BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9982 21. Wahlperiode 08.08.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Michael Kruse und Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 31.07.17 und Antwort des Senats Betr.: Unternehmergeist von Schülern entfachen Die Berufswelt verändert sich schnell und gute Bildung sowie das Erlernen von Schlüsselqualifikationen sind im Zeitalter der Digitalisierung besonders wichtig. Eine zentrale Aufgabe der Schule ist es, junge Menschen zu Selbstständigkeit und Verantwortung zu erziehen. Programme wie Sommerunternehmer und Campusunternehmer können dazu beitragen und bei Schülern Interesse für unternehmerisches Handeln wecken.1 Schule kann auch dazu ermutigen, Probleme und Herausforderungen unternehmerisch anzugehen. Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen haben daher eine große Bedeutung. Das Lernen in der Schule schafft die Grundlage für ein wirtschaftliches Verständnis, der Einblick in die Praxis kann Schüler motivieren. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Bereits in den in den Jahren 2009 (gymnasiale Oberstufe) beziehungsweise 2011 (Stadtteilschule, Jahrgangsstufen 5 bis 11, Gymnasium Sekundarstufe I) neu herausgegebenen Bildungsplänen für die Sekundarstufe der allgemeinbildenden Hamburger Schulen sind in vielfältiger Weise Kompetenzen und Inhalte zu Wirtschaft, wirtschaftlichem Handeln und Unternehmertum enthalten. So findet sich zum Beispiel auf der Ebene der Anforderungen und Inhalte unter den verbindlichen Vorgaben zum Themenfeld „Wirtschaft/Wirtschaftspolitik“ beziehungsweise „Marktwirtschaft“ das Thema „Entrepreneurship“ sowohl im Rahmenplan Politik/Gesellschaft/Wirtschaft (PGW) für das Gymnasium (Sek I) (siehe dort Ziffer 3.2, Seite 28) als auch im Rahmenplan des Lernbereiches Gesellschaft der Stadtteilschule (siehe dort Ziffer 3.2, Seite 48). Die Rahmenpläne Aufgabengebiete für die Sekundarstufe I sowohl der Stadtteilschule (siehe dort Ziffer 3.1, Seite 19) als auch des Gymnasiums (siehe dort Ziffer 3.1, Seite 18) benennen im Bereich Berufsorientierung ebenfalls auf der Ebene der Anforderungen und Inhalte als mögliche Themenfelder unter anderem „Ideen und mögliche Schritte zu einer unternehmerischen Selbstständigkeit“. Der Rahmenplan Wirtschaft (ein an knapp der Hälfte der weiterführenden allgemeinbildenden Schulen verankertes Wahl- beziehungsweise Wahlpflichtfach für die gymnasiale Oberstufe) benennt „Wege in die Selbständigkeit“ als mögliches Unterrichtsvorhaben und gibt Themen wie „Voraussetzungen für die Gründung eines Unternehmens“ vor (siehe dort Ziffer 3.1.2, Seite 14, und 3.2.2, Seite 18). Im Rahmen des 2013 eingeführten Konzeptes für Berufs- und Studienorientierung (BOSO) ist das Lernfeld „Berufs- und Studienorientierung“ mit festem Stundenkontingent und klarem Curriculum verpflichtend für alle Schülerinnen und Schüler der Stadtteilschule im Stundenplan der Sekundarstufe I verankert worden. Dieses Konzept wird 1 Vergleiche http://www.futurepreneur-ev.de/index.php/sommerunternehmer. Drucksache 21/9982 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 schrittweise auf die Gymnasien ausgedehnt. Es beschreibt die Kernaufgaben der Schulen für die Jahrgangsstufen 8 bis 10. Die Schülerinnen und Schüler werten Entwicklung und Stand ihrer individuellen Berufs- und Lebensentwürfe aus, ergänzen ihre Erfahrungen und erweitern ihre Kenntnisse und Fähigkeiten in Hinsicht auf die Anforderungen in der Berufs- und Arbeitswelt. Es entstehen individuelle Berufsorientierungsprozesse , die erfahrungsbasiert in Praktika erweitert werden. Schülerinnen und Schüler werden auf diesem Weg an konkrete Arbeits- und Geschäftsprozesse der Betriebe herangeführt, um so Betriebsabläufe zu konkretisieren und die Grundlagen für ein unternehmerisches Denken zu schaffen. Ferner erweitern und vertiefen die Schülerinnen und Schüler in der gymnasialen Oberstufe der Stadtteilschulen, Gymnasien und Beruflichen Gymnasien kontinuierlich ihre in der Sekundarstufe I erworbenen Kompetenzen der Berufs- und Studienorientierung, insbesondere können sie Arbeitssituationen erproben, die neben Selbstständigkeit auch Kommunikations- sowie Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft verlangen. Mit dem neuen Rahmenkonzept Berufsorientierung in der gymnasialen Oberstufe, das mit Beginn des Schuljahres 2017/2018 eingeführt wird, wird dieser Bereich unter Maßgabe eines Kerncurriculums intensiviert. Das Zentrum Schule & Wirtschaft (ZSW) des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) berät und unterstützt die Hamburger Schulen und Lehrkräfte in allen Fragen der Berufsorientierung und der ökonomischen Bildung. Mit zahlreichen außerschulischen Kooperationspartnern, wie zum Beispiel dem HWWI, der Handwerkskammer , der Deutschen Bundesbank, der Agentur für Arbeit und anderen, werden den Schulen Projekte und Wettbewerbe vermittelt (siehe hierzu auch: http://li.hamburg.de/zsw/). Im berufsbildenden Bereich bildet sich die Vermittlung unternehmerischer Selbstständigkeit und wirtschaftlichen Handelns durchgehend in den Bildungsplänen ab. In der Berufsschule ist dies über alle Ausbildungsberufe hinweg beispielsweise gemäß Rahmenplan „Wirtschaft und Gesellschaft“ im Handlungsfeld „Wirtschaft“ enthalten. Die Schlüsselkompetenz Unternehmertum wird im berufsbildenden Bereich regelhaft im Kontakt mit echten Unternehmen erarbeitet. Im Rahmen der dualen Ausbildung arbeiten die Betriebe und die Schulen als duale Partner eng zusammen und die Auszubildenden lernen die Anforderungen an die unternehmerische Selbstständigkeit sowohl im Betrieb als auch in komplexen Lernsituationen in der Berufsschule kennen. Bei beruflichen Vollzeitbildungsgängen, zum Beispiel Höhere Handelsschule (HHS), Ausbildungsvorbereitung (AvDual) oder vollqualifizierenden Berufsfachschulen (BFS vq) sind regelhaft praktische Arbeitsphasen in Unternehmen zu absolvieren und in der Schule zu reflektieren. Gemäß Rahmenplan Wirtschaft für das Berufliche Gymnasium erzielen die Schülerinnen und Schüler die Kompetenz, dass sie unternehmerische Strategien und Zielsetzungen beurteilen können. Unternehmensgründungen werden anhand von Modellunternehmen erarbeitet. Im Bereich der beruflichen Weiterbildung bereiten Fachschulen Menschen nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung auf höherwertige unternehmerische Tätigkeiten mit Führungsverantwortung in den jeweiligen Bereichen vor, dazu gehört regelhaft wirtschaftliche und unternehmerische Handlungskompetenz . Im Übrigen siehe Drs. 21/9351. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie sieht das derzeitige Bildungsangebot im Bereich Wirtschaft an Hamburger Schulen aus (bitte nach Schulform und Jahrgang darstellen )? Die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer Geschichte, Geografie sowie Politik/ Gesellschaft/Wirtschaft (PGW) sind bis zum Ende der Jahrgangsstufe 10 in der Stadtteilschule mit mindestens 16 und im Gymnasium mit mindestens 19 Wochenstunden zu unterrichten. Der Lernbereich Arbeit und Beruf ist bis zum Ende der Jahrgangsstufe 10 in der Stadtteilschule mit mindestens acht Pflichtstunden zu gleichen Teilen in den Inhaltsfeldern „Technik & Ökonomie“ und „Haushalt & Ökonomie“ zu unterrichten. Über die Verstärkung der Unterrichtsstunden aus dem Gestaltungsraum und ihre konkrete Verteilung auf die Fächer, Lernbereiche und Jahrgangsstufen entscheiden die Schulen. In der Jahrgangsstufe 11 der Stadtteilschule sind die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer mit vier Wochenstunden zu unterrichten. In der Studienstufe ste- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9982 3 hen mindestens vier Jahreswochenstunden zur Verfügung. Über die Verteilung der Stunden in der Studienstufe entscheidet die Schule, über die konkrete Fächerwahl die Schülerinnen und Schüler. In der Vorstufe der beruflichen Gymnasien sowie in der Studienstufe der beruflichen Gymnasien Fachrichtung Wirtschaft und Fachrichtung Pädagogik und Psychologie ist PGW mit wöchentlich zwei Stunden Pflichtfach, in der Studienstufe des beruflichen Gymnasiums Fachrichtung Technik sind wöchentlich vier Stunden PGW Pflicht. In der Vorstufe des Beruflichen Gymnasiums Fachrichtung Wirtschaft sind ferner wöchentlich vier Stunden Betriebswirtschaft mit Rechnungswesen Pflicht sowie wöchentlich eine Stunde Volkswirtschaft. In der Studienstufe des Beruflichen Gymnasiums Fachrichtung Wirtschaft wird Betriebswirtschaft mit Rechnungswesen durchgängig vierstündig sowie Volkswirtschaft durchgängig zweistündig unterrichtet. Zu den Inhalten der Fächer, Lernbereiche und Aufgabengebiete siehe Bildungsplan Stadtteilschule Jahrgangsstufen 5 bis 11, Bildungsplan Gymnasium Sekundarstufe I und Bildungsplan für die Gymnasiale Oberstufe (http://www.hamburg.de/ bildungsplaene/). Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 2. An welchen Hamburger Schulen werden Projekte wie „Business for a day“2 angeboten, um unternehmerische Denkweisen kennenzulernen und Schülern die Möglichkeit zu gegeben, eigene Geschäftsideen zu entwickeln (bitte nach Schule, Projekt und Namen des Initiators des Projekts darstellen)? a. In welchen Jahrgangsstufen und in welchem zeitlichen Umfang finden diese Projekte statt (bitte nach den Schulen aufgliedern)? b. Wie viele Schüler welchen Jahrgangs nehmen an diesen Projekten teil (bitte nach den Schulen darstellen)? c. Ist eine Ausweitung der Anwendung solcher Projekte an Hamburger Schulen geplant? Wenn ja, in welchem Umfang? Wenn nein, warum nicht? 3. An welchen Schulen gibt es Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen? Wie sehen diese Kooperationen konkret aus und wie oft haben sich Unternehmen auf Einladung welcher Schule vorgestellt? a. Wie sind die bisherigen Erfahrungen aus Projekten zwischen Schulen und Unternehmen, Vereinen et cetera? b. Unterstützt der Senat solche Projekte? Wenn ja, in welcher Form und welche Projekte? Wenn nein, warum nicht? 4. Wie viele Projekte wurden in welchen Hamburger Schulen seit 2011 bis Juni 2017 durchgeführt, um die Schlüsselfähigkeiten wie Selbständigkeit, unternehmerisches Handeln zu entwickeln? a. Welche Projekte waren dies und wer hat diese initiiert? b. Wie viele Schüler welcher Jahrgangsstufe nahmen an diesen Projekten teil (bitte nach den Schulen darstellen)? c. Wie hat der Senat diese Projekte konkret unterstützt? d. Wie waren und wie werden Handelskammer, Wirtschaftsverbände, Cluster und Unternehmen oder andere Kooperationspartner in diese Projekte eingebunden? Die erfragten Angaben werden von der für Bildung zuständigen Behörde nicht zentral erfasst. Einen Überblick über Projekte, Wettbewerbsteilnahmen und Kooperationen 2 Vergleiche http://www.futurepreneur-ev.de/index.php/business-for-a-day. Drucksache 21/9982 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 der einzelnen Schulen bietet die Broschüre „Hamburgs weiterführende Schulen – Den richtigen Weg wählen im Schuljahr 2017/18“ (http://www.hamburg.de/contentblob/ 2036990/70521d0daa33c0f68294e1155f1f622c/data/broschuere-weiterfuehrendeschulen .pdf). Informationen über die Teilnahme Hamburger Schulen am Projekt „Business for a day“ finden sich auf der Internetseite http://www.futurepreneur-ev.de/ index.php/projekte. Im Übrigen siehe Drs. 21/9351. 5. Welche konkrete Strategie verfolgt der Senat, um an Hamburger Schulen Schlüsselkompetenzen für die Zukunft wie Unternehmergeist zu fördern ? Wie viele finanzielle Mittel in welcher Höhe werden dazu aus welchem Haushaltsplan seit wann bereitgestellt? 6. Welche konkreten Maßnahmen hat der Senat seit 2011 ergriffen beziehungsweise wird der Senat in welchem Zeitraum ergreifen, um Schüler/- innen gezielter auf die Berufswelt vorzubereiten und dazu die Erlernung von notwendigen unternehmerischen Denkweisen durch Projekte oder in bestimmte Unterrichtsfächer einfließen zu lassen? Siehe Vorbemerkung.