BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9942 21. Wahlperiode 01.08.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Dolzer (DIE LINKE) vom 26.07.17 und Antwort des Senats Betr.: Situation der Untersuchungsgefangenen in der Haftanstalt Billwerder In den JVAen Hahnöfersand, Holstengalcis und Billwerder befinden sich zurzeit mehrere Untersuchungsgefangene, die während des G20-Gipfels festgenommen wurden. Anwälte/-innen berichten, dass in der JVA Billwerder in einem Fall Anwaltspost länger als fünf Tage nach Eingang nicht die/den Inhaftierte/n erreichte; dass Wäschepakete bis zu sechs Tage nach Beantragung nicht an der Pforte angenommen wurden; dass Besuche in der Bibliothek unter der Begründung, dass die Inhaftierten Demonstranten seien, verweigert wurden und dass mehreren Mandanten/-innen unter der Auskunft, ein Anwalt/eine Anwältin wolle sie besuchen, Polizeibeamte/-innen zugeführt wurden, die nach einer Abgabe von DNA fragten. Gesetzlich ist geregelt, dass die Untersuchungshaft dazu dienen soll, ein geordnetes Strafverfahren zu gewährleisten. Eine Strafe soll sie nicht sein. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Menschen, die während des G20-Gipfels festgenommen wurden , befinden sich in den oben genannten Haftanstalten in Untersuchungshaft ? (Bitte nach Haftanstalten, Heimatland und Geschlecht aufschlüsseln .) Am 26. Juli 2017 befanden sich insgesamt noch 34 Gefangene in Untersuchungshaft. In der Justizvollzugsanstalt (JVA) Billwerder befanden sich 24 Untersuchungsgefangene , davon eine weibliche Untersuchungsgefangene mit italienischer Staatsangehörigkeit . Von den männlichen Untersuchungsgefangenen waren sieben deutscher, vier italienischer, zwei französischer, zwei niederländischer, und jeweils einer polnischer, österreichischer, schweizerischer, tschechischer, russischer, rumänischer, spanischer und senegalesischer Nationalität. In der Untersuchungshaftanstalt befanden sich drei männliche Untersuchungsgefangene mit jeweils deutscher, französischer und ungarischer Nationalität. In der JVA Hahnöfersand befanden sich sieben männliche Untersuchungsgefangene, wobei einer erst nach Ende des G20-Gipfels festgenommen und am 11. Juli 2017 in Untersuchungshaft genommen wurde. Von diesen Untersuchungsgefangenen waren vier deutscher und jeweils einer italienischer, serbischer und russischer Nationalität. a. Wie viele von Ihnen wurden bereits aus der U-Haft entlassen? (Bitte nach Haftanstalten, Heimatland und Geschlecht aufschlüsseln.) Es hat bis zum 26. Juli 2017 insgesamt 17 Entlassungen aus der Untersuchungshaft gegeben. Aus der JVA Billwerder wurden 13 Untersuchungsgefangene entlassen. Von den vier entlassenen weiblichen Untersuchungsgefangenen waren zwei deutscher und jeweils Drucksache 21/9942 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 eine türkischer und venezolanischer Nationalität. Die neun entlassenen männlichen Untersuchungsgefangenen waren deutscher Nationalität. Aus der Untersuchungshaftanstalt wurden drei männliche Untersuchungsgefangene deutscher Nationalität entlassen. Aus der JVA Hahnöfersand hat es eine Entlassung eines männlichen deutschen Untersuchungsgefangenen gegeben. 2. Anwälte/-innen berichten, dass zumindest in einem Fall in Billwerder Anwaltspost länger als fünf Tage nach Senden eines Faxes eine/n Inhaftierte /n nicht erreichte. Wie lange dauert das Zustellen von Anwaltspost in der JVA Billwerder nach Post- beziehungsweise Faxeingang bis zur Weitergabe an die/den Inhaftierte/n in der Regel? Die Weitergabe von Anwaltspost nach Posteingang an die Gefangenen nimmt in der JVA Billwerder regelhaft einen Zeitraum von einem Tag bis zu drei Tagen in Anspruch. Die Weitergabe von Anwaltspost, die per Fax eingegangen ist, dauert in der Regel ein bis zwei Tage. Ein Fall, in dem die Aushändigung eines Faxes fünf Tage in Anspruch genommen haben soll, ist in der JVA Billwerder nicht bekannt. 3. Anwälte/-innen berichten, dass Wäschepakete bis zu sechs Tage nach Beantragung nicht an der Pforte angenommen wurden. Wie lange dauert es in der JVA Billwerder in der Regel, bis ein Antrag auf Erhalt eines Wäschepakets derart bearbeitet ist, dass das Wäschepaket an der Pforte der JVA entgegen genommen wird? In der JVA Billwerder liegt zwischen der Antragstellung des Gefangenen und der Ausgabe des Pakets an den Gefangenen in der Regel ein Zeitraum von bis zu sechs Tagen. 4. Wie lange dauert es in der Regel in der JVA Billwerder, bis ein Wäschepaket nach Abgabe an der Pforte die/den Inhaftierten erreicht? In der Regel dauert dies in der JVA Billwerder zwei bis vier Tage. 5. Einen wie langen Zeitraum hält der Senat in Bezug auf die Fragen 2., 3. und 4. für jeweils verhältnismäßig, rechtmäßig und mit der Würde des Menschen vereinbar? (Bitte in Bezug auf die Fragen 2., 3. und 4. einzeln beantworten.) Eine Bearbeitung sollte – in allen Fällen – ohne schuldhaftes Zögern erfolgen. Die in den Fragen 2., 3. und 4. genannten Zeiträume liegen nach Auffassung des Senats im Rahmen einer solchen Bearbeitung. 6. Hält der Senat einen Antrag für den Empfang eines Wäschepakets bei Untersuchungshäftlingen für eine notwendige Regelung? Wenn ja: aus welchem Grund? Ja, ein Antrag für den Erhalt stellt ein notwendiges Erfordernis dar. § 28 Absatz 1 des Hamburgischen Untersuchungshaftvollzugsgesetzes (HmbUVollzG) macht den Empfang von Paketen von einer Erlaubnis der Anstalt abhängig. Ohne Antrag seitens der Gefangenen könnte der Prüfvorgang nicht in Gang gesetzt werden. Darüber hinaus müssten Pakete, die von den Insassen nicht gewollt sind, zunächst gelagert und durch die Anstalt an den Absender zurückversandt werden, was organisatorisch für die Anstalt nicht leistbar wäre. 7. Ist dem Senat bekannt, dass Inhaftierten in der JVA Billwerder unter der Begründung, dass sie Demonstranten/-innen wären, der Besuch der Bibliothek verweigert wurde? a. Hält der Senat ein solches Vorgehen für rechtmäßig? Wenn nein: Was gedenkt der Senat zu unternehmen, um eine solche Praxis zukünftig zu unterbinden? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9942 3 Ein solcher Vorfall ist nicht bekannt. Aus folgenden Gründen ist ein solcher Sachverhalt auch nicht vorstellbar. Zum einen „besuchen“ Inhaftierte die Bibliothek nicht. Gefangene mit einem Bibliotheksausweis können das Bestellverzeichnis einsehen, einen Ausleihantrag stellen und bekommen die Bücher dann auf ihre Station gebracht. Des Weiteren kann Untersuchungsgefangenen aus Gründen des ungewissen Entlassungszeitpunktes kein Bibliotheksausweis ausgestellt werden. Aus diesem Grund wird ihnen die Möglichkeit eröffnet, aus einem kleineren, gesonderten Buchbestand – außerhalb der Bibliothek – Bücher auszuleihen. Allen Untersuchungsgefangenen steht diese Möglichkeit offen. 8. Ist dem Senat bekannt, dass mehreren nach dem G20-Gipfel in U-Haft befindlichen Inhaftierten unter der Auskunft, ein Anwalt/eine Anwältin wolle sie besuchen, Polizeibeamte/-innen zugeführt wurden, die nach einer Abgabe von DNA fragten? a. Hält der Senat ein solches Vorgehen für rechtmäßig? Wenn nein: Was gedenkt der Senat zu unternehmen, um eine solche Praxis zukünftig zu unterbinden? Ein solcher Vorfall ist nicht bekannt. Die Gefangenen werden beim Abholen ausschließlich darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Polizei sie sprechen will.