Kleine Anfrage der Abg. Dr. Sommer (SPD) vom 26.02.2015 betreffend pflegende Angehörige und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragesteller: Immer mehr Angehörige pflegen Eltern und Partner selbst. Schon heute gibt es laut einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach 10 Millionen Menschen, die einen Pflegefall in der Familie haben. Bis 2023 soll die Zahl auf rund 27 Millionen steigen. Pflege findet vor allem in der Familie statt. 62 % der Menschen in Deutschland, die pflegebedürftige Angehörige haben, kümmern sich selbst um die Betreuung. Zwei Drittel der Pflegenden sind Frauen. Von diesen fühlen sich 67 % stark oder sehr stark psychisch und 46 % stark oder sehr stark körperlich belastet. Viele Frauen übernehmen Pflege neben der Berufstätigkeit, während die große Zahl männlicher Pflegender schon im Ruhestand ist. Diese Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie will die Landesregierung eine weitere Entlastung gerade für die pflegenden Frauen schaffen? Im Rahmen der hessischen Initiative zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege werden Informationsveranstaltungen und Kompetenztrainings zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Pflege sowie Schulungen für Pflegeguides mit dem Ziel durchgeführt, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem die Pflege von Angehörigen kein Tabu mehr ist, Arbeitgebern das Thema auch hinsichtlich des Fachkräftebedarfs zu verdeutlichen und über konkrete Handlungsansätze zu informieren , die die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege im Betrieb erleichtern. Zudem werden im Rahmen der Vereinbarkeitsinitiative Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über gesetzliche Regelungen und beratende Anlaufstellen wie beispielsweise Pflegestützpunkte informiert. Für Beschäftigte ist es wichtig zu wissen, dass es auch darüber hinaus Hilfe und Unterstützung im Betrieb gibt, wenn ein Pflegefall eintritt. Die Angebote zielen auf alle Pflegenden, die mehrheitlich jedoch Frauen sind. Frage 2. Wird sich die Landesregierung für eine finanzielle Unterstützung von pflegenden Angehörigen analog des Elterngelds einsetzen? Wenn ja, wie stellt sie sich die Finanzierung vor? Wenn nein, warum nicht? Die Landesregierung hat sich 2014 als Vorsitzland der 24. GFMK intensiv im Gesetzgebungsverfahren zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf dafür eingesetzt, dass die Situation pflegender Angehöriger durch Änderungen der bisherigen Regelungen zum Pflegezeitund Familienpflegezeitgesetz verbessert werden kann. Konkret ist es gelungen, ab 1. Januar 2015 folgende Verbesserungen für die pflegenden Angehörigen zu erzielen: Kurzzeitige Arbeitsverhinderung von bis zu zehn Tagen Angehörige haben die Möglichkeit, bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben, um in einer aktuellen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Dieses Recht gilt gegenüber allen Arbeitgebern unabhängig von der Größe des Unternehmens. Neu ist, dass seit dem 1. Januar 2015 für diese Zeit eine Lohnersatzleistung - das Pflegeunterstützungsgeld - gewährt wird. Das Pflegeunterstützungsgeld für die kurzzeitige Arbeitsverhinde- Eingegangen am 9. April 2015 · Ausgegeben am 13. April 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1663 09. 04. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1663 rung muss bei der Pflegeversicherung des Angehörigen beantragt werden. Rechtsanspruch auf bis zu sechs Monate Freistellung, vollständig oder teilweise Beschäftigte haben einen Anspruch darauf, bis zu sechs Monate teilweise oder ganz aus dem Beruf auszusteigen, wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen. Es besteht kein Rechtsanspruch gegenüber Arbeitgebern mit 15 oder weniger Beschäftigten . Neu ist, dass seit dem 1. Januar 2015 für diese Zeit ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt werden kann, um den Einkommensverlust in dieser Zeit abzufedern. Es wird in monatlichen Raten ausgezahlt und muss am Ende der Freistellung ebenfalls in Raten wieder zurückgezahlt werden. Rechtsanspruch auf bis zu 24 Monate Freistellung Wenn nahe Angehörige länger pflegebedürftig sind, haben Beschäftigte einen Anspruch darauf, bis zu 24 Monate ihre Arbeit auf bis zu 15 Stunden pro Woche zu reduzieren, um diese in häuslicher Umgebung zu pflegen. Es besteht kein Rechtsanspruch gegenüber Arbeitgebern mit 25 oder weniger Beschäftigten. Auch hier haben die Beschäftigten einen Rechtsanspruch auf ein zinsloses Darlehen, das beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt werden kann und am Ende der Familienpflegezeit wieder zurückgezahlt werden muss. Frage 3. Mit welchen Maßnahmen will die Landesregierung erreichen, dass vermehrt auch Männer in der Berufsphase Pflege von Angehörigen übernehmen? Im Rahmen der Informationsveranstaltungen und Kompetenztrainings, die unter dem Dach der Initiative zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege durchgeführt werden, wird auch die Beteiligung von Männern im Bereich Pflege thematisiert. Die Initiative, die Ende 2013 gestartet wurde , wird mit der Enttabuisierung des Themas Pflege bei Beschäftigten und bei Führungskräften dazu beitragen, dass sich die Zahl pflegender Männer erhöhen wird. Frage 4. Welche Initiativen zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege für Männer gibt es in Hessen? Hierzu wird auf die Beantwortung der Frage 1 verwiesen. Zusätzlich wurde ein Projekt des Malteser Service zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege gefördert , das sich ebenfalls an Frauen und Männer gleichermaßen richtet. Im Einzelnen greifen Betriebe folgende Initiativen/Ansatzpunkte auf: Arbeitszeit, Arbeitsorganisation , Arbeitsort, Information und Kommunikation, Führung, Personalentwicklung, geldwerte Leistungen, Service für Pflegende und Kooperationen mit Beratungsstellen und Pflegeeinrichtungen . Frage 5. Welche der Initiativen zu Frage 4 stammen aus Unternehmen, die die Charta zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege unterzeichnet haben? Die genannten Beispiele stammen alle von Unternehmen und Organisationen, die die Charta zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege unterzeichnet haben. Frage 6. Wie hoch ist derzeit der Anteil an männlichen Auszubildenden an den hessischen Altenpflege- schulen? Der Anteil der männlichen Auszubildenden beträgt zum Stichtag 1. Oktober 2014 21,4%. Frage 7. Welche besonderen Anstrengungen unternimmt die Landesregierung, um Männer für den Beruf des Altenpflegers zu gewinnen? Die Hessische Landesregierung wird wie im letzten Jahr im Rahmen der Umsetzung der "Ausbildungs - und Qualifizierungsoffensive Altenpflege" und in Kooperation mit den Verbänden der Altenpflege und Altenpflegeausbildung den Boys' Day 2015 erneut nutzen, um Jungen möglichst früh auch an soziale Berufsfelder heranzuführen. Darüber hinaus hat die Hessische Landesregierung z.B. das Projekt AjuMa gefördert, mit dem erfolgreich junge Männer mit Migrationshintergrund für eine Ausbildung in der Altenpflege gewonnen werden konnten. Wiesbaden, 1. April 2015 Stefan Grüttner