Kleine Anfrage der Abg. Alex (SPD) vom 11.11.2014 betreffend Schülervertretungen an hessischen Berufsschulen und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung der Fragestellerin: Die Verordnung über Schülervertretungen und Studierendenvertretungen vom 15. Juli 1993, zuletzt geändert durch Verordnung vom 15. Juni 2005, schreibt in § 1 Abs. 4 die Wahl des Schülerrats und die unmittelbar folgende Wahl der Schulsprecherin bzw. des Schulsprechers spätestens bis zum Ende der vierten Woche nach Unterrichtsbeginn vor. Vorbemerkung des Kultusministers: Die Verordnung über die Schülervertretungen und die Studierendenvertretungen (SV-VO) wurde zuletzt durch Artikel 19 der Verordnung vom 19. März 2013 (ABl. S. 222) geändert. Nach § 1 Abs. 2 der aktuellen Verordnung sind die Wahlen der Klassensprecherinnen und Klassensprecher innerhalb von drei Wochen, die Wahlen der Tagessprecherinnen und Tagessprecher an Berufsschulen innerhalb von vier Wochen nach Unterrichtsbeginn am Anfang des Schuljahres durchzuführen. Klassensprecherinnen und Klassensprecher, Tagessprecherinnen und Tagessprecher bilden gemeinsam den Schülerrat. Die Schulsprecherin oder der Schulsprecher muss an Berufsschulen und an anderen beruflichen Schulen, soweit sie mit Berufsschulen verbunden sind, nicht innerhalb von vier Wochen gewählt sein. Erst bis spätestens zum Ende der fünften Woche nach Unterrichtsbeginn muss der Vorstand des Schülerrates gewählt sein. Die Schulsprecherin oder der Schulsprecher muss nicht "unmittelbar" danach, also auch bis spätestens zum Ende der fünften Woche nach Unterrichtsbeginn gewählt werden, sondern "unverzüglich", d.h. ohne schuldhaftes Zögern, danach. Dies folgt aus § 1 Abs. 3 Satz 3 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Satz 2 SV-VO. Auch eine Wahl zu Beginn der sechsten Woche nach Unterrichtsbeginn kann daher noch fristgerecht sein. Diese Vorbemerkungen vorangestellt beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. An welchen hessischen Berufsschulen konnte im laufenden Schuljahr die zeitliche Vorgabe zur Wahl des Schulsprechers bzw. der Schulsprecherin von vier Wochen nach Unterrichtsbeginn eingehalten werden und an welchen nicht? Frage 2. Welche Gründe führten zu Verzögerungen? Die Fragen 1 und 2 werden wegen ihres engen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Eine zeitliche Vorgabe, die Wahl des Schulsprechers oder der Schulsprecherin innerhalb von vier Wochen nach Unterrichtsbeginn durchzuführen, gibt es nicht, wie sich aus der Vorbemerkung des Kultusministers ergibt. Frage 3. An welchen hessischen Berufsschulen wurde vor dem Beginn der Herbstferien kein Schülerrat gewählt? Der Schülerrat an hessischen Berufsschulen wird nicht gewählt, vielmehr setzt er sich aus den Klassensprecherinnen und Klassensprechern, Tagessprecherinnen und Tagessprechern zusammen . Überprüfungen haben ergeben, dass in 23 Fällen die Wahlen der Klassensprecherinnen und Klassensprecher bzw. Tagessprecherinnen und Tagessprecher an den hessischen Berufsschulen Eingegangen am 11. Februar 2015 · Ausgegeben am 13. Februar 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1079 11. 02. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1079 nicht so rechtzeitig abgeschlossen werden konnten, dass der Schülerrat vor dem Beginn der Herbstferien 2014 gebildet werden konnte. Frage 4. Wurde die Zeitvorgabe für die Wahl der Kreis-/Stadtschülerräte in allen Kreisen und kreisfreien Städten von acht Wochen nach Unterrichtsbeginn in Hessen eingehalten? a) Wenn nein, in welchen Kreisen bzw. Städten und aus welchen Gründen nicht? b) Wenn ja, wie wurde die Beteiligung der Berufsschulen, die zu diesem Zeitpunkt über keine im laufenden Schuljahr gewählten Schülerräte verfügten, gewährleistet? Zu a: Die Kreis- und Stadtschülerräte gehen nicht aus einheitlichen Wahlen auf Schulebene hervor . Vielmehr entsendet nach § 123 Abs. 1 Satz 1 HSchG jede Schule (mit Ausnahme der Fachschulen und der Schulen für Erwachsene, deren Studierende separate Studierendenvertretungen wählen) zwei Vertreterinnen oder Vertreter ihres Schülerrates in den Kreis- oder Stadtschülerrat . Eine Frist von acht Wochen nach Unterrichtsbeginn besteht für die Wahl der Vertreterinnen und Vertreter der Schulen in den Kreis- und Stadtschülerräten nicht. Für die Wahl dieser Vertreterinnen oder Vertreter gelten nach § 1 Abs. 3 Satz 3 SV-VO dieselben Fristen wie für die Wahl der Schulsprecherinnen oder Schulsprecher; insoweit wird auf die Vorbemerkung des Kultusministers verwiesen. Zu b: Solange eine Schule ihre Vertreterinnen oder Vertreter für den Kreis- oder Stadtschülerrat nicht gewählt hat, führen die bisherigen Vertreterinnen oder Vertreter dieser Schule nach § 2 Abs. 5 SV-VO bis zur Neuwahl ihr Amt fort, nachdem ihre Amtszeit abgelaufen ist. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass auch solche Berufsschulen in den Kreis- oder Stadtschülerräten vertreten sind, an denen nicht alsbald nach Unterrichtsbeginn neue Vertreterinnen und Vertreter gewählt wurden. Frage 5. Werden sich alle hessischen Berufsschulen an der Wahl des Landesschülerrats, der bis zum Ende der zwölften Wochen nach Unterrichtsbeginn erfolgen soll, im laufenden Schuljahr mit gewählten Delegierten beteiligen können? Wenn nein, wo wird das nicht möglich sein? Der Landesschülerrat wird nicht von "gewählten Delegierten" gewählt. An der Wahl der Mitglieder des Landesschülerrats sind zudem nicht einzelne Schulen beteiligt, also auch nicht die Berufsschulen. Nach § 124 Abs. 1 Satz 1 HSchG besteht der Landesschülerrat vielmehr aus jeweils einer Vertreterin oder einem Vertreter der Kreis- und Stadtschülerräte. Die Wahl dieser Vertreterinnen und Vertreter und ihrer Stellvertreterinnen und Stellvertreter hat nach § 1 Abs. 4 Satz 1 SV-VO bis zum Ende der achten Woche nach Unterrichtsbeginn zu erfolgen. Bei dieser Wahl sind auch diejenigen Vertreterinnen und Vertreter von Schulen im Kreis- oder Stadtschülerrat wahlberechtigt und wählbar, die ihr Amt nur bis zur Neuwahl der Vertreterinnen oder Vertreter ihrer Schule im Kreis- oder Stadtschülerrat nach § 2 Abs. 5 SV-VO fortführen. Wer in ein Amt auf oberer Ebene der Schülervertretung gewählt worden ist, verbleibt darin nach § 2 Abs. 3 Satz 2 SV-VO für die Dauer seiner Amtszeit, auch wenn er die Wählbarkeit für ein Amt der unteren Ebene, das er innehatte, verliert. Auch die spätere Neuwahl ändert folglich nichts mehr an einer etwaigen Wahl einer solchen Vertreterin oder eines solchen Vertreters in den Landesschülerrat sowie an ihrer oder seiner Mitgliedschaft im Landesschülerrat. Eine kontinuierliche Beteiligung aller Schulen - einschließlich der Berufsschulen - an der Besetzung des Landesschülerrates ist damit gewährleistet. Frage 6. Wie beurteilt die Landesregierung die Arbeitsmöglichkeiten der Schülervertretungen bei verzö- gerten Wahlen? Rechtlich ermöglicht die Regelung über die Fortführung der Ämter in § 2 Abs. 5 SV-VO eine lückenlose Arbeit der Schülervertretungen auch bei verzögerten Wahlen. Eine Vertretungslücke könnte nur dann entstehen, wenn eine Verzögerung so lange andauert, dass eine demokratische Legitimation der amtierenden Vertreterinnen und Vertreter nicht mehr besteht oder diese faktisch nicht mehr bereit oder in der Lage sind, ihr Amt fortzuführen. Wiesbaden, 30. Januar 2015 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz