Kleine Anfrage der Abg. Geis und Kummer (SPD) vom 26.02.2014 betreffend fluglärmgenerierenden Entgeltordnung für den Frankfurter Flughafen und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung der Fragesteller: Das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung hat die von der Fraport AG am 08.11.2013 auf der Basis einer "Vereinbarung zur Förderung des nachhaltigen Verkehrswachstums" (Incentive -Programm) beantragte Entgeltordnung für den Flughafen Frankfurt Main ab 01.01.2014 nach § 19b Luftverkehrsgesetz (LuftVG) am 04.12.2013 genehmigt. Die Fluglärmkommission hat in ihrer Stellungnahme am 25.11.2013 das der Entgeltordnung zugrunde liegende Modell vor allem mit der Begründung abgelehnt , dass die beabsichtigte Förderung zusätzlicher Flugbewegungen zwangsläufig mit mehr Fluglärm verbunden ist. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Das Incentive-Programm zielt nicht auf die unbedingte Förderung zusätzlicher Flugbewegungen ab. Grundvoraussetzung für die Förderung ist das Passagierwachstum und damit die Festigung der Anbindungsqualität des Flughafens Frankfurt. Dieses kann auch durch eine Mehrauslastung bereits bestehender Flugverbindungen erreicht werden. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Steht das mit der ab dem 01.01.2014 geltenden Entgeltordnung verfolgte Ziel eines kontinuierli- chen, nachhaltigen Verkehrswachstums am Frankfurter Flughafen der Regelung des § 19b Abs. 1 Satz 3 LuftVG, Art. 3 Satz 2 RL 2009/12 EG entgegen, wonach eine Differenzierung der Entgelte nur dann nicht gegen das Diskriminierungsverbot verstößt, wenn diese der Verfolgung von öffentlichen oder allgemeinen Interessen dient? Die Differenzierung der Entgelte zur Verfolgung von öffentlichen und allgemeinen Interessen nach geeigneten, objektiven und transparenten Kriterien ist nach § 19 b Abs. 1 LuftVG nicht nur geboten, sondern es ist darüber hinaus sogar obligatorisch, eine Differenzierung der Entgelte nach Lärmschutzgesichtspunkten vorzunehmen. Das war bezüglich des Flughafens Frankfurt bereits bei den genehmigten Entgeltordnungen der Vorjahre der Fall. Das bestehende Entgeltsystem , dem sechzehn Lärmkategorien zugrunde liegen, wird durch das Incentive-Modell nicht angetastet. Von daher bleibt die von Gesetzes wegen zwingende Differenzierung der Entgelte nach dem Lärmemissionsverhalten der Flugzeuge maßgebliche Grundlage der Entgeltordnung für den Flughafen Frankfurt. Frage 2. Mit welchen Mindereinnahmen muss aufgrund der seit 01.01.2014 geltenden Entgeltordnung ge- rechnet werden und sind die Entgelte geeignet und objektiv i.S.d. § 19b Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1 und 2 LuftVG, wonach die Entgelte für die Zurverfügungstellung der Dienstleistungen und der Infrastrukturen erhoben werden sollen? Die Landesregierung vermag die Prämisse, dass es zu Mindereinnahmen kommen wird, nicht zu teilen. Die Einzelheiten sind insbesondere von der Verkehrsentwicklung abhängig. Die Prüfung , dass u.a. die Voraussetzungen des § 19b Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1 und 2 LuftVG erfüllt sind, war notwendige Voraussetzung für die Erteilung der Genehmigung der Entgeltordnung 2014. Frage 3. Wie viele und welche "New Entrant - Neue Strecken" und wie viele "New Entrant - Bestands- strecken" i.S. des "Incentive-Programms" sind im Sommerflugplan 2014 enthalten? Einige Luftverkehrsgesellschaften haben Interesse an der Ausweitung bzw. Aufnahme von Verkehren ab Frankfurt signalisiert. In welchem Umfang und mit welcher Auslastung die Luftver- Eingegangen am 23. April 2014 · Ausgegeben am 28. April 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/128 23. 04. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/128 kehrsgesellschaften nach Frankfurt Main fliegen werden, muss ex post nachvollzogen werden. Das Incentive-Programm wird erst rückwirkend wirksam, wenn tatsächliche Flugdaten vorliegen . Frage 4. Aus welchen Gründen haben die Luftverkehrsgesellschaften Air-Berlin, TUI-Fly und Condor der "Vereinbarung zur Förderung des nachhaltigen Verkehrswachstums" nicht zugestimmt und liegt in der Nichtzustimmung ein Hinweis darauf vor, dass das Rabattsystem diskriminierend für einige Luftverkehrsgesellschaften ist, weil diese mangels entsprechenden Fluggeräts oder mangels der Möglichkeit aus sonstigen Gründen neue Destinationen aufzunehmen, nicht von der Entgeltordnung profitieren? Nur eine der genannten Luftverkehrsgesellschaften hat sich im Rahmen der Anhörung gegenüber dem (HMWEVL) geäußert und das Incentive-Programm grundsätzlich begrüßt. Sie hat lediglich Einzelparameter für anpassungswürdig gehalten. Mangels weiterer Stellungnahmen in dem Anhörungsverfahren hat die Landesregierung keine Kenntnis über die Beweggründe der anderen Luftverkehrsgesellschaften. Soweit die Airlines ihre Beweggründe in einem anderen Kontext presseöffentlich geäußert haben, handelt es sich dabei um Aspekte, die die Gesamtproduktionsumstände am Standort betreffen und nicht mit dem Incentive-Programm zusammenhängen . Frage 5. Weshalb wurden die gesetzlichen Fristen a) gem. § 19b Abs. 3 Ziffer 1 (Entwurf mit Begründung 6 Monate vor dem beabsichtigten In- krafttreten an die Flughafennutzer), b) gem. § 19b Abs. 3 Ziffer 2 (Antrag auf Genehmigung spätestens 5 Monate vor Inkrafttreten bei der Genehmigungsstelle), c) gem. § 19b Abs. 3 Ziffer 4 Satz 2 (Genehmigung soll 2 Monate vor Inkrafttreten veröffent- licht werden, d) nicht eingehalten bzw. welche Ausnahmegründe lagen vor, von diesen Fristen abzuweichen? Die Fraport AG hatte bereits am 28.06.2013 einen Antrag auf Genehmigung der Entgeltordnung 2014 gestellt, die das HMWVL am 11.10.2013 erteilt hatte. Die Veröffentlichung der Entgeltordnung war am 31.10.2013 erfolgt. Der Antrag der Fraport AG vom 08.11.2013 war lediglich eine Ergänzung zu einer Teilregelung dieser bereits genehmigten Entgeltordnung, so dass die Voraussetzungen für die Einhaltung der gesetzlichen Antrags- und Genehmigungsfristen schon im Ursprungsverfahren erfüllt waren. Von der in § 19b Abs. 1 Ziff. 4 Satz 2 LuftVG zugelassenen Ausnahme bezüglich der Veröffentlichungsfrist wurde Gebrauch gemacht, da die Frist einen Schutzzweck zu Gunsten der Luftverkehrsgesellschaften hat, hier aber wegen des bestehenden Grundkonsenses der Airlines und der allenfalls kostensenkenden Wirkung des Programms kein Schutzbedürfnis gegeben war. Frage 6. Liegt der Genehmigung der Entgeltordnung durch das HMWVL vom 04.12.2013 eine Prüfung der EU-Kommission gem. Art. 108 Abs. 3 AEUV; Art. 2 der Verordnung Nr. 659/1999 (EG) zu der Frage zugrunde, ob das dieser Entgeltordnung zugrunde liegende Incentive-Programm eine staatliche Beihilfe ist? Der Anwendungsbereich der o.g. Vorschriften ist nicht eröffnet, weil es sich bei dem IncentiveProgramm um keine staatliche Beihilfe handelt. Dies wurde im Genehmigungsverfahren eingehend geprüft. Frage 7. Welche Flugzeugtypen, die am Frankfurter Flughafen verkehren, sind incentivierungsfähig und welchen prozentualen Anteil hat dieses Fluggerät am Flugbewegungsaufkommen in Frankfurt? Die Incentivierungsfähigkeit hängt nicht primär von der Nutzung eines bestimmten Flugzeugtyps , sondern von der Passagierentwicklung ab. Darüber hinaus kommt es darauf an, ob es sich um kontinentale oder interkontinentale Verkehre handelt. Davon abhängig ist wiederum, welche Lärmkategorien in die Förderung einbezogen sind. Es gibt also keinen pauschalen incentivierungsfähigen Tatbestand, der ausschließlich von den genutzten Flugzeugtypen abhängt. Frage 8. Inwieweit stehen die Bestrebungen der Landesregierung, eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Ausschöpfung der rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Spreizung lärmabhängiger Startund Landeentgelte zu verfolgen, mit dieser nun geltenden Entgeltordnung in Widerspruch und inwieweit soll die Fluglärmkommission zukünftig bei der Gestaltung der Entgeltordnung eingebunden werden? Es besteht kein Zusammenhang zwischen den Bemühungen der Landesregierung und der geltenden Entgeltordnung, weil die Spreizung der lärmabhängigen Start- und Landeentgelte nicht Gegenstand der Genehmigung war, also von dem Incentive-Programm unberührt bleibt. Die von der Landesregierung beabsichtigte Weiterentwicklung der lärmabhängigen Start- und Landeentgelte als wichtiges Element der Verhaltenssteuerung wird daher nicht in Frage gestellt. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/128 3 Die Fluglärmkommission wird - wie es auch bisher übliche Praxis war - vor der Genehmigung einer Entgeltordnung am Anhörungsverfahren beteiligt. Auf die Einbringung ihrer Expertise in das Genehmigungsverfahren legt die Landesregierung großen Wert. Frage 9. Gilt die Entgeltordnung auch für den nächtlichen Flugverkehr (22.00 bis 23.00 h und 5.00 bis 6.00 h), so dass mit der Entgeltordnung das Ziel verfolgt wird, auch in der Nacht mehr Flugbewegungen zu generieren? Bezüglich der Beschränkungen der Flugbewegungen in den Nachtrandstunden gelten die restriktiven Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses in seiner aktuellen Fassung. Die Erhebung von Entgelten nach der Entgeltordnung kommt nur in Betracht, wenn danach ein Start oder eine Landung in den Nachtrandstunden überhaupt zulässig ist. Dann werden entsprechend den Regelungen der Entgeltordnung zusätzliche erhebliche Lärmzuschläge für die Nachtzeit erhoben. Wiesbaden, 31. März 2014 Tarek Al-Wazir