Kleine Anfrage des Abg. Quanz (SPD) vom 13.02.2015 betreffend Schulverweigerung und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung des Fragestellers: Der Begriff "Schulverweigerung" wird häufig sehr eng gefasst und nur mit dem Begriff "Schulabbrecher" im Zusammenhang gesehen. Wissenschaftler gehen aber davon aus, dass der Begriff "Schulverweigerung" sehr viel umfassender gesehen werden muss, dass damit nicht nur Schulabsentismus (Schulschwänzen) erfasst wird, sondern dass dazu auch die innere Emigration im Unterricht gehört, dass also Schüler "trotz Anwesenheit abwesend" sind, dass sie nur physisch anwesend sind, aber innerlich die Teilnahme verweigern. Wissenschaftler schätzen, dass in bestimmten Stadtteilen bis zu 20 % der Grundschüler in Deutschland Schulverweigerer sind. Vorbemerkung des Kultusministers: Schulabsentismus ist ein grundsätzliches Problem, das die hessischen Schulen vor große Herausforderungen stellt. Es kann viele Ursachen haben. Über eine Kultur des Hinsehens und Hinhörens , ein lernförderliches, gemeinschaftliches Klima und eine enge Kooperation mit dem Elternhaus sollen Probleme frühzeitig erkannt und ihnen entgegengewirkt werden. Ziel ist es, den Kindern und Jugendlichen eine gesellschaftliche Teilhabe und eine spätere Existenzgrundlage auf der Basis eines Schulabschlusses zu ermöglichen. Verschiedene Maßnahmen der Prävention und Intervention werden hierzu von den Schulen ergriffen und von der hessischen Landesregierung unterstützt. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welche Kenntnisse und Zahlen liegen der Landesregierung zu Schulverweigerung vor? Zur Häufigkeit von Schulabsentismus liegen der Landesregierung verschiedene allgemein verfügbare wissenschaftliche Untersuchungen vor, deren Ergebnisse sich aber nur bedingt verallgemeinern lassen. Es wird u.a. davon ausgegangen, dass mindestens 5 % aller Schülerinnen und Schüler die Schule nur unregelmäßig mit einer breiten Spannbreite von Fehlzeiten besuchen. Übereinstimmung herrscht bei den bekannten Studien darüber, dass an Förder- und Hauptschulen höhere Fehlzeiten vorliegen, dass das Alter und die Anzahl der Fehltage korrelieren und dass häufiger Jungen als Mädchen im Unterricht fehlen. Basierend auf § 181 Hessisches Schulgesetz (HSchG) werden mit Erlass vom 8. Juli 2013 Ordnungswidrigkeitenverfahren bei Schulpflichtverletzungen von Schülerinnen und Schülern ab 14 Jahren in den Staatlichen Schulämtern einheitlich erfasst. In den Jahren 2013 und 2014 wurden insgesamt jeweils mehr als 3.000 Verfahren von den Staatlichen Schulämtern eingeleitet und in den meisten Fällen auch Bußgelder verhängt. Besonders betroffen sind hierbei die 14- bis17- jährigen Schülerinnen und Schüler, wobei deutlich mehr Jungen als Mädchen eine Schulpflichtverletzung begehen. Im Rahmen der Einführung der sozialindizierten Lehrerzuweisung (Sozialindex) erfolgte 2014 eine wissenschaftliche Begleitung durch das Landesschulamt/Lehrkräfteakademie im Auftrag des Hessischen Kultusministeriums. Dabei wurden Schulleitungen und Staatliche Schulämter unter anderem zu Arten von Unterstützungsbedarf und der Verwendung der ihnen zusätzlich zugewiesenen Mittel befragt. Erste Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung haben auch Befunde zum Problem der Schulverweigerung ergeben. 28 % derjenigen Schulen, welche zur Verwendung der zusätzlichen Stundenzuweisung nach dem Sozialindex eine Rückmeldung gegeben haben, benennen darin Schulverweigerung (Absentismus) als Problemfeld. Die Antworten der Schulleitungen decken sich dabei mit denen der schulfachlichen Aufsichtsbeamten. Eingegangen am 13. April 2015 · Ausgegeben am 14. April 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1589 13. 04. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1589 Frage 2. Welche Dokumentation erfolgt in den einzelnen Schulen, um dieses Problem zu sichten und sich damit auseinanderzusetzen? Die Überwachung der Schulpflicht ist für alle Schulen gesetzlich vorgeschrieben. Die Verantwortung dafür liegt gemäß HSchG § 88 (3) bei der Schulleiterin bzw. dem Schulleiter. Zur Dokumentation und konstruktiven Auseinandersetzung mit aufgetretenen Fehlzeiten verwenden Schulen in der Regel folgende Maßnahmen: - Erfassung von Fehlzeiten in Klassenbüchern oder -listen, - ggf. Nutzung elektronischer Anwesenheitskontrollsysteme, - Vermerk entschuldigter bzw. unentschuldigter Fehlzeiten im Zeugnis, - gemeinsame Sichtung auffälliger Fehlzeiten, - Einbeziehung der Eltern- und Beratungsangebote, - ggf. Einbeziehung anderer Unterstützungssysteme (z.B. sonderpädagogische Beratungs- und Förderzentren (BFZ), Schulpsychologie, Schulsozialarbeit, Jugendhilfe), - in der Grundschule: Anruf bei den Eltern am ersten Fehltag, - weitere optionale Schritte: Ordnungswidrigkeitenverfahren einleiten; zwangsweise Zuführung von Schülerinnen und Schülern. Frage 3. Welche diagnostischen Fähigkeiten werden Lehrerinnen und Lehrern vermittelt, um Schulverwei- gerung in allen ihren Facetten erkennen und dagegen vorgehen zu können? In der Lehrerausbildung wird den angehenden Lehrkräften grundsätzlich vermittelt, dass Schülerinnen und Schüler Phasen des Lernens haben, in denen auch Lernhemmungen oder -blockaden sowie Angst und Vermeidung auftreten können. Lehrkräfte werden dazu sensibilisiert , die Fehlzeiten der Schülerinnen und Schüler genau zu beobachten und zu dokumentieren. Nur durch das Wissen um Frequenz und Muster in den Fehlzeiten wird es möglich, die Motive der Schülerin oder des Schülers gemeinsam mit den Eltern hinterfragen zu können. Lehrkräfte müssen die möglichen Ursachen für Schulverweigerung kennen, um die für den Einzelfall geeigneten Interventionen einleiten zu können (z.B. Klärung einer Mobbingsituation, Unterstützung bei Lernproblemen, Einbeziehung weiterer Unterstützungssysteme wie z.B. Schulpsychologie , Schulsozialarbeit oder Jugendamt). Frage 4. Welche Kenntnisse und Zahlen liegen der Landesregierung vor, die einen Zusammenhang zwi- schen Schulabsentismus und dem später folgenden Schulabbruch (ohne Schulabschluss) belegen? Aktuelle und repräsentative Zahlen für Deutschland zum Umfang der Schulverweigerung und dem Zusammenhang mit weiteren Faktoren, welche die Wahrscheinlichkeit eines späteren Schulabbruchs erhöhen, liefert die PISA-Studie 20121. Danach fehlten 9,7 % der Schülerinnen und Schüler in den zwei Wochen vor der Erhebung eine oder mehrere Schulstunden. Damit liegt Deutschland deutlich unter dem Durchschnitt der OECD-Studie von 17,8 %. Dem Unterricht ganz ferngeblieben waren an einem oder zwei Tagen 5,1 % der Schülerinnen und Schüler. Auch hier liegt Deutschland unter dem Durchschnitt der OECD-Studie von 14,5 %. Während demnach der Anteil der Schulschwänzer in Deutschland bei den 15-jährigen Mädchen und Jungen identisch ist, gibt es einen deutlichen Zusammenhang mit dem sozio-ökonomischen Status: Schülerinnen und Schüler aus benachteiligten Verhältnissen fehlen 1,5-mal so häufig wie Schülerinnen und Schüler aus begünstigten Verhältnissen. Dabei stellt PISA einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Fernbleiben vom Unterricht und den schulischen Leistungen der betreffenden Schülerinnen und Schüler fest. Unter den Schülerinnen und Schülern aus benachteiligten Verhältnissen zeigen diejenigen, welche dem Unterricht fern bleiben, deutlich schlechtere Leistungen in Mathematik gegenüber denjenigen, die dem Unterricht folgen, wobei der Leistungsunterschied etwa einem ganzen Jahr Schulbesuch entspricht. Unter den Schülerinnen und Schülern aus begünstigten Verhältnissen liegen die Leistungen derjenigen , die dem Unterricht ferngeblieben sind, noch um etwa ein halbes Jahr Schulbesuch unter den Leistungen derjenigen, die den Unterricht lückenlos besucht haben. Hinzu kommt ein deutlicher positiver Zusammenhang zwischen der Tatsache, Unterricht ferngeblieben zu sein, und der Wahrscheinlichkeit, eine Klasse wiederholt zu haben. PISA belegt auch einen deutlichen Zusammenhang zwischen Schulabsentismus und der Wahrscheinlichkeit , eine Klassenstufe zu wiederholen. Auch andere wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass Schulabsentismus mit sinkenden Schulleistungen und vermehrten Klassenwiederholungen einhergeht. 1 "PISA 2012 Volume II: Excellence Through Equity; Volume II" und "PISA 2012 Volume III: Ready to learn", OECD 2013. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1589 3 Frage 5. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um nach Feststellen von Schulverweigerung den betroffenen Schülerinnen und Schülern zu helfen? Neben bisherigen innerschulischen Maßnahmen zur Begleitung der Schülerinnen und Schüler zurück in den Unterricht in enger Abstimmung mit den Eltern und zusätzlichen Beratungsangeboten (z.B. durch Schulpsychologinnen und Schulpsychologen) haben die hessischen Schulen seit dem 1. August 2014 die Möglichkeit, Sozialpädagogen/-innen und Erzieher/-innen im Rahmen der unterrichtsunterstützenden sozialpädagogischen Förderung zu beschäftigen. Unterrichtsunterstützende sozialpädagogische Förderung kann die Probleme von Schülerinnen und Schülern aufgreifen und Unterstützungsangebote in der Schule entwickeln. Sie hat die Aufgabe, entsprechend der Entwicklung des Schulprofils und der Schulkultur die Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler zu unterstützen. Sozialpädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können u.a. Schülerinnen und Schüler im Vormittags- und Nachmittagsbereich sowie bei schulischen Veranstaltungen in den Ferien im Rahmen des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule im Hinblick auf ihre aktive Teilnahme am unterrichtlichen Angebot fördern und arbeiten mit denjenigen, die während des Unterrichtsverlaufs besonderer Zuwendung bedürfen. Die unterrichtsunterstützende sozialpädagogische Förderung umfasst die folgenden vier Arbeitsfelder 2: Beratung Dazu gehören u.a. die Beratung von Eltern in Erziehungsfragen; die Beratung von Lehrkräften in Bezug auf sozialpädagogische Themen; die Entwicklung von Präventionskonzepten; Unterstützung bei der Ausgestaltung einer Erziehungsvereinbarung nach § 100 Abs. 2 HSchG; die Erstellung eines individuellen Förderplans nach §§ 6 und 77 der Verordnung zur Gestaltung des Schulverhältnisses; die Information über andere Hilfsangebote sowie Unterstützung bei der Entwicklung einer guten Schulkultur. Sozialpädagogische Gruppenarbeit, Projekte und Arbeit mit Schulklassen Gegebenenfalls in Abstimmung und in Kooperation mit außerschulischen Partnern in den im Folgenden genannten Bereichen kann die unterrichtsunterstützende sozialpädagogische Förderung tätig werden: des Sozialen Lernens; der Mitbestimmung und Selbstverantwortung; des Trainings sozialer Kompetenz; der Demokratieerziehung; der Gewaltprävention; der Suchtprophylaxe ; bei Konflikten in Verbindung mit Ausbildungs- und Ausbildungsvorbereitungssituationen sowie bei Konflikten innerhalb der Schule (z.B. in Klassen). Innerschulische und außerschulische Vernetzung Insbesondere kann die Schule mit außerschulischen Bildungsträgern und -orten, mit Vereinen und Trägern der öffentlichen Jugendhilfe sowie mit Trägern der freien Jugendhilfe zusammenarbeiten . Offene Angebote für alle Schülerinnen und Schüler Zur Erfüllung ihres Auftrags kann die unterrichtsunterstützende sozialpädagogische Förderung in Abstimmung mit dem pädagogischen Konzept der Schule eigene Angebote machen, die die Projekte, Arbeitsgemeinschaften und Ganztagsangebote der Schule ergänzen oder unterstützen. Dabei folgt die unterrichtsunterstützende sozialpädagogische Förderung der Leitidee einer an Stärken orientierten Pädagogik. Alle genannten sozialpädagogischen Maßnahmen und Angebote können Schülerinnen und Schülern helfen, Absentismus und Schulverweigerung zugunsten eines geregelten Schulbesuchs aufzugeben . Frage 6. Welche Ursachen für Schulverweigerung sind diagnostiziert? Schulabsentismus kann verschiedene Ursachen haben, z.B.: - Leistungsangst, - soziale Angst, - Trennungsangst/Schulphobie, - Demotivation/Schulunlust, - Zurückhalten durch die Eltern, 2 Nach der Richtlinie für "unterrichtsunterstützende sozialpädagogische Förderung (USF) zur Erfüllung des Bildungsund Erziehungsauftrags an Schulen in Hessen im Sinne der §§ 2 und 3 des Hessischen Schulgesetzes (HSchG)", Erlass vom 1. August 2014, I.3.1 - 950.430.002 - 00015, Gült. Verz. Nr. 7200. 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1589 - Konflikte mit Mitschülerinnen und Mitschülern bzw. mit Lehrkräften. Die verschiedenen Ursachen und Bedingungen müssen in jedem Fall individuell geprüft werden, um zielgerichtet und zeitnah eingreifen zu können, da es sich um einen prozesshaften Verlauf handelt, an dessen Ende der Schulabbruch drohen kann. Eine ausführliche Diagnostik umfasst das Sammeln und Sichten von Vorinformationen aus den Bereichen Schule und Elternhaus, von evtl. vorhandenen Gutachten und Befunden und ggf. die Durchführung einer psychologischen und/oder kinder- und jugendpsychiatrischen Diagnostik und Behandlung. Frage 7. Mit welchen Methoden sollen positive Veränderungen herbeigeführt werden? Je nach Problemlage, die für den Schulabsentismus verantwortlich ist, sind unterschiedliche Interventionen erfolgversprechend. Zwar können ursachenspezifische allgemeine Empfehlungen gegeben und Unterstützungspartner genannt werden, diese sollten aber stets auf die speziellen Bedingungen des Einzelfalles angepasst werden. Handelt es sich beispielsweise ursächlich um Leistungsängste, die auf einer zeitweisen oder partiellen Überforderung beruhen, können bereits schulische und/oder außerschulische Unterstützungsmaßnahmen eine positive Veränderung herbeiführen . Liegt der Leistungsangst dagegen eine ausgeprägte Prüfungsangst zugrunde, sollte z.B. die Schulpsychologie eingeschaltet werden, um die Notwendigkeit einer verhaltenstherapeutischen Intervention zu prüfen. Liegen die Ursachen im psychischen Bereich (Trennungsangst /Schulphobie), nützen pädagogische Maßnahmen wie konsequente Sanktionierung von Schulvermeidung und systematische Verstärkung des regelmäßigen Schulbesuchs wenig, wenn die zugrunde liegenden Ängste nicht therapeutisch behandelt werden. Bei einer oppositionellen Schulverweigerung sind diese Maßnahmen dagegen unverzichtbar. Schließlich können auch suchtähnliche Entwicklungen (z.B. durch den exzessiven Konsum von Computerspielen) für das Fernbleiben vom schulischen Unterricht verantwortlich sein. In solchen Fällen bedarf es einer gezielten Bekämpfung des Suchtphänomens. Frage 8. Welche präventiven Maßnahmen werden von der Landesregierung betrieben, um Schulverweige- rung möglichst frühzeitig zu bekämpfen und das Arbeitsverhalten der gefährdeten Schüler und Schülerinnen deutlich zu verbessern? Schulverweigerung ist nach übereinstimmender Auffassung der Wissenschaft kein isoliertes Problem, sondern steht im Regelfall im Zusammenhang mit anderen individuellen Sachverhalten wie etwa mangelnder sozialer Integration, familiären Problemen, schwierigem sozialem Umfeld , fehlenden Perspektiven oder Delinquenz. Dementsprechend können auch Präventivmaßnahmen , welche nicht direkt auf die Vermeidung oder Verringerung von Schulverweigerung abzielen , einen Beitrag dazu leisten, was eine klare Abgrenzung der Ziele und Wirkungen der jeweiligen Fördermaßnahmen erschwert. Über die sozialindizierte Lehrerzuweisung gibt die Landesregierung denjenigen Schulen, die besonderen Herausforderungen gegenüberstehen, zusätzliche Mittel an die Hand, um flexibel und je nach Problemlage vor Ort präventiv auf drohende Probleme wie das der Schulverweigerung zu reagieren. Die Wahl der konkreten Mittel obliegt hierbei den Schulen. Darüber hinaus leisten auch solche Fördermaßnahmen, die auf die allgemeine Verbesserung der schulischen Leistungen etwa in Kernfächern wie Deutsch oder Mathematik zielen, einen indirekten Beitrag zur Bekämpfung des Problems der Schulverweigerung. Um Schulabsentismus langfristig und wirkungsvoll zu reduzieren, sind u.a. folgende präventiven Maßnahmen sinnvoll: - Entwicklung eines positiven Lernklimas und sozialen Umgangs, gekennzeichnet durch Ermutigung und Unterstützung, gegenseitiger Wertschätzung und Respekt, - Pflege einer vertrauensvollen Schüler-Lehrer-Beziehung, - ansprechende Gestaltung der schulischen Umgebung, - Schulveranstaltungen zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls, - klare Wertorientierung mit verbindlichen Verhaltensnormen, - Stärkung der Eigenverantwortung und Partizipation der Schülerinnen und Schüler. Ferner bieten Schulpsychologinnen und Schulpsychologen den Schulen bei der Entwicklung von präventiven Maßnahmen und bei der Konzeptentwicklung Unterstützung an, z.B. im Rahmen eines pädagogischen Tages, durch schulinterne oder schulübergreifende Beratungsangebote oder durch Supervision und kollegiale Fallberatung. Die Landesregierung plant darüber hinaus weitere Veröffentlichungen zum Umgang mit Schulabsentismus für die hessischen Schulen, in denen die gegenwärtigen Möglichkeiten zur Prävention und Intervention beschrieben werden. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1589 5 Zudem werden spezielle Projekte der Landesregierung zur Verbesserung der Lernmotivation und des Arbeitsverhaltens angeboten: Ostercamps An verschiedenen hessischen Standorten finden jedes Jahr in den Osterferien für versetzungsgefährdete Schülerinnen und Schüler der 8. Klassen Projektlerncamps statt. In einer Kombination aus Lernwerkstätten und praktischem Projektlernen können die Jugendlichen individuell Lernstoff nachholen und die Freude am Lernen, unterstützt von Lehrkräften, sozialpädagogischen Fachkräften und Jugendleitungen, wieder entdecken. PuSch (Praxis und Schule, Nachfolgeprojekt von SCHuB und EIBE) Ziele: Hauptschulabschluss und Ausbildungsreife (Abschluss- und Anschlussorientierung); Zielgruppe : abschlussgefährdete, förderbedürftige Jugendliche ab Klasse 8; besondere Förderelemente : sozialpädagogische Begleitung, intensiver Praxisbezug durch Unterricht an beruflichen Schulen und betriebliche Lerntage, handlungs- und projektorientierter Unterricht sowie Unterricht in Kernfächern und Lernbereichen. Frage 9. Gibt es Überlegungen, sog. "außerschulische Lernorte" ergänzend bzw. alternativ zum Schulall- tag einzuführen, um in anderen Lernsituationen auffällige Schülerinnen und Schüler zu stärken? Die Lehrerinnen und Lehrer an den hessischen Schulen integrieren außerschulische Lernorte bereits heute vielfach in ihren Unterricht, um ihn noch stärker an der Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler zu orientieren und mehrere Erfahrungsdimensionen anzusprechen. Das kann gerade auch die Schülerinnen und Schüler motivieren und stärken, die aus unterschiedlichen Gründen Probleme mit dem Unterricht in der Klasse haben und der Schule fernbleiben. Neben den in der Antwort auf Frage 8 dargestellten Maßnahmen wie z.B. PuSch bietet die Flex-Fernschule ein im Rahmen des SGB VIII anerkanntes Erziehungshilfeangebot für jugendliche Schulverweigerer, ihren Haupt- oder Realschulabschluss außerhalb einer Schule zu machen. Seit dem 1. September 2013 ist der bsj Marburg e.V. (Verein zur Förderung bewegungs- und sportorientierter Jugendsozialarbeit) als Alleinvertretung der Flex-Fernschule in Hessen am Standort Marburg tätig. Wiesbaden, 2. April 2015 In Vertretung Dr. Manuel Lösel