Kleine Anfrage des Abg. Siebel (SPD) vom 20.11.2014 betreffend Gebäudesicherheit des Hessischen Rechnungshofes in Darmstadt und Antwort des Ministers der Finanzen Vorbemerkung des Fragestellers: Am 05.11.2014 kam es in einem der Büros des Hessischen Rechnungshofes zu einem Deckensturz. Glücklicherweise wurde niemand aus der Mitarbeiterschaft verletzt. Nach Information der Behördenleitung sind nun 97 der 206 Büros in einem Gebäudeteil vorübergehend nicht benutzbar. Drei Gebäude wurden geräumt. Vorbemerkung des Ministers der Finanzen: Nach dem Deckensturz am 05.11.2014 wurde durch das umgehend informierte Hessische Baumanagement (hbm) ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger eingeschaltet, der in der Folge 97 von 206 Büros wegen der bestehenden Gefahr für Leib und Leben sperrte. Er empfahl, schnellstmöglich Sicherungsmaßnahmen (Abstützungen) sowie vertiefende Überprüfungen aller baugleichen Unterdecken (Putzdecken) vorzunehmen, um Sach- und womöglich Personenschäden zu vermeiden. Gleichzeitig sollten seine Aussagen durch einen Tragwerksplaner überprüft werden. Entsprechend den Empfehlungen wurden (unterstützt durch das hbm) sofortige Sanierungsarbeiten eingeleitet: Zum einen wurden Sicherungsmaßnahmen (Abstützungen) eingeleitet, zum anderen wurde mit dem Abbruch der Putzdecken in den betroffenen Büros begonnen. Die Sanierungsmaßnahmen wurden durch einen durch das hbm beauftragten Tragwerksplaner (ErstGutachter ) begleitet. Bei den Abbruchmaßnahmen der Putzdecken wurden unterhalb dieser Decken weitere, standsicherheitsrelevante Schäden an den tragenden Stahlbetongeschossdecken festgestellt und durch den Tragwerksplaner untersucht. Dieser stellte in einer ersten Einschätzung am 28. November 2014 fest, dass auch bei den Stahlbetongeschossdecken dringender Sanierungsbedarf besteht. Gleichzeitig wurde auf die Notwendigkeit hingewiesen, alle Decken in den Gebäuden des Rechnungshofs flächendeckend zu untersuchen , um zweifelsfreie Erkenntnisse über deren Zustand zu erhalten. Die Schäden in den Stahlbetongeschossdecken und die Einschätzungen des Erst-Gutachters wurden durch einen Zweit-Gutachter überprüft. Dieser bestätigte die erste Einschätzung insofern, dass standsicherheitsrelevante Schäden bestehen und eine flächendeckende Untersuchung aller tragenden Deckenkonstruktionen sowie eine darauf folgende statische und brandschutztechnische Ertüchtigung der Geschossdecken notwendig sei. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, gebe ich nachstehende mit dem Hessischen Rechnungshof abgestimmte Antwort: Frage 1. Welche aktuellen Schäden liegen an und in den Gebäuden des Hessischen Rechnungshofes vor? Von den zunächst 97 als gefährdet eingestuften Räumen sind in 43 Büroräumen die vorgefundenen , nicht fachgerecht ausgeführten Putz-Unterdecken zu entfernen, da von ihnen eine "Gefahr für Leib und Leben" ausgeht (Feststellung des (Erst-)Gutachters). Im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen fiel weiter auf, dass nicht nur Mängel der PutzUnterdecken , sondern auch in den Stahlbetongeschossdecken selbst bestehen (Baujahr Anfang des 20. Jahrhunderts). Eingegangen am 20. Februar 2015 · Ausgegeben am 24. Februar 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1150 20. 02. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1150 Bei den Schäden handelt es sich im Wesentlichen um horizontale Risse zwischen Stahlbetondeckenplatte und -balkensteg, die standsicherheitsrelevant sind. Hintergrund ist, dass nach Feststellungen des Gutachters die Deckenbalken planmäßig ohne Bügelbewehrung betoniert sind und dass Kriegsereignisse wie Trümmerlasten oder thermische Belastungen infolge Brand zu Überbeanspruchungen der Decken geführt haben, deren Folgeschäden nach dem Krieg nicht ordnungsgemäß saniert wurden. Um einen vollständigen Überblick über den Schaden zu erhalten, empfiehlt der Gutachter dringend eine flächendeckende Untersuchung der Stahlbetondecken in allen Gebäudeteilen der Liegenschaft. Eine entsprechende Untersuchung setzt den Abbruch aller Abhangdecken in allen Räumen und Fluren voraus. Ein Ergebnis dieser Untersuchung ist frühestens im Frühjahr 2015 zu erwarten. Frage 2. Welche Sicherheitsmaßnahmen sind für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rechnungshofes vorgesehen? Die betroffenen Büroräume sind gesperrt. Zunächst wurden Besprechungsräume provisorisch zu Großraumbüros umgewandelt. Zudem wurden Einzelbüros mehrfach belegt. In Einzelfällen wurde Heimarbeit angeordnet. Frage 3. Welche Maßnahmen sind vorgesehen, um die weitere Arbeitsfähigkeit des Hessischen Rech- nungshofes und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu garantieren? Der Umzug aller Beschäftigten in eine Ausweichliegenschaft war sodann aus Gründen der Mitarbeiterfürsorge und des zu erwartenden Sanierungsaufwands unausweichlich. Frage 4. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, dass der Deckensturz möglicherweise eine Folge der Erdbebenserie der vergangenen Monate ist? Ein direkter Zusammenhang kann nicht nachgewiesen werden. Frage 5. Welche Erkenntnisse gibt es für die Wohnhäuser auf dem Gelände des Hessischen Rechnungs- hofes, und sind hier auch Sicherheitsmaßnahmen vorgesehen? Das Hessische Immobilienmanagement (HI) wurde über die Schäden informiert. Eine Kopie der Gutachten sowie eine Fotodokumentation der Schäden wurden dem HI übersandt. Da sich die Wohngebäude sowohl in der Nutzung als auch in der Grundrissgestaltung von den Bürogebäuden des Rechnungshofs wesentlich unterscheiden (die Decken haben eine bedeutend kleinere Spannweite und eine geringere Nutzlast zu tragen), ist davon auszugehen, dass man seinerzeit bei der Beseitigung der Kriegsschäden - hier teilweise betroffen das Gebäude E10 - auch eine andere Deckenkonstruktion als bei den Gebäuden E1 und E4 gewählt hat. Bei den Wohngebäuden wurden durch etliche Mieter bereits vor der Übernahme der Gebäude durch das HI - vermutlich in Eigenleistung - wegen der recht großen lichten Raumhöhen Zwischendecken eingezogen und unterseitig mit Putz, Gipskarton oder Holzschalung verkleidet. Nach Bekanntwerden des Vorfalles im Hessischen Rechnungshof hat das HI die Wohnungen, soweit ein Zugang möglich war, begangen, die Decken angesehen und teilweise abgeklopft und die Feststellungen dokumentiert. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass aufgrund der Besichtigungen kein Anlass besteht, Sofortmaßnahmen einzuleiten. Das HI wird zunächst versuchen, Planunterlagen zum Deckenaufbau zu erhalten, da eine unmittelbare Ansicht der Deckenkonstruktion wegen der oben angesprochenen Zwischendecken ohne Bauteilöffnungen nicht möglich ist. Es ist beabsichtigt, endoskopische Kameras einzusetzen, um die Deckensicherheit zu untersuchen , damit die Wohnräume nach wie vor durch die Mieter nutzbar bleiben können. Wiesbaden, 12. Februar 2015 Dr. Thomas Schäfer