BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9966 21. Wahlperiode 04.08.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 28.07.17 und Antwort des Senats Betr.: Musikzug am Albert-Schweitzer-Gymnasium – Hält das Gastschulabkommen mit Schleswig-Holstein, was es verspricht? Das Albert-Schweitzer-Gymnasium (ASG) in Klein Borstel ist seit seiner Gründung durch seinen musischen Schwerpunkt nicht nur in Hamburg, sondern über die Landesgrenzen hinaus für seinen besonderen Schwerpunkt anerkannt. In den Klassen 5 – 10 gibt es im Musikzug Orchesterklassen und Vokalklassen. In den Orchesterklassen stellen alle Schülerinnen und Schüler mit ihren eigenen Instrumenten ein Klassenorchester, das einmal wöchentlich im Rahmen eines erweiterten Musikunterrichts probt und mit zahlreichen Auftritten zu einem aktiven Schulleben beiträgt. Seit einigen Jahren gibt es zudem Vokalklassen mit einem klasseneigenen Chor. Weitere Schwerpunkte sind die Fachbereiche Bildende Kunst und Theater. Das ASG erfreut sich großer Beliebtheit. Für das Schuljahr 2017/2018 gab es 160 Erstwünsche bei den Anmeldungen für die fünften Klassen, 152 Kinder aus Hamburg und acht aus Schleswig-Holstein. Trotz des Auftrags des Leiters des Amtes für Bildung in der Behörde für Schule und Berufsbildung vom 9. November 2016 an Schulbau Hamburg zum Ausbaus des ASG zur Sechs-Zügigkeit sowie der Erweiterung des Rahmenplans Schulbau, werden die fünften Klassen im kommenden Schuljahr nur fünfzügig eingerichtet. 17 Kinder, die das besondere Musikprofil angewählt haben, wurden abgewiesen. Für viele Familien ist das eine herbe Enttäuschung, für das einzigartige Musikprofil des ASG ein großer und nachhaltiger Schaden. Vor allem besonders musisch begabte Kinder aus Schleswig-Holstein schauen in die Röhre. Kein einziges Kind aus dem Nachbarbundesland sei angenommen worden, obwohl seit diesem Jahr das neue Gastschulabkommen mit Schleswig-Holstein gilt. In der Pressemitteilung der BSB vom 12. Juli 2017 zum Entwurf des Gastschulabkommens hieß es dabei noch vollmundig: „Ab dem Schuljahr 2017/18 können Schülerinnen und Schüler aus Hamburg und Schleswig-Holstein erstmals ohne Einschränkungen alle weiterführenden Schulen des jeweils anderen Bundeslandes besuchen. (...) „Beide Länder stehen einem Schulbesuch im jeweils anderen Land positiv gegenüber“, sagten Britta Ernst und Ties Rabe bei der Vorstellung des Entwurfs. (...) Künftig können Schülerinnen und Schüler beider Bundesländer nach der vierten und nach der zehnten Klasse frei wählen, in welchem Bundesland sie eine weiterführende Schule besuchen wollen. (...) Es werde „faktisch eine freie Schulwahl bei weiterführenden, öffentlichen und allgemeinbildenden Schulen“ ermöglicht. (...) Mit dem Gastschulabkommen verliert die Landesgrenze für Schülerinnen und Schüler beider Bundesländer ihre frühere Bedeutung. (...) Drucksache 21/9966 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Auch die Wohn- und Meldeadressen sind beim Schulbesuch künftig nicht mehr maßgeblich.“ Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Im Abkommen zwischen Schleswig-Holstein und der Freien und Hansestadt Hamburg zum grenzüberschreitenden Schulbesuch (Gastschulabkommen vom 2. September 2016, Bürgerschaftsdrs. 21/6007) wird die Schulbesuchsfreiheit zwischen den Ländern für die Eingangsklassen 5 und für die Oberstufen der weiterführenden Schulen gewährt. Mit diesem Gastschulabkommen hat sich die Lage für die Familien im Umland deutlich verbessert: Sie können nun im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten unabhängig vom Wohnsitz weiterführende Schulen in der Freien und Hansestadt Hamburg besuchen, ohne dafür einen Härtefallantrag stellen zu müssen. Hiervon profitieren die Schülerinnen und Schüler aus allen Umlandgemeinden. Im Ergebnis konnten mit Stand 25. April 2017 103 Schülerinnen und Schüler mit Wohnsitz in Schleswig-Holstein an Hamburger Schulen im Jahrgang 5 aufgenommen werden. Der Zugang zu den Schulen des jeweils anderen Landes steht unter dem Vorbehalt vorhandener Kapazitäten; subjektiv-öffentliche Rechte auf einen Schulbesuch im jeweils anderen Land werden für die Schülerinnen und Schüler nicht begründet (Artikel 1 des genannten Abkommens). Dies bedeutet, dass an überangewählten Schulen in Hamburg Hamburger Landeskinder vorrangig aufgenommen werden, da diese der Schulpflicht im Hamburg unterliegen. In der Pressemitteilung der BSB vom 12. Juli 2017 heißt es dazu: „Eine so genannte Landeskinderklausel garantiert bei sehr stark angewählten Schulen den Vorrang der jeweiligen Landeskinder“. Selbstverständlich besteht auch für Familien mit Wohnsitz in Schleswig-Holstein die Möglichkeit, bei der Anmeldung ihrer Kinder Zweit- und Drittwünsche anzugeben, falls die genannte Erstwunschschule aus Kapazitätsgründen nicht in Frage kommt. Auf diese Möglichkeit wird im Anmeldeformular explizit hingewiesen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie haben sich a. die Anmeldezahlen, b. die Anzahl der angenommenen Schüler/-innen in den fünften Klassen beim Albert-Schweitzer-Gymnasium seit dem Schuljahr 2011/2012 entwickelt ? Siehe Drs. 21/8830, Drs. 21/4408, Drs. 21/225, Drs. 20/14665, Drs. 20/11503, Drs. 20/7676 und Drs. 21/3149. 2. Wie viele Wohnungen sind im Einzugsgebiet des Albert-Schweitzer- Gymnasiums seit dem Jahre 2011 jährlich fertiggestellt worden? Jahr Fertiggestellte Wohnungen in den Stadtteilen Alsterdorf Ohlsdorf Fuhlsbüttel 2011 37 61 2 2012 50 31 1 2013 95 118 4 2014 164 21 6 2015 34 18 37 2016 263 132 74 Insgesamt 643 381 124 Quelle: Statistikamt Nord, Bautätigkeitsstatistik 3. Das ASG hat ein großes Interesse daran, musisch besonders begabte Kinder in seinem Musikprofil aufzunehmen. Wie beurteilt die zuständige Behörde den Umstand, dass Kinder, die diese Begabungen aufweisen, abgelehnt wurden? Aus welchem Grund wurden die neuen fünften Klassen bei 160 Erstwünschen im Rahmen der Anmelderunde für das Schuljahr 2017/2018 nicht sechszügig eröffnet? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9966 3 Die Aufnahme von Schülerinnen und Schülern erfolgt gemäß § 42 Absatz 7 des Hamburgischen Schulgesetzes (HmbSG). Besondere musische Begabungen beschreiben keinen normierten Aufnahmetatbestand. Zu berücksichtigen waren 152 Anmeldungen mit Hamburger Wohnadressen. Diese Erstwünsche reichen nicht aus, um sechs Klassen mit 28 Schülerinnen und Schülern organisieren zu können. Im Übrigen siehe Antworten zu 4. bis 6. b. sowie Vorbemerkung. 4. Ist es richtig, dass der Leiter des Amtes für Bildung in der BSB am 9. November 2016 Schulbau Hamburg den Auftrag zum Ausbau zur Sechs-Zügigkeit des Albert-Schweitzer-Gymnasiums erteilt hat? a. Was ist aus dem Auftrag geworden? b. Weshalb wurde er noch nicht umgesetzt? c. Zu wann soll er umgesetzt sein? Ja, die für Bildung zuständige Behörde hat Schulbau Hamburg im November 2016 mit dem Ausbau zur Sechszügigkeit bis 2021 beauftragt. Die Planungen hierfür wurden aufgenommen. 5. Was hat sich im Einzelnen durch den Abschluss des neuen Gastschulabkommens im vergangenen Jahr für Kinder aus Schleswig-Holstein im Hinblick auf die Anwahl von Hamburger Schulen geändert? 6. In welcher Weise erfolgt die Berücksichtigung der Anmeldungen von Kindern aus Schleswig-Holstein bei der Zuteilung der Plätze in den fünften Klassen der einzelnen Gymnasien/Stadtteilschulen in Hamburg? a. Ist es richtig, dass Erst-, Zweit- und Drittwünsche Hamburger Kinder vor dem Erstwunsch der Kinder aus Schleswig-Holstein berücksichtigt werden? b. Falls ja, inwiefern passt dies zur Aussage in der PM der BSB vom 12. Juli 2017: „Es werde „faktisch eine freie Schulwahl bei weiterführenden , öffentlichen und allgemeinbildenden Schulen“ ermöglicht. (...) Mit dem Gastschulabkommen verliert die Landesgrenze für Schülerinnen und Schüler beider Bundesländer ihre frühere Bedeutung . (...) Auch die Wohn- und Meldeadressen sind beim Schulbesuch künftig nicht mehr maßgeblich.“? Schülerinnen und Schüler mit Wohnsitz in Schleswig-Holstein konnten bis zum 1. Januar 2017 nur aufgenommen werden, wenn eine konkrete Überprüfung des Einzelfalls nach festgelegten Kriterien einen Aufnahmetatbestand ergab, siehe Dienstanweisung zur Aufnahme vom Gastschülerinnen und Gastschülern aus Schleswig- Holstein in staatliche allgemeinbildende Schulen vom 25.01.2010 (MBlSchul 2010 Seite 1). Ein Aufnahmetatbestand leitete sich zum Beispiel nur bei Vorliegen einer besonderen, im Einzelfall umfangreich nachzuweisenden, persönlichen Härte ab. Seit dem 1. Januar 2017 können Schülerinnen und Schüler aus Schleswig-Holstein an Hamburger Stadtteilschulen und Gymnasien aufgenommen werden, ohne dass eine Einzelfallprüfung nach den oben genannten Kriterien erforderlich ist. Im Übrigen siehe Drs. 21/6007 (insbesondere Mitteilung an die Bürgerschaft Ziffer 4) sowie Vorbemerkung . 7. Wie viele Kinder aus Schleswig-Holstein besuchen im Rahmen des Gastschulabkommens ab dem Schuljahr 2017/2018 die fünften Klassen jeweils welcher Hamburger Gymnasien/Stadtteilschulen? Siehe Drs. 21/8228. 8. Inwiefern wird eine besondere Ausrichtung einzelner Schulen, wie beispielsweise der Wunsch des Besuchs des musischen Profils beim ASG von schleswig-holsteinischen Kindern bei der Zuteilung berücksichtigt? Siehe Antwort zu 3.