BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9838 21. Wahlperiode 25.07.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Carsten Ovens und Dennis Gladiator (CDU) vom 17.07.17 und Antwort des Senats Betr.: Extremismus an Hamburgs Hochschulen – Ist der rot-grüne Senat auf dem linken Auge blind? Mehrere Hamburger Medien, unter anderem das „Hamburger Abendblatt“, berichteten bereits Ende 2016 sowie Anfang 2017 über geplante Veranstaltungen von G20-Gegnern an der staatlichen Hochschule für Angewandte Wissenschaften sowie an der Universität Hamburg. Dabei wurde bekannt, dass teilweise vom Verfassungsschutz beobachtete, gewaltorientierte Linksextremisten zu den Organisatoren gehörten. Mit den Drs. 21/7164 (Dezember 2016) und 21/7801 (Februar 2017) machte die CDU-Fraktion auf diese Veranstaltungen aufmerksam und übte Kritik am Handeln des Senats. Die zuständige Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank wurde in diesem Kontext am 16.12.16 im „Hamburger Abendblatt“ mit folgenden Worten zitiert: „Hochschulen sind der Ort für kritischen Diskurs“. Auf die Frage, was Wissenschaftssenatorin Fegebank bislang unternehme, um sicherzustellen, dass keine extremistischen Kräfte in den staatlichen Hochschulen Fuß fassen könnten, antwortete die Behörde lapidar, man befände sich in einem stetigen Dialog mit den Hochschulen. Im Übrigen verwies man auf das eigenverantwortliche Handeln der Hochschulen. Gemäß §107 des Hamburgischen Hochschulgesetzes obliegt die Rechtsaufsicht über die Hochschulen der zuständigen Behörde. Zudem trägt der Senat die politische Verantwortung für das, was an Hamburgs Hochschulen passiert , insbesondere wenn er wider besseren Wissens keine Maßnahmen ergreift, um Fehler und Missstände der Vergangenheit zukünftig zu vermeiden . Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die staatlichen Hamburger Hochschulen handeln eigenverantwortlich bei der Nutzung der ihnen überlassenen Räumlichkeiten. Dies gilt auch bei der Vermietung von Räumlichkeiten an Dritte. Die Prüfung und Beurteilung, ob die rechtlichen Rahmenbedingungen im Einzelfall bei einer bestimmten Nutzung erfüllt sind, obliegt den Hochschulen . Die Rechtsaufsicht über die Studierendenschaft obliegt gemäß § 106 Absatz 2 Satz 1 des Hamburgischen Hochschulgesetzes dem Präsidium der Hochschule. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der staatlichen Hamburger Hochschulen wie folgt: 1. Der AStA der Universität Hamburg stellt auf seinem Flugblatt vom 11. Juli 2017 fest, dass das „massive und eskalative Vorgehen der Polizei“ von den friedlichen Demonstrationen rund um den G20 Gipfel ablenken sollte und bezeichnet die Brutalitäten im Schanzenviertel als einen Spiegel der vermeintlichen Polizeigewalt. Gleichzeitig verharmlost der AStA auf seinem Flugblatt die Gewalt der Randalierer als „vermeintliche Ver- Drucksache 21/9838 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 arbeitung der gesellschaftlichen Widersprüche“, die der AStA erkannt haben will. Wie beurteilen Senat und Universitätsleitung diese dreisten Vorwürfe gegen unsere Polizei und die versuchte Rechtfertigung der Gewaltexzesse rund um den G20-Gipfel durch den AStA? Zur Bewertung der Ereignisse durch den Senat hat der Erste Bürgermeister in seiner Regierungserklärung vom 12. Juli 2017 umfassend Stellung genommen. Im Übrigen besteht nach den sehr gravierenden Ereignissen Anlass, dies auf allen Ebenen aufzuarbeiten . Nach Auskunft der Universität Hamburg (UHH) kommentiert die Hochschulleitung der UHH Meinungsäußerungen der Studierendenschaft nicht. 2. Wie beurteilt es die zuständige Wissenschaftssenatorin vor dem Hintergrund des Chaos rund um den G20-Gipfel, dass an staatlichen Hochschulen und Universitäten Veranstaltungen stattfinden, die von extremistischen , gewaltorientierten Gruppen mitausgerichtet werden, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden, darunter unter anderem die Interventionistische Linke, die im Verfassungsschutzbericht 2015 auf Platz 1 von 19 linksextremistischen Gruppen geführt wird? Was hat die Wissenschaftssenatorin unternommen, um dies zu unterbinden? Siehe Vorbemerkung und im Übrigen Drs. 21/7164 und 21/7801. 3. Die Ausrichtung von Veranstaltungen, an denen extremistische Gruppen beziehungsweise Personen teilnehmen oder sogar Mitausrichter sind, wird regelmäßig kritisch durch die Medien begleitet. Wie schätzt die Wissenschaftssenatorin vor dem Hintergrund des Chaos rund um den G20 Gipfel den Imageschaden für die jeweilige Hochschule beziehungsweise für den Hochschulstandort Hamburg ein? Die für Wissenschaft zuständige Behörde kann den entsprechenden Zusammenhang weder nachvollziehen noch erkennen. 4. Welche politischen Hochschulgruppen sind an der Universität Hamburg, der TU Hamburg sowie der Hochschule für Angewandte Wissenschaften registriert? Unter https://www.uni-hamburg.de/campuscenter/campus-leben/freizeit/studentischevereinigungen .html sind die mit Stand 23. Dezember 2016 an der Universität Hamburg registrierten studentischen Vereinigungen aufgeführt. Eine Eingruppierung als „politische Hochschulgruppe“ erfolgt nicht, da dies bei der Eintragung nicht geprüft wird. An der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) war in der Vergangenheit lediglich eine „Juso“-Hochschulgruppe registriert. Die Registrierung findet immer auf Antrag für ein Semester statt, zuletzt für das Sommersemester 2014. Aktuell ist keine Hochschulgruppe an der TUHH registriert. An der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) besteht keine Registrierungspflicht für Hochschulgruppen. Aktuell sind im Studierendenparlament der HAW folgende Hochschulgruppen/Listen vertreten: - Studium Zukunft - Die LISTE - Interkulturelle Hochschulgemeinde - Die Hochschule - Die Studis - Liste E-Technik - Liste Life Science - Strohhut - Antifaschistische Liste HAW Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9838 3 - Death by Snu Snu - SDS HAW 5. Gibt es an den unter 4. genannten Hochschulen politische Gruppen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden beziehungsweise als extremistisch eingestuft werden? Wenn ja, welche? Siehe Verfassungsschutzbericht 2016, http://www.hamburg.de/contentblob/8873924/ a0a91c9416c772101e55f1a69109443c/data/verfassungsschutzbericht-2016- pressefassung-vom-01-juni-2017.pdf. Im Übrigen siehe Drs. 21/9822. 6. Wie beurteilt die Wissenschaftssenatorin im Kontext von Chaos und Gewalt rund um den G20-Gipfel die Teilnahme extremistischer, gewaltorientierter Kräfte, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden, an einer Veranstaltung in den Räumlichkeiten einer staatlichen Hochschule ? 7. Was unternimmt die Wissenschaftssenatorin vor dem Hintergrund von Chaos und Gewalt rund um den G20-Gipfel zukünftig, um sicherzustellen , dass keine extremistischen Kräfte in den staatlichen Hochschulen Fuß fassen können? 8. Nach Auskunft der Universität Hamburg ist eine inhaltliche Prüfung von Veranstaltungen, welche durch den AStA der Universität angemeldet werden, „schon aus pragmatischen Gründen kaum möglich“. Wie wollen Senat und Hochschulleitungen dann verhindern, dass extremistische Kräfte Veranstaltungen des AStA als Plattform für eigene Zwecke missbrauchen ? Was wird Wissenschaftssenatorin Fegebank tun, um hier zumindest anlassbezogene Prüfungen zu ermöglichen? Die sehr gravierenden Ereignisse im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel müssen unter anderem eine intensive öffentliche Auseinandersetzung darüber zur Folge haben, dass ein klares Bekenntnis zur Gewaltfreiheit unverzichtbare Voraussetzung jeglichen Protestes ist. Diese Debatte betrifft die gesamte Stadt und somit auch die Hochschulen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung sowie Antworten zu 1. und zu 2. 9. Nach welchen Kriterien und an wen werden in den staatlichen Universitäten und Hochschulen Räumlichkeiten vergeben? Bitte detailliert und ohne Verweis auf andere Drucksachen beantworten. Werden die Erfahrungen des G20-Gipfels hierbei zukünftig berücksichtigt? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht? Siehe Drs. 21/7164. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 10. Frage 10. in Dr. 21/7164 wurde leider ungenügend beantwortet. Daher wird erneut um Auskunft durch den Senat gebeten: An welchen Veranstaltungen an Hamburgs staatlichen Universitäten und Hochschulen haben seit 2011 vom Verfassungsschutz beobachtete beziehungsweise als links- oder rechtsextrem sowie extrem religiös einzustufende Personen oder Gruppen teilgenommen beziehungsweise haben welche Veranstaltungen mitorganisiert? Bitte die Veranstaltungen (mit Datum) sowie die besagten Personen und Gruppen ohne Verweis auf andere Drucksachen aufzählen. Der HAW ist die „Aktionskonferenz gegen den G20-Gipfel 2017“ am 3./4. Dezember 2016 in der HAW bekannt. Siehe insoweit Drs. 21/7164 sowie Antwort zu 5. Im Übrigen sind der zuständigen Behörde sowie den weiteren hamburgischen staatlichen Hochschulen keine entsprechenden Veranstaltungen bekannt. Drucksache 21/9838 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 11. Wenn zu 10. keine Senatsbehörde Auskunft geben kann, warum ist dies der Fall und was wird der Senat unternehmen, um hier zukünftig auskunftsfähig zu sein? Die Identifizierung der vom Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg beobachteten Personen bei Hochschulveranstaltungen wäre nur bei Übermittlung der Personenidentität vom LfV Hamburg an die Hochschulen oder private Sicherheitsdienste möglich. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 12. Stetige Dialoge, wie vom Senat in Drs. 21/7164 angegeben, haben offenbar bislang nicht verhindern können, dass extremistische und gewaltbereite Personen und Gruppen an Hamburgs Hochschulen Veranstaltungen besuchen und sogar mitausrichten konnten. Was unternimmt die Wissenschaftssenatorin, um sicherzustellen, dass zukünftig keine links- oder rechtsextremen beziehungsweise gewaltorientierten oder gewaltbereiten beziehungsweise gar vom Verfassungsschutz beobachteten Personen oder Gruppen an Veranstaltungen in den Räumlichkeiten der Hamburger Universitäten und Hochschulen teilnehmen oder diese sogar ausrichten? Siehe Antwort zu 6. bis 8. 13. Der AStA an der Universität Hamburg hatte vor dem G20-Gipfel eine Volkspetition initiiert, um den Austausch der G20-Teilnehmer in Hamburg zu verhindern. Welche Kosten sind hierdurch insgesamt entstanden , wie stellen sich diese Kosten im Einzelnen dar und aus welchen Budgets werden sie finanziert? Nach Auskunft der UHH hat sich der AStA der UHH an der Volkspetition „G20 stoppen – Demokratisch wirken: Für Frieden und Gerechtigkeit“ mit den in der Anlage dargestellten Mitteln beteiligt. 14. Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass der AStA an der Universität Hamburg, von den Zwangsbeiträgen der Studenten finanziert, eine Volkspetition gegen den inhaltlichen Austausch führender Nationen bezahlt? Ist dies durch das Mandat des AStA gedeckt? Im Hinblick auf die Aufgaben der Studierendenschaft wird auf § 102 Absatz 2 HmbHG verwiesen. Im Übrigen hat sich der Senat damit nicht befasst. Ve rw en du ng sz w ec k Be tr ag (i n Eu ro ) Bu dg et d es A St A Ge tr än ke fü r U nt er sc hr ift en sa m m lu ng 17 ,4 4 Vo rs ta nd Ve rp fle gu ng A kt iv en fr üh st üc k 30 3, 34 Vo rs ta nd , A kt io ne n & V er an st al tu ng en Ve rp fle gu ng T re ffe n + He lfe r/ He rlf er in ne n 45 6, 17 Vo rs ta nd , H oc hs ch ul po lit ik /Ö ffe nt lic hk ei t/ Ku ltu r, So zia le s/ Ö ko lo gi e/ So zia le B ew eg un g St an d St . 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