BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9845 21. Wahlperiode 25.07.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 17.07.17 und Antwort des Senats Betr.: Handhabung der Social-Media-Accounts von Senatsbehörden Bereits seit mehreren Jahren nutzt auch die Hamburger Verwaltung social media (soziale Medien) zur Information von und Kommunikation mit ihren diversen Zielgruppen, unter anderem den Bürgerinnen und Bürgern. Mit dem Einsatz von Facebook, Twitter & Co. hat sich insbesondere die Kommunikation verändert: So verlagerte sich die althergebrachte Verwaltungskultur mit ihrem unidirektionalen Informationsfluss aus den Behörden heraus hin zu einem bidirektionalen Dialog zwischen Verwaltung auf der einen und unter anderem den Bürgerinnen/Bürgern auf der anderen Seite. Dieser Wandel der Kommunikationsformen brachte offenkundig neue Probleme mit sich. So kam es im Zuge der Diskussionen um den G20-Gipfel auf dem Kurznachrichtendienst Twitter zu mindestens einer Blockierung eines Nutzers durch eine Senatsbehörde – hier die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI). Konkret wurde dem Twitter-Account eines Bürgers ohne Vorwarnung und ohne Begründung das Leserecht auf dem Twitter- Account @hh_bwvi entzogen, der Bürger vom Informationsfluss der BWVI auf Twitter abgeschnitten. Zudem fällt auf, dass offiziöse Twitter-Accounts der Behörden – mehr oder weniger offensichtlich – auch als Marketing- beziehungsweise Werbe-Tools für die Privatwirtschaft benutzt werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Seit einigen Jahren nutzen Teile der hamburgischen Verwaltung Social-Media-Kanäle für die Information und Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern. Diese Kanäle werden von den Behörden eigenverantwortlich betrieben. Einzelne Mitglieder des Senats betreiben darüber hinaus eigene Accounts, die sie selbst verwalten. Die Nutzung von Social-Media-Kanälen stellt eine Ergänzung und Erweiterung der Informations - und Kommunikationswege zwischen Verwaltung und Bürgerinnen und Bürgern dar und kann dazu beitragen, mehr unmittelbaren und direkten Dialog und Austausch zu schaffen. Dabei sind allerdings die Umstände der Kommunikation über diese Medien zu berücksichtigen. So setzt ein Dialog voraus, dass keine Social-Bots genutzt werden, sondern nur unmittelbare Kommunikation erfolgt. Darüber hinaus setzen ein Dialog und die öffentliche Funktion von Verwaltung voraus, dass die Dialogpartner Mindestformen des Umganges berücksichtigen, insbesondere keine strafbaren , einzelne Personen oder Personengruppen verletzende, beleidigende, verunglimpfende oder bedrohende Äußerungen vornehmen, sondern erkennen lassen, dass ihnen an einem Dialog gelegen ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass solche in öffentlichen Accounts sichtbaren Äußerungen möglicherweise auch der Verwaltung zugerechnet werden könnten. In den oben genannten Fällen muss zur Aufrechterhal- Drucksache 21/9845 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 tung der öffentlichen Funktion dieser Kommunikationskanäle daher die weitere Teilnahme begrenzt oder ausgeschlossen werden. Bei Facebook sind Beschränkungen im Sinne der Fragestellung technisch nicht möglich . Daher werden die Fragen 1. und 2. hinsichtlich Twitter beantwortet. Bei Twitter können Nutzer trotz Blockierung eines Kanals die entsprechenden Twitter-Beiträge ohne vorherige Anmeldung lesen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Nach welchen Regeln beziehungsweise Kriterien wird Facebook- oder Twitter-Nutzerinnen und -Nutzern das Leserecht auf behördlichen Facebook - oder Twitter-Accounts eingeräumt beziehungsweise entzogen und wer entscheidet im konkreten Fall darüber? Die Behörden und Bezirksämter haben jeweils eigenständige Regelungen getroffen. Die Behörde für Kultur und Medien, die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, die Justizbehörde sowie die Bezirksämter Altona, Bergedorf, Eimsbüttel, Hamburg- Nord und Wandsbek betreiben keine Social-Media-Präsenzen. Senatskanzlei Leserechte werden grundsätzlich nicht entzogen. Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration Über den Entzug des Leserechts informiert die Behörde in der Social-Media-Netiquette der Behörde (vergleiche http://t.hh.de/9164322). In konkreten Fällen entscheidet der Leiter des Referates Presse- und Öffentlichkeitsarbeit über einen Entzug von Leserechten. Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation Für die Social-Media-Accounts ist die Pressestelle verantwortlich . Die Behörde behält sich vor, in Einzelfällen Nutzerinnen und Nutzer, deren Äußerungen verletzend oder grob unangemessen sind, zu sperren. Behörde für Wissenschaft , Forschung und Gleichstellung Leserechte werden grundsätzlich nicht entzogen. Behörde für Schule und Berufsbildung Leserechte werden grundsätzlich nicht entzogen. Behörde für Umwelt und Energie Leserechte werden grundsätzlich nicht entzogen. Behörde für Inneres und Sport/Feuerwehr Leserechte werden grundsätzlich nicht entzogen. Behörde für Inneres und Sport/Polizei Es wurde eine „Netiquette“ für das Verfassen von Kommentaren aufgestellt. Diese „Netiquette“ ist auf der Webseite der Polizei Hamburg unter www.polizei.hamburg/ social-media-team/ abrufbar. Über den Entzug, das Blockieren auf Twitter entscheiden die Mitarbeiter des Social- Media-Teams der Polizei Hamburg. Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz Über eine Blockade der Leserechte entscheidet in Einzelfällen die den Twitter-Account führende Stelle (in der BGV die Pressestelle). Finanzbehörde Für den Twitter-Account der Finanzbehörde ist der Pressesprecher der Finanzbehörde zuständig, der über das Blockieren von Nutzern eigenverantwortlich entscheidet, insbesondere wenn es sich um erkannte Social-Bots handelt oder sich Nutzer unangemessen verhalten. Bezirk Harburg Leserechte werden grundsätzlich nicht entzogen. Bezirk Hamburg-Mitte Leserechte werden grundsätzlich nicht entzogen. 2. Wie oft wurde Nutzerinnen oder Nutzern das Leserecht auf einem behördlichen Facebook- oder Twitter-Account bereits entzogen? Bitte einzelne Fälle mit Datum, geordnet nach Behörde und mit der jeweiligen Begründung aufführen. Von den Behörden, die eine Regelung vorsehen, werden folgende Fälle gemeldet: Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9845 3 Behörde für Arbeit, Soziales , Familie und Integration Von August 2016 bis Februar 2017 wurden durch die Pressestelle der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration rund 3.000 Twitter-Profile geblockt. Es handelte sich hierbei um Profile, die offensichtlich maschinell programmiert waren („Social-Bots“). Diese Praxis wurde öffentlich kommuniziert (siehe: https://twitter.com/sozialbehoerde/status/768411480446365696). Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation Am 10. Juli 2017 wurde ein Nutzer von der weiteren Kommunikation ausgeschlossen. Die Äußerung des Nutzers war verletzend oder grob unangemessen. Behörde für Inneres und Sport/Polizei 448 Accounts wurden von der weiteren Teilnahme an der Kommunikation ausgeschlossen. Eine Auflistung der Einzelfälle gemäß Fragestellung würde eine händische Auswertung der entsprechenden Protokolle erfordern. Das ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz Beispielsweise werden sogenannte automatisierte Profile (Social- Bots) nach Erkenntnis blockiert, darüber werden aber keine Aufzeichnungen geführt. Finanzbehörde Die erfragten Angaben werden statistisch nicht erfasst. 3. Welche Regeln gelten für die Nutzung der behördlichen Accounts im Hinblick auf das Posten von werbegleichen Mitteilungen für privatwirtschaftliche Unternehmen (mit oder ohne öffentliche Beteiligung)? Für die Veröffentlichung von werbegleichen Mitteilungen gelten die „Grundsätze für Werbemaßnahmen in der hamburgischen Verwaltung“.