Kleine Anfrage des Abg. Roth (SPD) vom 02.12.2014 betreffend Inklusive Beschulung und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung der Fragesteller: Mit Einführung der "Verordnung über Unterricht, Erziehung und sonderpädagogische Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigungen oder Behinderungen" (VOSB) vom 15. Mai 2012 und der Novellierung des Hessischen Schulgesetzes haben sich die Rahmenbedingungen für Inklusion und für den gemeinsamen bzw. inklusiven Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kindern verändert. In der Praxis etwa sind Förderschullehrerinnen und -lehrer nun nicht mehr fest einer Schule zugeordnet, sondern je nach Bedarf den Regelschulen von Beratungs- und Förderzentren (BFZ) - meist sind das Förderschulen - für einen gewissen Zeitraum zugewiesen. Dadurch gehören diese nicht mehr zum Kollegium und sind somit kein gleichberechtigter, ins Schulleben integrierter Partner mehr, der mit den Regelschullehrerinnen und -lehrern ein Team bildet und in den schulinternen Gremien vertreten ist. Zudem besteht durch die temporäre Delegation Unsicherheit bei den Förderschullehrerinnen und -lehrern, wo sie im nächsten Schuljahr eingesetzt werden. Es gibt Diskussionen über die Verbesserungswürdigkeit und die Notwendigkeit von Änderungen. Es wird argumentiert , dass der Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kindern und Jugendlichen sich durch die Verordnung nicht verbessert hat, sondern erschwert wird. Dass dies auch der Regierungskoalition in Hessen bewusst ist, zeigt sich in ihrem Koalitionsvertrag, in dem es heißt: "CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen, dass Förderschullehrer bei inklusiver Beschulung wieder fest dem Kollegium der allgemeinen Schule zugeordnet werden. So sind auch Doppelbesetzungen möglich. Hierfür ist eine Bündelung der Ressourcen für die inklusive Beschulung an allgemeinen Schulen notwendig". Vorbemerkung des Kultusministers: Mit der Ratifizierung der UN-Behindertenkonvention waren die Bundesländer verpflichtet, gesetzliche Regelungen zur Erfüllung des sich daraus ergebenden Auftrags zu implementieren. Die Hessische Landesregierung hat sich mit der Novellierung des Schulgesetzes vom November 2011 und der "Verordnung über Unterricht, Erziehung und sonderpädagogische Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigungen oder Behinderungen" (VOSB) vom 15. Mai 2012 dieser Aufgabe angenommen. Durch die o.a. gesetzlichen Voraussetzungen sind verlässliche Strukturen und Regelungen geschaffen worden, die allen beteiligten Personen, im Besonderen den Kindern und Jugendlichen und deren Eltern, aber auch den Lehrkräften eine rechtskräftige Handlungs- und Entscheidungsgrundlage bieten. Die Anzahl der Förderschullehrerstellen für den inklusiven Unterricht ist stetig gestiegen. Zudem konnte die Anzahl von Schülerinnen und Schülern mit einem Anspruch auf sonderpädagogische Förderung in der allgemeinen Schule und somit in der Inklusion erhöht werden. Hier wird deutlich, dass die Landesregierung sowohl auf der gesetzlichen Regelungsebene als auch durch die Erhöhung der Ressourcen ihrem Auftrag der inklusiven Beschulung gerecht wird. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage1. Wann gedenkt die Landesregierung das oben genannte Vorhaben aus ihrem Koalitionsvertrag um- zusetzen? Die Landesregierung arbeitet kontinuierlich an der Umsetzung und Verbesserung des inklusiven Unterrichts. Eingegangen am 11. Februar 2015 · Ausgegeben am 13. Februar 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1190 11. 02. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1190 Frage 2. Wie wird die Landesregierung dies konkret umsetzen? Die Ergebnisse des Bildungsgipfels werden in die Entscheidung der Umsetzung einbezogen und werden den Ausgangspunkt für weitere Maßnahmen darstellen. Insofern zählt immer die geltende Rechts-, Verordnungs- und Erlasslage sowie das jeweilige Verwaltungshandeln des Hessischen Kultusministeriums. Frage 3. Wie viele Förderschullehrerinnen und Förderschullehrer waren im Schuljahr 2013/14 über welche Beratungs- und Förderzentren (BFZ) an welche Schulen entsandt? (bitte getrennt nach Schulamtsbezirken auflisten) Eine Datenerhebung an allen hessischen Schulen wäre mit einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand und mit einem erheblichen Mehrbedarf an Zeit verbunden. Frage 4. Wie hat sich die Zahl der an Regelschulen entsandten Förderschullehrerinnen und Förderschulleh- rer in den letzten fünf Jahren entwickelt? Diese Entwicklung ist der folgenden Tabelle zu entnehmen: Schuljahr Lehrerstellen zur sonderpädagogischen Unterstützung in der allgemeinen Schule Veränderung 2010/11 1529,89 2011/12 1526,13 -3,76 2012/13 1607,19 81,06 2013/14 1691,83 84,64 2014/15 1815,51* 123,68 Gesamt: 285,62 * Die 1815,51 Lehrerstellen zur sonderpädagogischen Unterstützung in der allgemeinen Schule sind dem aktuellen Lehrerzuweisungserlass vom 03.12.2014 entnommen. Es handelt sich hier - aus Vergleichbarkeitsgründen - um die Zahlen aus der zweiten Nachsteuerung wie auch in den Jahren 2011/12 ff. Frage 5. Wie beurteilt die Landesregierung die Einführung der "Verordnung über Unterricht, Erziehung und sonderpädagogische Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigungen oder Behinderungen" (VOSB)? Die VOSB stellt die Ausgestaltung der im Schulgesetz beschriebenen Rechtsgrundlagen dar. Ausgehend von der UN-Behindertenrechtskonvention werden sowohl die präventiven Maßnahmen der allgemeinen Schule und die vorbeugenden Maßnahmen der Beratungs- und Förderzentren als auch das Verfahren zur Feststellung des Anspruchs auf sonderpädagogische Förderung geregelt. Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und des damit verbundenen Paradigmenwechsels findet hier die adäquate Form, um den Kindern und Jugendlichen in diesem Sinne gerecht zu werden. Die Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit einem Anspruch auf sonderpädagogische Förderung, die an der allgemeinen Schule beschult werden, ist nach Einführung der VOSB stetig gestiegen. Wiesbaden, 29. Januar 2015 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz