BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9879 21. Wahlperiode 25.07.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Thering (CDU) vom 19.07.17 und Antwort des Senats Betr.: Warum wurden die Lehrer und Schüler der Stadtteilschule Poppenbüttel über mehrere Tage mit Videokameras überwacht? Nach meinen zwei Schriftlichen Kleinen Anfragen (Drs. 21/9418 und 21/9542) und der Presseberichterstattung über die illegale Videoüberwachung von Lehrern und Schülern an der Stadtteilschule Poppenbüttel, ist das Entsetzen bei Eltern, Lehrern und Schülern groß. Über mehrere Tage wurden Teile des Schulhofs der Stadtteilschule Poppenbüttel mit Videokameras überwacht. Über diesen Vorgang wurden die Eltern und Schüler nicht informiert. Die Kameras wurden mit Blick auf den Schulhof aufwendig in einem Buchrücken versteckt. Damit sollte offensichtlich verhindert werden, dass die Kameras den Lehrern und Schülern auffallen. Diese Art der Überwachung von Lehrkräften und Schülern ist rechtlich nicht gedeckt und muss lückenlos aufgeklärt werden. In meiner letzten Schriftlichen Kleinen Anfrage (Drs. 21/9542) hat sich der Senat fälschlicherweise auf die drei mobilen Wildkameras, die in den Bäumen angebracht waren, bezogen. Gegen diese Art der Wildüberwachung spricht nichts. Es geht ausschließlich um die versteckten Kameras, die Teile des Schulhofs überwacht haben. Ich habe mich selber von der Existenz der Kameras überzeugt und es wurden von Dritten auch zahlreiche Beweisfotos gemacht, die die Existenz dieser Kameras einwandfrei belegen. Es stellt sich jetzt die Frage, warum der Senat weiterhin die Existenz dieser Kameras bestreitet und warum Lehrkräfte und Schüler, ohne deren Wissen, überwacht wurden. Verdächtig ist, dass die versteckten Kameras kurz nach Einreichung meiner Schriftlichen Kleinen Anfrage (Drs. 21/9542) verschwunden sind. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat erneut: 1. Warum wurden Teile des Schulhofs über mehrere Tage mit versteckten Videokameras überwacht? Wer hat dieses veranlasst, genehmigt und ist die zuständige Behörde darüber informiert worden? Der zuständigen Behörde lagen bislang Auskünfte der Schule vor, nach denen es keine Videoüberwachung gab. Drei Wildtierkameras wurden nach Aussage der Schulleitung lediglich zum Zwecke der Wildtierbeobachtung installiert. Der behördliche Datenschutzbeauftragte hat am 27. Juni 2017 das Schulgelände in Augenschein genommen und sich in einem persönlichen Gespräch mit der Schulleitung über den Sachverhalt informiert. Jegliche Kameras waren zu dieser Zeit abgebaut. Ebenso war aufgrund der Stellungnahme der Schulleitung nicht anzunehmen, dass eine über die bloße Wildbeobachtung – wie sie in der Drs. 21/9542 dargestellt ist – hinausgehende Videoaufzeichnung stattfand. Nach erneuter Befragung räumt die Schulleitung ein, dass, abweichend vom eigentlichen Zweck, die Wildtierkameras für wenige Tage zur Ermittlung etwaiger Straftäter Drucksache 21/9879 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 zweckfremd eingesetzt wurden. Die Schule war gerade zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit Opfer von Vandalismus geworden, wobei die Schäden bei der zweiten Tat vom 9. auf den 10. Juni 2017 erheblicher waren und durch Graffitis mit rechtsextremistischen Symbolen Herabwürdigungen von Lehrkräften und der Schule erfolgten. Die Vandalismustaten geschahen jedes Mal außerhalb der Schulzeit. Um bei einem weiteren Vorfall die Täter eventuell feststellen zu können, richtete die Schulleitung die Wildtierkameras zwischenzeitlich auf zwei Bereiche aus, in denen Graffitis und Schmierereien zuletzt angebracht worden waren. Die Schulleitung selbst brach diese Maßnahme nach wenigen Tagen wieder ab. Die Ausrichtung der Kameras auf das Schulgelände begann am 15. Juni 2017 und endete am 19. Juni 2017. In diesem Zeitraum wurden zwei der drei Wildtierkameras in Sammlungsräumen zwischen Buchrücken beziehungsweise auf einem elektronischen Gerät lagernd angebracht. 2. Warum wurden die Eltern, Lehrer und Schüler über diese Überwachungsmaßnahme nicht informiert? Ausgehend von dem Ziel, die Täter der Zerstörungen bei weiteren Taten feststellen zu können, hielt die Schulleitung eine Information der Schulöffentlichkeit für nicht erforderlich . 3. Was ist mit dem aufgenommenen Videomaterial passiert? Der behördliche Datenschutzbeauftragte der für Bildung zuständigen Behörde hat im Beisein von zwei Mitarbeitern des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit die Löschung ausdrücklich angeordnet und die Schulleitung hat versichert, dass sie die Löschung umgehend vollziehen werde. Zudem wurde die Schulleitung aufgefordert, einen entsprechenden Löschvermerk zu erstellen. Alle Speichermedien sind inzwischen von der Schulleitung datenschutzkonform gelöscht worden. 4. Wer hatte Zugriff auf die Kameras und das aufgenommene Videomaterial ? Ausschließlich die Schulleitung hatte Zugriff. 5. Ist diese Art der Videoüberwachung datenschutzrechtlich zulässig? Nein. Eine rechtmäßige Videoüberwachung, die allein Präventionszwecken und nicht der Ermittlung von Straftaten dient, wäre gemäß § 31 Absatz 4 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG) in Verbindung mit den §§ 16 bis 23 der Verordnung über die Verarbeitung personenbezogener Daten im Schulwesen (Schul-Datenschutzverordnung) bei der Behörde in dem dafür vorgesehenen Verfahren zu beantragen. Eine Videoüberwachung zur Aufklärung von Straftaten kann darüber hinaus durch die Ermittlungsbehörden auf Grundlage des §100 h Strafprozessordnung (StPO) erfolgen. 6. Warum hat der Senat bisher die Existenz der versteckten Kameras bestritten? Die Existenz versteckter Kameras war dem Senat bislang nicht bekannt. Er ging bisher von der Nutzung der Wildtierkameras zum eigentlichen Zwecke aus, siehe auch Antwort zu 1. 7. Wurden oder werden noch andere Schulen in Hamburg, ohne Wissen der Eltern, Lehrer und Schüler videoüberwacht? Eingaben, Beschwerden oder sonstige Hinweise hinsichtlich einer solchen Vorgehensweise anderer Schulen lagen beziehungsweise liegen in der zuständigen Behörde nicht vor. Wenn ja, welche? 8. Wann begann die genannte Wildbeobachtung, wann wurde sie beendet und wann wurden die Kameras genau abgehängt? Die Wildbeobachtung begann am 10. Juni 2017 und endete am 15. Juni 2017. 9. Wie beurteilt der Senat diese Art der versteckten Videoüberwachung von Lehrern und Schülern? Der Senat lehnt eine unrechtmäßige Videoüberwachung in jeglicher Form ab.