Kleine Anfrage der Abg. Cárdenas (DIE LINKE) vom 23.10.2014 betreffend ärztliche Versorgung in den Wahlkreisen Offenbach-Land 1, 2 und 3 (44, 45, 46) und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung des Ministers für Soziales und Integration: Der Hessischen Landesregierung ist es ein wichtiges Anliegen, die ärztliche Versorgung sowohl im ländlichen Raum als auch in den Städten auf hohem qualitativem Niveau zu gewährleisten. Bereits mit dem Versorgungsstrukturgesetz zum 01.01.2012 konnten erste Maßnahmen umgesetzt werden; beispielsweise die Reform der Bedarfsplanungs-Richtlinie und stärkere Flexibilisierung der vertragsärztlichen Tätigkeit. Neben den gesetzlichen Möglichkeiten ist die Hessische Landesregierung mit dem "Hessen-Pakt" auch selbst aktiv geworden, um ihr Anliegen zu erreichen und auch zukünftig mit allen Beteiligten im Gesundheitswesen einen Beitrag zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung zu leisten. Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele niedergelassene Hausärztinnen und Hausärzte sind tätig in den Gemeinden der genann- ten Wahlkreise (bitte nach Gemeinden auflisten mit Vollzeit, Teilzeit und über 60 Jahre)? Den Anlagen 1 bis 3 der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KV Hessen) kann entnommen werden, wie viele niedergelassene Hausärztinnen und Hausärzte in den Gemeinden tätig sind sowie wie viele der Ärzte im Landkreis Offenbach 60 Jahre alt sind oder das 60. Lebensjahr überschritten haben. Dabei stellt die KV Hessen zum einen die Anzahl der Versorgungsaufträge (Arztsitze) entsprechend der Zählung der Bedarfsplanungsrichtlinie (BPI-RiLi) dar, zum anderen die Anzahl der Hausärztinnen und Hausärzte auf Basis der Kopfzahl. Frage 2. In wie vielen Fällen treten aktuell Schwierigkeiten bei der Suche nach Nachfolgerinnen oder Nachfolgern auf (bitte nach Kommunen aufteilen)? Nach § 75 SGB V haben die KVen sowohl die vertragsärztliche Versorgung als auch den Bereitschaftsdienst sicherzustellen. Um dies zu erreichen, hat die KV im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen nach Maßgabe der vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erlassenen Richtlinien auf Landesebene einen Bedarfsplan zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung aufzustellen und jeweils der Entwicklung anzupassen (§ 99 SGB V). In ihrer Stellungnahme vom 05.11.2014 führt die KV Hessen aus, dass die Vertragsärzte der KV Hessen bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie dem Zulassungsausschuss den Verzicht auf ihre Zulassung anzeigen, nicht verpflichtet sind, Angaben über die Zukunft ihrer Vertragsarztpraxis zu machen. Zur Nachfolgesituation kann von der KV Hessen deshalb lediglich eine Prognose aufgrund der in der Niederlassungsberatung vorhandenen Erkenntnisse und Erfahrungen vorgenommen werden. In Anlehnung an Frage 1 kann nach Angaben der KV Hessen in der Fachgruppe der Hausärzte im Landkreis Offenbach nach der aktuellen Bedarfsplanung keine Unterversorgung unter 75 % festgestellt werden. Der Mittelbereich Heusenstamm/Rödermark/Rodgau/Dietzenbach/Obertshausen weist mit einem Versorgungsgrad unter 100 % 15 freie Hausarztsitze auf. Die hausärzt- Eingegangen am 1. Dezember 2014 · Ausgegeben am 3. Dezember 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1049 01. 12. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1049 liche Versorgungsebene im Mittelbereich Neu-Isenburg/Dreieich/Langen ist mit zwei freien Arztsitzen bei einem Versorgungsgrad von 100 bis 110 % geöffnet. Für den Mittelbereich Seligenstadt besteht eine Überversorgung. Die KV Hessen steht Praxisabgebern und jungen Ärztinnen und Ärzten, die einen Niederlassungswunsch äußern, mit einem umfassenden Beratungsangebot zur Seite. Sie arbeitet aktiv an Maßnahmen und potenziellen Lösungsansätzen zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung , insbesondere auch im ländlichen Raum. Frage 3. Wie sind dort Ärztlicher Bereitschaftsdienst (ÄBD) und Notfallversorgung derzeit geregelt, welche Planungen der KV für die Zukunft sind bekannt und welche Engpässe sind dann zu erwarten ? In Gesamthessen wird nach Angaben der KV Hessen der Ärztliche Bereitschaftsdienst (ÄBD) seit 2013 reformiert und neu organisiert, damit Patienten auch zukünftig anhaltend Hilfe bekommen und mehr Hausbesuche angeboten werden können. Mit der fünften von insgesamt fünf Roll-Out Wellen (Umsetzung der neuen ÄBD-Reform in einzelnen Phasen, d.h. jeweils nacheinander in einzelnen Regionen Hessens) wird es in einem Großteil des Landkreises Offenbach zum 01.01.2015 Veränderungen des ÄBD geben. Der ÄBD für die Stadt Mühlheim am Main wurde bereits zum 01.07.2014 mit der dritten Roll-Out Welle reformiert, hier besteht seither ein gemeinsamer ÄBD mit Hanau. Diese ÄBD-Reform verfolgt nach Auskunft der KV Hessen das Ziel, eine ausreichende, wirtschaftlich und zweckmäßig organisierte Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung außerhalb der üblichen Praxiszeiten bei gleichzeitig vertretbarer persönlicher Belastung der einzelnen Ärzte bzw. des einzelnen Arztes zu gewährleisten. Akute Probleme oder Engpässe, welche die vertragsärztliche Versorgung der Bevölkerung außerhalb der üblichen Praxiszeiten betreffen, sind der KV Hessen derzeit keine bekannt. Vielmehr hat sich nach Angaben der KV Hessen inzwischen gezeigt, dass die neue, nun auch überregional orientierte ÄBD-Organisation in der Lage ist, selbst sich kurzfristig abzeichnende Engpässe flexibel zu begegnen. Die Reform führt auch zu einer kalkulierbaren Belastung für die niedergelassenen Vertragsärzte und ist deswegen aus Sicht der KV Hessen ein wichtiger Schritt, um Hessen insgesamt aber auch die konkrete Region attraktiver für die Niederlassung junger Ärzte zu gestalten. Frage 4. Hat es bzgl. der beabsichtigten Schließung von Notdienstzentralen im Kreis Offenbach Gespräche zwischen der Landesregierung und der Kassenärztlichen Vereinigung (KVH) gegeben? Welche waren die Ergebnisse? Wir nehmen die Bedenken, die an die Landesregierung hinsichtlich der ÄBD-Reform herangetragen werden, ernst. Am 08.08.2014 fand daher auf Initiative und Einladung des Hessischen Ministers für Soziales und Integration (HMSI) ein Gespräch zwischen Vertretern der KV Hessen und verschiedener Kommunen und Landkreise, die Bedenken wegen der Umstellung des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes (ÄBD) geäußert haben, im HMSI statt. Dieses Gespräch wurde von allen Teilnehmern ausdrücklich als hilfreich und positiv bewertet. Es wurde dem HMSI auch bestätigt, dass eine zuvor nicht vorhandene Gesprächsebene durch das Zutun der Landesregierung geschaffen wurde. In dem Gespräch wurde aber auch ausdrücklich vereinbart, dass die Gespräche zwischen den Ärzten und der KV Hessen als innerärztliche Angelegenheit betrachtet werden, die in den ausschließlichen Verantwortungsbereich der vertragsärztlichen Selbstverwaltungskörperschaft fallen. Der Hessischen Landesregierung liegen daher keine Informationen über ggf. geführte Gespräche und deren Ausgang vor. Es wurden hinsichtlich der konkreten regionalen Veränderungen im Landkreis Offenbach keine Gespräche zwischen der Landesregierung und der KV Hessen geführt. Frage 5. Gibt es erste Ergebnisse zum Kreis Offenbach durch die angekündigte Evaluation mit dem "sehr einfachen, unbürokratischen Erhebungsbogen zur Inanspruchnahme des ÄBD, des Rettungsdienstes oder einer Krankenhausambulanz in den sprechstundenfreien Zeiten" (s. Drs. 19/560)? Nach Angaben der KV Hessen wird derzeit die fünfte Roll-Out Welle vorbereitet. Die Reform des ÄBD ist auch im Landkreis Offenbach noch nicht abgeschlossen. Daher liegen der KV Hessen selbst bislang keine Evaluationen oder Ergebnisse zur Umsetzung und veränderten Versorgungsituation im Landkreis Offenbach vor. In dem Gespräch am 08.08.2014 im HMSI wurde zusätzlich vereinbart, dass eine Arbeitsgruppe mit einer Vertretung der KV Hessen, der Hessischen Krankenhausgesellschaft (HKG), der kommunalen Seite als Vertretung für den Rettungsdienst und dem HMSI gebildet wird, um Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1049 3 einen einfachen, unbürokratischen Fragebogen zur Inanspruchnahme des ÄBD, des Rettungsdienstes oder der Krankenhausambulanzen in den sprechstundenfreien Zeiten zu erstellen. Mit Blick auf die gestiegene Anzahl der Rettungsdiensteinsätze haben die Teilnehmer der Sitzung im August klargestellt, dass diese aus dem demografischen Wandel resultieren. Inwieweit die Reform des ÄBD ggf. einen weiteren Anstieg bedingt, wird Gegensand der dargestellten Evaluation sein. Die Arbeitsgruppe hat bereits ihre Arbeit aufgenommen. Wiesbaden, 24. November 2014 Stefan Grüttner Anlagen