Kleine Anfrage der Abg. Dr. Sommer (SPD) vom 22.01.2015 betreffend Museen als außerschulische Lernorte und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung der Fragestellerin: Die Lehrpläne der Bundesländer, so auch in Hessen, fordern als methodisches Ziel die Begegnung der Schülerinnen und Schüler mit dem Lerngegenstand. Daher sollen auch außerschulische Lernorte, wie beispielsweise Museen aufgesucht werden. Dies soll den Realbezug zu Bildungsinhalten außerhalb des Klassenzimmers herstellen. Schulisches und außerschulisches Lernen kann so verbunden werden und als erfahrungsorientierter Unterricht in der Bildungslandschaft fungieren. Bereits der Lernpsychologe Piaget weist darauf hin, dass Auseinandersetzungen mit der Umwelt bzw. dem Lerngegenstand für Kinder, vor allem im Alter zwischen sieben und elf Jahren wichtig für den Verstehensprozess sind. Auch Dewey's "Learning by doing" betont den Zusammenhang von Denken und Handeln und verweist auf die Schritte: Tun, Verstehen, Verinnerlichen und Automatisieren, die praktisches Handeln und nachvollziehendes Denken verschränken. In Abstimmung mit den Lehrplänen können Museen als außerschulische Lernorte eine wichtige Ergänzung zum Schulunterricht darstellen und die Schlüsselkompetenzen (Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz ) bei Kindern und Jugendlichen stärken. Sie können Lern- bzw. Arbeitsräume sein, die kreative, experimentelle und lernortnahe Erkundungen und somit eine Öffnung von Bildungssettings ermöglichen. Hier können neben dem originären Fachbezug im Unterricht Lebenszusammenhänge erfahrbar gemacht werden. Vorbemerkung Kultusministers: Die Lehrerinnen und Lehrer an den hessischen Schulen integrieren außerschulische Lernorte vielfach in ihren Unterricht, um ihn noch stärker an der Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler zu orientieren. Die Schülerinnen und Schüler lernen einerseits, erworbene Kompetenzen in lebensnahen Lernsituationen anzuwenden, zu überprüfen und zu vertiefen. Andererseits ermöglicht ihnen das erfahrungsorientierte Lernen an außerschulischen Lernorten den Unterrichtsstoff besser zu verstehen und Wissen zu festigen. Viele Museen, Archive, Gedenkstätten , Umweltzentren, Science Center, Biologielabore, Chemielabore und zahlreiche andere Einrichtungen arbeiten mit modernen pädagogischen Konzepten hoch professionell und adressatenorientiert . Ferner dient der Besuch von Theateraufführungen und Konzerten oder Betriebserkundungen mit entsprechender Vor- und Nachbereitung im Unterricht ebenfalls als wichtiger Beitrag des Lernens an außerschulischen Lernorten. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich im Einvernehmen mit dem Hessischen Minister für Wissenschaft und Kunst die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welche Bedeutung misst die Landesregierung Museen als außerschulischen Lern- bzw. Erfah- rungsorten zu? Die Hessische Landesregierung misst den Museen eine hohe Bedeutung als Orten des außerschulischen Lernens zu. Das besondere Interesse der Landesregierung gilt der nachwachsenden Generation, die als zukünftige Museumsbesucher und Sachwalter unseres kulturellen Erbes zu gewinnen ist. Die in den Museen gesammelten Exponate, seien es Kunstwerke oder kulturgeschichtlich und historisch bedeutsame Gegenstände, sind in hervorragendem Maße für das außerschulische Lernen geeignet und bieten eine stimulierende Lernumwelt für Kinder und Jugendliche, die die Kreativität und Urteilsfähigkeit fördert. Das Museum als Lernort bietet die Gelegenheit zur Erweiterung der Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten und fördert damit nachhaltig Wissensbildung. Eingegangen am 30. März 2015 · Ausgegeben am 31. März 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1515 30. 03. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1515 Frage 2. Welche herausragenden, bewährten außerschulischen Lernorte gibt es in Hessen und wie zeichnen sich diese aus? Prinzipiell kann ein außerschulischer Ort zu einem Lernort werden, wenn er von Schülerinnen und Schülern gemeinsam mit Lehrkräften besucht wird, um Unterrichtsinhalte zu veranschaulichen und Kompetenzen zu erwerben. Ein außerschulischer Lernort ist in besonderer Weise geeignet , wenn dieser mit pädagogischem Fachpersonal und altersgerecht pädagogisch aufbereiteten Bildungsangeboten, die auf die Unterrichtsinhalte in den Kerncurricula und Lehrplänen abgestimmt sind sowie unterschiedliche Erfahrungsdimensionen ansprechen und nachhaltig wirken , ausgestattet ist. Das trifft zum Beispiel auf viele Gedenkstätten in Hessen zu, die an die nationalsozialistische Gewaltherrschaft und die SED-Diktatur erinnern und somit einen wichtigen Beitrag leisten, damit solche menschenverachtenden Systeme nie mehr eine Chance in Deutschland haben. Das Pädagogische Zentrum des Fritz-Bauer-Instituts und des Jüdischen Museums in Frankfurt beispielsweise verbindet jüdische Geschichte und Gegenwart sowie Geschichte und Nachgeschichte des Holocaust in Lehrerfortbildungen, Workshops und Studientagen an Schulen und bietet Schulen Unterrichtsmaterialien und Beratung an. Das Dokumentations- und Informationszentrum Stadtallendorf steht als Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus der Öffentlichkeit und insbesondere Schulen zur Verfügung. In Hadamar wird vor allem an die Opfer der nationalsozialistischen Euthanasie-Morde erinnert, in Breitenau unter anderem an politisch Verfolgte in der NS-Zeit und in Trutzhain an die Situation im ehemaligen Kriegsgefangenenlager . Die Mahn-, Gedenk- und Begegnungsstätte Point Alpha sowie das Grenzmuseum Schifflersgrund offerieren hervorragende pädagogische Angebote im Zusammenhang mit der SEDDiktatur und der deutschen Teilung. Auch Archive sind Beispiele für außerschulische Lernorte mit oftmals hervorragenden pädagogischen Angeboten für Schülerinnen und Schüler. Konkret zu Museen gilt es festzuhalten, dass alle Museen mit hauptamtlichen Museumspädagogen grundsätzlich den Auftrag haben, Angebote als außerschulische Lernorte vorzuhalten. Da die Fragestellerin Museen in ihrer Fragestellung besonders erwähnt, soll darauf im Einzelnen eingegangen werden: Zu nennen sind zunächst die hessischen Landesmuseen in Darmstadt und Wiesbaden, die Museumslandschaft Hessen Kassel, das Römerkastell Saalburg Archäologischer Park sowie die Keltenwelt am Glauberg. Die Abteilung Bildung und Vermittlung am Hessischen Landesmuseum Darmstadt hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein "Museum für alle Besucher" zu sein. Sie kümmert sich um die Bedürfnisse und Wünsche sowohl der Individualbesucher als auch der öffentlichen Bildungseinrichtungen . Inhaltlich und thematisch wird hierbei auf die hessischen Bildungs- und Erziehungspläne Bezug genommen. Das Museum Wiesbaden stellt die Bedürfnisse und Interessen von Kindern und Jugendlichen in den Mittelpunkt des museumspädagogischen Konzepts. Inhaltlich wird auch hierbei auf die hessischen Bildungs- und Erziehungspläne Bezug genommen. Im Bereich Lehrerfortbildung bietet das Museum in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Schulamt Wiesbaden die Möglichkeit, mit den Wissenschaftlern des Museums Wiesbaden Kunst und Natur im Museum und die museumspädagogischen Arbeitsräume und Angebote kennenzulernen. Die Welterbepädagogik bildet seit der Ernennung zum Weltkulturerbe im Juni 2013 einen besonderen Schwerpunkt in der Museumslandschaft Hessen Kassel. Durch den Zusammenschluss im Museumspädagogischen Rat wurde die Planung handlungs- und kompetenzorientierter Führungen auf der Grundlage der neuen Bildungsstandards in allen Kasseler Museen ermöglicht, um ein umfangreiches Fortbildungsangebot in Kooperation mit dem Staatlichen Schulamt Kassel und für den Landkreis Kassel anzubieten. Das Römerkastell Saalburg ist als Bestandteil des UNESCO-Welterbes ObergermanischRaetischer Limes ein herausragender und seit vielen Jahren bewährter außerschulischer Lernort. Als solcher ist es mit seinen Angeboten für Schulen auch auf dem Hessischen Bildungsserver präsent. Umfangreiche gezielte Angebote für Kinder, Jugendliche und Schulklassen stehen zur Verfügung und werden kontinuierlich weiterentwickelt. Das Museum betreut jährlich mehrere Schülerpraktikanten, pflegt enge, projektbezogene Kooperationen mit Schulen und bietet Lehrerfortbildungen an. Neben allgemein zugänglichen Informationen werden angeleitete Führungen , Vorführungen und Aktivprogramme angeboten. Ein wesentlicher Aspekt der museumspädagogischen Arbeit ist die traditionelle Ausrichtung auf interdisziplinäres und fächerübergreifendes Arbeiten. In der Keltenwelt am Glauberg werden kontinuierlich zielgruppenorientierte Angebote für Schulklassen entwickelt. Dies betrifft vor allem die Entwicklung von Modulen, die durch die didaktische Aufbereitung von archäologisch-wissenschaftlichen Methoden den Fokus auf "Kompetenzerwerb " und "fächerübergreifendes Lernen" richten. Die zahlreichen inhaltlichen Programmangebote bieten einen altersgerechten Einstieg in die Wissenschaft und zeigen Möglich- Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1515 3 keiten auf, wie unterschiedliche curriculare Aspekte mit Hilfe archäologischer Themen handlungsorientiert erarbeitet werden. Doch auch in den meisten kleineren nebenamtlich geführten Museen steht die Eigenaktivität von Schulklassen im Fokus des Unterrichtsarrangements. Viele Museen unterhalten Kooperationen oder Partnerschaften. Beispielhaft seien folgende Einrichtungen genannt: Das Hessische Braunkohle und Bergbau-Museum Borken erhielt 2006 den Museumspreis der Sparkassen-Kulturstiftung. Von dem erhaltenen Preisgeld wurde im letzten Jahr die "Baggerspielelandschaft " als neuer museumspädagogischer Baustein eingerichtet. Hier werden für Schulklassen erlebnisorientiertes Lernen geboten und museale Inhalte altersadäquat und haptisch vermittelt. Eine überwiegende Anzahl der Frankfurter Museen bietet ein großes Spektrum an Angeboten für Schulklassen jeder Altersstufe an. Zum Beispiel bietet das Bibelhaus Erlebnismuseum neben einer Vielzahl an Vermittlungsangeboten für Grundschulen, Mittel- und Oberstufe auch Lehrerfortbildungen an. Das Kindermuseum im Historischen Museum Frankfurt greift vielfältige Perspektiven von Kindern unterschiedlicher Altersstufen auf und bietet ein umfangreiches Programm mit aktiver Teilhabe der Besucher. Die Gedenkstätte und Museum Trutzhain besitzt als historischer Ort die besondere Chance, den Schülern den Zugang über sinnliches Lernen zu eröffnen. Dafür stehen Führungen, Workshops und Tagesveranstaltungen zur Verfügung. Es bestehen Kooperationen mit benachbarten Schulen , Lehrerfortbildungen werden angeboten. Das Philipp-Reis-Haus und Heimatmuseum Seulberg der Stadt Friedrichsdorf wird besonders von Grundschulklassen besucht, da der heimatkundliche Unterricht hier spielerisch und praxisnah vertieft werden kann. In Theorie und Praxis erkunden die Schüler im Bioversum Kranichstein die Ausstellung und die Lebensräume Wald, Wiese, Bach und Teich. Die Themen sind angelehnt an die Lehrpläne und reichen vom Auseinandersetzen mit den Inhalten bis zum eigenständigen Forschen und wissenschaftlichen Arbeiten. Der Tier- und Pflanzenpark Fasanerie in Wiesbaden bietet bei freiem Eintritt eine überzeugende naturpädagogische Konzeption. Aufgrund der besonderen Bedeutung der MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik für die Zukunft des Hochtechnologiestandorts Deutschland und damit auch Hessens ist die Förderung der MINT-Bildung ebenfalls ein zentrales Anliegen der Landesregierung . Im Kontext außerschulischer Lernorte sind hier verschiedene Schülerlabors und Science-Center zu nennen, die je nach Schwerpunktsetzung für Kinder und Jugendliche von der Grundschule bis zur Oberstufe Experimente, Demonstrationen, Ferienkurse und Projektveranstaltungen anbieten , den Unterricht sinnvoll ergänzen und dadurch eine nachhaltige Wirkung entfalten. Dies sind u.a. folgende Einrichtungen: Schülerlabor der Goethe-Universität Frankfurt (Chemie), Chemikum Marburg, die Juniorlabors der TU Darmstadt in Kooperation mit dem Unternehmen Merck, das Schülerlabor der Justus-Liebig-Universität Gießen, das Propädeutikum Marburg, das GSI-Schülerlabor Darmstadt, das Techniklabor "Abenteuer Technik" der TU Darmstadt, das Mathematikum Gießen, das Schülerforschungszentrum Nordhessen, Science Bridge Kassel, Biologielabor Kassel, Zentrum für Mathematik Bensheim, Zentrum für Mathematik Wetzlar, Zentrum für Chemie Bensheim. Themen der nachhaltigen Entwicklung werden durch die regionalen Umweltbildungszentren gestärkt , mit denen das Hessische Kultusministerium (HKM) und das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) im Rahmen des Programms "Umweltschule - Lernen und Handeln für unsere Zukunft" zusammenarbeiten. Diese übernehmen die Betreuung und Beratung der Schulen bei der Verankerung von Themen der nachhaltigen Entwicklung im Unterricht und im Schulalltag. Darüber hinaus haben sie eine regionale Lotsenfunktion, indem sie auch andere außerschulische Lernorte an die Schulen vermitteln und Anbietern bei der Entwicklung schulnaher Angebote helfen. Mit der Unterstützung der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes wird diese regionale Vernetzung zunehmend weiter zu regionalen Bildungsregionen ausgebaut. Über die Kooperation mit den Bildungszentren hinaus arbeiten das HKM und das HMUKLV insgesamt mit dem Landesverband Hessen der Arbeitsgemeinschaft Natur- und Umweltbildung (ANU) zusammen, der die Interessen der außerschulischen Bildung in den Themenfeldern Naturschutz, Umwelt und Nachhaltigkeit wahrnimmt. 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1515 Außerdem unterstützt die Landesregierung im Rahmen des Landesprogramms "Bauernhof als Klassenzimmer" gemeinsam mit dem Hessischen Bauernverband durch Fortbildungen, Lehrerkongresse und ein eigenes Internetportal landwirtschaftliche Betriebe als außerschulische Lernorte . Frage 3. Wie und unter welchen Voraussetzungen, Bedingungen bzw. Kriterien werden diese außerschuli- schen Lernorte durch die Landesregierung unterstützt und beworben? So vielfältig und heterogen außerschulische Lernorte sind, so vielfältig fällt auch die Unterstützung aus. Beispiele sind die Bereitstellung der Infrastruktur für Museen, Stärkung der Informationsarbeit , Verleihung von Zertifikaten im Bereich der Bildung für nachhaltige Entwicklung und die Bereitstellung von Anrechnungsstunden für Lehrkräfte, die Konzepte und Materialien zur Anbindung außerschulischer Lernorte an die unterrichtliche Praxis entwickeln sowie Besuche von Schülerinnen und Schüler vorbereiten und vor Ort begleiten. Konkret wurden die Museen durch die Landesregierung als "Außerschulische Lernorte" im Jahr 2014 mit einer Gesamtfördersumme von rund 57.000 € gefördert. Für den Mandanten "Historisches Erbe" sind im Landeshaushalt 2015 insgesamt rund 67.000 € veranschlagt. Die Bereitstellung und Beibehaltung der räumlichen, personellen und ausstattungstechnischen Infrastruktur zur Durchführung didaktischer bzw. museumspädagogischer Angebote sowie die Finanzierung von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen unterstreichen den Wert, der diesen außerschulischen Lernorten beigemessen wird. Mit der Einführung des freien Eintritts für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre bei der Museumslandschaft Hessen und im letzten Jahr in allen Kunstmuseen des Landes Hessen kommt das Land seinem Bildungsauftrag zusätzlich in besonderer Weise nach. Die (Fach)lehrerinnen und -lehrer werden über die Schulämter zu Lehrerworkshops eingeladen, die zu allen Sonderausstellungen und wechselnden Themen angeboten werden. Darüber hinaus werden die Sonderausstellungen in den Schulen mit Plakaten, Handzetteln und einer genauen Beschreibung der Workshop-Angebote für die einzelnen Schulstufen beworben. Seit 2013 vergeben das Hessische Kultusministerium, das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und das Hessische Ministerium für Soziales und Integration ein Zertifikat "Zertifizierte Bildungsträger für nachhaltige Entwicklung". Bisher haben 21 außerschulische Bildungsträger dieses Zertifikat erworben. Die zertifizierten Bildungsträger werden über die Internetseite des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz , Landwirtschaft und Verbraucherschutz besonders beworben. Parallel zum Zertifikat werden begleitende Fortbildungen zu den Themenfeldern der nachhaltigen Entwicklung und den Hessischen Bildungsstandards für die interessierten außerschulischen Lernorte angeboten. Hier arbeitet die Landesregierung mit dem Landesverband Hessen der Arbeitsgemeinschaft Naturund Umweltbildung zusammen. Frage 4. Wie wird die Landesregierung diese außerschulischen Lernorte als Teil der Bildungslandschaft nachhaltig verankern, um Wissen und Kompetenzen zu fördern, nachhaltig zugänglich zu machen und zu sichern? Eine wichtige Grundlage für die museumspädagogische Arbeit und die pädagogische Arbeit in den anderen genannten Einrichtungen ist das Bewusstsein für die Verantwortung als außerschulischer Lernort. So sind Museen und viele andere außerschulische Einrichtungen ein bedeutender Baustein des "Bildungslandes Hessen" und tragen mit ihren Angeboten maßgeblich zum "Kinderland Hessen" bei. Die hessische Landesregierung ist deshalb bestrebt, neben den vielfältigen Angeboten zur Freizeitgestaltung für Einzelbesucher und Touristen eine möglichst große Bandbreite an Angeboten für Schulklassen unterschiedlicher Altersstufen mit Bezug zu diversen Themengebieten anzubieten und die bisherigen Aktivitäten zu verstetigen sowie zielgruppenorientiert weiter zu entwickeln. Ein Zusammenwirken mit den Schulämtern, den Schulen selbst und anderen Bildungsträgern - von den Hochschulen bis hin zu den Kindertagesstätten - dient dazu, die bestehenden Bildungsstandards in den Bildungsplänen zu sichern. Darüber hinaus erstellt eine Arbeitsgruppe im Rahmen der Hessischen Nachhaltigkeitsstrategie derzeit Konzepte und Vorschläge zur dauerhaften Verankerung der Zusammenarbeit mit außerschulischen Lernorten in allen Facetten der nachhaltigen Entwicklung und der regionalen Vernetzung der Bildungsträger. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1515 5 Frage 5. Wie ist die Thematik "Außerschulische Lernorte"/"Außerschulisches Lernen" in den Hessischen Lehr- und Rahmenplänen verankert? (bitte nach Schulform, Fach, Klassenstufe getrennt) a) Welche konkreten Aussagen machen die Lehr- und Rahmenpläne diesbezüglich? b) Wie wird im Schulalltag bzw. im Lehrplan die Kluft von problembezogenen, fächerübergrei- fenden, fachdidaktischen und erziehungswissenschaftlichen Lernbereichen bzgl. außerschulischer Lernorte überwunden? Zu a: Außerschulische Lernorte finden sich vielfach in den Kerncurricula und Lehrplänen aller Schulformen und Klassenstufen wieder. In Kerncurricula werden in der Regel keine konkreten Lernorte genannt, sondern eher Aufgabenfelder wie "kulturelles Lernen", in denen außerschulische Lernorte zu berücksichtigen sind. In den Lehrplänen hingegen werden Lernorte häufiger konkreter beschrieben (z.B. Museen oder Gedenkstätten). Zu einzelnen Schulformen, Jahrgangsstufen und Fächern: Primarstufe (Kerncurriculum) Für das Fach Kunst heißt es im Kerncurriculum der Primarstufe: "Kulturelles Wissen wird sowohl in der Schule als auch an außerschulischen Lernorten erworben. In der Reflexion dieses kulturellen Wissens geben sich die Lernenden in ihrer Zeit und ihrer Lebenswelt einen Platz." Im Fach Sport wird im Kerncurriculum für die Primarstufe vor allem die schulische Brückenfunktion zu außerschulischen Lernorten betont: "Die Schule baut Brücken zum außerschulischen Sport und trägt damit auch zur Einbindung in das soziale Umfeld bei. Der Schulsport öffnet - durch die Zusammenarbeit mit Sportvereinen und anderen Sportanbietern - die Schule zum Wohnort und ermöglicht den Lernenden Erfahrungen an außerschulischen Lernorten." Primarstufe (Rahmenlehrplan) Im Rahmenlehrplan Grundschule gibt es insbesondere für den Sachunterricht zahlreiche Anregungen für den Besuch außerschulischer Lernorte. Dazu zählen die Waldbegehung mit einem Förster, die Erkundung des eigenen Wohnortes, der Besuch von Produktionsstätten im Schulumfeld oder der Besuch öffentlicher Einrichtungen wie Feuerwehr, Stadtverwaltung, Post oder Klärwerk. Im Fach Deutsch wird der Besuch einer Bücherei vorgeschlagen. Sekundarstufe I (Kerncurricula) In den Kerncurricula der Sekundarstufe I für die Hauptschule und die Realschule im Fach Arbeitslehre sind außerschulische Lernorte mit dem Ziel verankert, Arbeit erlebbar, aber auch reflektierbar machen zu können: "Durch schulische und außerschulische Arbeitserfahrungen (diese Arbeitserfahrungen werden entsprechend an schulischen und außerschulischen Lernorten erworben) wird Arbeit erlebbar und damit reflektierbar. Lernen in der Arbeitslehre geht von momentanen oder antizipierten Anforderungssituationen aus und verschränkt Theorie und Praxis in Form von schulisch arrangiertem Arbeiten, rückbezogen auf das ‚Korrektiv‘ Arbeitswelt. Von besonderer Bedeutung sind deshalb auch vernetzte Formen der betrieblichen Begegnung (Lernortwechsel), z.B. bei Erkundungen, Betriebspraktika, Praxistagen, Expertengesprächen. Ziel ist es, in der konkreten Arbeit - neben den berufsorientierenden Aspekten - Bezüge zu den arbeitsrelevanten gesellschaftlichen, ökonomischen und technischen Zusammenhängen und Veränderungen von Arbeit herzustellen. Die Arbeitslehre übernimmt darüber hinaus die Aufgabe, qualifizierte und verlässliche Verbindungen zwischen den Lernorten Schule und Betrieb sowie wichtigen anderen Institutionen der beruflichen Orientierung und der Berufsausbildung herzustellen ." Im Fach Kunst heißt es in den Kerncurricula für der Sekundarstufe I für die Bildungsgänge Hauptschule, Realschule und Gymnasium übereinstimmend: "Kulturelles Wissen wird sowohl in der Schule als auch an außerschulischen Lernorten erworben. In der Reflexion dieses kulturellen Wissens geben sich die Lernenden in ihrer Zeit und ihrer Lebenswelt einen Platz." Im Fach Sport ist in den Kerncurricula der Sekundarstufe I für die Bildungsgänge Hauptschule, Realschule und Gymnasium ebenfalls übereinstimmend festgelegt: "Die Schule baut Brücken zum außerschulischen Sport und trägt damit auch zur Einbindung in das soziale Umfeld bei. Der Schulsport öffnet - durch die Zusammenarbeit mit Sportvereinen und anderen Sportanbietern - die Schule zum Wohnort und ermöglicht den Lernenden Erfahrungen an außerschulischen Lernorten." Im Fach Geschichte wird in den Kerncurricula der Sekundarstufe I für die Bildungsgänge Hauptschule, Realschule und Gymnasium unter "Analysekompetenz für Kontinuität und Veränderung in der Zeit" jeweils auch auf außerschulische Lernorte verwiesen: "Hierbei verwenden die Lernenden schriftliche, bildliche und audiovisuelle Zeugnisse einschließlich statistischen Materials, Zeitzeugen, Denkmäler und Gebäude als Quellen. Sie können außerdem Informationen aus Bibliotheken, Archiven, Museen, Sammlungen und aus dem Internet auswerten. Unerlässlich sind dabei Gattungsverständnis, Perspektivenübernahme und Fremdverstehen." 6 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1515 Sekundarstufe I (Lehrpläne) Im Fach Geschichte sind in den Lehrplänen für die Bildungsgänge Hauptschule, Realschule und Gymnasium Hinweise auf außerschulische Lernorte enthalten. In allen Schulformen werden der Besuch von Gedenkstätten und Museen sowie Exkursionen zu römischen Baudenkmälern genannt . In den verschiedenen Religionsunterrichten sowie im Fach Ethik wird ebenfalls in allen Bildungsgängen auf außerschulische Lernorte hingewiesen. Genannt werden u.a.: der Besuch von Kirchen, Synagogen und Moscheen, der Besuch verschiedener Friedhöfe, der Besuch von Beratungsstellen und (nur im evangelischen Religionsunterricht) eine Exkursion zur Wartburg (auf den Spuren der Reformation). Im Fach Erdkunde beinhalten die Lehrpläne der Bildungsgänge Hauptschule und Realschule Hinweise auf außerschulische Lernorte. Erwähnt werden: Stadterkundungen, Erkundungen eines Bauernhofs, Besuch des Heimatmuseums, Besuch eines Wasserkraftwerks/ einer Windkraftanlage , Besuch einer industriellen Produktionsstätte in der Umgebung sowie Exkursionen zu Flughäfen oder Bahnhöfen. In den Lehrplänen für das Fach Arbeitslehre (nur Bildungsgänge Hauptschule und Realschule) sind in allen Jahrgangsstufen Hinweise auf außerschulische Lernorte enthalten. Genannt werden: Unterrichtsgang zum Lebensmittelmarkt/ Supermarkt, Erkundungen eines Museums, Messebesuch , Betriebserkundungen, Besuch des Berufs-Informations-Zentrums der Berufsberatung, Betriebspraktikum . In den Fächern Chemie und Physik sind ebenfalls in den Bildungsgängen Hauptschule und Realschule Exkursionen und Betriebserkundungen vorgesehen. Im Fach Biologie ist insbesondere für den Bildungsgang Hauptschule in den meisten Jahrgangsstufen der Hinweis auf außerschulische Lernorte enthalten. Genannt werden: Besuch eines Gewächshauses , Besuch eines Naturkundemuseums, Besuch auf dem Bauernhof, Besuch von Zuchtanstalten. In der Realschule wird in erster Linie auf einen naturkundlichen Unterrichtsgang verwiesen. Im Fach Deutsch sind in den Lehrplänen für die Hauptschule Hinweise auf den Besuch einer Bibliothek vor Ort, ein Kindertheaterbesuch (5. Jahrgangsstufe) und ein Jugendtheaterbesuch (7. Jahrgangsstufe) enthalten. Im Fach Musik werden für die Hauptschule als fakultative Unterrichtsinhalte/ Aufgaben aufgelistet : Besuch eines Lokalsenders, Besuch eines Aufnahmestudios, Besuch eines Musicals. Im Fach Sozialkunde wird sowohl für die Hauptschule (Jahrgangsstufe 8) als auch für die Realschule (Jahrgangsstufe 7) der Besuch einer Gerichtsverhandlung angeregt. Förderschule (Lehrpläne) In den Lehrplänen der Förderschule, Schule für Lernhilfe, spielen außerschulische Lernorte insbesondere im Fach Arbeitslehre eine wichtige Rolle, um Erfahrungen mit der realen Arbeitswelt sammeln zu können: "Die Methodenvielfalt und die reale Begegnung mit der Arbeitswelt erfordert die Nutzung sowohl schulischer als auch außerschulischer Lernorte. Außerschulische Lernorte können sein: Museen, Ausstellungen, Ämter (besonders die Agentur für Arbeit: Berufs-Informationszentrum (BIZ), Berufsberatung), Kommunen, forst- und landwirtschaftlich genutzte und ungenutzte Flächen, Einrichtungen des Gewässerschutzes und der Landschaftspflege, Landwirtschafts-, Handwerks- und Industriebetriebe, Arbeitsstätten des Dienstleistungsgewerbes, Baustellen (im Rahmen von Betriebserkundungen), Wohnstätten etc." Gymnasiale Oberstufe (Lehrpläne) Im Fach Musik sind Konzertbesuche in der (Qualifikationsphase) Q 1 und der Q 4 verbindlich, in Q 2 der Besuch einer Opernaufführung, eines Liederabends oder eines Balletts. Der Besuch eines Tonstudios ist in Q 2 fakultativ. Im Fach Darstellendes Spiel ist in der (Einführungsphase) E-Phase, in Q 1 und Q 2 jeweils der Besuch zumindest einer professionellen Theateraufführung verbindlich. Im Fach Geschichte werden von der E-Phase bis Q 3 in allen Schulhalbjahren Hinweise auf außerschulische Lernorte gegeben. Genannt werden: Besuch von Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus, Besuch von Grenzmuseen, Archive, Besuch von Soldatenfriedhöfen und ehemaligen Kriegsschauplätzen, Regionalgeschichtliche Exkursionen, Museums- und Ausstellungsbesuche , Exkursionen zu Industriedenkmälern. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1515 7 In Evangelischer und Katholischer Religion werden Museumsbesuche und Kirchenerkundungen genannt. In Katholischer Religion werden auch Exkursionen zu Orten empfohlen, "an denen die Frage nach dem Menschen, seiner Würde und Verantwortung besonders deutlich wird", im Evangelischen Religionsunterricht wird der Besuch von Beratungsstellen erwähnt. Im Fach Ethik ist der Besuch einer Gerichtsverhandlung im Zusammenhang mit Strafrechtstheorie obligatorisch und in der E-Phase ist der Besuch "religiöser Einrichtungen (Gottesdiensthäuser , Gemeindezentren, Zentren für Jugendliche, soziale Einrichtungen) zu Information und Gespräch als Unterrichtsgänge in den Unterricht einzubeziehen." Im Fach Chemie wird in allen Schulhalbjahren der gymnasialen Oberstufe auf außerschulische Lernorte hingewiesen. Genannt werden Exkursionen und Einblicke in Produktionsverfahren, Betriebsexkursionen, Besuche von Umweltbehörden sowie in der E-Phase beispielhaft auch von Universitäts- und Forschungsinstituten sowie Brauereien. Im Fach Physik wird in Q 4 im Wahlthemen-Bereich der Besuch außerschulischer Lernorte, zum Beispiel von Universitäts- und Forschungsinstituten, empfohlen. Im Fach Biologie ist in Q 1 vorgesehen, dass zusätzlich zu Experimenten an der Schule Universitätsinstitute oder die Abteilung eines chemischen Unternehmens besichtigt werden können oder ersatzweise für Experimente an der Schule dort Erfahrungen mit entsprechenden Arbeitsweisen gemacht werden sollen. Zu b: Außerschulische Lernorte sind in den Kerncurricula und Lehrplänen verankert, und der Besuch außerschulischer Lernorte wird im Unterricht entsprechend vor- und nachbereitet. Insofern kann von keiner Kluft gesprochen werden. Frage 6. Wie werden angehende Lehrer im Studium mit welchen Studieninhalten auf das Lernen an außer- schulischen Lernorten vorbereitet (bitte für die einzelnen Studienstandorte für das Lehramt aufzeigen )? a) Welche didaktischen Konzepte (Lehr-Lern-Konzept) werden im Studium vermittelt? b) Wie wird im Studium die Kluft von problembezogenen, fächerübergreifenden, fachdidak- tischen und erziehungswissenschaftlichen Lernbereiche bzgl. außerschulischer Lernorte überwunden ? Zu a: Interdisziplinäres Lernen und außerschulische Lernorte sind an den meisten hessischen Studienstandorten und über alle Lehrämter hinweg Bestandteil der Modulordnungen sowohl im fachwissenschaftlichen als auch im fachdidaktischen Bereich. Vor allem in den MINT-Fächern sowie in den Fächern Sport und Geschichte sind sie explizit genannte Konzeptionen. Ergänzt werden diese durch Exkursionen, auf denen Studierende selbst die Erfahrung außeruniversitären /-schulischen Lernens machen können. Teilweise werden außerschulische Lernorte für Schulklassen auch von Studierenden betreut, vereinzelt mit didaktischer Vor- und Nachbereitung . Zudem bieten einzelne Professoren spezielle Projekte zum außerschulischen Lernen an. Das Zentrum für Lehrerbildung in Marburg hat darüber hinaus das Projekt "Innovative Lernwelten " entwickelt. In Gießen gibt es ein Kooperationsprojekt mit der Stadt zu Sprachförderung und Außerschulischen Lernorten in Hessen = ALo-He. Außerschulische Lernorte sind Themen der EGL-/Pädagogikprüfungen und der Wissenschaftlichen Hausarbeiten. Zu b: Außerschulische Lernorte und interdisziplinäres Lernen sind Bestandteile der Modulordnungen (vgl. die Antwort zu Frage 6 a). Wiesbaden, 19. März 2015 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz