3.936 Euro; 2017 (Plan): 3.933 Euro, Sonstiges: 2015: 184 Euro; 2016: 150 Euro; 2017 (Plan): 150 Euro.