Kleine Anfrage des Abg. Rock (FDP) vom 09.02.2015 betreffend Einstellung der Förderung von Projekten der Suchthilfe und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung des Fragestellers: Im Haushalt 2015 der Landesregierung sind acht Arbeitsprojekte der hessischen Suchthilfe nicht mehr zur Förderung vorgesehen. Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welchen Stellenwert misst die hessische Landesregierung der hessischen Suchthilfe bei? Das hessische Suchthilfesystem hat für die hessische Landesregierung einen hohen Stellenwert. Die Bekämpfung von Suchterkrankungen ist eine der großen Herausforderungen in unserer Gesellschaft . Sucht ist kein Randgruppenphänomen, sondern betrifft viele Menschen in unterschiedlichen Ausprägungen und Wirkungen. Suchterkrankungen sind komplex und viele Faktoren sind für ihre Entstehung verantwortlich. Eine Suchterkrankung verursacht nicht nur individuelle gesundheitliche Probleme, sondern auch soziale und volkswirtschaftliche. Daher bedarf es einer gemeinsamen Anstrengung von den Akteuren aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen , um die Suchtprobleme zu bewältigen. In Hessen ist es gelungen, mit den verschiedenen Akteuren aus Politik, Institutionen, und Verbänden , aus der Praxis und Forschung, ein differenziertes und effektiv arbeitendes Suchthilfesystem aufzubauen, beim dem die Betroffenen die Hilfe erhalten, die sie in den verschiedenen Phasen benötigen. Frage 2. Wie bewertet die hessische Landesregierung die Effizienz der nicht mehr geförderten Arbeitspro- jekte der hessischen Suchthilfe? Bitte nach den einzelnen Arbeitsprojekten differenzieren. Über das ESF-Programm "Perspektive II" wurden Projekte zur Wiederherstellung bzw. Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit und zur Erwerbsintegration gefördert. Ziel der Förderung war, die gesellschaftliche sowie berufliche Teilhabe und Eingliederung (ehemals Suchtmittelabhängige ) durch kontinuierliche Heranführung an eine regelmäßige und zuverlässige Arbeit zu ermöglichen. Dazu gehörten geeignete Angebote zur beruflichen Qualifizierung sowie persönliche Hilfen zur Gesundheitsförderung. Angesichts der Zielgruppe und ihrer Vorgeschichte können die mit den geförderten Projekten erzielten Ergebnisse als Erfolg gewertet werden. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Integrationsquoten nicht mit Projekten verglichen werden können, die sich an arbeitsmarktnähere Zielgruppen richten. Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die in den Jahren 2008 bis 2013 aus Suchthilfeprojekten des Programms "Perspektive II" ausgetreten sind, wurde im Rahmen des ESF-Monitorings insgesamt folgender Verbleib erfasst: Austritte insgesamt 762 100 % davon: Verbleib in Arbeit 130 17 % Verbleib in Ausbildung 129 17 % Eingegangen am 16. März 2015 · Ausgegeben am 17. März 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1584 16. 03. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1584 Verbleib in Arbeitslosigkeit 178 23 % Übriger Verbleib 23 3 % Sonstiges 302 40 % Die geförderten Einzelprojekte richteten sich an Zielgruppen mit jeweils unterschiedlicher Arbeitsmarktnähe. Daher sind ihre Erfolge quantitativ kaum vergleichbar. Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die in den Jahren 2008 bis 2013 aus Suchthilfeprojekten des Programms "Perspektive II" ausgetreten sind, wurde im Rahmen des ESF-Monitorings je Einzelprojekt folgender Verbleib erfasst: Arbeit und Bildung e.V. Basis e.V. Dekanatsstelle des Diakoni- schen Werkes Die Fleckenbühler Haus Frankfurt gGmbH Verbleib in Arbeit 21 2 4 8 Verbleib in Ausbildung 32 2 2 14 Verbleib in Arbeitslosigkeit 11 15 3 Übriger Verbleib 4 – – 2 Sonstiges 31 66 7 31 Austritte insgesamt 99 70 28 58 Die Fleckenbühler Hof Fleckenbühl gGmbH idf integrative Drogenhilfe Jugend- und Drogenberatung Offenbacher Arbeitsgruppe Wildhof e.V. Verbleib in Arbeit 5 17 9 11 Verbleib in Ausbildung 31 8 8 6 Verbleib in Arbeitslosigkeit 2 12 25 77 Übriger Verbleib 4 2 3 2 Sonstiges 50 34 13 10 Austritte insgesamt 92 73 58 106 Stiftung Waldmühle Trockendock e.V. Verein Arbeits- und Erziehungshilfe e.V. Verbleib in Arbeit 33 10 10 Verbleib in Ausbildung 14 1 11 Verbleib in Arbeitslosigkeit 16 17 Übriger Verbleib 4 2 Sonstiges 45 4 11 Austritte insgesamt 112 32 34 Erläuterungen: Monitoring-Daten für 2014 liegen noch nicht vor. Definitionen gemäß ESF-Monitoring: "Verbleib in Arbeit" umfasst: Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt; selbständig erwerbstätig; in öffentlich geförderter Beschäftigung. "Verbleib in Ausbildung" umfasst: in betrieblicher oder außerbetrieblicher Ausbildung; in einer schulischen Ausbildung ; in einer weiterführenden schulischen oder außerschulischen Qualifizierungsmaßnahme; Praktikum. "Verbleib in Arbeitslosigkeit" umfasst: arbeitslos im Rechtskreis SGB II, SGB III, SGB XII. "Übriger Verbleib" umfasst: in Wehr-, Zivil- oder vergleichb. Dienst; in Rente, Pension, Vorruhestand, Altersteilzeit; nicht erwerbstätig (z.B. Familienarbeit, Betreuung von Familienangehörigen im Haushalt). "Sonstiges" umfasst: Sonstiges; nicht bekannt. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1584 3 Frage 3 Welche Gründe haben dazu geführt, diese Arbeitsprojekte nicht mehr zu fördern? Frage 4 Wie wird der auf diese Weise eingesparte Betrag von 550.000 € auf andere Positionen im Sozial- budget verteilt? Die Fragen 3 und 4 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Die genannten Arbeitsprojekte der Suchthilfe wurden im Rahmen des ESF-Programms "Perspektive II" gefördert. Die Förderperiode mit diesem ESF-Programm ist abgelaufen. Für die neue Förderperiode hat die EU-Kommission eine stärkere thematische Konzentration gefordert, um durch weniger Programmvielfalt und eine stärkere Fokussierung eine effizientere Förderung zu erreichen. Die für eine ESF-Förderung erforderlichen Kofinanzierungs-Mittel konnten im Programm "Perspektive II" nicht mit der erforderlichen Langfristigkeit mobilisiert werden. Zielsetzung des Programms war, arbeitsweltbezogene Angebote für SGB-II-Kunden zu entwickeln und aufzuzeigen , dass mit einer personenadäquaten Förderung eine Integration in den Arbeitsmarkt gelingen kann. Die hierfür erforderliche Förderdauer wurde hinsichtlich der ESF-Mittel durch eine bis zu 24-monatige Bewilligungsdauer sichergestellt. Im SGB II hingegen liegt die Verweildauer in einem Projekt oder einer Maßnahme in der Regel bei rund sechs Monaten - mit der Option zur Verlängerung. Damit stehen die passenden Kofinanzierungsmöglichkeiten im SGB II leider noch immer nicht zur Verfügung. Es trifft nicht zu, dass die bislang im Rahmen des Programms "Perspektive II" geförderten Arbeitsprojekte der Suchthilfe künftig nicht mehr gefördert werden. In den Zielvereinbarungsgesprächen mit den hessischen Gebietskörperschaften zum "Arbeitsmarktbudget" und zum "Ausbildungs- und Qualifizierungsbudget" 2015 zeichnet sich ab, dass die Mehrzahl dieser Projekte von den Gebietskörperschaften und den Jobcentern zur Weiterförderung vorgesehen sind. Die finale Antragstellung in den Budgets erfolgt bis zum 31. März 2015. Wiesbaden, 10. März 2015 Stefan Grüttner