Kleine Anfrage des Abg. Schaus (DIE LINKE) vom 05.03.2014 betreffend Hessisches Zentrum für klinische Umweltmedizin (HZKUM) in Gießen und Antwort des Ministers für Wissenschaft und Kunst Vorbemerkung des Fragestellers: Bei Probebohrungen für einen neuen Trinkwasserbrunnen im Süden der Stadt Oberursel wird im Jahr 2002 eine Verunreinigung des Trinkwassers mit verschiedenen Chemikalien entdeckt. Nach langwieriger Suche wird man 2006 fündig: Auf einem städtischen Grundstück zwischen den Häusern Eppsteiner Straße 11 und 13 wird der Kontaminationsherd entdeckt. Dort war in den 1970-er Jahren eine kleine Chemiefabrik betrieben worden, die jahrzehntelang Fässer aus der chemischen Industrie gewaschen und die Abwässer im Hof ausgeschüttet hatte. Der mit der Begutachtung beauftragte Ingenieur empfiehlt die Sanierung und die umgehende Information der Anwohner. Erstmalig wird beschrieben, wie Anwohner erkrankt bzw. bereits an Krebs verstorben sind. Eine Vorstellung der betroffenen Anwohner im Hessischen Zentrum für klinische Umweltmedizin (HZKUM) in Gießen wird empfohlen. Erste Raumluftmessungen führen zu einer dringenden Handlungsempfehlung , in den Wohnräumen der betroffenen Familien die Luft dauerhaft zu reinigen. Vorbemerkung des Ministers für Wissenschaft und Kunst: Da das Hessische Zentrum für klinische Umweltmedizin eine Einrichtung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UKGM) am Standort Gießen ist, beruhen die nachfolgenden Antworten auf einer Stellungnahme der UKGM GmbH. Die Beantwortung erfolgt unter Berücksichtigung der ärztlichen Schweigepflicht, die sich im Interesse des Patienten auch auf die Identität des Patienten und die Tatsache seiner Behandlung bezieht. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Ist es Aufgabe des HZKUM in Gießen, schnell und kompetent umweltbedingte Erkrankungen bei Menschen zu erkennen und die unverzügliche Behandlung von solchen Patienten zu veranlassen ? Das Hessische Zentrum für Klinische Umweltmedizin ist mit seiner Umweltmedizinischen Ambulanz (UMA) eine Organisationseinheit des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin des UKGM. Seit nahezu 20 Jahren werden hier Patienten bzw. Personen mit einer umweltmedizinischen Erkrankung bzw. einem Verdacht hierauf beraten. Frage 2. Kann das HZKUM eigenständig tätig werden oder ist es bei seiner Arbeit durch Vorgaben des privaten UKGM eingeschränkt? Die Patienten nehmen in der Regel von sich aus Kontakt mit dem HZKUM auf oder werden von anderen Einrichtungen (z.B. Gesundheitsämter) bzw. niedergelassenen Ärzten auf diese Institution verwiesen. Die Beratung der betroffenen Personen bzw. Patienten erfolgt ausschließlich durch das ärztliche Personal des Instituts. Frage 3. Wer führt die Dienstaufsicht über das HZKUM in Gießen? Eine Dienstaufsicht besteht für das wissenschaftliche Personal, soweit es Aufgaben in Forschung und Lehre wahrnimmt. Am Standort Gießen wird die Dienstaufsicht von der JustusLiebig -Universität Gießen ausgeübt. Die fachliche Verantwortung für die Tätigkeit des HZKUM trägt allein der Direktor des Instituts . Eingegangen am 21. Mai 2014 · Ausgegeben am 22. Mai 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/161 21. 05. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/161 Frage 4. Trifft es zu, dass auf Geheiß der Stadt Oberursel am 17.10.2012 Frau G., wohnhaft in Oberur- sel, wegen einer Kontaminierung mit Leichtflüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffen (LHKW) telefonisch Kontakt mit dem HZKUM aufgenommen hat? Frage 5. Ab welchem Zeitpunkt war dem HZKUM die besondere Eilbedürftigkeit einer Untersuchung von Frau G. und ihres erkrankten Sohnes bekannt? Frage 6. Was waren die Hintergründe, weshalb Frau G., nachdem sie unverzüglich alle geforderten Unterlagen an das HZKUM übersandte, zunächst am 01.11.2012 ein Untersuchungstermin "in der nächsten Woche" angekündigt, dieser jedoch am 17.11.2012 mit dem Hinweis "auf die Urlaubszeit" gänzlich abgesagt wurde? Die Fragen werden wegen ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Im Rahmen des Sanierungsverfahrens im Innenstadtbereich der Stadt Oberursel wurde nach Absprache mit dem Direktor des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin und der Stadt Oberursel den unmittelbar betroffenen Personen in diesem Bereich eine medizinische Untersuchung mit Blutabnahme für ein Human-Biomonitoring angeboten. Dieses Angebot wurde von insgesamt fünf Personen kurzfristig wahrgenommen. In einem Fall war, als der Kontakt mit entsprechendem Untersuchungstermin zustande kam, der Zeitraum für die Durchführung eines Human-Biomonitorings bereits verstrichen (wegen zu langer Entfernung von der Immissionsbelastung). Frage 7. Trifft es zu, dass der Direktor des HZKUM, Herr Prof. Dr. E. und die wissenschaftliche Mit- arbeiterin des HZKUM, Frau L. wenige Tage nach der Absage an Frau G. an einem Gespräch im Rathaus der Stadt Oberursel teilnahmen, bei dem es um die Verseuchung des Geländes Eppsteiner Str. 11 und 13 ging? Seitens der UKGM GmbH wurde mitgeteilt, dass auf der Erinnerung beruhend, ein Besprechungstermin zur Altlastenproblematik Oberursel in dem Zeitraum November stattgefunden habe. Frage 8. Trifft es zu, dass Frau G. seitens des HZKUM empfohlen wurde, sich erneut für mindestens zwei Wochen in das kontaminierte Haus Eppsteiner Str. 13 zu begeben, um erst danach untersucht werden zu können? Laut der UKGM GmbH sei eine solche Empfehlung mit Sicherheit nicht ausgesprochen worden, weil dieses Verfahren als medizinisch unethisch einzustufen wäre. Frage 9. Hat sich das HZKUM nach Meinung der Landesregierung in dieser Angelegenheit stets ange- messen, korrekt und hilfsbereit verhalten? Der Landesregierung sind keine Anhaltspunkte bekannt, die zu einer anderen Bewertung führen. Wiesbaden, 8. Mai 2014 Boris Rhein