BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9833 21. Wahlperiode 25.07.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 17.07.17 und Antwort des Senats Betr.: Staatsvertrag mit den Muslimen – Artikel 2 Gemeinsame Wertegrundlagen (II) In Drs. 21/9041 ist der Senat zu Artikel 2 des Staatsvertrags befragt worden, den er im November 2012 mit den islamischen Religionsgemeinschaften geschlossen hatte. Dabei hat der Fragesteller deutlich gemacht, dass aufgrund „schwerwiegender Verfehlungen einiger Vertragspartner“ und unpräziser Formulierungen besonderer Klärungsbedarf bestehe. Offensichtlich nicht gewillt, sich auf diesen Sachverhalt einzulassen, hat der Senat der eigentlichen Beantwortung die Bemerkung vorausgeschickt, der Fragesteller habe mit seiner Einleitung eine haltlose Unterstellung abgegeben, die bar jedweder Belege sei. Der Senat hat versucht, die Beantwortung der Frage zu vermeiden , indem unterstellt wurde, „der Fragesteller habe mit seiner Einleitung „schwerwiegende Verfehlungen einiger Vertragspartner“ eine haltlose Unterstellung abgegeben, die bar jedweder Belege sei.“ Über die gemeinten Verfehlungen wurde allerdings nach Anträgen von CDU, FDP und AfD in der Bürgerschaft am 18. Januar und am 1. Februar 2017 intensiv debattiert. Dabei ging es unter anderem um von DITIB betriebene Hetze gegen Christen und Nichtmuslime, wozu die AfD-Fraktion einen Antrag eingebracht hatte .1 Aus diesem Grund kann der Senat nicht glaubhaft machen, nicht gewusst zu haben, was der Fragesteller mit „schwerwiegenden Verfehlungen “ meinte. Trotzdem hat er die an ihn gerichteten Fragen folglich entweder gar nicht beziehungsweise nur unter der Prämisse beantwortet, dass diese falsche Implikationen enthielten. Hinzu kommt, dass mehrere Formulierungen sprachlich nicht eindeutig gefasst sind. Deswegen wird der Senat nun ein weiteres Mal dazu aufgefordert, sich zum Begehren des Fragestellers zu äußern. Grundsätzlich ist nicht hinnehmbar, dass der Senat sich weigert, wichtige Verständnisfragen zu Inhalten des Vertrages zu beantworten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. In wie vielen Fällen haben die islamischen Glaubensgemeinschaften durch Fehlverhalten gegen die in Artikel 2 fixierten Wertegrundlagen verstoßen? Bitte ausführlich beantworten. Eine Beantwortung dieser Frage ist nicht möglich. Sie würde nicht nur die lückenlose Beobachtung der Äußerungen und Aktivitäten der Religionsgemeinschaften voraussetzen , für die keine Rechtsgrundlage besteht, sondern geht auch von der weiterhin unbelegten Annahme aus, dass die Äußerungen oder Aktivitäten einzelner Musliminnen und Muslime stets den vertragschließenden Religionsgemeinschaften zuzurech- 1 Confer Drs. 21/7609. Drucksache 21/9833 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 nen sind. Im Übrigen korrespondiert dem parlamentarischen Fragerecht ein Auskunftsrecht , kein Recht auf Meinungsbildung oder Entscheidung. 2. Warum bekennen sich die islamischen Glaubensgemeinschaften in Artikel 2 „insbesondere“ zur Unantastbarkeit der Menschenwürde, der Geltung der Grundrechte, der Völkerverständigung und der Toleranz gegenüber anderen Kulturen, Religionen und Weltanschauungen sowie der freiheitlichen, rechtstaatlichen und demokratischen Verfassung des Gemeinwesens? 3. Impliziert dieses Bekenntnis die Tatsache, dass die genannten Aspekte in der überwiegenden Mehrheit der islamischen Länder der Welt nicht eingehalten werden und dass dort auch kein demokratisches Gemeinwesen existiert? 4. Warum bekennen sich die islamischen Glaubensgemeinschaften in Artikel 2 zur Ächtung von Gewalt und Diskriminierung aufgrund von Herkunft , Geschlecht, sexueller Orientierung, Glauben oder religiöser oder politischer Anschauungen? 5. Impliziert dieses Bekenntnis die Tatsache, dass Gewalt und Diskriminierung gegen die genannten Gruppen in islamischen Ländern alltägliche Phänomene darstellen und zudem auch durch die Quellen des Islam legitimiert werden? 6. Warum mussten sich die islamischen Religionsgemeinschaften explizit zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Mädchen, ungeachtet ihrer religiösen Überzeugungen an Bildung, Erwerbstätigkeit und gesellschaftlichem Leben, sowie gegen jedwede Art von Diskriminierung bekennen? 7. Impliziert dieses Bekenntnis die Tatsache, dass Frauen und Mädchen, noch dazu, wenn sie keine Muslimas sind, in islamischen Ländern bis heute diskriminiert, benachteiligt sowie vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen sind? Siehe Drs. 21/9041.