BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9961 21. Wahlperiode 04.08.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 27.07.17 und Antwort des Senats Betr.: G20-Gipfel: Europäischer Datentausch über linken Aktivismus Vor dem G20-Gipfel in Hamburg haben das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei von internationalen Partnerbehörden Personendaten über „polizeibekannte linke Aktivisten“ ausgetauscht. Informationen kamen außerdem aus den USA und Kanada. Die Angaben wurden vermutlich dazu genutzt, Einreiseverbote auszusprechen, die Betroffenen zu kontrollieren oder sogar zu überwachen. Auch die Hamburger Polizei beziehungsweise die BAO „Michel “ dürfte entsprechende Informationen erhalten haben. Für den Datentausch wurde hauptsächlich das Format der „Police Working Group on Terrorism “ (PWGT) genutzt. Die PWGT ist ein informelles Netzwerk der Staatsschutzbehörden aller EU-Mitgliedsstaaten, der Schweiz, Norwegens und Islands. Bei den über die PWGT versandten Namenslisten handelt es sich häufig um Verdachtsdateien. Auch die Polizeiagentur Europol führt in der Analysedatei „Dolphin“ Informationen zu „anarchistischen, autonomen oder linksgerichteten“ schweren Straftaten. Europol hat nach eigener Auskunft den G20-Gipfel rund um die Uhr unterstützt. Nach dem Gipfel hatte der Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) die Einrichtung einer europäischen Datenbank zu „brutalen Krawalltouristen“ gefordert. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Für den Daten- und Informationsaustausch in den oben genannten Formaten sind in der Regel Bundesbehörden in ihrer Funktion als Zentralstellen zuständig beziehungsweise federführend. Die Bundesregierung hat zu nachfolgend aufgeworfenen Fragen zuletzt in der Antwort auf eine Schriftliche Frage des Abgeordneten Andrej Hunko Stellung genommen: http://www.andrej-hunko.de/start/download/cat-view/8- dokument?start=5, dort: „Austausch von Personendaten von polizeibekannten linken Aktivisten vor dem G20-Gipfel“. Die dort genannten Einschränkungen in Hinsicht auf das Staatswohl betreffend Teile der Beantwortung von Fragen zum internationalen Daten- und Informationsaustausch gelten auch bei den nachfolgenden Antworten. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Mit welchen europäischen oder internationalen Behörden, Agenturen oder Polizeiorganisationen (auch Europol und Interpol) hat die Hamburger Polizei anlässlich des G20-Gipfels Personendaten ausgetauscht? a. Welche dieser Kooperationen widmeten sich explizit „polizeibekannten linken Aktivisten“? b. Zu wie vielen Personen wurden Daten übermittelt (bitte, sofern möglich , die Zahlen nach Ländern aufschlüsseln)? Drucksache 21/9961 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Seitens der Polizei Hamburg fand kein direkter Personendatenaustausch mit internationalen Behörden, Agenturen oder Polizeiorganisationen (einschließlich Europol und Interpol) statt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 2. Welche entsprechenden Daten hat die Hamburger Polizei nicht direkt von den erfragten Stellen erhalten, sondern über das Bundeskriminalamt , die Bundespolizei oder das Bundesamt für Verfassungsschutz (bitte , sofern möglich, die Zahlen nach Ländern aufschlüsseln)? Siehe Vorbemerkung. 3. Welche Austausche von Personendaten hat die Hamburger Polizei zum G20-Gipfel über die informelle „Police Working Group on Terrorism“ (PWGT) vorgenommen? Deutschland ist in der PWGT durch das Bundeskriminalamt (BKA) in seiner Funktion als Zentralstelle vertreten (BT.-Drs. 17/13440); im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Wie viele erhaltenen Personendaten hat die Hamburger Polizei an die Bundespolizei weitergegeben, damit diese für Kontrollen oder zur Verhängung von Einreiseverboten genutzt werden können? Die erfragten Daten werden statistisch nicht erfasst. 5. Welche deutschen Datensammlungen, in denen linke Aktivisten gespeichert sind, hat die Hamburger Polizei anlässlich des G20-Gipfels genutzt? Die Polizei Hamburg hat die Datensammlungen IFIS (Inpol-Fall Innere Sicherheit) sowie AURELIA genutzt (siehe hierzu Drs. 21/4074). a. Wie viele Personen wurden oder werden dort nach dem Gipfel gespeichert (bitte für die beim Bundeskriminalamt geführte Zentraldatei „Politisch motivierte Kriminalität links – Zentralstelle“ (PMKlinks Z) gesondert ausweisen)? Die erfragten Daten werden statistisch nicht erfasst. b. In welcher nationalen oder Hamburger Datenbank wurden oder werden ausländische Personen, die beim G20-Gipfel festgestellt oder angeklagt wurden, gespeichert? Die erfragten Personen wurden in den Vorgangsbearbeitungssystemen der Polizei Hamburg gespeichert. Bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen erfolgte eine Speicherung auch in präventivpolizeilichen Dateien der Polizei Hamburg. 6. Welche eigenen (auch vorübergehenden) Datensammlungen hat die Polizei Hamburg anlässlich des G20-Gipfels angelegt und wie viele Personen waren oder sind dort gespeichert? Die Polizei hat zum Nachweis des Verwaltungshandelns 420 Personendatensätze von fest- und in Gewahrsam genommenen Personen in der Anwendung EVB (Elektronisches Verwahrbuch) gespeichert. Darüber hinaus wurden keine Datensammlungen im Sinne der Fragestellung angelegt. 7. An welche Polizeibehörden, Agenturen oder Polizeiorganisationen (auch Europol und Interpol) welcher Länder hat die Hamburger Polizei (auch über das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei oder das Bundesamt für Verfassungsschutz) vor oder nach dem G20-Gipfel Personendaten übermittelt und welchem Zweck diente das? Zur internationalen Datenübermittlung über Bundesbehörden siehe Vorbemerkung. Informationen zur nationalen Datenübermittlung der Polizei Hamburg vor oder nach dem G20-Gipfel würden Rückschlüsse auf die präventive Strategie der Polizei geben beziehungsweise laufende Ermittlungsverfahren berühren und müssen daher unterbleiben ; im Übrigen siehe Vorbemerkung. 8. Was ist der Hamburger Polizei darüber bekannt, wo das Bundeskriminalamt oder die Bundespolizei nach dem G20-Gipfel Daten über beim Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9961 3 G20-Gipfel bekannt gewordene linke Aktivisten, „Linksextremisten“ beziehungsweise „Störer“ speichert oder speichern will? 9. Nach welcher Maßgabe werden in diesen Datensammlungen nicht nur Angeklagte oder Verurteilte gespeichert, sondern auch Person, die lediglich in Gewahrsam genommen und kurz darauf wieder freigelassen wurden ? Die Fragen liegen außerhalb des Verantwortungsbereichs des Senats und der parlamentarischen Kontrolle der Bürgerschaft und sind vom parlamentarischen Fragerecht nicht erfasst. 10. Welche polizeilichen Verbindungsbeamten aus welchen europäischen oder nicht europäischen Staaten waren von der Hamburger Polizei anlässlich des G20-Gipfels eingebunden und auf welche Datenbanken ihrer Entsendestaaten hatten diese Zugriff? Siehe Vorbemerkung. 11. Was ist der Hamburger Polizei darüber bekannt, inwiefern diese Datenbanken auch von Geheimdiensten der Entsendestaaten befüllt wurden, wie es etwa über Schweden oder Österreich bekannt ist? Siehe Antwort zu 8. und 9. 12. Auf welche Weise hat die EU-Polizeiagentur Europol den G20-Gipfel unterstützt? 13. Wie viele Abfragen erfolgten rund um den G20-Gipfel im Europol-Informationssystem (EIS)? Die Veranstaltung des G20-Gipfeltreffens oblag der Bundesregierung. Im Übrigen siehe Antwort zu 8. und 9. 14. Auf welche Weise und in welchem Umfang hat die Hamburger Polizei auch Datentöpfe genutzt, in denen Europol Informationen zu „anarchistischen , autonomen oder linksgerichteten“ schweren Straftaten verarbeitet ? Siehe Antwort zu 7.