Kleine Anfrage der Abg. Löber und Gnadl (SPD) vom 05.11.2014 betreffend Unternehmensgründungen durch Frauen in Hessen und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung der Fragesteller: Die Zahl der Unternehmensgründungen in Hessen ist im Jahr 2013 stärker gestiegen als im Jahr zuvor. Bei der Anzahl der Unternehmensgründungen durch Frauen liegt das Land Hessen aber mit nur 34 % unter dem Bundesdurchschnitt. Die Vorbemerkung der Fragestellerinnen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welche Gründe sieht die Landesregierung für das Zurückbleiben Hessens unter dem Bundes- durchschnitt bei Unternehmensgründungen durch Frauen? Die Aussage, dass Hessen im Bundesdurchschnitt bei Unternehmensgründungen durch Frauen zurückbleibt, kann von der Landesregierung nicht bestätigt werden. Wie aus den Statistiken bei den Antworten zu den Fragen 2 und 3 zu ersehen ist, liegen die von Frauen in Hessen gegründeten Unternehmen in den letzten fünf Jahren gemäß Gewerbeanmeldestatistik prozentual fast gleichauf mit den Bundeszahlen bzw. weichen von diesen jeweils nur geringfügig nach oben und unten ab (Quelle: Statistisches Bundesamt). Bundesweit wurden im Jahr 2013 43 % aller Unternehmen von Frauen gegründet (Quelle: KfWGründungsmonitor ). Dies stellt einen neuen Rekordwert dar, der insbesondere durch Existenzgründungen von Frauen im Nebenerwerb erreicht wurde. Dort gründeten Frauen und Männer annähernd gleich viel Unternehmen - 49 % von Frauen und 51 % von Männern, nachdem der Vergleichswert im Jahr 2012 noch 44 % zu 56 % betrug. Im Vollerwerb gründeten Frauen hingegen seltener. Hier wurde nur jedes dritte Gründungsprojekt von einer Frau umgesetzt. Dies dürfte vor allem mit der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu tun haben - einem Zielkonflikt, von dem Frauen nach wie vor stärker betroffen sind als Männer. Sowohl bei Vollals auch bei Nebenerwerbsgründungen hat die Zahl der Gründungen durch Frauen dennoch relativ deutlich zugenommen. Frage 2. Wie viele Unternehmensgründungen erfolgten durch Frauen in Hessen in den letzten fünf Jahren? Frage 3. Wie verhalten sich die Ergebnisse nach Frage 2 zum jeweiligen Bundesdurchschnitt? Wegen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 2 und 3 gemeinsam beantwortet. Es werden einerseits die Gewerbeanmeldungen von Einzelunternehmerinnen in den Jahren 2009 bis 2013 und andererseits die Entwicklung der Zahl der weiblichen Selbstständigen von 2008 bis 2012 in Hessen und bundesweit tabellarisch gegenübergestellt. Die Selbstständigentabelle unterstreicht die deutlich höhere weibliche Gründungsdynamik in Hessen (+ 23,2 %) gegenüber dem Bundesdurchschnitt (+ 8,6 %). Gewerbeanmeldungen von Einzelunternehmerinnen (Neugründungen und Übernahmen) absolut und prozentual Hessen Deutschland 2009 20.415 35,6 % 220.280 34,9 % 2010 19.957 34,3 % 214.724 34,0 % 2011 19.667 34,4 % 204.485 34,3 % 2012 18.071 34,6 % 187.686 34,9 % 2013 17.495 34,2 % 187.375 34,8 % Quelle: Statistisches Bundesamt, Gewerbeanzeigen in den Ländern 2009 bis 2013 Eingegangen am 27. Januar 2015 · Ausgegeben am 3. Februar 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1069 27. 01. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1069 Anteil der weiblichen Selbstständigen an allen Selbstständigen absolut und prozentual Hessen Deutschland 2008 95.000 30,7 % 1.285.000 31,0 % 2009 104.000 31,5 % 1.311.000 31,1 % 2010 106.000 32,6 % 1.343.000 31,5 % 2011 112.000 32,4 % 1.395.000 31,7 % 2012 117.000 33,0 % 1.396.000 31,6 % Quelle: Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM) Frage 4. Welche Instrumente wurden von der Landesregierung in den letzten fünf Jahren eingesetzt, um die Anzahl der Unternehmensgründungen durch Frauen zu steigern? Die Landesregierung fördert zum einen Existenzgründungsberatungen in nicht unerheblichem Umfang. Dieses Beratungsprogramm steht Frauen und Männern gleichermaßen zur Verfügung und wird intensiv genutzt. Zum anderen werden Existenzgründungsprojekte und Veranstaltungen gefördert, bei denen Frauen die vorrangige Zielgruppe sind. Hier sind vor allem zu nennen: Hessischer Unternehmerinnentag Die Veranstaltung findet seit 2002 statt und richtet sich an Existenzgründerinnen, Unternehmerinnen und Managerinnen. Eingeladen werden zudem jeweils die Wirtschaftsförderinstitute des Landes, Kammern, Verbände, Vereine, Initiativen, Kommunen, die Regierungspräsidien, Politiker /innen und allgemein am Thema interessierte Personen. Ziel des Unternehmerinnentages ist es, die Wirtschaftskraft, den Ideenreichtum und die Potenziale hessischer Unternehmerinnen stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu rücken und durch Information, Austausch und Kooperation weitere Impulse zur Förderung der Kultur der Selbstständigkeit zu geben. Eine Ausstellung von Unternehmerinnennetzwerken und Institutionen der Wirtschaftsförderung bietet zudem Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen und Kooperationen einzugehen. Der Unternehmerinnentag hat sich als Plattform für den Dialog zwischen Wirtschaft und Politik etabliert und erfreut sich wachsender Beliebtheit. Die Teilnehmerzahlen bewegen sich jährlich um 200 ganz überwiegend weiblicher Personen. Im Jahr 2014 wurde ein neuer Anmelderekord verzeichnet; erstmals musste sogar ein Anmeldestopp mit Warte-/Nachrückerliste eingerichtet werden. Projekt "StratA - Kooperationen und Netzwerke für strategische Allianzen" (2011) Das Projekt diente der Gründungsförderung und der Förderung der betrieblichen Wettbewerbsfähigkeit der von Frauen geführten Unternehmen mit dem Ziel der Bildung und des Ausbaus von Kooperationen und der Vermittlung von strategischem Wissen, um das Unternehmerinnentum in Hessen zu sichern. Projekt "Fit für die Zukunft - Hessische Unternehmerinnen positionieren sich in Zukunftsfeldern " (2012 und 2013) Das Projekt diente der Gründungsförderung und der Förderung der betrieblichen Wettbewerbsfähigkeit der von Frauen geführten Unternehmen mit dem Ziel, diese auf die zukünftigen wirtschaftlichen und strukturpolitischen Entwicklungen im Rhein-Main-Gebiet einzustellen. Koordinierungsstelle "Frauen & Wirtschaft" Im Jahr 2013 hat das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung die hessenweit agierende Koordinierungsstelle Frauen & Wirtschaft ins Leben gerufen. Aufgabe der Koordinierungsstelle ist es, die Bedeutung von Frauen als Wirtschaftsakteurinnen verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken, die Kultur der beruflichen Selbstständigkeit und das Unternehmerinnentum weiterhin zu fördern. Die Koordinierungsstelle "Frauen und Wirtschaft" hat Lotsenfunktion für Gründerinnen und Unternehmerinnen, leistet telefonische Erstinformationen und bietet Orientierungsberatungen. Darüber hinaus vernetzt die Koordinierungsstelle Akteure auf wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und politischer Ebene und sensibilisiert die Öffentlichkeit, damit frauengeführte Betriebe zum Maßstab unternehmerischer Zukunft werden. Seit 2013 wird der Hessische Unternehmerinnentag von der Koordinierungsstelle im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung durchgeführt . Über mehrere Jahre (2004 bis 2011) wurde zudem ein Mentorinnenprojekt in Mittelhessen gefördert , bei dem Jungunternehmerinnen von erfahrenen Unternehmerinnen auf dem Weg in die Selbstständigkeit unterstützt wurden. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1069 3 Frage 5. Welche zusätzlichen Instrumente plant die Landesregierung, um die Anzahl der Unternehmensgründungen durch Frauen zu erhöhen. Es ist ein zentrales Anliegen der Hessischen Landesregierung, das weibliche Unternehmertum weiterhin zu stärken und entsprechende Maßnahmen zu fördern. Daher soll die erfolgreiche Arbeit der Koordinierungsstelle Frauen & Wirtschaft auch in den nächsten Jahren fortgeführt werden. Das Förderprogramm "Hessen-Mikrodarlehen", das die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WIBank) im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung seit November 2013 anbietet, schließt mit seinem Volumen zwischen 3.000 und 15.000 € eine Bedarfs- und Marktlücke. Diese Mikrodarlehen werden hauptsächlich von Kleinstunternehmern und Gründern, hier insbesondere aus dem Dienstleistungssektor, nachgefragt. Der Förderkredit zielt auf den Vollerwerb der Gründerinnen und Gründer ab. Im Jahr 2014 wurden damit 29 Frauen (Männer: 30) erreicht, was einer Quote von rund 50 % entspricht . Festzustellen ist, dass bei Hessen-Mikrodarlehen der Frauenanteil deutlich über dem in der Antwort zu Frage 1 erwähnten Bundesdurchschnitt liegt, nach dem nur jede dritte Gründung einer Frau auf einen Vollerwerb abzielt. Wiesbaden, 16. Januar 2015 Tarek Al-Wazir