Kleine Anfrage der Abg. Hofmann, Müller (Schwalmstadt) und Rudolph (SPD) vom 27.01.2015 betreffend immer noch ausstehende Terminierung der Hauptverhandlung im Verfahren gegen den ehemaligen Bürgermeister von Homberg/Efze Martin Wagner und Antwort der Ministerin der Justiz Vorbemerkung der Fragesteller: Die Staatsanwaltschaft Kassel hatte bereits im Jahr 2010 ein Verfahren gegen den damaligen Bürgermeister der Stadt Homberg/Efze Martin Wagner wegen des Verdachts der Untreue eingeleitet. Die vom 13. Dezember 2010 datierende Anklageschrift wurde laut der Antwort auf eine Kleine Anfrage (Drs. 19/129) mit Verfügung vom 15. Dezember 2010 an das Landgericht Kassel übersandt. Das Hauptverfahren vor dem Landgericht Kassel wurde jedoch zunächst nicht eröffnet. Die von der Staatsanwaltschaft Kassel eingelegte sofortige Beschwerde gegen diese Entscheidung des Landgerichts Kassel beim Oberlandesgericht in Frankfurt war erfolgreich, das Oberlandesgericht hob den Beschluss des Landgerichts auf. Der entsprechende Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main erging laut der Antwort auf die oben benannte Kleine Anfrage bereits am 2. Juli 2013. Laut Berichterstattung der HNA vom 16. Januar 2015 wollte das Landgericht Kassel Anfang des Jahres einen Termin für eine Hauptverhandlung nennen, dies ist jedoch noch immer nicht erfolgt. Der Sprecher des Landgerichts sagte laut Berichterstattung, er könne den Termin vermutlich in einem Monat nennen. Vorbemerkung der Ministerin der Justiz: Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat den Nichteröffnungsbeschluss des Landgerichts Kassel mit Beschluss vom 2. Juli 2013 aufgehoben und zugleich die Anklage der Staatsanwaltschaft Kassel zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor dem Landgericht Kassel eröffnet. Die Entscheidung über die Terminierung der Hauptverhandlung obliegt dem Landgericht Kassel in richterlicher Unabhängigkeit. Aufgrund der Gewaltenteilung sowie der verfassungsrechtlich garantierten richterlichen Unabhängigkeit verbietet sich eine Einflussnahme oder Bewertung durch die Landesregierung. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie hat das Landgericht Kassel die zunächst erfolgte Nichteröffnung gem. § 204 StPO begrün- det? Das Landgericht Kassel hat die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt, da es keinen hinreichenden Tatverdacht (§ 203 StPO) gesehen hat. Das Gericht hat dazu ausgeführt, dass aus seiner Sicht weder der Stadt Homberg/Efze noch dem Stadtentwicklungsverein ein Nachteil im Sinne des Untreuetatbestandes entstanden sei. Insbesondere liege kein sogenannter Gefährdungsschaden vor, da die zuständige Aufsichtsbehörde eine eventuelle Rückforderung von Fördermitteln von den Erkenntnissen im Strafverfahren abhängig machen wolle. Frage 2. Mit welcher Begründung und welcher Folge hat das Oberlandesgericht Frankfurt den Nichteröff- nungsbeschluss des Landgerichts Kassel am 2. Juli 2013 aufgehoben? Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat einen hinreichenden Tatverdacht gegen den Angeschuldigten bejaht. Das Gericht hat dazu ausgeführt, dass nach den getroffenen Feststellungen eine Rückforderung von Fördermitteln und somit das Vorliegen eines Gefährdungsschadens für die Stadt Homberg/Efze in Betracht komme. Bezüglich der damit zugleich im Raume stehenden zweckwidrigen Verwendung von Mitteln des Stadtentwicklungsvereins sei ebenfalls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einem Vermögensnachteil im Sinne des § 266 StGB für den Verein auszugehen. Eingegangen am 9. März 2015 · Ausgegeben am 10. März 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1527 09. 03. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1527 Das Oberlandesgericht hat daher den Nichteröffnungsbeschluss des Landgerichts Kassel mit Beschluss vom 2. Juli 2013 aufgehoben, die Anklage der Staatsanwaltschaft Kassel zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor dem Landgericht Kassel eröffnet. Frage 3. Warum ist das Hauptverfahren noch immer nicht eröffnet worden? Wie sich aus der Antwort zu Frage 2. ergibt, wurde das Hauptverfahren am 2. Juli 2013 durch Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vor dem Landgericht Kassel eröffnet. Auf die Vorbemerkung der Ministerin der Justiz wird ergänzend Bezug genommen. Frage 4. Gab es in Hessen bereits vergleichbare Fälle, in denen ein Zeitraum von über vier Jahren zwi- schen Übersendung der Anklageschrift und der Eröffnung des Hauptverfahrens lag? Falls ja, wie viele? Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Hauptverfahren gegen den ehemaligen Bürgermeister der Stadt Homberg/Efze nicht nach über 4 Jahren, sondern nach ca. 2½ Jahren eröffnet worden ist. Bezüglich der Zeitabläufe wird auf die Vorbemerkung der Ministerin der Justiz sowie auf die Antwort zur Frage 2. verwiesen. Eine statistische Erfassung aller hessischen Strafverfahren, in denen in einem Zeitraum von über 4 Jahren keine Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens getroffen wurde, erfolgt nicht, weshalb insoweit keine exakten Zahlen mitgeteilt werden können. In Zusammenhang mit der Frage einer Förderung von Wirtschaftsstrafverfahren nach Anklageerhebung hat die Staatsanwaltschaft Kassel berichtet, dass das Verfahren gegen den ehemaligen Bürgermeister der Stadt Homberg/Efze das älteste der insoweit beim Landgericht Kassel noch anhängigen Verfahren ist. Nach Berichten der Generalstaatsanwaltschaft und der anderen hessischen Staatsanwaltschaften dürfte ein Zeitraum von über vier Jahren zwischen Übersendung der Anklageschrift und der Eröffnung des Hauptverfahrens die absolute Ausnahme sein. Frage 5. Ist nach Auffassung der Hessischen Landesregierung der Personalmangel am Landgericht Kassel dafür verantwortlich, dass die Hauptverhandlung noch immer nicht terminiert wurde? Falls nein, warum nicht? Der Umstand, dass die Hauptverhandlung in dieser Strafsache noch nicht terminiert wurde, ist nicht auf einen Personalmangel bei dem Landgericht Kassel zurückzuführen. Bis auf kurzzeitig eingetretene Vakanzen bestand beim Landgericht Kassel in den letzten Jahren eine nahezu 100- prozentige Stellenbesetzung. Die Belastung des Landgerichts Kassel lag in den letzten Jahren etwas unter dem Landesdurchschnitt. Die Landesregierung darf auf Verfahrensentscheidungen des Landgerichts Kassel - wie die mit der Frage angesprochene Terminierung der Hauptverhandlung - aufgrund der Gewaltenteilung und der verfassungsrechtlich garantierten richterlichen Unabhängigkeit kein Einfluss nehmen. Der Präsident des Landgerichts hat in einer Stellungnahme hinsichtlich des Verfahrens gegen den ehemaligen Bürgermeister von Homberg/Efze mitgeteilt, dass die zuständige 5. Strafkammer das Verfahren nach dessen Eröffnung durch das Oberlandesgericht wegen anderweitig vorrangiger und eiliger Haftsachen nicht terminieren konnte. Im Hinblick auf diese Situation habe das Präsidium des Landgerichts Kassel das Verfahren gegen den ehemaligen Bürgermeister von Homberg/Efze sowie weitere, bei der 5. Strafkammer anhängige Verfahren mit Wirkung zum 1. Januar 2015 auf die 4. Strafkammer übertragen. Hierzu ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Geschäftsverteilung des Landgerichts Kassel in der Verantwortung des Präsidiums des Landgerichts Kassel liegt. Wiesbaden, 26. Februar 2015 Eva Kühne-Hörmann