Kleine Anfrage des Abg. Rudolph (SPD) vom 25.02.2015 betreffend Kanutouren auf der Nidda und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung des Fragestellers: Der Hessische Kanuverband e.V. bemüht sich seit Monaten, eine Regelung zur Nutzung der Nidda durch Kanuten mit dem Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu erreichen. Diese Bemühungen waren bisher erfolglos. Das Regierungspräsidium Darmstadt hat einen Gütetermin abgelehnt. Mit Erlass der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Auenverbund Wetterau" vom 22. Dezember 2014 wird in der Zeit vom 1. März bis 30. September die Nutzung in bestimmten Abschnitten der Nidda durch Kanuten untersagt. Damit wird die Ausübung dieses Sportes im Zeitraum vom 1. März bis 30. September auf den beiden Sperrstrecken unmöglich gemacht. Vorbemerkung der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Die beiden Sperrbereiche mit einer Gesamtlänge von ca. 6,2 Kilometern liegen innerhalb des Europäischen Vogelschutzgebietes 559-401 Wetterau. Um die dauerhafte Wiederansiedlung vom Aussterben bedrohter Arten zu erreichen, wurden hier in den letzten Jahren umfangreiche und finanziell aufwendige Renaturierungsmaßnahmen umgesetzt. Durch diese sollen unter anderem die Bestände der streng geschützten Arten Flussregenpfeifer, Flussuferläufer und Eisvogel sowie verschiedener Fischarten wie z.B. Barbe, Bitterling, Elritze, Nase und Wildkarpfen gesichert und vergrößert werden. Weiter wurden Wiederansiedlungsprojekte für die Europäische Sumpfschildkröte sowie die Fischart Schneider initiiert. Das Befahren der Nidda mit Kanus kann den Erfolg der durchgeführten Maßnahmen wieder zunichte machen und muss daher untersagt werden. Auch eine zeitliche Reduzierung der Sperrzeiten, bezogen auf das Betreten und Befahren des Gewässers innerhalb der Sperrbereiche, wäre im Hinblick auf die unterschiedlichen Reproduktionszeiten und Lebensraumansprüche kontraproduktiv und darüber hinaus geeignet, die erreichten Lebensraumverbesserungen wieder zunichte zu machen. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie erklärt sich die Landesregierung, dass in § 5 der o.g. Verordnung Genehmigungsvorbehalte für Sportanlagen oder Flugplätze sowie Motorsportveranstaltungen, Fahrradrennen, Cross- und Orientierungsläufe vorgesehen sind, hingegen das Befahren der Nidda in genannten Abschnitten mit dem Kanu nicht möglich ist? § 2 Abs. 2 der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Auenverbund Wetterau" benennt als Zweck der Unterschutzstellung unter anderem eine Beruhigung spezieller Abschnitte der Nidda im Hinblick auf ihre Funktion als Lebensraum. Diese Beruhigung ist nur durch einen Verzicht auf bestimmte Nutzungen wie z.B. das Betreten des Gewässerbettes oder das Befahren mit Wasserfahrzeugen aller Art zu erreichen. Da solche Handlungen dem Schutzzweck zuwiderlaufen und daher die Voraussetzungen für die Erteilung einer landschaftsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 5 i.V.m. § 7 der Verordnung per se nicht erfüllt sind, müssen sie als Verbotstatbestände formuliert werden. In allen anderen genannten Fällen ist einzelfallbezogen zu prüfen, ob die in § 7 der Verordnung genannten Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. Für sie gelten daher Genehmigungsvorbehalte. Frage 2. Wie bewertet die Landesregierung die Ausübung des Kanusports, da der Sport in der Hessischen Verfassung verankert ist? Die Landesregierung misst dem Kanusport, wie anderen Sportarten auch, eine hohe Bedeutung zu. Eine mindestens ebenso große Bedeutung kommt aber auch den Belangen des Umweltschutzes zu, die nach Art. 26a der Hessischen Verfassung Staatsziel sind. Eingegangen am 13. April 2015 · Ausgegeben am 16. April 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1649 13. 04. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1649 Frage 3. Ist es zutreffend, dass es vertragliche Regelungen der Ausnahmeregelung für Angelsportvereine innerhalb der gesperrten Zonen im Bereich der Nidda gibt? Ja. Frage 4. Wenn ja, warum sind solche Regelungen nicht auch für Kanufahrer möglich? Mit den betroffenen Fischereirechtsinhabern (Kommunen) und den betroffenen Fischereiausübungsberechtigten (Angelvereinen) wurden in den Sperrabschnitten, ergänzend zu den Regelungen der Landschaftsschutzgebietsverordnung, Naturschutzverträge geschlossen. Eine Regelung mit den Anglern war unter anderem deswegen möglich, weil durch zeitlich und räumlich differenzierte Vereinbarungen das Störpotenzial erheblich gemindert und in besonders schutzwürdigen Streckenabschnitten verhindert werden kann. Ein Betreten oder Befahren des Gewässers an sich ist bei den Anglern ebenso wie bei den Kanuten im Zeitraum vom 1. März bis 30. September ausgeschlossen, um die Störung der Tiere während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten zu verhindern. Auch die zeitliche Ausdehnung des Nutzungsverbotes vom 1. März bis 30. September ist gerechtfertigt, um insbesondere die spät schlüpfenden Jungtiere der streng geschützten Europäischen Sumpfschildkröte ausreichend zu schützen. Frage 5. Warum hat das Regierungspräsidium Darmstadt einen Gütetermin abgelehnt? In einem Informationsschreiben an den Hessischen Kanuverband zur geplanten Neuausweisung des Landschaftsschutzgebietes Auenverbund Wetterau vom 23. Oktober 2013 hat das Regierungspräsidium dem Kanuverband ein Gespräch zur Thematik angeboten. Das Gespräch fand am 9. Januar 2014 statt. Aufgrund der gegebenen fachlichen Rahmenbedingungen konnte keine den Kanuverband zufriedenstellende Lösung gefunden werden. Ein weiteres der Klärung der Positionen dienendes Gespräch fand am 18. Dezember 2014 zwischen der Landesregierung, Vertretern des Hessischen Kanuverbandes und des Landessportbundes statt. Eine daraufhin veranlasste erneute fachliche Prüfung, ob nicht doch eine zumindest zeitlich begrenzte Zulassung des Kanusports ermöglicht werden kann, führte zu keinem für die Kanuten befriedigenden Ergebnis. Wiesbaden, 1. April 2015 In Vertretung: Dr. Beatrix Tappeser