Kleine Anfrage des Abg. Hahn (FDP) vom 23.10.2014 betreffend Zugriff auf dem Steuergeheimnis unterliegende Steuerdaten in Hessen und Antwort des Ministers der Finanzen Vorbemerkung des Fragestellers: Die Steuerdaten-Abrufverordnung (StDAV) regelt, auf welche Weise die Bediensteten bzw. Beamten der Steuerverwaltung auf die Steuerdaten der Bürgerinnen und Bürger, die dem Steuergeheimnis unterliegen, zugreifen dürfen. Um die Wahrung des Steuergeheimnisses zu gewährleisten, sieht § 2 StDAV Zutrittskontrollen zu den Datenverarbeitungsanlagen, Zugangskontrollen zu den Datenverarbeitungssystemen, Zugriffskontrollen bezüglich der Benutzung des Systems sowie Weitergabekontrolle bezüglich des Datenabrufs vor. Nach § 4 StDAV ist die Abrufbefugnis auf die Daten oder die Arten von Daten zu beschränken, die zur Erledigung der jeweiligen Aufgabe erforderlich sind, sowie auch zeitlich zu befristen. Abrufe und Abrufversuche sind automatisiert aufzuzeichnen sowie auf Zulässigkeit zu prüfen. In einigen Bundesländern hat es Missbrauchsfälle bezüglich dem Steuergeheimnis unterliegenden Steuerdaten von Bürgerinnen und Bürgern gegeben: In Brandenburg beispielsweise haben Finanzbeamte, ohne eine entsprechende Zuständigkeit oder Anlass, auf Steuerdaten von Bürgerinnen und Bürgern - teilweise von Nachbarn , Verwandten oder Bekannten - zugegriffen, wie das dortige Finanzministerium im Frühjahr 2013 bestätigte . Mehr als jeder fünfte Finanzbeamte im Land Brandenburg hat unrechtmäßig auf Steuerdaten zugegriffen . In der Folge gab es Disziplinarverfahren und Abmahnungen gegen 30 Mitarbeiter. Der prominenteste Fall von unerlaubtem Zugriff auf Steuerdaten war in der Steuerstrafsache gegen Uli Hoeneß in Bayern zu verzeichnen, bei dem eine vierstellige Zahl von Beamten Zugriffsmöglichkeit auf dessen Daten hatte und dem Steuergeheimnis unterliegende Informationen an die Öffentlichkeit geraten sind. Das folgende staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren musste ohne Ergebnis eingestellt werden, weil sich auf Grundlage der vorhandenen Zugriffsprotokollierungen und der Zugangsmöglichkeiten kein bestimmter Tatverdächtiger mehr hat ermitteln lassen. Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie groß ist der Personenkreis, der in Hessen jeweils Zugriff auf Steuerdaten von Bürgerinnen und Bürgern, die dem Steuergeheimnis unterliegen, hat? Die in den Finanzämtern Beschäftigten haben im Rahmen der ihnen zugewiesenen Aufgaben Zugriff auf Steuerdaten. Sie sind dabei gemäß § 30 Abgabenordnung (AO) als Amtsträger der Steuerverwaltung zur Wahrung des Steuergeheimnisses verpflichtet. Frage 2. Sind der Landesregierung in Hessen Fälle von Verletzung des Steuergeheimnisses im Zusammen- hang mit dem Zugriff auf Steuerdaten bekannt? Es sind Einzelfälle bekannt, die zu beamten- bzw. arbeitsrechtlichen Maßnahmen geführt haben. Frage 3. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass die Vorgaben der Steuerdaten-Abrufverordnung, ins- besondere § 2 StDAV, in Hessen von Seiten der Finanzbehörden eingehalten werden? Vorab ist anzumerken, dass das datenschutzrechtliche Grundprinzip der Notwendigkeit und Erforderlichkeit im Rahmen der Berechtigungsvergabe grundsätzlich beachtet wird. Die Umsetzung dieses Prinzips wird von der Zentralen Amtsrevision im Rahmen der jährlichen Prüfung der Finanzämter stichprobenhaft geprüft. Mit Hilfe der in Hessen eingesetzten Protokollierungsverfahren ist es möglich, Datenabrufe und Abrufversuche im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit dem Steuergeheimnis zu überprüfen. Eingegangen am 17. Dezember 2014 · Ausgegeben am 19. Dezember 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1048 17. 12. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1048 Frage 4. Inwieweit und in welchem Umfang erfolgt eine Protokollierung und Auswertung der Datenzugrif- fe im Sinne der §§ 6,7 StDAV? Bei den Arbeitsbereichen, die einen festen Steuernummernbereich bearbeiten, ist eine Protokollierung nicht aktiviert, da die Datenabrufbefugnis durch technische Maßnahmen auf die Daten oder Arten von Daten beschränkt worden ist, die zur Erledigung der jeweiligen Aufgabe erforderlich sind (vgl. § 6 Abs. 2 S. 1 StDAV). Bei allen Arbeitsbereichen, die für die Tätigkeit finanzamtsweite oder sogar finanzamtsübergreifende Zugriffsberechtigungen benötigen, ist eine Protokollierung hinsichtlich der Datenabrufe aktiviert. Finanzamtsübergreifende Zugriffsberechtigungen sind durch die Verordnung über die Zuständigkeit der hessischen Finanzämter, aber auch durch die Zuständigkeitsvorschriften der Abgabenordnung eindeutig definiert. Bei finanzamtsübergreifenden Berechtigungen ist eine Einsichtnahme in einen Gesamtfall (= alle Informationen) allerdings nicht möglich, da die Zugriffe nur auf Anwendungen und ggf. Steuernummernbereiche, die für den jeweiligen Arbeitsbereich notwendig sind, begrenzt sind. Die eingeschränkten Zugriffsmodalitäten sind an den Arbeitsbereichen Erhebung und Festsetzung deutlich erkennbar, da die jeweiligen Fach- und Dialogverfahren sich in diesen Arbeitsgebieten stark unterscheiden. Im Bereich der Erhebung existiert beispielsweise keine Möglichkeit der Einsichtnahme der Bescheidauskunft (BESAK). Die Geschäftsstellen der Finanzämter sind zur Überwachung der Benutzeradministration durch die Stellen der allgemeinen Datenverarbeitung (ADV-Stellen) angehalten. Zusätzlich erfolgt in diesem Rahmen eine Überprüfung der Benutzeradministration sowohl hinsichtlich der Aufgaben der Geschäftsstelle als auch der ADV-Stelle insbesondere durch die Zentrale Amtsrevision. Frage 5. Erfolgt eine unabhängige, ggf. stichprobenartige Überprüfung von Datenzugriffen und - abrufen durch den Hessischen Datenschutzbeauftragten? Der Hessische Datenschutzbeauftragte ist berechtigt, Einsicht in die Liste der ausgewählten Abfragen zu nehmen. Über ein tatsächliches Prüfungsverhalten liegen hier keine Erkenntnisse vor. Frage 6. Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit einer umfassenden Überprüfung der Finanzämter in Hessen, wie dies das Land Brandenburg nach Bekanntwerden der flächendeckenden, unberechtigten Datenzugriffe vorgenommen hat? Eine umfassende Überprüfung der Finanzämter in Hessen ist nicht vorgesehen. Auf Grundlage der bisherigen Erfahrungen werden die derzeitigen Prüfmaßnahmen als angemessen und ausreichend angesehen. Wiesbaden, 4. Dezember 2014 Dr. Thomas Schäfer