Kleine Anfrage der Abg. Faeser, Frankenberger und Roth (SPD) betreffend Zunahme der Flugbewegungen auf dem Flugplatz Wiesbaden-Erbenheim und Antwort des Chefs der Staatskanzlein Vorbemerkung der Fragesteller: Seit der Verlegung des "1st Bataillion 214th Aviaton Regiment" von Mannheim nach Wiesbaden sind vermehrt Klagen der Anwohner über zunehmenden Fluglärm durch Flugbewegungen vom Wiesbaden Army Airfield WAAF zu verzeichnen. Eigentümer des Geländes ist die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesvermögensamt. Die Interessen und Aufgaben werden durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in Kaiserslautern wahrgenommen. Mit der Verlegung des Hauptquartiers der US Army Europe und der Hubschrauberstaffel nach Wiesbaden musste auch der Überlassungsvertrag, insbesondere bei der Anzahl der Flugbewegungen, angepasst werden. Vorbemerkung des Chefs der Staatskanzlei: Nach der neuen, im Frühjahr 2012 zwischen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und dem US-Heereshauptquartier (USAREUR) ausgehandelten Nachtragsvereinbarung zu der geltenden völkerrechtlichen Liegenschaftsüberlassungsvereinbarung sind die Anzahl der jährlich zulässigen Flugbewegungen auf maximal 20.000 und die Anzahl der auf dem Airfield der "Clay-Kasern" stationierten Luftfahrzeuge auf maximal 40 begrenzt. Dies entspricht exakt dem Belastungsniveau, zu dem sich das US-Heereshauptquartier gegenüber der Stadt Wiesbaden für die Jahre 2003 und 2004 auf freiwilliger Basis verpflichtet hatte. Demgegenüber belief sich das Beschränkungsniveau in der Zeit davor entsprechend dem Ergebnis eines im Juni 1994 vergleichsweise beendeten Verwaltungsrechtstreites mit der Stadt Wiesbaden auf maximal 30.000 Flugbewegungen jährlich bzw. auf die Stationierung von maximal 60 Luftfahrzeugen. Was die tatsächlichen Flugbewegungen auf dem Wiesbadener Army Airfield anbetrifft, so beliefen sie sich im Jahre 2012 auf insgesamt 4.539, wobei die US-Streitkräfte jeden Start und jede Landung - entgegen der deutschen Zählweise - als eigenständige Flugbewegung zählen. Dies entspricht rund 380 Flugbewegungen pro Monat bzw. rund zehn Flugbewegungen pro Tag. Demgegenüber ist die Anzahl der Flugbewegungen im Jahre 2013 mit der vollständigen Verlegung von USAREUR nach Wiesbaden auf insgesamt 9.121 angestiegen. Dies entspricht zwar einer Verdoppelung der Flugbewegungen im Vergleich zum Vorjahr. Es ist aber auch zu bedenken , dass bis zum September 2005 das 3rd Corps Support Command sowie bis zum Mai 2011 die 1. US-Panzerdivision und bis zum Mai 2012 das V. US-Corps hier am USMilitärstandort Wiesbaden noch stationiert waren. Diese, in erster Linie operationellen Militäreinheiten hatten sicherlich keinen geringeren Bedarf an militärischem Flugbetrieb als das nunmehr hier stattdessen stationierte, ausschließlich als Stabseinheit konzipierte USHeereshauptquartier . Die vom Wiesbadener Army Airfield ausgehende Gesamtbelastung für die betroffenen Anwohner dürfte daher bezogen auf die letzten zehn Jahre in etwa die gleiche geblieben sein. Lediglich im Jahre 2012 belief sich die Gesamtzahl der von den US-Streitkräften auf dem Army Airfield verursachten Flugbewegungen auf nur 4.539. Dies war jedoch allein dem Umstand geschuldet, dass die o.a. drei operationellen US-Militäreinheiten im Jahre 2012 bereits vom Standort Wiesbaden abgezogen waren, wohingegen die Verlegung des USHauptquartiers USAREUR im Wesentlichen erst im Jahre 2013 erfolgt ist. Eine signifikante Zunahme des militärischen Flugbetriebs auf dem Airfield der "Clay-Kaserne" dürfte sich daher nur im Vergleich zu diesem - nahezu US-militärfreien - Ausnahmejahr 2012 belegen lassen. Eingegangen am 19. März 2014 · Ausgegeben am 20. März 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/124 19. 03. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/124 Frage 1: Wurde die Landesregierung bei der Festlegung der Flugbewegungen einbezogen? Wie oben in der Vorbemerkung der Hessischen Landesregierung bereits dargelegt, ist die Festlegung der neuen Obergrenze für die Anzahl der jährlichen Flugbewegungen im Rahmen einer Nachtragsvereinbarung zu der geltenden völkerrechtlichen Liegenschaftsüberlassungsvereinbarung erfolgt, für deren Aushandlung auf deutscher Seite die Zuständigkeit ausschließlich dem Bund obliegt. Eine verfahrensmäßige Beteiligung der Hessischen Landesregierung ist daher nach dem verfassungsrechtlich vorgegebenen Kompetenzgefüge nicht vorgesehen. Gleichwohl ist die Landesregierung inoffiziell auf der Arbeitsebene über den inhaltlichen Verlauf und das Ergebnis dieser Verhandlungen unterrichtet gewesen. Frage 2: Wie wurden die betroffenen Kommunen hier beteiligt? Wie in der Antwort zu Frage 1 in Bezug auf die Landesregierung bereits dargelegt, ist eine verfahrensmäßige Einbindung von betroffenen Kommunen in Verhandlungen des Bundes zu internationalen Vereinbarungen nach unserem verfassungsrechtlich vorgegebenen Kompetenzgefüge grundsätzlich nicht vorgesehen. Gleichwohl hatte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben den Magistrat der Landeshauptstadt Wiesbaden auf ausdrücklichen Wunsch der US-Streitkräfte von Beginn an unmittelbar in die Verhandlungen zu der o.a. Nachtragsvereinbarung eingebunden. Frage 3: Teilt die Landesregierung die Auffassung betroffener Anwohner, dass durch die Zunahme der Flugbewegungen die Belästigung für die Anwohner gestiegen ist? Es ist zu bedenken, dass bis zum September 2005 auch das 3rd Corps Support Command sowie bis zum Mai 2011 die 1st Armored Division und bis zum Mai 2012 das V. US-Corps noch hier am US-Militärstandort Wiesbaden stationiert waren. Diese, in erster Linie operationelle Militäreinheiten hatten sicherlich keinen geringeren Bedarf an militärischem Flugbetrieb als das nunmehr hier stattdessen stationierte, ausschließlich als Stabseinheit konzipierte US-HeeresHauptquartier . Die vom Wiesbadener Army Airfield ausgehende Gesamtbelastung für die betroffenen Anwohner dürfte daher bezogen auf die letzten zehn Jahre in etwa die gleiche geblieben sein. Lediglich im Jahr 2012 belief sich die Gesamtzahl der von den US-Streitkräften auf dem Army-Airfield verursachten Flugbewegungen auf nur 4.539. Dies war jedoch allein dem Umstand geschuldet, dass die o.a. drei operationellen US-Militäreinheiten im Jahre 2012 bereits vom Standort Wiesbaden abgezogen waren, wohingegen die Verlegung des US-Hauptquartiers USAEUR im Wesentlichen erst im Jahre 2013 erfolgt ist. Eine signifikante Zunahme des militärischen Flugbetriebs auf dem Airfield der "Clay-Kaserne" dürfte sich daher nur im Vergleich zu diesem - nahezu US-militärfreien - Ausnahmejahr 2012 belegen lassen. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die Sensibilität der Bürgerinnen und Bürger gegen Lärmbelästigungen in dem dicht besiedelten und insgesamt sehr verkehrsreichen RheinMain -Gebiet insbesondere auch vor dem Hintergrund der Betroffenheit von dem Flugbetrieb des Frankfurter Flughafen gestiegen ist. Die Hessische Landesregierung nimmt diese gesteigerte Fluglärm-Betroffenheit der Wiesbadener Bevölkerung auch nach der Eröffnung der Nordwest-Landebahn am Frankfurter Flughafen und der daraus resultierenden Streckenverschiebungen sehr ernst. Sie ist deshalb bemüht, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, aber auch im Rahmen der dem Frankfurter Flughafen als Wirtschaftsfaktor geschuldeten Notwendigkeiten darauf hinzuwirken, dass die Fluglärm-Belastungen der Bevölkerung des Rhein-Main-Gebietes insgesamt auf das unabwendbare Niveau reduziert werden. Frage 4: Ist der Landesregierung bekannt, dass insbesondere die sehr niedrigen Orientierungsflüge für Belastungen sorgen? Nach dem Kenntnisstand der Hessischen Landesregierung und nochmaliger Rückversicherung bei der Heeresfliegerabteilung des US-Hauptquartiers USAREUR bezeichnet man im militärtechnischen Sprachgebrauch die Übungsflüge als "Orientierungsflüge", die neu auf dem ArmyAirfield in Wiesbaden stationierte Piloten absolvieren müssen, um sich mit den in ihrem neuen Einsatzgebiet flugtechnisch und insbesondere auch örtlich vorgegebenen Flugbedingungen vertraut zu machen. In der Regel handelt es sich hierbei um eine sehr überschaubare Anzahl von Übungsflügen, die ein neu auf dem Airfield stationierter Pilot zur Erkundung der neu vorgegebenen Flugbedingungen absolvieren muss. Da hierzu insbesondere auch die Erkundung der neuen örtlichen Flugvorhaben gehören, können diese Übungsflüge leider auch nicht in eine andere Region verlegt werden. Bedenkt man ferner, dass die auf dem Airfield der "Clay-Kaserne" stationierten Piloten in der Regel nur ca. alle drei Jahre - aber sukzessiv und keinesfalls gleichzeitig - ausgetauscht werden, müsste sich die durch diese "Orientierungsflüge" verursachten Lärmbelästigungen der Anwohner in quantitativer Hinsicht in Grenzen halten. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/124 3 Frage 5: Auf welche Art und Weise kann die Landesregierung sicherstellen, dass die in dem Überlas- sungsvertrag getroffenen Festlegungen auch eingehalten werden? Wie in der Vorbemerkung der Hessischen Landesregierung bereits dargelegt, beläuft sich das derzeit von den US-Streitkräften auf dem Wiesbadener Army Airfield verursachte Niveau an jährlichen Flugbewegungen - trotz der inzwischen vollständigen Verlegnung des USHauptquartiers USAREUR nach Wiesbaden - mit weniger als 10.000 Flugbewegungen noch nicht einmal auf die Hälfte des den US-Streitkräften im Rahmen der neuen Nachtragsvereinbarung zu der Liegenschaftsüberlassungsvereinbarung zugestandene Kontingent von maximal 20.000 Flugbewegungen pro Jahr. Die US-Streitkräfte sind zuversichtlich, dass sie dieses Niveau von rund 800 Flugbewegungen pro Monat auch künftig werden beibehalten können. Hierfür sprechen auch die jüngsten Vergleichszahlen für die Monate Januar und Februar 2014 mit 844 bzw. 790 Flugbewegungen, die sich für diese beiden Monate im Jahre 2013 noch auf 862 bzw. 909 beliefen. Da die US-Streitkräfte auch in der Vergangenheit das ihnen jeweils zugestandene Kontingent an jährlichen Luftbewegungen / an Luftfahrzeugen nie ausgeschöpft hatten , erscheint es jedenfalls als sehr wenig wahrscheinlich, dass sie nunmehr das Ihnen zugestandene Kontingent überfordern würden. Sollte dies wider Erwarten in Zukunft doch der Fall sein, so wäre in erster Linie die "Gruppe Flugbetrieb der Bundeswehr der Kommandounterstützungsverbände Luftwaffe" dafür zuständig, für die Einhaltung der in der Nachtragsvereinbarung zugestandenen Gesamtzahl von jährlich maximal 20.000 Flugbewegungen Sorge zu tragen. Frage 6: Wie bewertet die Landesregierung die Arbeit der Lärmschutzkommission Wiesbaden Army Air- field? USAREUR hat im Zusammenhang mit seiner Verlegung nach Wiesbaden bereits im Jahre 2011 die sog. "Lärmschutzkommission" mit dem Ziel eingerichtet, den notwendigen Informationsaustausch zwischen den militärischen Nutzern des Army Airfields und den Verwaltungen der umliegenden Kommunen zu gewährleisten sowie das bessere gegenseitige Verständnis für die örtlich vorgegebenen, legitimen Belange der betroffenen Anwohner, aber auch für die beim militärischen Flug- und Übungsbetrieb zwingend einzuhaltenden Rechts- und Verfahrensvorschriften zu fördern. Diese Kommission wird geleitet von dem jeweiligen Kommandeur der US-Army Garrison. Auf amerikanischer Seite gehören ihr neben weiteren Vertretern der US-Army Garrison und der Heeresfliegerabteilung von USAREUR ferner der Flugplatzkommandeur, der Flugplatzmanager sowie der Kommandeur des 1. US-Nachrichtendienstlichen Bataillons an. Zu ihren ständigen Mitgliedern gehören neben Vertretern der Landesregierung und des Regierungspräsidiums, Darmstadt ferner der Oberbürgermeister und weitere Mitglieder des Magistrats der Stadt Wiesbaden sowie der Bürgermeister von Hochheim am Main und die Bürgermeisterin mit weiteren Magistratsmitgliedern der Stadt Hofheim. Seitens der Bundeswehr kommen hinzu Vertreter des "Landeskommandos Hessen", der für die Flugsicherheit im militärischen Flugbetrieb zuständigen "Gruppe Flugbetrieb der Bundeswehr" sowie des "Amtes für Flugsicherung der Bundeswehr ". Seit Herbst letzten Jahres ist ferner auch der Vorsitzende der "Bürgerinitiative gegen Lärm und Gefahren durch US-Flugzeuge (BILGUS)" als Mitglied in dieser "Lärmschutzkommission " vertreten. Nach Auffassung der Hessischen Landesregierung bieten die US-Streitkräfte den umliegenden Kommunen mit dieser "Lärmschutzkommission" ein höchst kompetentes Forum, um sich über die mit dem Flugbetrieb auf dem Army Airfeld verbundenen Lärmbelästigungen und sonstigen Einschränken für die Anwohner mit dem Ziel auszutauschen, diese mit Rücksicht auf die legitimen Belangen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger möglichst auf das unverzichtbare Minimum reduzieren zu können. Wiesbaden, 17. März 2014 Axel Wintermayer