BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9927 21. Wahlperiode 01.08.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Carsten Ovens und Birgit Stöver (CDU) vom 25.07.17 und Antwort des Senats Betr.: Betrifft die erhöhte Brandgefahr wirklich nur die Gebäude des Fachbereichs Chemie an der Universität Hamburg? Bei Untersuchungen anlässlich geplanter Bauvorhaben auf dem Campus des Fachbereichs Chemie an der Universität Hamburg hätten die brandschutztechnischen Erkenntnisse ergeben, dass kein ausreichender Brandschutz vorhanden sei, hieß es in der gemeinsamen Pressemitteilung von Senat und der Universität. Da mit der Nutzung des Gebäudes eine erhöhte Brandgefahr einhergehe, hätten die zuständige Behörde (BWFG) und die Universität Hamburg am Freitagmittag, 21. Juli 2017, eine Außerbetriebnahme der vier Gebäude des Fachbereichs an der Bundesstraße beschlossen. Über die Maßnahmen, die eine Wiederaufnahme des Betriebs ermöglichen sollen, müsse nun beraten werden, so die BWFG und die Universität. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Universität Hamburg (UHH) wie folgt: 1. Welche Studiengänge, wie viele Studenten und wie viele Mitarbeiter der Universität sind von der Schließung betroffen? Welche Auswirkungen hat die Schließung derzeit auf die betroffenen Personen? Betroffen sind 76 Wissenschaftler und Technisches und Verwaltungspersonal, 125 Doktoranden und 460 Studierende. Die Praktika Chemie im Alltag (Lehramt Chemie, 22 Studierende) und Biochemie der RNA (Studiengänge Molecular Life Sciences, Chemie, Bioinformatik (40 Studierende)) im Fachbereich Chemie wurden unterbrochen . Die Praktika werden nach der Wiederinbetriebnahme der Gebäude nun fortgesetzt . Die Anfertigung der Abschlussarbeiten (Bachelor/Master) von insgesamt 29 Studierenden sowie die praktischen Arbeiten der Doktoranden haben während der Außerbetriebnahme pausiert. Die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren vom 24. bis einschließlich 28. Juli 2017 von ihrer Arbeit freigestellt. 2. Seit wann liegt das Ergebnis der Untersuchung der BWFG beziehungsweise der Universität Hamburg jeweils vor? Der zuständigen Behörde wurde im Mai 2017 ein Vorab-Exemplar der brandschutztechnischen Stellungnahme übergeben. Formell haben die UHH und die zuständige Behörde Untersuchungsergebnisse am 14. Juli 2017 erhalten. Am 20. Juli 2017 haben die Sachverständigen ihre Stellungnahme gegenüber der zuständigen Behörde und der UHH erläutert. 3. Wann wurde die Untersuchung bei wem in Auftrag gegeben und berücksichtigt diese die aktuellsten brandschutztechnischen Vorgaben? Wenn nicht, warum nicht? Drucksache 21/9927 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Auf Grundlage von Ergebnissen erster Voruntersuchungen eines Brandschutzsachverständigen im Jahr 2016 wurde im Januar 2017 zusätzlich bei einem Architektursowie einem Ingenieurbüro für technische Ausrüstung eine detaillierte Bestandsaufnahme beauftragt. Die aktuellen brandschutztechnischen Vorgaben sind berücksichtigt . 4. In welchem Jahr genau wurden die betroffenen Gebäude jeweils fertiggestellt ? Das Gebäude der Anorganischen Chemie wurde im Jahr 1964, das Gebäude der Analytischen Chemie im Jahr 1964, das Gebäude der Organischen Chemie im Jahr 1963 sowie das Gebäude der Biochemie im Jahr 1963 fertiggestellt. 5. Wann wurden sie jeweils wann aus welchem Grund modernisiert/ saniert? 6. Warum sind die Sanierungen von einst offenbar nicht ausreichend genug gewesen? Haben die beauftragten Firmen nicht umfassend genug gearbeitet oder haben sich die brandschutztechnischen Vorgaben inzwischen deutlich verschärft? Bei diesen Gebäuden erfolgte bisher keine Grundsanierung oder umfassende Modernisierung . Kleinere Bauunterhaltungsmaßnahmen und kleinere Umbauten im Zuge von Neuberufungen erfolgen durch die UHH nach Bedarf. Bei Umbauarbeiten werden die brandschutztechnischen Vorgaben beachtet. Eine Verschärfung der brandschutztechnischen Vorgaben erfolgte nicht. 7. Welcher Art sind die geplanten Bauvorhaben, von denen in der Pressemitteilung die Rede war? Bei den geplanten Bauvorhaben handelt es sich um einen Neubau für das sogenannte MIN-Forum mit Bibliothek, Mensa, Hörsälen sowie Seminarräumen und einen Neubau für die Informatik. 8. Auch hieß es, dass erst nach dem Öffnen und Aufbohren von Decken, Wänden und Schächten die brandschutztechnischen Mängel festgestellt wurden. Diese Aussage macht deutlich, dass es sich hier nicht um ein oberflächliches Problem handelt, das schnell zu beheben wäre: a. Was haben die ersten Beratungen zwischen Aufsichtsbehörde und Feuerwehr ergeben, welche Maßnahmen für eine Wiederaufnahme des Betriebs nötig sind? Vonseiten der Bauaufsichtsbehörden und der Feuerwehr besteht kein Grund, auf einer Schließung der Institutsgebäude zu bestehen, wenn abgestimmte organisatorische Maßnahmen erfolgen. Es muss zudem sichergestellt sein, dass die abgestimmten baulichen Maßnahmen (ergänzende Brandmeldeanlage, zusätzliche Rauchschutztüren ) kurzfristig nach Wiederinbetriebnahme umgesetzt werden. b. Innerhalb welchen Zeitraums zu welchen Kosten können die Maßnahmen durchgeführt werden? c. Ist es angesichts der Kosten überhaupt sinnvoll, dieses Geld in die Sanierung der nicht den aktuellen Ansprüchen von Forschung und Lehre entsprechenden Gebäude zu investieren? Die genannten organisatorischen Maßnahmen sind bereits beziehungsweise werden ab der Wiederinbetriebnahme am 31. Juli 2017 umgesetzt, die baulichen Maßnahmen werden kurzfristig nach Wiederinbetriebnahme umgesetzt. Belastbare Kostenangaben sind zurzeit noch nicht möglich. Ziel aller Maßnahmen ist es, den sicheren Weiterbetrieb der Gebäude für Lehre und Forschung zu ermöglichen. d. Wird auch ein Neubau in Erwägung gezogen? Wenn ja, an welchem Standort? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9927 3 Das derzeitige bauliche Entwicklungskonzept für die UHH sieht vor, Neubauten für die Chemie am Campus Bundesstraße zu errichten. Seit September 2016 wird an der UHH alternativ die Überlegung diskutiert, die Chemie nach Bahrenfeld zu verlagern. e. Falls die Außerbetriebnahme längere Zeit in Anspruch nimmt: Wird bereits über einen zeitweisen Umzug der Fachbereiche nachgedacht ? Wenn ja, welche Alternativstandorte kommen infrage? Die Gebäude wurden am 31. Juli 2017 wieder in Betrieb genommen. 9. Die betroffenen Bauten stammen aus den Sechziger und Siebzigerjahren : a. Welche anderen Gebäude der Universität Hamburg stammen aus einer ähnlichen Bauzeit? Turmweg 2 (Sportanlagen Gebäude), Schlüterstraße 28 (Rechtshaus), Heesten 10 (Gewächshaus Botanik), Martin-Luther-King-Platz 3 (Zoologie), Sedanstraße 19 (Verfügungsgebäude I), Grindelallee 117 (Verfügungsgebäude II), Bundesstrasse 55 (Geomatikum), Von-Melle-Park 5 (Verfügungsgebäude IV), Rothenbaumchaussee 81 (Rechenzentrum). b. Sind diese auch ähnlicher Bauart? Wenn ja, wann wurden sie zuletzt jeweils auf ihren Brandschutz untersucht und wie waren die Ergebnisse? Das Gebäude Martin-Luther-King-Platz 3 (Zoologie) ist ähnlicher Bauart und wurde in den Jahren 2011/2012 im Hinblick auf eine Erweiterung der Brandmeldeanlage saniert. Die letzte Brandverhütungsschau mit Betreiberin und Feuerwehr fand im Mai 2017 statt. c. Bei welchen Universitätsgebäuden erfolgten bereits jeweils wann seit jeweiliger Inbetriebnahme Sanierungen aufgrund eines nicht ausreichenden Brandschutzes? Diese Angaben sind in der für die Beantwortung dieser Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermittelbar, da der erfragte Betrachtungszeitraum insgesamt mehr als 100 Jahre zurückreicht und Sanierungsmaßnahmen zur Verbesserung des Brandschutzes nicht gesondert erfasst werden. Mit dem Kernziel, den Brandschutz zu verbessern, wurden zum Beispiel Maßnahmen an den Gebäuden Ohnhorststraße 18 (2012) und Grindelallee 117 (2015) sowie Von-Melle-Park 5 (2017) umgesetzt. 10. Gab es bereits bei Universitätsneubauten Probleme mit dem Brandschutz ? Wenn ja, warum an jeweils welchen Standorten? Alle Neubauten wurden entsprechend den geltenden Brandschutzanforderungen errichtet. 11. Gegenüber des Fachbereichs Chemie am Martin-Luther-King-Platz befindet sich neben dem Zoologischen Museum Hamburg ein Gebäude, bei dem Balkone, die offenbar baufällig sind, gesperrt sind: a. Handelt es sich hierbei ebenfalls um ein Gebäude der Universität Hamburg? Wenn ja, warum sind die Balkone seit wann gesperrt und warum wird gegen den Grund der Sperrung nichts unternommen? Es wird davon ausgegangen, dass die Frage sich auf den Gebäudekomplex der Zoologie der UHH am Martin-Luther-King-Platz 3 bezieht. Die Sperrung der Balkone wurde im Herbst 2009 vorsorglich vorgenommen, da nicht ausgeschlossen werden konnte , dass Betonteile aufgrund von Witterungseinflüssen abbrechen. Es sind einzelne Fassaden bereits seitdem gesichert worden und die Sperrungen dort inzwischen auf- Drucksache 21/9927 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 gehoben. Das derzeitige bauliche Entwicklungskonzept für die UHH sieht vor, die Zoologie mittelfristig an den Standort Klein-Flottbek zu verlagern. Eine Grundsanierung ist mithin nicht vorgesehen. b. Bei welchen Gebäuden der Universität Hamburg gibt es derzeit wegen Baufälligkeit Teilsperrungen? Welcher Art sind diese Teilsperrungen , seit wann bestehen sie jeweils und wann soll welche Maßnahme ergriffen werden, damit die Teilsperrung aufgehoben werden kann? Gemäß Auskunft der Universität Hamburg (gebäudeverwaltende Dienststelle) sind folgende Bereiche zum Teil bereits seit Längerem von Sperrungen betroffen: Teilbereiche um Fassaden am Martin-Luther-King Platz 3 sind abgesperrt (siehe Antwort zu 11.a.). Die Zugangsbereiche am Verfügungsgebäude I. (Sedanstraße 19) sind mit Schutzgerüsten gesichert. Vor einem Abbau ist eine Fassadensanierung erforderlich . Der Zeitpunkt für die Sanierung ist noch nicht abzusehen. Am Geomatikum (Bundesstraße 55) sind Fassadenteile mit Fangnetzen gesichert. Vor einer Entfernung ist eine Fassadensanierung erforderlich. Eine Sanierung ist im Zuge der Gesamtsanierung des Gebäudes vorgesehen. Es bestehen seit Anfang 2017 Absperrungen hinter der Rechtswissenschaftlichen Bibliothek (Rothenbaumchaussee/Johnsallee). Derzeit erfolgt hier die Sicherung beziehungsweise das Ersetzen von Scheiben. Seit Frühjahr 2017 gibt es eine Sperrung des Kuppelgebäudes beim Lippert Teleskop (Gojenbergsweg 112) wegen baulicher Mängel. Zudem wurden Sicherheitsmaßnahmen am Loki-Schmidt-Haus (Heesten 10) wegen sich ablösender Keramikfassadenteile ergriffen .