Kleine Anfrage des Abg. Degen (SPD) vom 13.01.2015 betreffend informelles Beratungsverfahren zum Kerncurriculum gymnasiale Oberstufe und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung des Fragestellers: Im Rahmen des informellen Beratungsverfahrens stehen erste Entwurfsfassungen des Kerncurriculums gymnasiale Oberstufe für eine Einsichtnahme auf der Homepage des Landesschulamts zur Verfügung. Es besteht darüber hinaus die Möglichkeit, zu den Entwurfsfassungen bis zum 25. Januar 2015 fachbezogen Rückmeldung zu geben. Hierzu steht auf der Internetpräsenz des Landesschulamts ein digitales Formular zur Verfügung . Den Rückmeldebogen auf der Homepage müssen Lehrkräfte, die eine Rückmeldung einreichen, namentlich, mit Angabe der Mail-Adresse sowie mit Angabe der Dienststelle (Schule), ausfüllen. Vorbemerkung des Kultusministers: Die Durchführung von Beratungsverfahren ist eine langjährig bewährte Praxis, durch die Veränderungen in der Rahmensetzung für den Unterricht und/oder das schulische Handeln im Vorfeld diskutiert, anhand der entsprechenden Rückmeldungen und Ergebnisse nochmals geprüft und ggf. entsprechend verändert werden können. Zeitangemessen und im Sinne einer Erleichterung des Prozesses für die Personen, Personengruppen oder Institutionen, die eine Rückmeldung abgeben möchten, wurde für das informelle Beratungsverfahren zu den Entwürfen des Kerncurriculums für die gymnasiale Oberstufe ein Online-Verfahren eröffnet. Analog zum Absender der traditionellen Briefform wurden bei der formalen Gestaltung des digitalen Rückmeldeformulars die Felder für den Namen und die Mail-Adresse als Pflichtfelder ausgewiesen, während sowohl das Feld "Dienststelle" als auch das Feld "Vorname" keine Kennzeichnung als Pflichtfeld haben. Eine Übermittlung der Rückmeldung ist ebenfalls uneingeschränkt möglich, wenn diese Felder nicht entsprechend bzw. mit einem Pseudonym ausgefüllt werden. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Warum müssen die Rückmeldungen namentlich und unter Nennung der Dienststelle der Verfasse- rin/des Verfassers erfolgen? Aus der Sicht der Landesregierung ist es eine Selbstverständlichkeit, den Personen, Personengruppen oder Institutionen, die eine namentliche Rückmeldung abgeben möchten, diese Gelegenheit auch in einem online-gestützten Verfahren zu geben. Für die Auswertung und Prüfung der Rückmeldungen ist es grundsätzlich unerheblich, ob ein oder welcher Name bei der Übermittlung der Rückmeldung angegeben wurde. Trotzdem kann die Nennung des Absenders sowie der Mail-Adresse für die Auswertung hilfreich für eine sachgerechte Prüfung der Rückmeldungen und die entsprechende Überarbeitung der Entwürfe sein, um ggf. inhaltliche Rückfragen beim Absender der Rückmeldung zu ermöglichen. Frage 2. Teilt die Landesregierung meine Einschätzung, dass durch dieses personenbezogene Verfahren Lehrkräfte, die den Entwürfen kritisch gegenüberstehen, möglicherweise von einer Rückmeldung abgehalten werden? Nein, es handelt sich nicht um ein notwendigerweise personenbezogenes Verfahren. So ist es beispielsweise in Schulen durchaus übliche Praxis, Rückmeldungen in den Fachkonferenzen für die einzelnen Fächer abzustimmen, so dass nicht unmittelbar ein individueller Personenbezug gegeben ist und mit dem Formular lediglich der Name des Absenders erfasst wird. Die Hessi- Eingegangen am 20. Februar 2015 · Ausgegeben am 26. Februar 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1293 20. 02. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1293 sche Landesregierung sieht eine kritische Auseinandersetzung einer breiten Schulöffentlichkeit mit den vorgelegten Entwürfen als notwendigen Teil der Entwicklung an und hat vor diesem Hintergrund auch die Rückmeldefrist von zunächst fünf auf insgesamt elf Wochen verlängert. Ferner wird auf meine Vorbemerkung und die Antwort zu der Frage Nr. 1 verwiesen. Frage 3. Wie erklärt sich die Landesregierung die im Vergleich zu den Kerncurricula der Sekundarstufe I deutlich ausgeweitete Auffächerung der Kompetenzbereiche in Einzelkompetenzen? Eine maßvolle Modifikation und Differenzierung der für die Sekundarstufe I formulierten Kompetenzbeschreibungen wurde vorgenommen, soweit sie sich notwendigerweise aus der erweiterten Zielsetzung der gymnasialen Oberstufe (vgl. § 1 OAVO) ergibt. Dabei erfolgten die Anpassungen nach Maßgabe der Anschlussfähigkeit an das Kerncurriculum für die Sekundarstufe I. Für die hessischen Kerncurricula für die gymnasiale Oberstufe der Fächer Deutsch, Englisch, Französisch und Mathematik waren die Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife leitend, die mit entsprechendem Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) vom 18. Oktober 2012 für diese Fächer für verbindlich erklärt wurden. Die hier ausgewiesenen Kompetenzbeschreibungen wurden wortidentisch übernommen. Frage 4. Welche Abstimmungen sind bei der Formulierung der einzelnen Kompetenzen mit anderen Bun- desländern erfolgt? Wie bereits im Rahmen der Beantwortung der Frage 3 dargelegt, berücksichtigen die hessischen Entwürfe des Kerncurriculums für die gymnasiale Oberstufe die in o.g. Beschluss ausgewiesenen Kompetenzbeschreibungen vollumfänglich. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die gemäß o.g. Beschluss für verbindlich erklärten Bildungsstandards für die Fächer Deutsch, Englisch , Französisch und Mathematik vom IQB in Zusammenarbeit mit Fachexpertinnen und Fachexperten der Länder, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in den relevanten fachdidaktischen Bereichen sowie in enger Abstimmung mit einer von der KMK eingesetzten Steuergruppe erstellt wurden. Insgesamt sieht die in diesem Zusammenhang von der KMK übernommene Prozesssteuerung durch Implementierung notwendiger Abstimmungsprozesse grundsätzlich eine enge Zusammenarbeit der Länder vor. Dies bezieht sich allerdings nicht nur auf den Prozess, der zu o.g. Beschlussfassung über die Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife führte, sondern ebenso auf den in diesem Zusammenhang relevanten Gesamtprozess, der - ausgelöst durch die Ergebnisse wissenschaftlich fundierter internationaler Vergleichsstudien (TIMSS, PISA und IGLU) - in Gang gebracht wurde. In der Folge legte die KMK einen besonderen Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die Entwicklung und Einführung von bundesweit geltenden Bildungsstandards. Bisher gibt es bundesweit geltende Bildungsstandards für den Primarbereich (Jahrgangsstufe 4) für die Fächer Deutsch und Mathematik, für den Hauptschulabschluss (Jahrgangsstufe 9) für die Fächer Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch, für den mittleren Schulabschluss (Jahrgangsstufe 10) für die Fächer Deutsch, Mathematik, Englisch , Französisch, Biologie, Chemie und Physik und - wie bereits erwähnt - für die Allgemeine Hochschulreife für die Fächer Deutsch, Englisch, Französisch und Mathematik. Frage 5. Welche Abstimmungen sind bei der Formulierung der einzelnen Unterrichtsinhalte mit anderen Bundesländern erfolgt? Ausgehend vom Konzept der KMK-Bildungsstandards legen die einzelnen Länder in eigener Verantwortung Unterrichtsinhalte fest. In Bezug auf die hessischen Kerncurricula für die Fächer Deutsch, Englisch, Französisch und Mathematik waren die gemäß KMK-Beschluss vom 18. Oktober 2012 für verbindlich erklärten Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife auch in Bezug auf den konzeptionellen Rahmen der Unterrichtsinhalte leitend. Frage 6. Wie werden die Rückmeldungen zu den Entwurfsfassungen verarbeitet? Alle eingehenden Rückmeldungen werden fachbezogen sowie in Bezug auf überfachliche Aspekte ausgewertet. Auf der Grundlage der Auswertungsergebnisse wird in einem weiteren Verfahrensschritt die Fassung erstellt, die Grundlage des formellen Beteiligungsverfahrens sein wird. Frage 7. Sind die Rückmeldungen für die Fraktionen oder für Lehrkräfte einsehbar? Erst nach Abschluss des Rückmeldeverfahrens bzw. eingehender Prüfung der Rückmeldungen kann entschieden werden, in welcher Weise die daraus resultierenden Ergebnisse entsprechend veröffentlicht werden können. Ein wichtiges Kriterium, das in diesem Zusammenhang höchste Priorität genießt, ist die Wahrung der Anonymität bzw. der Persönlichkeitsrechte der Personen, die im Rahmen des informellen Beratungsverfahrens eine Eingabe unter Angabe ihres Namens getätigt haben. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1293 3 Frage 8. Wie gestaltet sich das weitere Verfahren bis zum Inkrafttreten der Kerncurricula für die gymna- siale Oberstufe? Im Anschluss an das informelle Beratungsverfahren folgt das im gesetzlichen Rahmen durchzuführende formelle Beteiligungsverfahren. Die endgültigen Textfassungen der Kerncurricula liegen gemäß Planung zu Beginn des Schuljahres 2015/2016 vor. So können sich die Schulen - deutlich vor Inkraftsetzung - mit den neuen curricularen Grundlagen befassen. Es ist geplant, dass die Kerncurricula mit Schuljahresbeginn 2016/2017 die bislang gültigen Lehrpläne für die gymnasiale Oberstufe beginnend mit der Einführungsphase als verbindliche Grundlage für den Unterricht in der gymnasialen Oberstufe ablösen und erstmals im Schuljahr 2018/2019 Grundlage für das Landesabitur sind. Wiesbaden, 10. Februar 2015 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz