Kleine Anfrage der Abg. Hartmann, Merz und Roth (SPD) vom 09.02.2015 betreffend Förderung ehrenamtlicher Unterstützung in der Flüchtlingshilfe durch das Land Hessen und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragesteller: Angesichts der Entwicklung der Flüchtlingszahlen steht unser Land vor der großen Herausforderung, Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement in die Betreuungsarbeit von Asylsuchenden mit einzubinden. In zunehmendem Maße ist die ehrenamtliche Mitarbeit in der Flüchtlingsbetreuung ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Gesellschaft geworden und muss entsprechend ausgebaut und unterstützt werden. Wir sind auf dieses bürgerschaftliche Engagement angewiesen, dürfen dieses aber nicht als Ersatz missbrauchen, um jene Aufgaben zu erfüllen, die das Land sich nicht mehr leisten kann. Außerdem sollte gewährleistet sein, dass denjenigen , die sich ehrenamtlich engagieren, ausreichende Materialien für eine sinnvolle Integrationsarbeit zur Verfügung gestellt werden (z.B. Bücher und Unterrichtsmaterial für Deutschunterricht). Vorbemerkung des Ministers für Soziales und Integration: Die Asylbewerberzahlen steigen in einer seit der Jahrtausendwende nicht gekannten Dimension weiterhin rasant an. Im Jahr 2014 sind die Flüchtlingszahlen gegenüber 2013 um 100 % gestiegen . Für das Jahr 2015 werden weiterhin steigende Flüchtlingszahlen erwartet. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat seine Prognose erneut erhöht und geht aktuell (Prognoseschreiben vom 07.05.205) von geschätzten 400.000 Erst- und 50.000 Folgeantragstellern für das Jahr 2015 aus. Einige Länder, so auch Hessen, halten diese Schätzung für zu vorsichtig und rechnen mit mehr Erstantragstellern im laufenden Jahr. Bereits jetzt ist für Hessen im laufenden Jahr 2015 - ausgehend von den Zugangszahlen von 9.866 Personen bis April - eine Gesamtzahl von mindestens 40.000 Asylbewerbern realistisch. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass es zugangsstärkere und zugangsschwächere Monate gibt. Diese Herausforderung kann nur bewältigt werden, wenn alle Beteiligten, also Bund, Land und Kommunen einschließlich der Flüchtlingsorganisationen und Wohlfahrtsverbände und Kirchen mit ihren vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern konstruktiv zusammenwirken. Damit die Flüchtlinge sich willkommen fühlen, reicht staatliches Handeln allein nicht aus. Hier ist die aktive Beteiligung der Zivilgesellschaft, ist ehrenamtliches Engagement unverzichtbar. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Chef der Hessischen Staatskanzlei, dem Hessischen Minister des Innern und Sport sowie dem Hessischen Kultusminister wie folgt: Frage 1. Welche Vereine, Verbände oder sonstige Organisationen sind im Bereich Flüchtlingshilfe in Hes- sen tätig? In Hessen kümmern sich viele Initiativen und Vereine um eine gute Willkommensstruktur für Flüchtlinge, und es kommt dabei sehr viel bürgerschaftliches Engagement zum Einsatz. So findet z.B. in der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung als Ergänzung zu dem Angebot der Dienststelle und des Betreibers zur Kinderbetreuung usw. außerhalb der Dienstzeiten ein ehrenamtliches ökumenisches kirchliches Engagement - angesiedelt bei der Petrusgemeinde Gießen - Eingegangen am 29. Juni 2015 · Ausgegeben am 2. Juli 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1581 29. 06. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1581 in der Verfahrensberatung sowie der Betreuung der Flüchtlinge statt (z.B. gemeinsames Spielen in der Teestube, Deutschunterricht usw.). Koordiniert wird dies vom ökumenischen Arbeitskreis . Die Zahl der eingesetzten ehrenamtlichen Mitarbeiter variiert nach Angebot. Der Landessportbund Hessen, die Sportkreise und Sportvereine in Hessen leisten drüber hinaus einen erheblichen Beitrag zur Integration der Flüchtlinge. Insbesondere wird auf die nachfolgenden Initiativen hingewiesen: - Mit dem Projekt "Sport und Flüchtlinge" wird das Ziel verfolgt, die Chancen und Grenzen von Sportvereinen bei der Integration von Flüchtlingen auszuloten: In drei ModellKommunen werden mit Hilfe eines Soforthilfeprogramms Zuschüsse für Sportkleidung, Sportgeräte, Übungsleiterhonorare und Hallennutzungsgebühren gewährt. Gemeinsame Ausflüge werden organisiert. Kommunale "Sport-Coaches" sind unterstützend tätig. - Flüchtlinge, die in einem dem Landessportbund Hessen angeschlossenen Verein Sport treiben , sind versichert. Der Landessportbund gewährleistet umfassenden Schutz in der Unfall- , Haftpflicht-, Rechtsschutz- und Krankenversicherung. - Viele Vereine und Sportkreise bieten gezielt Sportmöglichkeiten für Flüchtlinge an. Eine Übersicht über die Erfassung aller Vereine und Initiativen, die im Bereich Flüchtlinge in Hessen tätig sind, liegt der Hessischen Landesregierung nicht vor. Frage 2. In welcher Form unterstützt die Landesregierung seit Beginn der Legislaturperiode konkret die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe in Hessen? Nach welchen Kriterien und in welcher Höhe werden Organisationen der Flüchtlingshilfe von ihr finanziell gefördert? Im vergangenen Jahr war die Flüchtlingsarbeit einer der Schwerpunkte der Verleihung der Landesauszeichnung für besonderes Engagement im sozialen Bereich. Für Qualifizierungs- und Unterstützungsmaßnahmen zur Förderung des ehrenamtlichen Engagements in Hessen kann auf die vorhandene und etablierte Infrastruktur zurückgegriffen werden , vor allem die rund 400 ausgebildeten Engagement-Lotsen, die Freiwilligenmanager und - koordinatoren sowie die Freiwilligenagenturen. Diese Infrastruktur wird im Rahmen von Projektförderungen durch die Ehrenamtskampagne des Landes "Gemeinsam aktiv - Bürgerengagement in Hessen" unterstützt. Eine kürzlich vorgenommene Umfrage bei den Anlaufstellen des Qualifizierungsprogramms für bürgerschaftliches Engagement im sozialen Bereich hat bestätigt, dass es eine steigende Nachfrage nach der Qualifizierung, Koordinierung und Begleitung von Initiativen gibt, die sich um Flüchtlinge kümmern bzw. kümmern wollen. Darüber hinaus wird in verschiedenen Gremien die Thematik Flüchtlinge und Sport diskutiert. Es werden Ideen und Konzepte entwickelt, inwieweit Sport die Integration von Flüchtlingen positiv beeinflussen kann. Beispielhaft und zuletzt im Rahmen der Sportreferentenkonferenz der Länder am 18./19. März 2015 wurde unter anderem das Bundesministerium des Innern seitens der Länder aufgefordert, das entsprechende Bundesprogramm für Asylbewerberinnen und Asylbewerber für den Personenkreis der Geduldeten zu öffnen. Frage 3. a) Mit welchen Haushaltsmitteln wurde die ehrenamtliche Unterstützung der Flüchtlingshilfe 2013/14 gefördert und welche Mittel stehen 2015 zur Verfügung? Das Hessische Ministerium dies Inneren und für Sport hat im Haushaltsjahr 2014 den 23 hessischen Sportkreisen pauschal je 1.000 € unter anderem für den Bereich Integration/Betreuung von Flüchtlingen zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus werden einzelne Vereine gesondert bei der Durchführung entsprechender Initiativen gefördert. Im Haushaltsjahr 2015 stehen weiterhin entsprechende Fördermittel für den Bereich "Flüchtlinge und Sport" zur Verfügung. Frage 3. b) Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung neben finanziellen Zuwendungen, die ehren- amtliche Arbeit in der Flüchtlingshilfe zu unterstützen und zu stärken? Seitens der Landesregierung steht die Qualifizierung, Koordinierung, Begleitung sowie die Organisation des Austausches im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements im Vordergrund. Eine Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit im Bereich der Flüchtlingshilfe kann grundsätzlich auch über die Ehrenamtskampagne des Landes "Gemeinsam aktiv - Bürgerengagement in Hessen " erfolgen. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1581 3 Frage 4. Welche Materialien werden für welche Maßnahmen von welchem Ministerium / welcher Behörde zur Verfügung gestellt und wie können diese abgerufen werden? Diverse Informationsmaterialien zur Ehrenamtsförderung können direkt und unkompliziert auf der Internetseite der Ehrenamtskampagne unter http://www.gemeinsam-aktiv.de heruntergeladen werden. Darüber hinaus werden zur Beschulung von schulpflichtigen Flüchtlingen Lernmittel zur Verfügung gestellt. Ferner gibt es eine in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte Hessen (Landesausländerbeirat) erstellte Broschüre "Unser Kind kommt in die Schule". Diese ist ein Ratgeber für zugewanderte Eltern, der das hessische Schul- und Bildungssystem veranschaulichen soll. Das Augenmerk liegt dabei auf dem Zeitraum des Übergangs vom Kindergarten in die Grundschule (Einschulung) bis zum Abschluss der vierten Klasse (Übergang auf weiterführende Schulen). Neben schulorganisatorischen Informationen und der Erläuterung von schulgesetzlichen Bestimmungen beinhaltet die Broschüre zahlreiche Tipps und Hinweise, wie interessierte Eltern den Schulbesuch ihres Kindes begleiten und unterstützen können. Frage 5. Welche Maßnahmen sind erforderlich, um die Hilfe für Flüchtlinge durch bessere Vernetzung aller Beteiligten untereinander künftig noch effektiver zu gestalten? Hier kann bzgl. der Qualifizierungs- und Unterstützungsmaßnahmen zur Förderung des ehrenamtlichen Engagements in Hessen auf die bestehende Infrastruktur zurückgegriffen werden, vor allem auf die rund 400 ausgebildeten Engagement-Lotsen, die Freiwilligenmanager und - koordinatoren sowie die Freiwilligenagenturen (vgl. Frage Antwort zu 2). Diese bestehende Infrastruktur wird weiter ausgebaut. Frage 6. Wie will die Landesregierung eine landesweit einheitliche Unterstützung und Förderung von eh- renamtlichem Engagement in der Flüchtlingshilfe sicherstellen? Die Unterstützung der ehrenamtlichen Initiativen sollte auf jeden Fall zunächst durch Hauptamtliche vor Ort erfolgen. Bei der Qualifizierung kann das Qualifizierungsprogramm "Programm zur Förderung von Qualifizierungs- und Koordinierungsmaßnahmen für bürgerschaftliche /ehrenamtliche Arbeit im sozialen Bereich" des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration genutzt werden. Zielsetzung der Förderstruktur des Programms ist es, die lokalen Strukturen der ehrenamtlichen Arbeit zu stärken und gleichzeitig ihre Vernetzung zu verbessern . Darüber hinaus ist generell eine landesweit einheitliche Unterstützung und Förderung von ehrenamtlichem Engagement in Hessen durch die Ressortkoordination und -zusammenarbeit gewährleistet . Dies gilt auch für die Förderung von ehrenamtlichem Engagement in der Flüchtlingshilfe . Wiesbaden, 18. Juni 2015 Stefan Grüttner