Kleine Anfrage der Abg. Degen, Geis, Gnadl, Hartmann, Hofmeyer, Merz, Quanz und Yüksel (SPD) vom 25.11.2014 betreffend Produktionsschulen und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung der Fragesteller: Produktionsschulen arbeiten auf dem Gebiet vorberuflicher Bildung und Qualifizierung. Berufsvorbereitung und Berufsorientierung in Produktionsschulen richten sich an Jugendliche und junge Leute zwischen ca. 14 und 27 Jahren, die noch keine Berufsperspektive entwickelt haben oder aus verschiedenen Gründen keinen Ausbildungs- und Arbeitsplatz gefunden haben. Durch produktive, arbeitsmarktorientierte Beschäftigung in den verschiedenen Arbeitsfeldern der Produktionsschulen und durch externe Betriebspraktika erwerben die Produktionsschülerinnen und -schüler Berufserfahrungen und fachliche Grundfertigkeiten und verbessern damit ihre Chancen, eine Beschäftigung oder einen Ausbildungsplatz auf dem Arbeitsmarkt zu finden. In der Bundesrepublik Deutschland existiert derzeit noch kein einheitliches Produktionsschulgesetz, und auch Landesregelungen sind nicht vorhanden. Das macht die Beschaffung von Fördermitteln für Produktionsschulansätze problematisch. Trotz der in den letzten Jahren positiv geführten Diskussionen über Produktionsschulen , beispielsweise in vielen Landesministerien, war es bislang nicht möglich, Produktionsschulen als zusätzliche Bildungs- und Qualifizierungsalternative für junge Menschen in Deutschland bildungspolitisch oder gesetzlich zu etablieren. Die Zahl der Produktionsschulen wächst zwar beständig, und eine Bundesarbeitsgemeinschaft Produktionsschulen (BAG Produktionsschulen) gründete sich 2003 in Kassel, aber fehlende bzw. sich häufig verändernde Förderinstrumente behindern die weitere Entwicklung. Vorbemerkung des Kultusministers: Die Produktionsschule ist keine Schulform nach dem Hessischen Schulgesetz; vielmehr wird sie durch Freie Träger organisiert (vgl. auch die Antwort auf die Fragen 1 und 2). Eine außerschulische Kooperation mit bestehenden beruflichen Schulen ist möglich und in Hessen gängige Praxis. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Hessischen Minister für Soziales und Integration wie folgt: Frage 1. Welche Produktionsschulen an welchen Standorten mit wie vielen Schülerinnen/Schülern gibt es in Hessen? Frage 2. Wie viele Lehrkräfte sind dort jeweils beschäftigt? Die Beantwortung der Fragen 1 und 2 erfolgt zusammengefasst: Aus dem Programm "Qualifizierung und Beschäftigung junger Menschen" wurden im Jahr 2013 folgende Produktionsschul-Projekte gefördert: Träger Standorte Teilnehmer gemäß ESF- Monitoring 2013 Kooperation mit Berufsschule Jugendwerkstatt Felsberg 1 Standort in Felsberg 67 ja Grümel 1 Standort in Fulda 26 nein Starthilfe Ausbildungsverbund 3 Standorte in Homberg/Efze 1 Standort in Borken 37 ja Faprik 1 Standort in Frankfurt 23 ja Jugendwerkstatt Gießen 1 Standort in Gießen 106 ja Eingegangen am 3. Februar 2015 · Ausgegeben am 12. Februar 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1170 03. 02. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1170 Internationaler Bund, Darmstadt 1 Standort in Darmstadt 12 ja Internationaler Bund, BZ Langen 1 Standort in Langen 29 nein GWAB 1 Standort in BreitscheidErdbach 27 ja AWO Lernwerkstatt 1 Standort in Dietzenbach 47 nein VHS Rüsselsheim 2 Standorte in Rüsselsheim 36 nein Evangelischer Verein für Jugendsozialarbeit (Lernbetrieb) 2 Standorte in Frankfurt 66 ja Arbeit und Bildung Marburg und Außenstelle in Cölbe 29 ja Outlaw Kassel 2 Standorte in Kassel 51 ja Bauhaus Werkstätten Wiesbaden 129 ja Stadt Offenbach 3 Standorte in Offenbach 46 ja Teilnehmer-Zahlen für 2014 liegen derzeit noch nicht vor. Valide Zahlen zu den in den einzelnen Produktionsschul-Projekten beschäftigten Lehrkräften konnten in der Kürze der Zeit nicht erhoben werden. Frage 3. Auf welchen finanziellen und rechtlichen Grundlagen arbeiten die Produktionsschulen in Hessen und ist ihre Finanzierung gesichert? Die oben aufgeführten Produktionsschul-Projekte in Hessen werden aus dem Programm "Qualifizierung und Beschäftigung junger Menschen" finanziert. Neben Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und Landesmitteln aus diesem Programm fließen zudem Kofinanzierungsmittel verschiedener Rechtskreise in die Finanzierung der Projekte ein. Das Programm "Qualifizierung und Beschäftigung junger Menschen" wird über jährliche Bewilligungen gesteuert, weist aber eine sehr hohe Kontinuität bei den geförderten Bildungsträgern auf. Frage 4. Wie steht die Landesregierung grundsätzlich zum bildungspolitischen Ansatz von Produktions- schulen? Die Landesregierung sieht Produktionsschulen als einen sinnvollen Baustein zur Aktivierung bzw. Nachqualifizierung junger Menschen an. Der hohe Stellenwert von Produktionsschulen für die Landesregierung zeigt sich an der hohen Träger-Konstanz bei der Förderung von Produktionsschul -Projekten aus dem Programm "Qualifizierung und Beschäftigung junger Menschen". Frage 5. Wie schätzt die Landesregierung die Arbeitsergebnisse der hessischen Produktionsschulen im Vergleich zu denjenigen anderer Bundesländer ein, und wie ist diese Einschätzung begründet? Zu einem Vergleich der Arbeitsergebnisse der hessischen Produktionsschulen mit denen anderer Bundesländer liegen der Landesregierung keine Daten vor. Frage 6. Erfolgt eine (regelmäßige) Evaluation der Arbeitsergebnisse der hessischen Produktionsschulen? a) Falls ja, wie stellt sich die Entwicklung der Ergebnisse dar? b) Falls nein, warum nicht? Für die aus dem Programm "Qualifizierung und Beschäftigung junger Menschen" geförderten Produktionsschulen liegen Daten aus dem ESF-Monitoring vor. Da aus diesem Programm aber auch andere Maßnahmetypen gefördert werden, kann aus den Monitoring-Daten keine spezifische Erfolgsanalyse des Produktionsschulansatzes abgeleitet werden. Frage 7. Beabsichtigt die Landesregierung, die Entwicklung der hessischen Produktionsschulen zu fördern, und was wird sie ggfs. dazu unternehmen? Frage 8. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die hessischen Produktionsschulen finanziell abzusichern? Die Beantwortung der Fragen 7 und 8 erfolgt zusammengefasst: Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1170 3 Durch die Aufnahme des Programms "Qualifizierung und Beschäftigung junger Menschen" in das hessische "Sozialbudget" sind die Landesmittel des Programms für fünf Jahre von Kürzungen ausgenommen, vorbehaltlich der Zustimmung der Landesregierung zum Haushaltsgesetz 2015. Frage 9. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung das Konzept der Produktionsschulen in be- stehenden beruflichen Schulen zu implementieren? In dem von der Landesregierung im September vergangenen Jahres einberufenen Bildungsgipfel gibt es u.a. die Arbeitsgruppe "Schule als Vorbereitung auf die Lebens- und Arbeitswelt", in der auch der Unterpunkt "Neustrukturierung des Übergangsbereichs" verankert ist. Die effektivere Gestaltung des Bereichs Übergang Schule und Beruf soll unter anderem in Produktionsschulen unterstützt werden. So sieht es nicht zuletzt der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien vor. Wiesbaden, 27. Januar 2015 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz