Kleine Anfrage des Abg. Merz (SPD) vom 17.02.2015 betreffend Freistellung vom Kindergartenbeitrag im letzten Kindergartenjahr und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung des Fragestellers: Seit 2007 können Stadt und Gemeinden einen Beitrag von 100 € pro Monat und Kind aus Mitteln des Kommunalen Finanzausgleiches (KFA) erhalten, sofern sie die Eltern im letzten Kindergartenjahr von den Gebühren freistellen und eine Betreuungszeit von mindestens fünf Stunden gewährleistet ist. Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und für Sport wie folgt: Frage 1. Welche hessischen Städte und Gemeinden nutzen die Fördermittel nach § 32 c Hessisches Kinder und Jugendhilfegesetzbuch und wie hoch ist ihr prozentualer Anteil an der Gesamtzahl der Städte und Gemeinden? Frage 2. Welche Städte und Gemeinden in Hessen nutzen diese Fördermittel nicht und was sind die jewei- ligen Gründe dafür? Die Frage 1 und 2 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Alle 426 Kommunen in Hessen nutzen die Fördermittel nach § 32c Hessisches Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch (HKJGB). Frage 3. Hält die Landesregierung vor dem Hintergrund ihrer Erkenntnisse über die real erhobenen El- ternbeiträge zum Kita-Besuch den Betrag von 100 € für eine realistische Messgröße, um diese dann ausfallenden Elternbeiträge zu ersetzen? Der Landesregierung liegen keine detaillierten Informationen über die Höhe der Teilnahme- und Kostenbeiträge der Eltern vor. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Landesförderung der Beitragsfreistellung aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung durch pauschalierte jährliche Zuweisungen an die Gemeinden erfolgt. Die Zuweisung beträgt 1.200 € jährlich für jedes in der Gemeinde gemeldete Kind, das bis zum 30. Juni des Zuweisungsjahres das sechste Lebensjahr vollendet. Für die Zahl der Kinder in der Gemeinde sind die Bundesstatistik der Bevölkerungsbewegung und die Fortschreibung des Bevölkerungsstandes maßgebend. Die Höhe der Landesförderung hat somit keinen unmittelbaren Bezug zu der Anzahl der in der Gemeinde tatsächlich betreuten und beitragsfrei gestellten Kinder. Der Förderbetrag von 1.200 € pro Jahr pro gemeldetes Kind entspricht daher nicht einem Betrag von 100 € pro Monat pro beitragsfrei gestelltes Kind im letzten Kindergartenjahr. Da die Betreuungsquote auch im letzten Kindergartenjahr regelmäßig unter 100 % liegt, dürfte der rechnerische Fördersatz pro betreutes Kind in der Regel höher liegen. Frage 4. Gibt es Hinweise von Seiten der Städte und Gemeinden und/oder von Kommunalen Spitzenver- bänden, dass der Betrag von 100 € nicht ausreichend ist? Wenn ja, welche Hinweise gibt es und mit welchen konkreten Forderungen gehen sie einher? Frage 5. Plant die Landesregierung von der dem Hintergrund der Antworten auf Frage 3 und 4 eine Anhe- bung des Förderbetrags von 100 € je Monat und Kind? Wenn ja, in welcher Höhe oder Form und zu welchem Zeitpunkt? Wenn nein, wie begründet sie dies vor dem Hintergrund der in den letzten acht Jahren deutlich gestiegenen Personal- und Sachkosten? Eingegangen am 26. März 2015 · Ausgegeben am 27. März 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1608 26. 03. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1608 Frage 6. Wie hoch schätzt die Landesregierung die monatlichen Kosten, die die Kommunen übernehmen müssen, wenn sie die Eltern im letzten Kindergartenjahr von Beiträgen freistellen und dafür lediglich ein Förderung aus dem KFA in Höhe von 100 € erhalten? Die Fragen 4, 5 und 6 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Für eine Anhebung der Pauschale für die Bemessung der Landesförderung der Beitragsfreistellung haben sich der Hessische Städtetag sowie der Hessische Städte- und Gemeindebund im Rahmen der Anhörung im Gesetzgebungsverfahren zum Hessischen Kinderförderungsgesetz ausgesprochen . Konkret regte der Hessische Städtetag dabei eine Anhebung der Förderung um 10 % an. Die Landesförderung der Beitragsfreistellung im letzten Kindergartenjahr trägt mit ihrer pauschalierten Vorgehensweise vor allem der Tatsache Rechnung, dass die Ausgestaltung von Elternbeiträgen in Hessen im Zusammenwirken von Gemeinden und freien Trägern ausschließlich der örtlichen Ebene obliegt. Dementsprechend sind die Ausprägungen in der Praxis vielfältig; einheitliche Beiträge oder Beitragsstrukturen existieren nicht. Der Landesregierung liegen keine Kenntnisse über die den Kommunen für die Beitragsfreistellung im letzten Kindergartenjahr entstehenden Kosten vor. Ebenso wenig liegen der Landesregierung Erkenntnisse über die Entwicklung von Kindergartengebühren vor, die eine Erhöhung der Förderpauschale angezeigt erscheinen lassen. Frage 7. Hält die Landesregierung es für möglich, dass die Haushaltsaufsicht von Kommunen unter dem Schutzschirm oder verschuldeten Kommunen den Verzicht auf die Fördermittel fordern könnte, um stattdessen höhere Elternbeiträge erheben zu können? Wenn ja, was will sie dagegen tun, wenn nein, wie begründet sie diese Annahme? Die Gemeinden entscheiden im Rahmen ihrer originären kommunalen Zuständigkeit für den Bereich der Kinderbetreuung über den Umfang und die Ausgestaltung der kommunalen Finanzierung der Kinderbetreuung. In diesem Kontext nehmen sie mittelbar Einfluss auf die Höhe der Beiträge, da bei der Finanzierung ein bestimmter Anteil für Einnahmen durch Elternbeiträge zu Grunde gelegt wird. Vor dem Hintergrund des großen Interesses der Landesregierung an einer angemessenen Betreuung von Kindern legt die "Leitlinie zur Konsolidierung der kommunalen Haushalte" vom 6. Mai 2010; StAnz. 2010, S. 1470, in Nr. 8 fest, dass die Kommunen grundsätzlich selbst entscheiden, in welcher Höhe sie Elternentgelte für Kinderbetreuungseinrichtungen erheben. Die Kommunalaufsichtsbehörden nehmen weder bei defizitären noch bei nicht defizitären Kommunen in Hessen Einfluss auf die Tarifgestaltung der Elternentgelte. Es gibt daher auch von Seiten der Kommunalaufsichtsbehörden keine Forderungen an hessische Kommunen, auf die Inanspruchnahme von Fördermitteln nach § 32c HKJGB zu verzichten, um stattdessen höhere Elternentgelte erheben zu können. Die Kommunen in Hessen sind nach § 92 Abs. 3 S. 1 HGO gehalten, ihren Haushalt jahresbezogen auszugleichen. Soweit das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts durch die Inanspruchnahme von Fördermitteln nach § 32c HKJGB gefährdet sein sollte, müssen die Kommunen entsprechende Konsolidierungsmaßnahmen ergreifen, um das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts sicherstellen zu können bzw. zukünftig wieder zu erreichen. Die betroffenen Kommunen entscheiden über die Konsolidierungsmaßnahmen (Reduzierung von Aufwendungen bzw. Erzielung von bzw. Mehrerträgen) eigenverantwortlich im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung. Schutzschirmkommunen mussten sich zur Inanspruchnahme von Entschuldungshilfen durch Abschluss eines Konsolidierungsvertrages verpflichten, ihren Haushalt im ordentlichen Ergebnis schnellstmöglich bzw. bis zu einem festgelegten Kalenderjahr und anschließend dauerhaft jahresbezogen auszugleichen. Der Konsolidierungspfad und die zur Erreichung des Haushaltsausgleichs notwendigen Maßnahmen sind in Anlagen zu dem Vertrag beschrieben worden. Die dort aufgeführten Maßnahmen sind auf Vorschlag der jeweiligen Gemeinde in den Konsolidierungsvertrag eingefügt worden. Somit oblag die Entscheidung über Höhe und Priorität der Maßnahmen einzig und allein bei der Gemeinde. Die Schutzschirmkommunen haben sich verpflichtet, die Maßnahmen im Konsolidierungszeitraum umzusetzen und das verbleibende jahresbezogene Defizit laut Konsolidierungsvertrag in allen Jahren des Abbaupfades nicht zu überschreiten. Sollte z.B. aufgrund von Einnahmeausfällen wegen der Freistellung von Elternentgelten im letzten Kindergartenjahr eine Nichterreichung der Ziele des Konsolidierungspfades drohen, hat sich die Schutzschirmkommune dazu verpflichtet , Aufwendungen an anderer Stelle zu reduzieren oder (zusätzliche) Erträge zu generieren, um diese Ziele bzw. den Haushaltsausgleich dennoch zu erreichen. Die Kommunalaufsichtsbehörden achten darauf, dass die Vereinbarungen des Konsolidierungsvertrages eingehalten werden. Wiesbaden, 17. März 2015 Stefan Grüttner