Kleine Anfrage der Abg. Heinz, Dietz, Honka, Irmer, Klee, Klein, Reif, Schwarz, Serke, Tipi, Veyhelmann und Wiegel (CDU) betreffend Adhäsionsverfahren und Opferschutz in Hessen und Antwort der Ministerin der Justiz Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1. Wie viele Adhäsionsverfahren gemäß § 403 StPO wurden in Hessen in den Jahren 2011, 2012 und 2013 beantragt? Die Anzahl der Anträge auf Durchführung eines Adhäsionsverfahrens wird statistisch nicht erhoben . Statistisch erhoben werden jedoch Urteile in Adhäsionsverfahren, davon End- und Grundurteile sowie gerichtlich protokollierte Vergleiche in Adhäsionsverfahren. Die Anzahl der Urteile der hessischen Amts- und Landgerichte sowie der vor diesen geschlossenen Vergleiche in den Jahren 2011 und 2013 ergeben sich aus nachfolgender Tabelle: Adhäsionsverfahren 2011 2013 Amtsgerichte - Strafsachen Urteile in Adhäsionsverfahren 56 331 - davon Endurteile 28 306 Grundurteile. 28 25 Gerichtlich protokollierte Vergleiche in Adhäsionsverfahren 23 126 Landgerichte - Strafsachen 1. Instanz Urteile in Adhäsionsverfahren 12 44 - davon Endurteile 4 39 Grundurteile. 8 5 Gerichtlich protokollierte Vergleiche in Adhäsionsverfahren 9 13 Statistische Angaben für das Jahr 2012 wurden nicht mitgeteilt, weil diese nicht plausibel ermittelt werden konnten. Frage 2. Wie hat sich die Auswirkung der Adhäsionsverfahren in Bezug auf den Opferschutz in Hessen entwickelt in den vergangenen drei Jahren? In Folge der gesetzlichen Änderungen der vergangenen Jahre hat die Zahl der durchgeführten Adhäsionsverfahren in den letzten Jahren zugenommen. Die hessischen Staatsanwaltschaften unterstützen das Anliegen der Verletzten, in geeigneten Fällen ihre zivilrechtlichen Ansprüche bereits im Strafverfahren durchzusetzen. Eingegangen am 16. Dezember 2014 · Ausgegeben am 19. Dezember 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1066 16. 12. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1066 Auch das hessische Ministerium der Justiz versucht das opferschützende Adhäsionsverfahren zu fördern, indem auf der Homepage des Hessischen Ministeriums der Justiz unter der Rubrik "Opferschutz" entsprechendes Informationsmaterial bereitgestellt wird. Dort findet sich unter anderem das unter hessischer Federführung bundeseinheitlich gestaltete "Merkblatt über Rechte von Verletzten und Geschädigten im Strafverfahren" sowie der Flyer "2 in 1 Recht einfach: Schadensersatz im Strafprozess", welcher vom Hessischen Ministerium der Justiz erstmals im Jahre 2011 herausgegeben wurde. Frage 3. Wie viele Opfer und Zeugen nutzten in den vergangenen drei Jahren die Einrichtungen zur Opfer- und Zeugenberatung in Hessen? In Hessen bestehen folgende sieben Opferhilfevereine:  Hanauer Hilfe, Opfer- und Zeugenhilfe Hanau e.V.,  Gießener Hilfe, Opfer- und Zeugenhilfe Gießen e.V.,  Kasseler Hilfe, Opfer- und Zeugenhilfe Kassel e.V.,  Wiesbadener Hilfe, Opfer- und Zeugenhilfe Wiesbaden e.V.,  Trauma- und Opferzentrum Frankfurt am Main e.V.,  Opferhilfe Limburg-Weilburg e.V.,  Opferhilfe Südhessen e.V. Im den Jahren 2011 bis 2013 haben diese in 6.741 Fällen insgesamt 8.631 Personen beraten und betreut. Pro Fall kam es zu durchschnittlich 4,6 Beratungskontakten, d.h. insgesamt hatten alle hessischen Opferhilfevereine in dem genannten Zeitraum über 31.000 Beratungskontakte. Im Einzelnen ergeben sich die Zahlen aus der nachfolgenden Tabelle: Zahl der Fälle Zahl der Personen 2011 2012 2013 2011 2012 2013 Darmstadt 359 306 317 463 401 483 Frankfurt am Main 561 578 537 650 624 583 Gießen 196 274 256 222 308 308 Hanau 315 357 350 412 467 441 Kassel 259 248 241 375 363 380 Limburg 205 181 209 247 170 192 Wiesbaden 353 332 307 439 581 522 GESAMT 2.248 2.276 2.217 2.808 2.914 2.909 Frage 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Erfahrungen mit den Einrichtungen zur Opfer- und Zeu- genberatung in Hessen in Bezug auf die Verbesserung des Beweisverfahrens im Strafprozess in den Jahren 2011 bis 2013? Neben dem flächendeckenden Angebot der Opfer- und Zeugenberatung hat die Betreuung der Zeugen in den Amts- und Landgerichten eine zentrale Bedeutung. Die Opfer- und Zeugenberatung sowie die Zeugenbetreuung in den Amts- und Landgerichten leisten wichtige Beiträge, da durch ihre Tätigkeit die Situation von Zeugen und Opfern in Strafverfahren und insbesondere in strafrechtlichen Hauptverhandlungen verbessert wird. Eine Verbesserung der Beweissituation liegt insbesondere dann vor, wenn durch entsprechende Beratung und Betreuung die Bereitschaft von Opfern einer Straftat zu einer Aussage im Strafverfahren gestärkt werden kann. Statistische Erhebungen hierzu liegen jedoch nicht vor. Die in acht hessischen Landgerichtsbezirken eingerichteten Zeugenzimmer bieten eine Rückzugsmöglichkeit für Opfer von Straftaten, um sich auf die - oft als belastend empfundene - Prozesssituation vorbereiten zu können. Sie dienen zudem der Verkürzung etwaiger Wartezeiten und auch dazu, Begegnungen mit dem Täter oder dessen Angehörigen auf dem Gerichtsflur zu vermeiden. In sechs Orten (Frankfurt am Main, Limburg, Hanau, Gießen, Wiesbaden und Kassel) sind die Zeugenzimmer darüber hinaus mit geschulten Betreuern besetzt, deren Aufgabe die psychosoziale Prozessbegleitung der Opfer ist. Zwei dieser Zeugenberatungseinrichtungen werden unmittelbar von der Landesjustizverwaltung finanziert, die anderen mittelbar über die Zuwendungen an die Opferhilfevereine teilfinanziert, welche das Personal für die Zeugenzimmer stellen. Neben der Wartemöglichkeit im Zeugenzimmer und der Prozessbegleitung besteht auch das Angebot der Kinderbetreuung. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1066 3 Auch die Zeugenbetreuung soll helfen, Opfer von Straftaten vor etwaigen Belästigungen durch andere Zeugen oder den Angeklagten zu schützen. Darüber hinaus lassen sich die Aufgaben der Zeugenbetreuung in Stichworten wie folgt beschreiben:  Abbau von Ängsten,  Beruhigung/Ermutigung,  Information,  Emotionale Stabilisierung,  Zur Seite stehen, um das Gefühl des Alleingelassen-Werdens zu vermeiden,  Verbessern der Aussagequalität,  Vermeidung einer sekundären Viktimisierung,  Mitwirkung an einem zügigeren Prozessablauf. Bei Bedarf vermitteln die Zeugenhelfer auch den Kontakt zu anderen sozialen Einrichtungen. Nach den bisherigen Erfahrungen haben sich die Angebote der Opfer- und Zeugenberatung in Hessen sowie die Zeugenbetreuung bei Gericht bewährt. Auch die staatsanwaltliche und gerichtliche Praxis bewertet die Einrichtungen zur Opfer- und Zeugenberatung/-betreuung - auch im Hinblick auf die Verbesserung der Beweissituation - positiv. Frage 5. Wie oft wurde in den Landgerichtsbezirken Wiesbaden, Frankfurt, Darmstadt und Limburg von der Opferschutzregelung des § 255a StPO, der Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnungen der Zeugenvernehmung in der Hauptverhandlung, Gebrauch gemacht? Hierzu kann keine Aussage getroffen werden, da eine statistische Erhebung insoweit nicht erfolgt . Frage 6. Wie beurteilt die Landesregierung die Entwicklung des Opferschutzes durch den Einsatz von Bild-Ton-Aufzeichnungen (§ 255a Abs. 2 StPO) bei Opfern unter 18 Jahren? Durch den Einsatz von Bild-Ton-Aufzeichnungen bei Opfern unter 18 Jahren können minderjährige Zeugen vor Mehrfachvernehmungen und unmittelbarer Konfrontation mit dem Beschuldigten , die häufig als besonders belastend empfunden wird, geschützt und zugleich die Wahrheitsfindung im Strafverfahren sichergestellt werden. Die hessischen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, für die auch entsprechende Fortbildungsangebote bestehen, wirken in geeigneten Fällen auf die Durchführung einer "Videovernehmung" in einem möglichst frühen Verfahrensstadium hin, um so den Schutz minderjähriger Opferzeugen zu verbessern. Eine Verbesserung des Opferschutzes gerade bei Opfern unter 18 Jahren ist insbesondere gegeben , wenn die Vernehmungen sowohl bei der Polizei als auch bei der Justiz durch hierfür besonders ausgebildete Vernehmungspersonen durchgeführt werden. Wiesbaden, 3. Dezember 2014 Eva Kühne-Hörmann