Kleine Anfrage des Abg. Hahn (FDP) vom 26.01.2015 betreffend Frankenkredite von hessischen Kommunen und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung des Fragestellers: Durch die Aufhebung der Kopplung des Franken an den Euro hat sich der Schweizer Franken im Vergleich zum Euro massiv verteuert. Dies hat zur Folge, dass Fremdwährungskredite für hessische Kommunen sich massiv verteuert haben. Der Rheingau-Taunus-Kreis hat dabei laut Medienberichten insgesamt 60 Mio. € an Steuergeldern verloren. Es stellt sich die Frage nach dem gesamten Ausmaß für hessische Kommunen. Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen wie folgt: Frage 1. Welche Kreise, Städte und Gemeinden in Hessen besitzen derzeit Kredite in Schweizer Franken? Die Kommunen haben Fremdwährungskredite im Rahmen der Schuldenstatistik dem Statistischen Landesamt zu melden. Nach Auskunft des Statistischen Landesamts verfügte der Rheingau -Taunus-Kreis zum 31.12.2013 als einzige Kommune über Fremdwährungskredite in Schweizer Franken (CHF). Dieses Ergebnis deckt sich mit Berichten der Aufsichtsbehörden. Frage 2. Wie hoch sind diese Kredite jeweils (bitte nach Kommunen aufschlüsseln)? Der Rheingau-Taunus-Kreis nahm in den Jahren 2006 und 2008 Kredite in CHF in einem Gesamtvolumen von 150 Millionen € auf. In 2013 und 2014 wurden davon Kredite mit Aufnahmebeträgen i.H.v. insgesamt 33 Millionen € zurückgezahlt. Dies führte zu Wechselkursverlusten in Höhe von ca. 9,7 Millionen €. Von den ursprünglich aufgenommen Krediten verblieben danach Aufnahmebeträge in Höhe von 117 Millionen €. Zum Zeitpunkt der Kreditaufnahmen entsprachen diese Kredite mit Aufnahmebeträgen von 117 Millionen € bei einem Kurs zwischen 1,5780 CHF/€ und 1,5965 CHF/€ einem Betrag von 185.736.300 CHF. Frage 3. Wie hoch sind die jeweiligen Verluste in heutigen Buchwerten seit Aufnahme des jeweiligen Kre- dites? Die Kredite mit Aufnahmebeträgen i.H.v. 117 Millionen € wurden vom Rheingau-Taunus-Kreis zum 31.12.2014 bei einem Kurs von 1,20 CHF/€ mit 154.214.795,75 € bewertet. Daraus resultieren Buchverluste von 37.214.795,75 €. Bei einem aktuellen Wechselkurs von 1,0598 CHF/€ (Tageskurs am 03.02.2015) ergeben sich Verbindlichkeiten in Höhe von 175.255.991,70 €. Bei diesem Kurs belaufen sich die Buchverluste auf 58.255.991,70 €. Frage 4. Bei welchen Krediten handelt es sich dabei um Kassenkredite? Bei den vom Rheingau-Taunus-Kreis in CHF aufgenommenen Krediten handelt es sich jeweils um Kassenkredite. Frage 5. Wie hat die Kommunalaufsicht in der Vergangenheit solche Währungsgeschäfte bewertet? Seit 1974 bedarf nicht mehr die einzelne Kreditaufnahme der aufsichtsbehördlichen Genehmigung , sondern nur noch der in der Haushaltssatzung der Kommune festgesetzte Gesamtbetrag. Die Aufsichtsbehörden nehmen daher im Allgemeinen keinen Einfluss auf die Bedingungen in den Kreditverträgen, sodass die Kommunen darüber in eigener Zuständigkeit und Verantwortung entscheiden. Die Kommunen unterliegen bei der Beschaffung ihrer Kreditmittel keiner aufsichtsrechtlichen Anzeige- oder Genehmigungspflicht. Eingegangen am 11. März 2015 · Ausgegeben am 17. März 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1518 11. 03. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1518 In den Verwaltungsvorschriften zur Hessischen Gemeindeordnung (HGO) war seit dem 17.12.1973 (StAnz. S. 2338) zu § 103 HGO unter Nr. 4.4 geregelt, dass von der Aufnahme von Krediten im Ausland möglichst Abstand zu nehmen ist. Gleichwohl haben Kommunen diese Verwaltungshinweise ignoriert und einen erheblichen Verlust mit Fremdwährungskrediten erlitten . Vor diesem Hintergrund hat das Innenministerium im Oktober 2013 (St.Anz. S. 1295) neue aufsichtsrechtliche Hinweise in Form von Verwaltungsvorschriften veröffentlicht. Nr. 3 zu § 103 HGO enthält folgenden Hinweis: Bei nicht auf Euro lautenden Kreditaufnahmen hat die Gemeinde zusätzlich das Wechselkursrisiko zu berücksichtigen. Über die Höhe dieses Risikos gibt die für ein entsprechendes Kurssicherungsgeschäft zu zahlende Prämie Aufschluss. Die Kommunalaufsichtsbehörden haben die Aufnahme von Fremdwährungskrediten wegen der damit verbundenen Wechselkursrisiken ohne entsprechende Sicherungsgeschäfte als nicht mit dem sich aus dem Haushaltsgrundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit ergebenden Spekulationsverbot für vereinbar gehalten. Das Hessische Ministerium des Innern und für Sport sowie die Regierungspräsidien haben die unteren Aufsichtsbehörden als auch Kommunen darauf wiederholt hingewiesen. Frage 6. Wie gedenkt die Landesregierung bei Schutzschirmkommunen mit den absehbaren Verlusten von Fremdwährungskrediten umzugehen? Die Frage des Umgangs mit Wechselkursrisiken aus Fremdwährungskrediten bei einer Schutzschirmkommune stellt sich lediglich für den Rheingau-Taunus-Kreis. Hierzu ist auf Folgendes hinzuweisen: Sollten sich im Zuge der Bewertung der Fremdwährungsdarlehen oder aufgrund deren Rückzahlung negative Auswirkungen auf das ordentliche Ergebnis einer Schutzschirmkommune ergeben, die eine Abweichung vom Konsolidierungspfad bedeuten würden, sind diese nach den einschlägigen Regelungen in den Konsolidierungsverträgen grundsätzlich vollständig zu kompensieren. Die Einhaltung der jahresbezogenen Konsolidierungsziele ist durch die Kommune sicherzustellen. Eine Ausnahme für erhöhte Risikobereitschaft oder aufgrund des (besonderes großen) Ausmaßes der Negativabweichung sehen die Konsolidierungsverträge - schon aus Gründen der Gleichbehandlung aller 100 Schutzschirmkommunen - nicht vor. Vorsichtig agierende und vertragstreue Kommunen sollen nicht das Nachsehen haben. Es besteht vielmehr seitens der Landesregierung die Erwartung, dass Schutzschirmkommunen, bei denen sich - aus welchen Gründen auch immer - negative Abweichungen vom Konsolidierungspfad abzeichnen, frühzeitig mit konstruktiven Lösungsvorschlägen auf die zuständigen Landesbehörden zugehen und eine Kompensation der Zielverfehlung anhand konkreter Maßnahmen darstellen. Frage 7. Plant die Landesregierung eine Änderung der Hessischen Gemeindeordnung, um die Aufnahme von Fremdwährungskrediten zukünftig zu verbieten? Unabhängig von den Kreditaufnahmen des Rheingau-Taunus-Kreises ist vorgesehen, in die Hessische Gemeindeordnung Regelungen aufzunehmen, wonach Spekulationsgeschäfte unzulässig sind und die Aufnahme von Investitions- und Kassenkrediten grundsätzlich in Euro zu erfolgen hat. In anderen Währungen soll künftig eine Kreditaufnahme nur noch in Verbindung mit einem Währungssicherungsgeschäft zulässig sein. Die Aufnahme eines Fremdwährungskredites ohne gleichzeitigen Abschluss eines Währungssicherungsgeschäftes wäre somit künftig ausdrücklich unzulässig. Der Gesetzentwurf der Landesregierung soll vor der Sommerpause 2015 in den Landtag eingebracht werden. Wiesbaden, 2. März 2015 Peter Beuth