Kleine Anfrage Abg. Rock (FDP) vom 19.12.2014 betreffend Beachtung naturschutzrechtlicher Belange bei der Errichtung von Windmessmasten und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Fragesteller: In der Gemeinde Villmar (Gemarkung Seelbach) an der Grenze zu Runkel-Wirbelau soll ein Windmessmast errichtet werden. Der unteren Naturschutzbehörde ist nach deren Information die Existenz eines Schwarzstorchhorstes im unmittelbaren Umfeld des für die Errichtung des Windmessmastes vorgesehenen Grundstücks bekannt. Der Bau und Betrieb eines Windmessmastes an dieser Stelle kollidiert folglich mit den Bestimmungen §44 (1) Bundesnaturschutzgesetz, da der Schwarzstorch zu den besonders streng geschützten Arten zählt. Vorbemerkung der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbrau- cherschutz: Der vom Fragesteller erwähnte Windmessmast befindet sich derzeit in der Planung. Die mögliche Existenz eines Schwarzstorchhorstes ist der Zulassungsbehörde bekannt. Derzeit wird die artenschutzrechtliche Prüfung vom Kreisausschuss des Landkreises Limburg-Weilburg mit Unterstützung durch das Regierungspräsidium durchgeführt. Ob der Bau und Betrieb eines Windmessmastes mit den Bestimmungen des § 44 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) vereinbar ist oder durch geeignete Maßnahmen die Vereinbarkeit herbeigeführt werden kann, ist Gegenstand dieser Prüfung. Dem Ergebnis kann nicht vorgegriffen werden. Diese Vorbemerkungen vorangestellt beantworte ich die kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung wie folgt: Frage 1. Nach welchen Rechtsvorschriften und unter Beachtung welcher Bedingungen und Auflagen wer- den die Errichtung und der Betrieb von Windmessmasten genehmigt? Die Errichtung einer Windmessanlage bzw. eines Windmessmastes bedarf zumindest einer Baugenehmigung nach § 54 Abs. 1 Hessische Bauordnung (HBO). Die Bauaufsichtsbehörde prüft nach § 54 Abs. 1 Satz 1 HBO die Übereinstimmung mit den Bestimmungen über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach §§ 29 ff. Baugesetzbuch (BauGB). Sofern diese Windmessmasten nicht im Bereich eines Bebauungsplangebietes (§ 30 BauGB) oder im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB), sondern im sogenannten Außenbereich errichtet werden sollen, richtet sich deren Zulässigkeit nach § 35 BauGB. Ein Windmessmast, mit dem die Windhöffigkeit eines bestimmten Grundstücks mit Blick auf die vom Betreiber (Bauherrn ) ins Auge gefasste Errichtung einer Windkraftanlage bestimmt werden soll, gehört zu den vom Bundesgesetzgeber in § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB für im Außenbereich bevorrechtigt zulässig erklärten Bauvorhaben, die der "Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie" dienen. Die Windmessanlagen werden i.d.R. befristet zugelassen, so dass als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung zum Rückbau der Anlage und Beseitigung der Bodenversiegelung abzugeben ist. Je nach Lage des Windmessmasts können im Einzelfall weitere Genehmigungserfordernisse hinzutreten (z.B. Artenschutz, Biotopschutz, Schutzgebiete). Eingegangen am 16. März 2015 · Ausgegeben am 19. März 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1280 16. 03. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1280 Frage 2. Werden im Rahmen der Genehmigungserteilung für die Errichtung und den Betrieb solcher Masten artenschutzrechtliche Prüfungen vorgenommen? Einem nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB bevorrechtigt zulässiges Bauvorhaben dürfen im konkreten Einzelfall öffentliche Belange insbesondere des Natur- und Artenschutzes oder Immissionsund Nachbarschutzes nicht entgegenstehen. Bestandteil der Planunterlagen ist deshalb, soweit im Einzelfall nach überschlägiger Einschätzung erforderlich, auch ein artenschutzrechtlicher Fachbeitrag. Da die Neuerrichtung eines Bauvorhabens nach § 35 BauGB einen Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 14 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) darstellt, sind hierzu Antragsunterlagen im Sinne des § 7 in Verbindung mit Anlage 4 der Kompensationsverordnung vorzulegen. Auch diese umfassen artenschutzrechtliche Aspekte. Anders als bei Windkraftanlagen stellen bei Windmessmasten keine drehenden Teile, sondern nur die Abspannseile eine mögliche Gefahr für anfliegende Vögel dar. Zudem können die Bauarbeiten zur Errichtung eines Windmessmastes artenschutzrechtlich bedeutsam sein. Frage 3. Wie wird sichergestellt, dass insbesondere die im § 44 (1) BNatSchG festgeschriebenen Vorgaben zum Schutz besonders und streng geschützter Arten im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb von Windmessmasten angewandt und umgesetzt werden? Bei der im Rahmen des Zulassungsverfahrens vorgesehenen artenschutzrechtlichen Prüfung hat der Antragsteller im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten den Sachverhalt im Sinne der Tatbestandsmerkmale des § 44 BNatSchG zu ermitteln und der Behörde darzulegen. Die Zulassungsbehörde prüft die Erfüllung der Verbotstatbestände auf der Grundlage der Antragsunterlagen und weiterer ihr zur Verfügung stehender Informationen. Kann die Zulassungsfähigkeit nur hergestellt werden, indem bestimmte Maßnahmen zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der betroffenen Arten vorgenommen werden, setzt die Behörde die erforderlichen Nebenbestimmungen fest, die den Schutz besonders geschützter Arten gewährleisten. Frage 4. Wie viele Windmessmasten sind derzeit in Hessen in Betrieb und wo werden diese betrieben? Frage 5. Wie viele Windmessmasten sollen nach Informationen der Behörden errichtet werden und wo sol- len diese errichtet werden? Die Fragen 4 und 5 werden zusammen beantwortet. Weder über bereits zugelassene noch über möglicherweise projektierte Windmessmasten werden landesweite Statistiken geführt, daher liegen der Landesregierung keine vollständigen Informationen diesbezüglich vor. Lediglich für den Bereich Mittelhessen liegen folgende Erkenntnisse vor:  Im Landkreis Limburg-Weilburg wurden bisher drei Windmessmasten genehmigt; eine Anlage (Gemarkung Villmar-Seelbach) ist geplant.  Im Landkreis Marburg-Biedenkopf wurden ebenfalls drei Windmessmasten genehmigt.  Im Vogelsbergkreis sowie im Bereich der Stadt Marburg sind insgesamt drei bereits bestehende Windmessanlagen wieder abgebaut worden. Weitergehende Informationen liegen nicht vor. Wiesbaden, 12. März 2015 Priska Hinz