Kleine Anfrage der Abg. Löber und Dr. Spies (SPD) vom 10.11.2014 betreffend Krankentransport in Liegemietwagen und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragesteller: Liegemietwagen sind die billige Alternative zu Fahrten im Krankenwagen. Ein Transport im Liegemietwagen kostet Berichten zufolge etwa 45 €, eine Fahrt im konventionellen Krankenwagen dagegen mehr als 100 €. Krankenkassen bietet die Option des Liegemietwagens eine attraktive Möglichkeit, Kosten einzusparen. Liegemietwagenfahrer benötigen lediglich einen Taxischein und müssen über keine weiteren medizinischen Qualifikationen verfügen, um Krankentransporte durchzuführen. Des Weiteren verfügen die Liegemietwagen über keine medizinische Ausrüstung, weshalb sie nur Patienten befördern dürfen, die ohne fremde Hilfe einund aussteigen können. Einer gemeinsamen Studie der Universitäten Frankfurt und Gießen sowie des Frankfurter Gesundheitsamts aus dem Jahr 2013 (Mikrobielle Belastung und multiresistente Erreger im qualifizierten und nichtqualifizierten Krankentransport) zufolge ist dies jedoch mit großen Risiken für Patienten bzw. Fahrer verbunden . So ergab die Studie, dass von 74 untersuchten Liegemietwagen rund jeder vierte mit MRSA-Keimen belastet war. Darüber hinaus seien im Liegemietwagen Nierenpatienten mit offenen Wunden zur Dialyse gefahren wie auch Patienten mit ansteckenden Keimen transportiert worden. Vorbemerkung des Ministers für Soziales und Integration: Nach § 2 Nr. 4 Hessisches Rettungsdienstgesetz (HRDG) gehört der Bereich der Beförderung von kranken Personen, die nach ärztlicher Beurteilung keiner fachgerechten Hilfe oder Betreuung bedürfen (Krankenfahrten) nicht zum Rettungsdienst. Hier wird hinsichtlich der Begrifflichkeit ausschließlich von Liegemietwagen gesprochen. In der Praxis werden die hier fraglichen nicht-qualifizierten Krankentransporte bzw. besser als Krankenfahrten zu bezeichnenden Dienstleistungen teilweise auch mit Taxen ausgeführt. Die Unterscheidung zwischen Taxen und Mietwagen spielt in dem eigentlichen Fragekontext der hygienischen Probleme bei Krankenfahrten allerdings keinerlei Rolle. Krankenfahrten und Behindertenfahrten sind nach § 1 Abs. 1 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) genehmigungspflichtig, sofern sie entgeltlich oder geschäftsmäßig durchgeführt werden und sie nicht von den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes freigestellt sind (§1 Nr. 4 Buchst. d und g der Freistellungsverordnung). Die Genehmigung wird nach § 3 Abs. 1 PBefG dem Unternehmer, also demjenigen, der den Verkehr im eigenen Namen, unter eigener Verantwortung und für eigene Rechnung betreibt (vgl. § 3 Abs. 2 PBefG), erteilt. Bei den Hilfsorganisationen sind dies regelmäßig die Bezirks-, Kreis- oder sonstigen regionalen Untergliederungen , soweit sie als juristische Personen oder nicht rechtsfähige Vereine im Sinne von § 21 BGB anzusehen sind. Krankenfahrten, soweit es sich um Sitzendtransporte handelt, werden nicht mit speziellen Fahrzeugen - unabhängig ob Sitz- oder Liegetransport - sowie ohne fachgerechte Betreuung durchgeführt (gewerbliche Krankenfahrten). Der Verkehr mit Mietwagen, geregelt in § 49 PBefG, ist die Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen, die nur im Ganzen zur Beförderung angemietet werden können und mit denen der Unternehmer bzw. Fahrer Fahrten durchführt, deren Zweck, Ziel und Ablauf der Mieter selbst bestimmt. Mit Mietwagen dürfen nur Beförderungsaufträge durchgeführt werden, die am Betriebssitz oder in der Wohnung des Unternehmers eingegangen sind. Dies ist bei Krankenfahrten regelmäßig der Fall. Nach Ausführung des Beförderungsauftrages hat der Mietwagen unverzüglich zum Betriebssitz zurückzukehren (Rückkehrpflicht), es sei denn, er hat vor der Fahrt von seinem Betriebssitz oder der Wohnung oder während der Fahrt durch Funk einen neuen Beförderungs- Eingegangen am 30. Dezember 2014 · Eilausfertigung am 1. Januar 2015 · Ausgegeben am 7. Januar 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1080 30. 12. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1080 auftrag erhalten. Der Mietwagenunternehmer unterliegt nicht der Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflicht. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Hessischen Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung wie folgt: Frage 1. Wie beurteilt die Landesregierung den Einsatz von Liegemietwagen, insbesondere im Hinblick auf die Ergebnisse der oben genannten Studie? Da nach § 2 Nr. 4 HRDG das Gesetz auf diese Krankenfahrten mit Mietwagen oder Taxen keine Anwendung findet, gibt es für die Krankenfahrten keinerlei Vorgaben zur Hygiene im medizinischen Sinne. Das PBefG nennt hierzu keinerlei Vorgaben. Die im Taxengewerbe bestehenden Taxen-VO, die von den zuständigen Gemeinden als Genehmigungsbehörde erlassen werden , kennen ebenfalls keinerlei Vorgaben zur Hygiene. Um den Unterschied zu dem qualifizierten Krankentransport herauszustellen, hat die Landesregierung bei der letzten Novellierung des HRDG in § 13 HRDG die Bezeichnung "Krankentransport " besonders geschützt. Wer dem entgegen handelt begeht nach § 22 Abs. 1 Nr. 4 HRDG eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis zu 20.000 € geahndet werden kann (§ 22 Abs. 2 HRDG). Es unterliegt immer dem verordnenden Arzt einen qualifizierten Krankentransport mit dem öffentlichen Rettungsdienst oder eine Krankenfahrt zu verschreiben. Hierauf hat die Landesregierung keinen Einfluss. Es liegt also in der Verantwortung der behandelnden Ärztin oder des Arztes , welches Fahrzeug eingesetzt wird. Frage 2. Wie groß ist der jeweilige prozentuale Anteil bei Krankentransporten von Patienten durch so ge- nannte Liegemietwagen in den letzten drei Jahren in Hessen gewesen? Da diese Krankenfahrten nicht über eine Rettungsleitstelle abgewickelt werden und es keine Meldevorschrift für diese Fahrten gibt, kann hierzu keine Aussage gemacht werden. Frage 3. Wer ist für die Kontrolle bezüglich der Hygienesicherheit bei Krankentransporten durch Liege- mietwagen zuständig? Liegemietwagen sind kein Bestandteil des Gesundheitswesens. Sie werden für den Transport von eingeschränkt mobilen Personen zu medizinischer Diagnostik oder regelmäßigen Therapien eingesetzt, wenn keine medizinisch fachliche Betreuung für die Fahrt erforderlich ist. Die Transportart wird vom verantwortlichen Arzt nach Einschätzung der Hilfsbedürftigkeit verordnet . Es handelt sich hierbei nicht um einen Krankentransport nach dem Hessischen Rettungsdienstgesetz (HRDG). Frage 4. Wie oft wurden Kontrollen bezüglich der Keimbelastung in Liegemietwagen in den letzten drei Jahren in Hessen jeweils durchgeführt? Frage 5. Wie viele Fälle keimbelasteter Liegemietwagen sind der Landesregierung in den letzten drei Jah- ren in Hessen jeweils bekannt geworden? Frage 6. Hat die Landesregierung Maßnahmen ergriffen, um eine Gesundheitsgefährdung für Patient und Fahrer beim Krankentransport durch Liegemietwagen auszuschließen? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Frage 7. Welche speziellen Maßnahmen hat die Landesregierung nach Bekanntwerden der Studie aus dem Jahr 2013 ergriffen, um den Krankentransport durch Liegemietwagen ohne jegliche gesundheitliche Gefährdung für Patient und Fahrer sicherzustellen? Frage 8. Sieht die Landesregierung Handlungsbedarf in Bezug auf eine Verschärfung der Kriterien zum Krankentransport von Patienten durch Liegemietwagen? Wenn ja, welchen? Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 4 bis 8 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Da Liegemietwagen genauso wie öffentliche Verkehrsmittel nicht Teil des Gesundheitswesens sind, gibt es für sie auch keine Vorgaben zur hygienischen Überwachung. Untersuchungen finden deshalb nur im Rahmen von wissenschaftlichen Studien statt. Es wird kein Handlungsbedarf gesehen. Wiesbaden, 15. Dezember 2014 Stefan Grüttner