Kleine Anfrage des Abg. Dr. Spies (SPD) vom 16.01.2015 betreffend Schwierigkeiten bei der Erreichbarkeit des ärztlichen Notdienstes in Hessen Ende Dezember 2014 und Anfang 2015 und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragesteller: Zum Jahreswechsel 2014/2015 wurde erstmals der gesamte ärztliche Bereitschaftsdienst auf das neue CallCenter -Modell der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) umgestellt. Laut Presseberichten war es dabei teilweise über Stunden hinweg nicht möglich, die Nummer 116 117 telefonisch zu erreichen oder zumindest in die Warteschleife zu gelangen. Vorbemerkung des Ministers für Soziales und Integration: Im Rahmen des Sicherstellungsauftrages nach § 75 Abs. 1 SGB V hat die KVH auch die Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten zu gewährleisten (= Ärztlicher Bereitschaftsdienst - ÄBD). Jede Vertragsärztin bzw. jeder Vertragsarzt ist verpflichtet, sich an der Versorgung der Versicherten auch außerhalb der Sprechzeiten zu beteiligen. In der Gestaltung des ÄBD ist die KVH frei. Das bedeutet, die KVH als Selbstverwaltungskörperschaft des öffentlichen Rechts kann den ÄBD entsprechend eigenverantwortlich regeln und organisieren. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. In welchen Bereitschaftsdienstbereichen in Hessen war jeweils an welchen Tagen zwischen dem 20.12.2014 und dem 04.01.2015 die ambulante ärztliche Versorgung nur oder überwiegend durch den Ärztlichen Notdienst/Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) gewährleistet? Die KVH hat der Landesregierung zur Beantwortung dieser Frage die in der Anlage 1 beigefügte Tabelle über die Dienst- bzw. Öffnungszeiten der Bereitschaftsdienstzentralen zur Verfügung gestellt. Zur besseren Verständlichkeit führt die KVH in ihrer Stellungnahme vom 02.02.2015 dazu noch aus: "Soweit ein Eintrag "8 bis 9 Uhr" lautet (so z.B. beim ÄBD-Bereich Lahn-Dill-Süd, Zentrale Wetzlar am 20.12.2014), bedeutet dies, dass die Zentrale 25 Stunden von 8 Uhr am 20.12. bis 9 Uhr am 21.12. besetzt war. Der Eintrag "8 bis 8 Uhr" bedeutet entsprechend, dass die Zentrale 24 Stunden und somit durchgehend besetzt war. In der Tabelle werden zudem zwei Abkürzungen verwendet: "HBD" bedeutet Hausbesuchsdienst, "n.v." nicht vorhanden, die Bereitschaftsdienstzentrale war an diesen Tagen nicht besetzt. Zudem finden Sie bei den Bereitschaftsdienstzentralen Herborn und Biebertal ab dem 01.01.2015 den Eintrag "Schließung der Zentrale". Die Zentrale Herborn wurde zu diesem Zeitpunkt zusammengelegt mit der Zentrale Dillenburg, die Zentrale Biebertal mit der Zentrale Gießen." Frage 2. Wie viele Patientinnen und Patienten haben jeweils tagesweise im Zeitraum zwischen dem 20.12.2014 und dem 04.01.2015 in ganz Hessen und einzeln für jeden Bereitschaftsdienstbezirk den ärztlichen Bereitschaftsdienst aufgesucht? Die KVH gibt in ihrer Stellungnahme vom 02.02.2015 an, dass Daten zu den Patientenzahlen zum jetzigen Zeitpunkt nicht zur Verfügung gestellt werden können. Die ÄBD-Zentralen führen nach Angaben der KVH keine separaten Patientenlisten. Eine Auswertung der Patientenzahlen kann erst mit Eingang und Bearbeitung der Abrechnung erfolgen. Die Abrechnung für das vier- Eingegangen am 2. März 2015 · Ausgegeben am 4. März 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1491 02. 03. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1491 te Quartal 2014 wird erst in den nächsten Monaten bearbeitet werden, die Abrechnung für 1/2015 wird erst zu Beginn des zweiten Quartals eingereicht. Frage 3. Wie viele Anrufe erfolgten an die Nummer 116 117 jeweils tagesweise im Zeitraum zwischen dem 20.12.2014 und dem 04.01.2015 in Deutschland und in Hessen? In ihrer Stellungnahme vom 02.02.2015 führt die KVH aus, dass diese lediglich über die Anrufzahlen in Hessen verfügt. Aus diesem Grund kann sie zur bundesweiten Nutzung und Erreichbarkeit der Rufnummer 116 117 keine Angaben machen. Die Anzahl der Anrufe pro Tag ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: Datum Anzahl Anrufe Datum Anzahl Anrufe 04.01.2015 2.231 26.12.2014 2.843 03.01.2015 2.577 25.12.2014 2.661 02.01.2015 3.868 24.12.2014 2.494 01.01.2015 2.594 23.12.2014 1.292 31.12.2014 2.665 22.12.2014 1.043 30.12.2014 2.701 21.12.2014 2.073 29.12.2014 3.036 20.12.2014 2.303 28.12.2014 2.377 27.12.2014 2.813 GESAMT 39.571 Tabelle 1: Anrufe pro Tag (Quelle: KVH, Schreiben vom 02.02.2015) Frage 4. Über welchen Zeiten war die Nummer 116 117 so überlastet, dass die Anrufer des Anschlusses ein "Besetzt-Zeichen" o.ä. erhielten? Hierzu führt die KVH in ihrer Stellungnahme vom 02.02.2015 aus, dass die Rufnummer 116 117 aufgrund eines technischen Fehlers in vielen Bundesländern am 26.12.2014 im Zeitraum zwischen 8 und 12 Uhr nicht an den zuständigen ärztlichen Bereitschaftsdienst vermittelt hat. Die Anrufer erhielten die für einen Freitag ansonsten normale, an diesem Tag aber selbstverständlich falsche Ansage, dass der ÄBD in diesem Zeitraum nicht im Dienst ist. Davon betroffen war insbesondere der hessische Norden, wobei die KVH mangels Daten nicht im Detail sagen kann, welche Bereitschaftsdienstzentralen konkret hiervon betroffen waren. Weitere Informationen zu Störungen der Rufnummer 116 117 liegen der KVH nicht vor. Die KVH betont, dass die Erreichbarkeitsprobleme der Dispositionszentralen rein technischer Natur waren. Diese Probleme seien ärgerlich, ließen sich jedoch nicht immer gänzlich vermeiden . Sogar bei den wichtigen Notrufnummern 110 und 112 könnten jederzeit technische Probleme , die die Erreichbarkeit einschränken oder ausschließen, auftreten. So sei nach Angaben der KVH auch am Tag der Unterzeichnung dieses Schreibens (02.02.2015) der Notruf 110 für den Main-Taunus-Kreis nicht erreichbar gewesen. Frage 5. Wie lange waren die maximalen Wartezeiten in der telefonischen Warteschleife? Die maximale Wartezeit im Zeitraum um die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel betrug nach Angaben der KVH 44 Minuten 30 Sekunden. Hierbei handelt es sich jedoch um einen Einzelfall . Eine Analyse der Wartezeiten durch die KVH hat ergeben, dass die durchschnittliche Wartezeit für den gesamten Zeitraum bei 2 Minuten 37 Sekunden lag. Frage 6. Gab es im genannten Zeitraum zwischen dem 20.12.2014 und dem 04.01.2015 eine Zunahme der Notrufe unter 112 oder 110? Zur Beantwortung dieser Fragen hat die Hessische Landesregierung eine Abfrage bei den Zentralen Rettungsdienst-Leitstellen vorgenommen. Die Ergebnisse der Abfrage werden nachfolgend dargestellt: Rheingau-Taunus-Kreis: Eine Aussage für den Rheingau-Taunus-Kreis ist nicht möglich, da die Umstellung auf den ÄBD erst zum 05.01.2015 erfolgte. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1491 3 Darmstadt-Dieburg: Es konnte keine Zunahme der Notrufe 112 für den o.g. Zeitraum festgestellt werden. Die Zusammenarbeit mit dem ÄBD erfolgte nach Angaben des Rettungsdienstes/Zentralen Leitstelle bisher ohne Beanstandungen. Hochtaunuskreis: Eine Aussage für den Hochtaunuskreis ist nicht möglich, da die Umstellung auf den ÄBD erst zum 05.01.2015 erfolgte. Bergstraße: Es ist keine Aussage für den Landkreis Bergstraße möglich, da noch keine Zahlen für eine Auswertung vorliegen würden. Vogelsbergkreis: Es wurde ein Mehraufkommen von Notrufen in der Leitstelle festgestellt. Schwalm-Eder-Kreis: Für den Schwalm-Eder-Kreis wurde der hessischen Landesregierung mitgeteilt, dass eine Zunahme der Notrufe für den o.g. Zeitraum vorgelegen hätte. Nach Angaben des Kreisausschusses würde zudem auffallen, dass nach 24 Uhr häufig medizinische Notfälle durch den ÄBD an die Zentrale Leitstelle gemeldet würden, die nach Betrachtung der Rückmeldezahl keinen Einsatz für den Rettungsdienst erfordert hätten. Konkrete Auswertungen liegen jedoch nicht vor. Lahn-Dill-Kreis: Es ist für den Lahn-Dill-Kreis keine Aussage im Zusammenhang mit dem ÄBD möglich, da aus Sicht des Lahn-Dill-Kreises allein die Feiertagskonstellation und regionale Unterschiede (Grippewellen , Magen-Darm-Erkrankungen usw.) zu einem veränderten Notrufverhalten führen können . Marburg-Biedenkopf: Für den Landkreis Marburg-Biedenkopf sind keine Aussagen möglich. Main-Kinzig-Kreis: Nach Auswertung der Zahlen ist für den o.g. Zeitraum keine signifikante Steigerung zu den Wochen vorher oder nachher erkennbar, jedoch aber gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Es kann aber keine Aussage darüber getroffen werden, ob diese im Zusammenhang mit dem ÄBD stehen. Main-Taunus-Kreis: Eine Aussage für den Main-Taunus-Kreis ist nicht möglich, da die Umstellung auf den ÄBD erst zum 05.01.2015 erfolgte. Stadt Frankfurt: Es konnte keine Steigerung in der Zahl der Notrufe für den o.g. Zeitraum festgestellt werden. Stadt Offenbach: Es konnte keine Zunahme der Notrufe in dem o.g. Zeitraum festgestellt werden. Landkreis Waldeck-Frankenberg: Es wurde angegeben, dass für den Zeitraum vom 20.12.2014 bis 04.01.2015 eine Zunahme der Notrufe von 37% im Vergleich zum Vorjahr erfolgte. Insgesamt wurde für das Jahr 2014 eine Steigerung der Notrufe von insgesamt 16,7% verzeichnet. Werra-Meissner-Kreis: Es wurde eine leichte Steigerung der Einsatzzahlen im Dezember 2014 erfasst. Landkreis Fulda: Es wird durch den Kreisausschuss mitgeteilt, dass am Morgen des 26.12.2014 ca. 25-30 Anrufe bei der Leitstelle eingegangen sind, die eigentlich die ÄBD-Hotline erreichen wollten. Dort lief eine Bandansage mit dem Hinweis, in dringenden Fällen die 112 zu wählen. Seitens der Leitstelle wurde die ÄBD-Zentrale über die dort hinterlegte Rufnummer (nicht 116 117) erreicht und um Problembehebung gebeten. Bis zur Störungsbeseitigung wurden die Anrufer direkt an den ÄBD Fulda vermittelt. 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1491 Darmstadt: Es können für Darmstadt keine Zahlen über die Zunahme von Notrufen geliefert werden. Aktuell gäbe es Rückmeldungen von Anrufern, die ein langes Besetztzeichen bei der Zentralen Telefonnummer 116 117 monierten. Die Erfahrungen in der Leitstelle gehen ebenfalls in diese Richtung . Landkreis Hersfeld-Rotenburg: In der Zentralen Leitstelle gingen 33 Anrufe mit Beteiligung des ÄBD in dem Zeitraum vom 20.12.2014 bis 04.01.2015 ein. Dies entspricht 2,06 Anrufe/Tag. Ein Vergleichszeitraum wurde vom 01.10.2014 bis 10.01.2015 entgegengestellt. Hier gingen nach Angaben des Kreisausschusses 151 Anrufe ein. Dies entspricht 1,48 Anrufe/Tag. Aus Sicht des Kreisausschusses ist somit eine Zunahme zu verzeichnen. Landkreis Limburg-Weilburg: Der Kreisausschuss führt in seiner Antwort aus, dass der I. Kreisbeigeordnete und Gesundheitsdezernent Helmut Jung einen Erfahrungsbericht zum ÄBD (Anlage 2) in der Kreistag-Sitzung im Dezember vorgelegt hat, der auch an die KVH weitergeleitet wurde mit der Bitte zu überprüfen , inwieweit Veränderungen in der Organisation des ÄBD zu einer verbesserten Versorgung der Patienten und eine konfliktärmere Tätigkeit möglich sind. Wie den Antworten entnommen werden kann, ist in einigen Landkreisen eine Zunahme der Notrufe unter 112 oder 110 im genannten Zeitraum zwischen dem 20.12.2014 und dem 04.01.2015 zu verzeichnen. Diese können aber nicht mit Bestimmtheit auf die Umstellung des ÄBD zurückgeführt werden. Allein die Feiertagskonstellation und regionale Unterschiede, wie das Auftreten von Grippewellen, Magen-Darm-Erkrankungen usw. können zu einem Anstieg der Notrufe unter 112 oder 110 führen. Die KVH gibt gegenüber der Landesregierung an, dass mit der ÄBD-Reform auch eine Evaluation durchgeführt wird. Dazu wird die KVH eine neutrale und wissenschaftlich renommierte Stelle mit der Evaluation beauftragen. Erste Gespräche seien dabei bereits mit der Universität Frankfurt vereinbart. Damit soll sichergestellt werden, dass die Evaluation den Versorgungsgesichtspunkt der Patienten im Fokus hat und die Qualität der Ergebnisse auf wissenschaftlich fundierter Basis erfolgt. Frage 7. Ist die Landesregierung angesichts der Ergebnisse der Auffassung, dass die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung zu jedem Zeitpunkt in Hessen gewährleistet ist? Bisher liegen der hessischen Landesregierung keine Hinweise vor, dass die KVH den ihr obliegenden Sicherstellungsauftrag nicht erfüllt. Eine Verletzung des Sicherstellungsauftrages durch die KVH ist nicht zu erkennen. Die hessische Landesregierung wird die Neuorganisation des ÄBD aber weiterhin sehr eng begleiten, sowohl bezüglich einer verbesserten Transparenz gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern als auch in Bezug auf die Fragestellung der angemessenen Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten . Wiesbaden, 19. Februar 2015 Stefan Grüttner Anlage(n): Die komplette Drucksache inklusive der Anlage kann im Landtagsinformationssystem abgerufen werden  www.Hessischer-Landtag.de Anlage zu KA 19/1491 Anlage zu KA 19/1491 Anlage zu KA 19/1491 Anlage zu KA 19/1491 Anlage zu KA 19/1491 Anlage zu KA 19/1491 Anlage zu KA 19/1491 Anlage zu KA 19/1491 Anlage zu KA 19/1491 Anlage zu KA 19/1491 Anlage zu KA 19/1491 Anlage zu KA 19/1491 Anlage zu KA 19/1491 Anlage zu KA 19/1491 1491_Anlagen.pdf Anlage_1 Anlage_2 Anlage_3