BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/982 21. Wahlperiode 14.07.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Detlef Ehlebracht und Dr. Bernd Baumann (AfD) vom 06.07.15 und Antwort des Senats Betr.: „Eine nutzlose Verordnung“ – § 17 BauNVO Der Artikel „Eine nutzlose Verordnung?“ aus dem „Deutschen Architektenblatt “ 02.15, Seite 35 fortfolgende, offenbart einen laxen Umgang mit Rechtsverordnungen . In § 1 Absätze 5 und 6 BauGB werden die allgemeinen Abwägungsgrundsätze für Baupläne geregelt. Dabei handelt es sich um soziale, wirtschaftliche und umweltschützende Anforderungen. In Ergänzung dazu regelt die Baunutzungsverordnung gesetzliche Höchstwerte der Grundflächenzahl (GRZ), Geschossflächenzahl (GFZ) und Baumassenzahl (BMZ). § 17 Absatz 2 BauNVO ermöglicht ein Überschreiten aus städtebaulichen Gründen. Der Artikel fordert, den § 17 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) ersatzlos aufzuheben. Die Abwägungsgrundsätze des § 1 Absätze 5 und 6 Baugesetzbuch (BauGB) reichten aus und so würde die kommunale Planungshoheit gestärkt. Des Weiteren seien die vielen Nutzungskataloge der verschiedenen Gebietstypen lästig. Die Baunutzungsverordnung regelt die Obergrenzen der baulichen Nutzung. Überschreitungen aus städtebaulichen Gründen sind möglich, sofern sie durch Umstände oder durch Maßnahmen ausgeglichen werden. Insbesondere dürfen gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht beeinträchtigt werden und negative Auswirkungen auf die Umwelt vermieden werden. Ob Überschreitungen aus städtebaulichen Gründen erforderlich sind, kann nur im Einzelfall aus dem Planungskonzept hervorgehen. Nach geltendem Recht gemäß § 17 Absatz 2 S. 1 BauNVO i.V.m. § 1 Absätze 5 und 6 Nummer 9 BauGB dürfen Obergrenzen grundsätzlich weiterhin nicht überschritten werden . Voraussetzung für die Zulässigkeit der Überschreitung ist die Ausgleichspflicht . Die Folgen der Überschreitungen sind auszugleichen, sofern:  gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse beeinträchtigt werden.  sich nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt ergeben.  die Bedürfnisse des Verkehrs nicht befriedigt werden können  öffentliche Belange entgegenstehen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die in § 17 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) enthaltenen Werte sind ausschließlich bestimmt für die Aufstellung von Bebauungsplänen. Für die Beurteilung Drucksache 21/982 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 von Bauanträgen gelten die im verbindlichen Bebauungsplan enthaltenen Angaben, § 17 BauNVO ist kein Prüfthema der Bauaufsichtsbehörden im Baugenehmigungsverfahren . Richtig ist, dass nach § 17 Absatz 2 der BauNVO in der Fassung vom 11. Juni 2013 die Obergrenzen des § 17 Absatz 1 BauNVO aus städtebaulichen Gründen überschritten werden können, wenn die Überschreitung durch Umstände ausgeglichen ist oder durch Maßnahmen ausgeglichen wird, durch die sichergestellt ist, dass die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht beeinträchtigt werden und nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt vermieden werden. Im Übrigen teilt der Senat die Einschätzung nicht, der in Bezug genommene Artikel offenbare einen laxen Umgang mit Rechtsverordnungen. Das ist weder dem Artikel zu entnehmen noch entspricht es der Praxis in der Bauleitplanung. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Anträge auf Ausnahmegenehmigungen wurden in den letzten drei Jahren gestellt? Um welche handelte es sich? Falls möglich bitte einzeln benennen. Siehe Vorbemerkung. 2. Wer ist von der Baubehörde befugt, Ausnahmegenehmigungen zu erteilen ? 3. Wie viele Ausnahmegenehmigungen für Bebauungspläne wurden in den letzten drei Jahren erteilt, wie viele davon durch Oberbaudirektor Jörn Walter? 4. Wer ist in letzter Instanz verantwortlich für die Ausnahmegenehmigungen ? 5. Wie und durch wen werden die Abwägungen und Begründungen überprüft ? Ausnahmegenehmigungen sind im Rahmen des § 17 Absatz 2 BauNVO nicht erforderlich . Im Rahmen der Aufstellung eines Bebauungsplans wird geprüft und im Rahmen des planerischen Ermessens abgewogen, ob städtebauliche Gründe eine Überschreitung der Obergrenzen nach § 17 Absatz 1 BauNVO erfordern beziehungsweise rechtfertigen und wie die übrigen Anforderungen des § 17 Absatz 2 BauNVO zu erfüllen sind. Inhalt und Ergebnis dieser Abwägung werden in der Begründung zum Bebauungsplan festgehalten. Das im Bebauungsplan festgesetzte Maß der baulichen Nutzung ist dann rechtsverbindlich. Eine weitere Überprüfung entfällt. Im Aufstellungsverfahren werden die Öffentlichkeit und die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange beteiligt. Die jeweiligen Rechtsämter der zuständigen Planungsdienststellen unterziehen die Planung einer Rechtsprüfung. Dabei wird gegebenenfalls auch geprüft, ob die rechtlichen Voraussetzungen für den Gebrauch der Überschreitungsmöglichkeiten der Obergrenzen des Maßes der baulichen Nutzung vorliegen und die Ausgleichspflicht beachtet wurde. Zum Abschluss des Verfahrens wird der Bebauungsplan der Bezirksversammlung zur Zustimmung vorgelegt. Die Rechtsverordnungen Bebauungsplan werden durch die Bezirksamtsleitungen erlassen . Senatspläne unterliegen einem entsprechenden Verfahren unter Einbeziehung der Kommission für Stadtentwicklung. In den letzten drei Jahren wurden in 30 festgestellten Bebauungsplänen Überschreitungen der Obergrenze des Maßes der baulichen Nutzung festgesetzt. Gegen Bebauungspläne steht der Rechtsweg nach Maßgabe des § 47 Verwaltungsgerichtsordnung offen, sodass gegebenenfalls auch die Gerichte die ordnungsgemäße Anwendung des § 17 BauNVO überprüfen. 6. Wie viele Ausgleichsmaßnahmen wurden in den letzten drei Jahren geplant und tatsächlich umgesetzt? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/982 3 7. Wer kontrolliert, ob die bereits umgesetzten Ausgleichmaßnahmen den Anforderungen entsprechen, welche Grundlage für die Erteilung der Ausnahme waren? Die in § 17 Absatz 2 BauNVO geforderte Ausgleichpflicht durch Umstände oder durch Maßnahmen ist nicht als konkrete Zuordnung wie zum Beispiel der Ausgleich im Naturschutzrecht zu sehen, sondern ist Teil der Gesamtkonzeption und Gesamtabwägung eines Bebauungsplans. Die Erfüllung erfolgt im Rahmen der Umsetzung der Planung/Gesamtkonzeption. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. bis 5. 8. Welchen Aufwand haben die dafür notwendigen Begründungen? Der Aufwand kann nicht im Einzelnen beziffert werden, da er im Gesamterarbeitungsprozess der Aufstellung eines Bebauungsplans mitgeleistet wird. 9. Welche Institution/Behörde prüft anschließend die Verhältnismäßigkeit der vorgenommenen/realisierten Ausgleichsmaßnahmen? Siehe Antwort zu 2. bis 5.